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II
Martin Lönnebo - von dem, der diese Perlen gefunden hat
Wir sind alle Kinder der Erde und des Sternenhimmels. Wir sind alle abhängig. Nah oder fern, mein Leben liegt in deinen Händen, dein Leben in meinen. Suche nicht zuerst die Religion, sondern die tiefste Beziehung.
(FK 2,14)
1. Begegnungen
Als ich Martin Lönnebo 2002 zum ersten Mal begegnete, war ich beeindruckt von seiner Ausstrahlung und Persönlichkeit. Mit einer kleinen deutschen Delegation waren wir nach Schweden gereist, um den »Vater« der Perlen des Glaubens näher kennenzulernen. In Schweden wird »Bischop Martin« geliebt und verehrt, nicht nur wegen der Perlen, sondern aufgrund der persönlichen Wirkung, die er auf viele Menschen hatte. Er hat nicht nur viele bei ihrer spirituellen Suche inspiriert, sondern durch seine zahlreichen Veröffentlichungen, die übrigens erst in seinem Ruhestand erschienen sind, die kirchliche Landschaft maßgeblich geprägt. Überall in Schweden und Skandinavien sind Menschen unterwegs mit seinem Pilgerführer, und in vielen Kirchen sind Perlen-Stationen eingerichtet, die den Besuchenden helfen sollen, den Sinn von Raum und Stille, Taufstein und Altar und weiteren Gegenständen, die auf kirchliche Rituale hinweisen, besser zu verstehen. Im Dom von Linköping, Lönnebos langjähriger Wirkungsstätte, sind in den Fußboden sogar große Perlen eingelassen, die den Besuchenden auf ihrem Gang durch die Kirche spirituelle Impulse geben.
Im Gespräch über das Perlenband sind mir zwei Momente in besonderer Erinnerung. Bei unserem Besuch lernten wir auch einen Theologie-Professor der Universität Uppsala kennen. Es war deutlich zu spüren, welche Fragen und auch Vorbehalte diesen »gut lutherischen« Theologen gegenüber diesem merkwürdigen Perlenband bewegten. Ist das alles nicht »zu katholisch«? Zu »spielerisch«? Und überhaupt, wo sei denn in dem Band eine Perle für die Themen »Schuld« und »Sünde« zu finden? Martin Lönnebo lächelte und meinte dann, die Kirche sei lang genug von diesen Begriffen geprägt gewesen. »Ist es nicht viel wichtiger, dass jeder Mensch erst einmal versteht: Du bist ein geliebtes Gotteskind, einzigartig und schön wie eine Perle?« Nicht nur der Professor wurde nachdenklich.
Der zweite Moment war, als ich Martin Lönnebo fragte, wie ich mit den Perlen in meinen Kreisen umgehen sollte? So sehr ich seinen »Frälsarkrans« schätzte, würde ich doch einiges anders, eben mit eigenen Worten und Bildern beschreiben wollen. Da schaute er mich freundlich an und sagte: »Ich kann dir zeigen, wie ich selbst mit den Perlen umgehe, aber dann geh los und finde deinen eigenen Weg damit.« Dieser Satz geht mir bis heute nach. Ich finde darin nicht nur eine große evangelische Weite, sondern auch die Ermutigung, frei und auf kreative Weise mit den Perlen des Glaubens umzugehen und eigene Wege und Methoden zu entwickeln.
2. Wie das Perlenband entstanden ist
Die Geschichte ist lang, aber die Erzählung ist kurz. Es war auf dem Mittelmeer in einem Fischerboot, das zum Passagierschiff umgebaut wurde. Ein Frühherbststurm spielte mit uns, ich dachte an die Schiffsreise, die Paulus unternommen hatte. Wir kamen jedoch ohne Drama an Land. Es war auf einer Insel mit siebenundvierzig Seelen, einschließlich des Dorfpriesters. Da saß ich frierend in einem gemieteten Zimmer mit einem Notizbuch in der Hand. Ich habe Rosenkränze gezeichnet, vielleicht inspiriert durch den schwarzen Wollrosenkranz des Priesters. Ich suchte Hilfe beim Gebet und der Meditation und der wortlosen Stille.
Vielleicht sprach das Wortlose am deutlichsten. Hilfe zur Stille erhältst du, indem du tief durchatmest und auf deinen eigenen Atem hörst. Das gelang mir ein wenig, aber zur Meditation gehört auch das innere Bild und zum Gebet die Worte. Dann wurde es, wie immer, schwieriger für mich. Ich schaffte es nicht, wie der russische Pilger, auf meinen Herzschlag zu hören. Das unaufhörliche Gebet war weit weg, aber die Sehnsucht war nah.
Deshalb saß ich da und zeichnete Rosenkränze. Es gab viele Seiten, die mit Kritzeleien gefüllt waren, während durch alle Ritzen die heulende Musik des Windes wehte. Ich dachte: Was ist für einen Menschen am wichtigsten, wenn er zu seinem Schöpfer kommt? Was ist echtes menschliches Leben? Was ist für eine Christin am wichtigsten, wenn sie sich ihrem Erlöser nähert? Wie sieht ein authentisches christliches Leben in unserem globalen und ehrlich suchenden Zeitalter aus? Ich dachte an ein Gebetsband, das mir beim Erinnern helfen würde.
Zuerst wuchs der Rosenkranz, es wurden immer mehr und mehr Perlen. Es kam mir so vor, als ob er einer Schlinge ähnelte, an der alle Forderungen festgebunden waren. Dann fing ich an, Perlen wieder wegzunehmen, eine nach der anderen. Am Ende blieb nur eine übrig. Und nun war es kein Rosenkranz mehr, aber das Wichtigste war noch da.
Übrig blieb, wie ich es mir vorgestellt hatte, eine große goldene Perle als Zeichen der höchsten Existenz und ihrer Bedeutung: Gott. Der entscheidende Faktor war, wie ich erkannte, die feste Überzeugung, dass Gott existiert und dass »wir in ihm leben, uns bewegen und unser Sein haben«, Apg 17,28. (FK 2,33f)1
Was ist der Ursprung der Perlen des Glaubens? Bei dieser Frage geht es nicht nur um die legendenhafte Erzählung, sondern die dahinterliegende Idee. Viele Menschen denken, es gäbe dieses Gebetsband »schon immer«, dabei ist seine Geschichte nicht länger als ein paar Jahrzehnte alt. Was das Perlenband scheinbar so zeitlos macht, ist seine Verknüpfung mit den philosophischen Fragen menschlicher Existenz: Was ist Wahrheit? Was ist schön? Was ist gut? Was ist das Richtige? Was ist heilig? Die Antworten auf diese Fragen enthalten unser spirituelles Erbe. (FK 2,38)
3. Lebensbaum und Himmelsstadt
Der zweite Besuch fand 2007 statt. Ich hatte im Ansverus-Haus bereits mehrere Jahre Kurse mit dem Perlenband gegeben und wollte einige Einzelfragen mit Bischof Lönnebo klären. Zusammen mit Birgit Grefbäk, eine seiner ersten Wegbegleiterinnen bei Perlen-Kursen, durfte ich ihn in seinem kleinen Reihenhaus in Linköping besuchen. Ein Engel am Tor, im kleinen Garten Glaskugeln mit Elementen des Universums, im Wohnzimmer ein riesiges Christusgesicht (1,32 x 1,90 m) des finnischen Ikonenschreibers Robert de Caluwé - alles sprechende Zeugnisse von Bischof Martins spiritueller Kreativität und kontemplativer Lebensweise. Am meisten beeindruckte mich das große blaue Symbolbild der »Himmelstadt«, angefertigt von Martin Lönnebo und seinem Bruder Axel.2 In diesem Bild fand ich einen Schlüssel zum tieferen Verständnis der Perlen des Glaubens.
In seinem Buch »Der Mensch als Ikone« beschreibt Lönnebo einen Besuch in seinem nordschwedischen Heimatdorf am Storkågeträsk, einem See, dessen Schönheit ihn stark inspirierte. »Als ich den leuchtenden See betrachtete, dachte ich an das kristallklare Meer in der himmlischen Stadt, das im Buch der Offenbarung beschrieben wird.«3 Dort wird im 21. Kapitel die himmlische Stadt Jerusalem wie ein leuchtender Würfel aus Edelsteinen beschrieben. Und die zwölf Tore waren zwölf Perlen, ein jedes Tor war aus einer einzigen Perle, und die Straße der Stadt war aus reinem Gold wie durchscheinendes Glas. (Offb 21,21) Dieses biblische Bild versucht Lönnebo umzusetzen. Er schreibt dazu: »Axel und ich gingen hinunter zu den Ställen. Wir fanden alte Jutesäcke vom Gerstenfeld und wurmlastiges Holz, das wir für jeden Rahmen und jede Leinwand verwendeten. Dann ging es nur noch darum, die himmlische Stadt zu bemalen und die kostbaren Dinge unseres Lebens, alles Kostbare und Herrliche, was die Menschen besitzen, durch die Perlentore zu bringen. Für mich war es wie ein Gebet und eine Erinnerung. Viele Heilige kamen mit, aber vor allem sind hier meine Familie und die Menschen, die mir am nächsten stehen, zu finden. Ich wollte sie beschützen. Das Gemälde, die Himmlische Stadt, ist wirklich ein Gebet.«4
Und es ist zugleich ein Hinweis auf die Idee, die auch durch das Perlenband leitet: der Lebensweg des Menschen in wesentlichen Stationen, orientiert an der Vita Jesu, alles gefasst in 12 Perlen, deren größte die Gottesperle ist. Auf dem Bild der Himmelsstadt steht diese Perle in der Mitte, in ihr das Kreuz und die Taube als Geistsymbol, alles umlodert von den Flammen des Dornbuschs (Ex 3). Diese alles dominierende Perle ist zugleich auch Zentrum des großen Lebensbaums, der sich vor dem großen Blau abhebt und von dem aus Zweige zu den anderen elf Medaillons führen. In ihnen finden sich, wie in durchscheinenden Perlen, die für Martin Lönnebo wichtigsten Bezugspersonen seiner Familie, oft in Verbindung mit einem biblischen Zitat. Interessanterweise gibt es unter den Familienangehörigen auch heilige Wahlverwandte wie Franz von Assisi oder die biblische Maria Magdalena.
Als ich damals vor dem großen Bild stand, fragte ich mich sofort: Wer sind denn meine wichtigsten Menschen? Wer hat mich geprägt? Wie bin ich überhaupt zu der geworden, die ich bin? Was steht für mich in der Mitte? Martin Lönnebo hat den leidenden Christus in Gethsemane mit einem Bild seines beeinträchtigten Sohnes Jonas zusammengelesen. Was schmerzt in meinem Leben? Und was leuchtet? Alles Fragen, die für einen spirituellen, womöglich auch therapeutischen...
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