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Nach einigen schönen und abwechslungsreichen Tagen in Toowoomba sah der weitere Reiseplan einen längeren Aufenthalt in der alten Rindermetropole Rockhampton vor, in der meine Verwandten seinerzeit zuerst gesiedelt hatten und dementsprechend zahlreich vertreten waren.
Meine Tante beabsichtigte ebenfalls, ihren dort lebenden Eltern einen Besuch abzustatten und so begaben wir uns gemeinsam auf die mehrstündige Tour. Mittlerweile hielt ich auch meinen Koffer wieder wohlbehalten in Händen und genoss die Fahrt im angenehm klimatisierten Auto in vollen Zügen. Während der rote Sonnenball am wolkenlosen Himmel schnell emporstieg, nahm ich ein wenig wehmütig Abschied von den sanften Hügeln Toowoombas. Beim Anblick dieser grünen Stadt wunderte mich erneut die ursprüngliche Bedeutung ihres Namens, nämlich Sumpfland. Er stammt von den Aborigines, den Ureinwohnern Australiens.
Immer weiter ging die Fahrt dicht an der Küste entlang. Während ich angestrengt versuchte, den Erklärungen und Geschichten meiner auskunftsfreudigen Tante zu folgen, nahmen mich die Eindrücke der faszinierenden und fremdartigen Landschaft gefangen. An den Straßenrändern erblickte ich - sehr zu meinem Leidwesen - immer wieder totgefahrene Kängurus. Ich hatte mir die erste Begegnung mit diesem für mich so exotischem Wild doch romantischer und lebensfroher vorgestellt.
Irgendwann erreichten wir dann Rockhampton, und aus großen starren Augen blickte mich die riesige bronzene Statue eines Brahmanbullen an (Das sind die mit den Schlappohren und dem großen Höcker auf dem Rücken). Immerhin grasen rund um Rockhampton an die zwei Millionen Rinder, sodass dieses Wahrzeichen zu Recht an exponierter Stelle postiert ist.
Dann begrüßte mich der australische Zweig der Familie Feddersen so offen und herzlich, dass ich mich heimischer gar nicht hätte fühlen können.
Die erste eigenständige Expedition führte mich am träge dahinfließenden Fitzroy-River entlang, an dessen Ufer sich Scharen von Ibissen und Löfflern tummelten wie bei uns Enten und Gänse. Eine von langen Zweigen gut beschattete und direkt am Fluss aufgestellte Parkbank lud geradezu zum Verweilen ein und bot mir zudem einen herrlichen Blick auf die Altstadt, die noch aus der Gründerzeit stammt. Ich schlenderte am Fluss entlang und genoss die geruhsame Idylle nach der langen Reise.
Für australische Verhältnisse quasi um die Ecke befand sich die zig Tausende von Hektar umfassende Rinderfarm eines Onkels, der nebst Familie ebenfalls den fernen Verwandten aus Old Germany in Augenschein nehmen wollte. Bereits nach drei kurzen Stunden Autofahrt quer durch endloses Farmland hielten wir vor den gepflegten, weiß angestrichenen Gebäuden, vor denen sich bereits die ganze Familie erwartungsvoll postiert hatte. Nach kräftigem Händeschütteln und herzlichen Umarmungen präsentierten mein Onkel und seine Söhne stolz das prachtvolle Anwesen mit den großen, Schatten spendenden Bäumen sowie dem mächtigen Holzhaus, das von einer breiten, überdachten Veranda umfasst wurde.
Der Rundgang führte uns auch an einer kleinen, mit Holzplanken eingezäunten Koppel vorbei, in der einige Pferde in der schattigsten Ecke die Hitze des Tages verdösten und dabei ab und zu behaglich gähnten. Von uns nahmen sie vorsichtshalber keinerlei Notiz, vermutlich um der Gefahr jeder unnötigen und schweißtreibenden Bewegung von vornherein zu begegnen.
Ich nahm die Pferde zum Anlass, über meine eigenen, damals noch sehr ausgeprägten Reitkenntnisse zu berichten. Es folgte, was folgen musste: Innerhalb kürzester Zeit stand ein gesatteltes Pferd vor mir und alle, mit Ausnahme des Pferdes, warteten begeistert auf meine reiterlichen Darbietungen.
Zu meiner aktiven Zeit, die immerhin 20 Jahre zurückliegt, war das heute so populäre Westernreiten noch ein Fremdwort. Das korrekte dressurmäßige Durchreiten des Pferdes, also das vorgeschriebene »am Zügel gehen« und der Einsatz der Unterschenkel als Hilfestellung für das vierbeinige Fortbewegungsmittel standen damals im Vordergrund. Da sich die Anforderungen an Ross und Reiter im australischen Busch ein wenig anders darstellten als in einer schleswig-holsteinischen Reithalle, zeigte sich mein Pferd überrascht oder besser gesagt entsetzt über mein reiterliches Gehabe. So scheiterten meine krampfhaften Versuche, das Pferd an die Zügel zu stellen, kläglich, wobei das Publikum sich dankenswerterweise mit Kommentaren höflich zurückhielt. Allerdings: Die amüsierten Gesichter sprachen Bände.
Nach einigen Kampfhandlungen in Form von Steigen und Buckeln siegte auf meiner Seite die Einsicht, und ich verzichtete auf weitere Übungen europäischer Dressur, sodass am Ende weder Tote noch Verletzte zu beklagen waren. Beim anschließenden gemütlichen Bier fasste mein Onkel seine Eindrücke kurz und trocken zusammen: »Tja, mein Junge, dein Reitstil ist miserabel, aber an dir ist ein hervorragender Rodeoreiter verloren gegangen.« Na, ja, immerhin etwas.
An dieser Stelle möchte ich kurz eine Lobeshymne über die australische Polizei einflechten, die mich mit ihrer Ermittlungsgeschwindigkeit stark beeindruckt hat. Bei meinem Abflug aus Deutschland hatte ich meinen Eltern versprochen, sie über meine glückliche Ankunft in Australien sogleich in Kenntnis zu setzen. Durch den Kofferverlust und die weiteren bereits geschilderten Umstände hatte ich das aber glatt vergessen und so meine Eltern in nicht geringe Sorge versetzt. In Ermangelung einer anderen Telefonnummer rief mein Vater einen Onkel in Sydney an, der wiederum die Polizei informierte. Sie können sich mein Erstaunen vorstellen, als auf der Farm, es war am frühen Abend und wir saßen gerade gemütlich auf der Veranda, ein Polizeiwagen auftauchte und nach dem Verbleib eines jungen, blonden Deutschen namens Carsten Feddersen gefragt wurde. Selbst im australischen Busch geht man nicht verloren.
Nachdem ich mein Versäumnis mit schlechtem Gewissen nachgeholt hatte, teilte mir mein Onkel fast beiläufig mit, dass er am nächsten Morgen die Grenzzäune per Pferd zu kontrollieren gedenke. Er lud mich ein, ihn zu begleiten. Eine Nacht hätten wir im Busch zu kampieren. Ich war begeistert! Eine Nacht im australischen Busch! Das hatte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht erhofft.
Schon die Vorbereitungen ließen erste Wildwestromantik aufkommen. Meine Tante stellte das Kochgeschirr zusammen, während mein Onkel Waffen und Munition bereitlegte. Streichhölzer, Decken und Getränke sowie Salz und Zucker folgten. Am nächsten Morgen ging es dann los. In Cowboymanier, mit der Winchester im Sattel, galoppierten wir vom Hof, und der rote Sand Australiens wirbelte hinter uns durch die Luft.
Nach diesem spektakulären Abgang mäßigten wir alsbald das für Ross und Reiter schweißtreibende Tempo und ritten gemütlich im Schritt weiter. Hier und da standen Rinder in kleinen Gruppen zwischen lockerem Buschwerk zusammen, dazwischen einige mächtige, böse dreinblickende Bullen, sodass mir anfangs etwas mulmig war. Mein Onkel beruhigte mich: Solange wir uns zu Pferde bewegten, hätten wir nichts zu befürchten. Seine Augen ruhten zufrieden auf dem wiederkäuenden Vieh.
Der Anblick eines Trupps flüchtender Kängurus jedoch verdüsterte seinen Blick sofort, und blitzartig lag die Waffe an der Wange. Nur kurz verhoffte eines der etwa einen Meter großen Kängurus vor einigen schützenden Büschen, um sich letzte Gewissheit über die nahende Gefahr zu verschaffen, da hallte der Schuss durch die Stille. Das Känguru lag im Knall. Ohne auch nur einen weiteren Blick auf die erlegte Kreatur zu werfen, nahm mein Onkel den Ritt wieder auf. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm verwundert zu folgen.
Viele Kilometer hatten wir zurückgelegt, der glutrote Feuerball versank bereits langsam am Horizont, als wir etwa dreihundert Meter vor uns weitere Kängurus bemerkten. Fünf gleichgroße Tiere zogen, hier und da an ausgetrockneten Grashalmen äsend, vor uns her und verschwanden kurz darauf hinter einer leichten Bodenwelle. »Nimm das Gewehr und versuch, dich näher heranzupirschen!«, flüstere mein Onkel.
Ich zog die Winchester aus der Gewehrtasche, glitt so leise wie möglich vom Pferd und schlich tief gebückt hinterher, während mir der warme Wind ins Gesicht wehte. Vom Fuße der Bodenwelle an robbte ich in schönster Indianermanier, das Gewehr in »Verhalteposition«, bis zur Höhe, um dort, verborgen hinter einem Grasbüschel, vorsichtig das Gelände vor mir nach den Kängurus abzusuchen. Da, kaum 70 Meter vor mir, verhielten sie hinter einigen größeren Felsbrocken, sodass nur ab und zu ein Lauscher zu sehen war. Im Zeitlupentempo zog ich die Winchester in die Schulter, und der Sicherungsflügel gab mit einem feinen metallischen Klicken den Abzug frei.
Dann schob sich das erste Stück hinter dem Felsen hervor und äugte aufmerksam in meine Richtung. Der Zielstachel stand auf dem Wildkörper und der Finger lag am Abzug, da stutzte ich: Blickte dort nicht ein zweites Augenpaar und zwei überdimensionale Lauscher aus dem braunen Fell des Kängurus? Tatsache, das Tier führte und trug sein Junges im Beutel.
Da hüpfte mit einigen mächtigen Sätzen ein weiteres Stück auf das offene Grasland. Deutlich konnte ich das Tier aufgrund des imponierenden Kurzwildbrets als männlich ansprechen. Anscheinend handelte es sich hier um den Vater. Wieder wanderte der Zielstachel zum Blatt, wild klopfte das Herz, der Zeigefinger krümmte sich und der Schuss peitschte durch den Busch. Mit torkelnden Sprüngen flüchtete das beschossene Stück, um nach etwa zwanzig Metern verendet zusammenzubrechen. Mit zitternden Knien sowie einem unbeschreiblichen Gefühl zwischen himmelhoch jauchzend und...
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