Schweitzer Fachinformationen
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Mittlerweile ist es schon fast Mittag, und ich habe Stella noch immer nicht gefunden. Ihre Eltern haben mir zwar ihre neue Adresse gegeben, doch auch dort habe ich sie leider nicht angetroffen.
Es musste verdammt lange her sein, dass ich mit ihr telefonierte, denn von dem Auszug aus ihrem Elternhaus wusste ich nichts.
Ich suche im Park Savello, in dem wir oft mit Freunden aus der Schule abgehangen haben, und in ein paar Cafés, die sie gerne besucht. Nirgends ist sie zu finden. Meine letzte Chance ist unser Lieblingscafé Massimo. Wenn ich sie dort auch nicht antreffe, werde ich wohl oder übel vor ihrer Wohnung campieren und auf sie warten müssen. Es ist zwar heute sehr kühl, aber nach den Wochen in Österreich fühlt es sich eher wie ein frischer Frühlingstag an. Auf den Straßen von Rom ist wie immer sehr viel los. Die Autos fahren total unkontrolliert, und das Hupen rundet das Chaos ab. In Österreich ist dagegen alles sehr organisiert und viel ruhiger. Ich schaffe es gerade noch, die Kreuzung zu überqueren, bevor der Bus an mir vorbeifährt. Ich bin ein wenig aus der Puste, als ich endlich das Café erreiche. Mein Herz klopft schnell, und das liegt nicht nur daran, dass ich im Laufschritt durch die ganze Stadt hetze. Kurz atme ich tief ein und aus, bevor ich die Tür öffne. Das Lokal ist sehr groß, im Hintergrund spielt italienische Musik, die meine Laune etwas hebt. Der Barbereich ist sicher fünf Meter lang, in Weiß gehalten, und fast alle Barhocker davor sind von jungen Leuten belegt. Abwechselnd wandert mein Blick von rechts nach links. Alle Tische sind besetzt, was mir die Suche nach Stella nicht gerade vereinfacht. Die Stimmung im Café ist wie immer ausgelassen. In dieser Hinsicht liebe ich Italien. Italiener wissen, wie man das Leben genießt und aus jedem Moment was Besonderes macht. Als ich fast am Ende des Cafés ankomme, entdecke ich Stella, wie sie sich mit zwei Mädels unterhält. Wie immer sieht sie blendend aus mit ihren langen blonden Haaren, die sie heute zu einem Zopf geflochten hat. Nun spüre ich, wie meine kalten Hände plötzlich zu schwitzen beginnen. Nervös wische ich die Handflächen an der Jeanshose ab, was nur bedingt hilft. Langsam nähere ich mich ihrem Tisch, der mit Cocktails sehr gut bestückt ist.
Das war schon früher immer so, wenn wir miteinander unterwegs waren. Kaum hatten wir uns an einen Tisch gesetzt, wurden uns schon die ersten Getränke spendiert.
Stella hat auf andere Leute eine gigantische Anziehungskraft - das gilt für Männer ebenso wie für Frauen. Sie nimmt das immer mit viel Humor und lässt die anderen zahlen. Sie ist der Meinung, wenn sie unbedingt ihr Geld loswerden wollen, dann sollte man sie nicht daran hindern.
Mittlerweile spüre ich mein Herz bis zum Hals schlagen. Es fehlen vielleicht noch fünf Schritte, bis ich an ihrem Tisch bin. Bisher hat sie mich noch nicht bemerkt, was sich bald ändern wird. Mir kommt es vor, als würden diese paar Schritte eine Ewigkeit dauern. Es ist so verdammt lange her, dass wir uns das letzte Mal gesprochen haben, dabei ist sie meine beste Freundin hier in Rom.
»Hallo, Stella«, bringe ich gerade so laut heraus, dass plötzlich sechs Augenpaare auf mich gerichtet sind.
»Hallo, was willst du?«, antwortet Stella gereizt und mit einem strengen Unterton in der Stimme.
»Hast du einen Moment Zeit zu reden?«
»Reden? Ha, dass ich nicht lache. Wie du siehst, unterhalte ich mich gerade mit meinen besten Freundinnen Sofia und Giulia.« Stellas Augen sprühen vor Wut. Ich kann Stella auch sehr gut verstehen, immerhin habe ich mich mindestens zwei Monate nicht bei ihr gemeldet und auf ihre unzähligen Anrufe nicht geantwortet.
»Stella, bitte«, hake ich nach, in der Hoffnung, ihren weichen Kern, den sie gerade gekonnt überspielt, zum Vorschein zu bringen. Stella ist ein herzensguter Mensch und hilft immer wieder bei sozialen Projekten, wie Essen kochen für die Armen.
»Gut, aber nur ganz kurz, wie du siehst, habe ich gerade eine Menge Spaß ohne dich«, presst Stella hervor.
Ich weiß, sie will mich damit nur verletzen, damit ich ansatzweise spüre, wie sie sich die letzten Wochen gefühlt hat.
Wir marschieren an die Bar und ergattern zwei Barhocker. Wie erwartet werden uns Cocktails vor die Nase gestellt. Zwei Typen, die einige Plätze weiter links sitzen, winken uns zu. Es ist wirklich unglaublich, was für eine fesselnde Wirkung Stella auf Männer hat. Obwohl sie gerade so wütend blickt, dass sich auf ihrem makellosen Gesicht eine tiefe Falte zwischen den Augen bildet. »Also Selina, was willst du so Wichtiges loswerden?«
»Stella, ich weiß, ich habe Riesenmist gebaut. Ich hätte mich die letzten Wochen bei dir melden sollen. Doch in Österreich war alles so turbulent mit dem Training, und dann war da noch Maximilian.«
»Der Kerl ist schuld, willst du mir verklickern?« Stellas vorwurfsvoller Ton ist mehr als berechtigt.
»Der Typ hat mir in kürzester Zeit den Kopf verdreht. Letztlich hat er mich aber doch nur verarscht. Das soll keine Entschuldigung sein, doch du sollst wissen, du bist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Ich weiß auch nicht, warum ich so verdammt dumm war und bei diesem Typen alles auf eine Karte gesetzt habe. Bitte Stella, verzeih mir, ich will dich als beste Freundin nicht verlieren.«
Stella war nach dem Tod von Jason täglich bei mir im Krankenhaus, und als ich in der Reha war, kam sie mich jedes Wochenende besuchen. Sie war immer für mich da und versuchte, mich wieder aufzumuntern. Erst als ich zur Erholung in das Hotel in Österreich fuhr, brach der Kontakt ab. Vor allem wegen der Entfernung.
»Dumm ist untertrieben, meinst du nicht? Du weißt, dass man sich nicht auf Kerle verlassen kann, oder? Das versuchte ich schon immer, in dein kleines hübsches Köpfchen zu bekommen. Was glaubst du, warum ich allein bin?«
»Gibst du mir noch mal eine Chance?« Ich gebe mir alle Mühe und setze den mitleidigsten Dackelblick auf, den ich kann. Stella versteht es, mich zappeln zu lassen und nimmt einen großen Schluck von ihrem Cocktail. Die paar Sekunden kommen mir vor, als würden Stunden vergehen.
»Okay, ich will dann mal nicht so sein. Aber versprich mir, dass du dir in Zukunft nie wieder so eine verdammte Auszeit von mir nimmst.«
»Versprochen! Danke, danke, danke!«, wiederhole ich immer wieder und falle ihr um den Hals.
»Hey, ich kriege keine Luft«, krächzt Stella und klopft mir auf den Rücken.
»Oh, entschuldige«, bringe ich mit einem Schmunzeln hervor.
»Also, was war da mit diesem Maximilian? Darüber weiß ich ja überhaupt nichts! Da hast du wirklich großen Erzählbedarf, Süße!«
»Das könnte ich auch von dir sagen. Seit wann wohnst du nicht mehr bei deinen Eltern?«
»Seit etwa einem Monat, ich bin in eine Männer-WG gezogen, was meine Eltern völlig schockiert hat. Als ich ihnen dann erzählte, dass alle drei schwul sind, waren sie beruhigt. Was aber natürlich gelogen ist.« Stellas graue Augen strahlen, was ich bei ihr noch nie gesehen habe.
»Ach, da gibt es wohl einen Typen, der dir besonders gefällt, wie mir scheint?« In der Zwischenzeit wird uns der nächste Cocktail serviert, den wir nicht bestellt haben.
»Du kennst mich wirklich sehr gut.« Ein verschmitztes Lächeln ziert Stellas Gesicht. »Einer ist wirklich dabei, der mein Interesse geweckt hat, er heißt Alessio.«
»Ach, und bist du auch verliebt in ihn?«
»Du kennst mich doch.« Stella sieht mich mit ihren großen grauen Augen an. »Liebe zu Männern gibt es für mich nicht, wie du weißt.«
Stella war erst einmal richtig verliebt, der Typ hieß Stefano und meinte es mit Stella nicht gerade ernst. Er war nämlich zweigleisig gefahren. Als sie das herausfand, ging es Stella so richtig schlecht. Sie hatte tagelang nichts gegessen, was ihren schlanken Körper dermaßen strapazierte, dass wir Freunde eingriffen und sie täglich zum Essen zwangen. Seit damals lässt sie keine Männer an sich heran, außer sie hat Lust auf Spaß und Sex.
»Ich würde es eher Neugier nennen. Er ist anders als die Typen, die ich bisher kennengelernt habe. Er trägt mir nicht alles hinterher oder liest mir die Wünsche von den Augen ab. Er geht mir sogar aus dem Weg, würde ich meinen.«
»Na das ist wirklich ein Unikat von Mann«, necke ich Stella.
»Jetzt bist aber du dran! Was ist mit diesem Maximilian? Ich will alles wissen!«
»Maximilian lernte ich in Österreich in dem Wellnesshotel kennen. Er ist der Sohn vom Chef, was aber nicht ausschlaggebend dafür war, dass ich mich in ihn verliebte. Von Anfang an war alles ein großes Geheimnis. Keiner durfte von unserer Zuneigung wissen. Zuerst fand ich das sehr prickelnd, doch da dachte ich auch noch, er würde es ernst mit mir meinen. Jedoch stieß ich dann permanent auf neue Lügen von ihm, bis es mir reichte. Gestern bin ich einfach still und leise abgehauen. Diese Achterbahnfahrt der Gefühle habe ich nicht mehr ausgehalten.« Ich spüre, wie mich eine Traurigkeit überkommt und meine Augen sich mit Tränen füllen. Ich will hier in aller Öffentlichkeit nicht zu weinen beginnen und versuche, den Schmerz mit einem kräftigen Schluck Piña colada hinunterzuspülen.
»Süße, das tut mir wirklich sehr leid für dich, nach allem, was du bisher schon erlebt hast. Wie gesagt, scheiß auf die Männer, ohne sie ist man viel besser dran!« Stella erhebt ihr Glas, und ich tue es ihr gleich. Wahrscheinlich hat sie recht, Kerle sind nichts für mich. Da brauche ich mir nur meine Eltern anzusehen. Mein...
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