Schweitzer Fachinformationen
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Vorsichtig weckt mich meine Mutter und flüstert mir ins Ohr: »Elena, Kleines, wach auf, wir landen gleich, du musst dich anschnallen!«
Ich reiße meine Augen auf, denn mir wird schon ganz flau im Magen, als ich höre, dass wir landen. Ich hasse das Fliegen, na ja, genauer gesagt das Starten und Landen, denn da wird mir jedes Mal total übel.
Wir sind schon oft umgezogen, da meine Mutter es nie lange an einem Ort aushält. Nach der Trennung von meinem Vater ist es mit ihr sehr anstrengend geworden. Wir lebten sogar kurz einmal in Italien, das ist aber schon etwas länger her, da war unsere Familie noch intakt. Diesmal geht es von Paris nach Rom und ich hoffe, dass wir diesmal länger als ein Jahr bleiben. Ich glaube, wenn meine Mama den passenden Partner finden würde, dann könnte sie sicherlich auch sesshaft werden.
Mein Blick wandert zum Fenster, wo ich schon das Meer und die winzigen Häuser immer näherkommen sehe. Jetzt wird mir echt mulmig. Oh Gott, die Fingerknöchel werden schon ganz weiß, so fest krallen sich meine Nägel in die Armstützen. Mir dreht sich fast der Magen um. Plötzlich fängt meine kleine Schwester Selina an zu kreischen. Sie sitzt rechts von mir und zappelt wie eine Verrückte mit Händen und Füßen. Mittlerweile gaffen uns die anderen Passagiere schon an. Am liebsten würde ich im Erdboden versinken. Ich schaue sie fragend an, um herauszufinden, was mit ihr los ist, als es einen Rempler gibt, der mir bedeutet, dass wir schon gelandet sind. Ihr Gekreische wird zu einem lauten Lachen. Erst jetzt merke ich, dass sie es schon wieder geschafft hat, mich von meiner Angst und Übelkeit abzulenken.
Ich liebe meine kleine Schwester Selina. Sie ist bildhübsch mit ihren braunen langen Haaren und ihren großen dunkelbraunen Augen. Sie ist zwar erst siebzehn Jahre alt, aber sie wirkt schon wie eine junge Frau. Endlich auf festem Boden, laufen wir rasch den langen Gang entlang bis zur Ankunftshalle. Wir haben kaum Gepäck dabei, da wir alles einem Unternehmen übergeben haben, das den Umzug organisiert. Meine Mutter ruft uns noch ein Taxi, mit dem wir uns auf den Weg in unser neues Zuhause machen. Ich bin schon aufgeregt, denn nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt.
Im Taxi überlege ich, wie wohl unser neues Heim aussieht. Schließlich halten wir an einem alten gelben Gebäude, das offensichtlich gerade neu restauriert worden ist. Ich steige aus dem Wagen und komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Dieses Haus hat etwas Besonderes mit seinen eisernen Balkonen. Ganz oben entdecke ich eine große Terrasse. Ich kann nur ein paar Palmen erkennen, aber wer dort wohnt, hat richtig Glück. Es ist einfach wunderschön. Wenn es innen genauso aussieht, gehe ich hier nicht so schnell wieder weg.
»Elena, Selina, kommt jetzt! Wir schauen uns mal unser neues Zuhause an. Ich denke, es wird euch gefallen!« Mama reißt mich aus meiner Träumerei. Ohne einen weiteren Kommentar folgen wir meiner Mutter. Am Eingang begrüßt uns der Makler freundlich, danach folgen wir ihm zum Fahrstuhl. Wir zwängen uns alle in den kleinen Lift hinein und sofort bereue ich, dass ich nicht die Treppe genommen habe. Dicht aneinander gedrängt bin ich erleichtert, als sich der Aufzug im dritten Stock endlich öffnet und wir zügig zu unserer neuen Wohnung marschieren. Der Makler öffnet uns die Tür und reicht meiner Mutter die Schlüssel.
»Ich hoffe, es ist alles zu Ihrer Zufriedenheit«, sagt er noch knapp, bevor er sich von jedem händeschüttelnd verabschiedet.
Es riecht nach frischen Blumen und die Umzugsfirma hat schon ganze Arbeit geleistet. Die Kartons mit unseren persönlichen Dingen stehen im Flur aufeinandergestapelt. Doch zuerst müssen wir uns wohl darüber einig werden, wer welches Schlafzimmer bekommt. Ich laufe von einem Raum zum anderen, damit ich vor Selina das schönste Zimmer finde. Im letzten Schlafzimmer bleibe ich wie angewurzelt stehen. Mir ist sofort klar, dass ich dieses Zimmer haben muss.
»Das ist meins!«, rufe ich laut, damit es auch wirklich alle hören.
Der Raum hat ein großes weißes Fenster, vor dem ein rosa und weiß geblümtes Sofa steht. Ich tapse in das Zimmer und vor lauter Begeisterung bin ich erstmal sprachlos.
»Ja, super! Danke für das größere Zimmer!«, höre ich Selina noch sagen.
Hier fühle ich mich augenblicklich wohl. Neugierig drücke ich meine Nase gegen das Fenster, um den Park vor unserer Wohnung in seiner vollen Pracht zu sehen. Hoffentlich bleiben wir länger in dieser Stadt, vielleicht ja für immer? Ich schlendere zu meinem neuen weißen Doppelbett, streife meine Schuhe ab und lasse mich rückwärts auf das Bett fallen. Nun kommen wieder alle Erinnerungen hoch. Die Zeit in Paris war wirklich schön. Christian hatte ich zum letzten Mal im Café gesehen. Noch immer schießen mir Tränen in die Augen, wenn ich an diese Zeit zurückdenke. Es war so schwer, aber ich musste eine Entscheidung treffen. Ich hatte ihm schonend beizubringen versucht, dass wir uns trennen mussten, da Mama, Selina und ich nach Rom zogen. Es war für mich von Anfang an klar, dass es eine Beziehung auf Zeit sein würde. Schmerzhaft kamen mir die letzten Worte wieder in den Sinn, die gefallen waren, als wir uns damals das letzte Mal in diesem schönen kleinen Café an der Seine gesehen hatten.
»Wir lieben uns doch, da kann man alle Hindernisse überstehen«, sagte Christian in einem ernsten Ton zu mir.
»Ich liebe dich auch, aber .« Ich nahm einen Schluck Wasser, um etwas Zeit zu gewinnen.
»Was aber?«, fragte Christian mich.
»Ich glaube nicht, dass so eine Fernbeziehung funktionieren kann. Spätestens nach ein paar Monaten lernst du eine Andere kennen, die hier lebt und mit der du jeden Tag Zeit verbringen kannst. Ich kann nicht einfach mal schnell hierherfliegen. Das kostet eine Menge Geld.«
Ich versuchte, ruhig zu bleiben, doch meine Stimme war zuletzt ein wenig lauter geworden.
»Du könntest bei mir einziehen.« Christian rückte näher an mich heran und wollte nach meiner Hand greifen, doch ich zog sie zurück. Ich wollte ihm keine falschen Hoffnungen machen, wir beide hatten einfach keine gemeinsame Zukunft.
»Ach Christian«, seufzte ich. »Du weißt, dass ich nicht ohne meine Familie sein kann. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass es eine Beziehung auf Zeit werden würde. Du hast gewusst, dass ich nach ein bis zwei Jahren wieder umziehen würde. Bitte verzeih mir, aber ich kann nicht anders! Meine Entscheidung steht fest.« Mit Tränen in den Augen schaute ich ihn an.
Er stand auf, warf einen Zehn-Euro-Schein auf den Tisch und ging. Dann drehte er sich noch einmal kurz zu mir um und ich sah, dass seine Augen wässrig waren. Er versuchte, seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen, bevor er ins Taxi stieg und verschwand.
Ich blieb noch einige Zeit sitzen. Meine Augen waren mittlerweile völlig geschwollen und rot unterlaufen vom vielen Weinen. Sogar die Kellnerin fragte mich, ob sie mir helfen könnte, doch ich verneinte. Ich war selbst für diese Misere verantwortlich, dafür konnte ich nun wirklich niemandem die Schuld geben. Nach einer gefühlten Ewigkeit beruhigte ich mich wieder und machte mich auf den Heimweg. Ich konnte ja verstehen, dass er wütend auf mich war, doch meine Entscheidung stand fest, obwohl es mir mein Herz zerriss. Ich hatte in den letzten Tagen viel geweint, weil ich ihn so vermisste. Aber eine Fernbeziehung kam für mich einfach nicht infrage.
Plötzlich höre ich jemanden meinen Namen rufen. Meine Mutter will, dass ich ihr helfe und sofort bin ich mit meinen Gedanken wieder in der Gegenwart.
»Elena, wo bleibst du nur? Wir müssen die ganzen Dinge hier auspacken und einräumen!« Meine Mutter hat wie immer den üblichen Stress. Es muss alles sofort und perfekt erledigt werden. Das ist wieder typisch für sie. Da ich noch immer keine Anstalten gemacht habe, mich nach draußen zu bewegen, brüllt Mama nun noch lauter.
»Elena, komm jetzt endlich!«
»Ich komm< ja schon!«
Ich hüpfe aus dem Bett und wische mir schnell die letzten Tränen weg, damit meine Mutter davon nichts mitbekommt. Ich muss nach vorne blicken, bisher habe ich mich auch nicht durch irgendwelche Gefühle für einen Mann unterkriegen lassen. Es gibt noch andere Mütter mit schönen Söhnen. Mit diesem Gedanken im Kopf laufe ich lächelnd in die Küche. Dort beobachte ich ein paar Sekunden lang, wie Mutter das ganze Geschirr aus dem Karton in die Schränke räumt. Sie schaut ziemlich grimmig drein, vermutlich ist sie wieder voll in Fahrt mit ihrer Wut. Sie hat eindeutig null Geduld, vielleicht sollte sie es mal mit Entspannungsübungen versuchen. Schließlich dreht sie sich zu mir um und schaut mich ernst an.
»Wo warst du? Wir haben so viel zu tun! Du könntest hier ruhig mal mithelfen! Selina hat die Kartons in ihrem Zimmer schon auspackt.«
»Ja, Mama, ich bin ja jetzt da.« Mit einem ruhigen Ton versuche ich sie zu besänftigen. Anscheinend lässt sie sich darauf ein, denn sie sieht mich jetzt mit einem Schmunzeln an. Es ist nicht immer einfach mit meiner Mutter. Sie kann wie gerade eben wegen einer Kleinigkeit sehr aufbrausend sein. Wenn man selbst nicht gerade auf Konfrontationskurs geht, beruhigt sie sich auch schnell wieder.
Ich nehme mir den Karton, auf dem »Bücher Wohnzimmer« steht und schleppe sie zu den Regalen. Als ich dabei bin, die ersten Bücher auszupacken, steht plötzlich meine Mutter dicht neben mir.
»Wie sehen denn nun deine Pläne für Rom aus? Immerhin hast du einen hervorragenden Abschluss und könntest hier auf die Uni gehen!«
Nicht schon wieder dieses Thema. Ich...
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