Schweitzer Fachinformationen
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Aus dem Englischen übersetzt bedeutet Diversity zunächst einmal Diversität bzw. Vielfalt, wobei mit diesen Begrifflichkeiten noch immer nicht ganz klar ist, was genau gemeint ist. Jeder Mensch ist auf seine Art vielfältig, sodass es zielführender erscheint, sich mit der Auslegung von Diversität zu befassen. Denn Vielfalt kann streng genommen verschieden konstruiert werden - als Trennung, als Unterschiedlichkeit oder als Ungleichheit.10 Diese drei Dimensionen lassen sich wiederum entlang eines Minimal-Maximal-Kontinuums betrachten (mehr dazu gleich weiter unten). Sie merken schon, die Nuancen sind fein, und das Gemeinsame oder Verbindende gerät zunächst in den Hintergrund. Das bedeutet jedoch nicht, dass Diversity auf eine reine Differenzbetrachtung reduziert werden soll. Lassen Sie mich die jeweiligen Auslegungsarten anhand eines Beispiels veranschaulichen, bei dem der Einfachheit halber verschiedene Teamkonstellationen betrachtet werden.
Vielfalt als Trennung. Vielfalt als Trennung betrachtet die Stärke der Abgrenzung zwischen den einzelnen Teammitgliedern. Dies lässt sich gut am Beispiel der Meinungsvielfalt verdeutlichen, die sehr häufig in einem Team besteht. Minimale Trennung liegt vor, wenn ausnahmslos alle Teammitglieder zu einer bestimmten Fragestellung (z. B. "Wie gehen wir das neue Projekt an?") ein und dieselbe Meinung vertreten. Minimal deshalb, weil auf einem (imaginären) Vielfalts-Kontinuum - wie es die Psycholog:innen und Management-Professor:innen Harrison und Klein in ihrem bedeutenden Übersichtsartikel beschreiben - keine Meinungsunterschiede existieren. Anders sieht es aus, wenn die Teammitglieder unterschiedliche Sichtweisen dazu haben, wie etwas angegangen werden soll: Die eine Hälfte des Teams bevorzugt beispielsweise einen innovativen Ansatz, während die andere Hälfte auf bewährte Methoden setzt. Diese Meinungsvielfalt bewirkt, dass das Team in mindestens zwei Lager gespalten wird. In diesem Fall "trennt" die Vielfalt das Team entlang unterschiedlicher Auffassungen.11
Vielfalt als Verschiedenheit. Vielfalt als Verschiedenheit bezieht sich darauf, wie viele verschiedene Merkmale in einem Team vertreten sind. Hier geht es also weniger um den Fakt des Abgrenzens, sondern um die Repräsentation von Vielfalt in Form bestimmter Eigenschaften. Nehmen Sie "Kompetenz" als Beispiel, die die unterschiedlichen Mitglieder eines Teams mitbringen. Minimale Verschiedenheit ist gegeben, wenn alle Teammitglieder dieselbe Kompetenz aufweisen (z. B. Kooperationsbereitschaft). So ein Team wäre auf lange Sicht vermutlich wenig leistungsfähig, weil alle auf Harmonie setzen und niemand sich traut, sich bei Widerständen zu positionieren. Maximal verschieden wäre das Team hingegen aufgestellt, wenn es eine breite Palette an Kompetenzen gibt und keine Kompetenz der anderen gleicht - beispielsweise, wenn eine Person analytische Fähigkeiten mitbringt, eine andere Kreativität und eine dritte ausgeprägte kommunikative Stärken aufweist.12
Vielfalt als Ungleichheit. Vielfalt als Ungleichheit schließlich beschreibt Unterschiede in der Verteilung von Status, Macht oder Ressourcen innerhalb eines Teams. Hier kann "Hierarchie" als einfaches Beispiel dienen. Minimale Ungleichheit liegt vor, wenn sich alle Teammitglieder auf derselben Hierarchiestufe befinden. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse gleich verteilt sind. Maximale Ungleichheit besteht hingegen, wenn nur eine Person aus der Gruppe den anderen hierarchisch höhergestellt ist. Ein klassischer Fall: In einem Team verfügt die disziplinarische Führungskraft in der Regel über mehr Einfluss als die ihr unterstellten Mitarbeitenden, was zwangsläufig dazu führt, dass sie sich in einer privilegierteren Position befindet.13
Unabhängig davon, wie Diversity verstanden wird, geht es psychologisch betrachtet immer um die Art und Weise, wie Unterschiede bzw. das Ausmaß der Heterogenität innerhalb einer Gruppe von Personen definiert und wahrgenommen werden. Unterschiede können per se als scheinbar "neutral" aufgefasst werden - sie markieren nur die Spielarten in unserem Verhalten und Erleben - und wirken sich erst dann negativ aus, wenn sie als Bedrohung oder Hindernis für Beteiligung, Teilhabe oder Zugehörigkeit wahrgenommen werden. Zur Veranschaulichung können wir das Beispiel von eben erneut nehmen: Der Fakt, dass eine Führungskraft mehr Entscheidungsbefugnisse als ihre Teammitglieder hat, bedeutet zunächst nur einen Unterschied in der Verantwortungsverteilung. Dieser Unterschied wird jedoch dann problematisch, wenn die Führungskraft ihre (Macht-)Position ausnutzt und andere - etwa ihre Mitarbeitenden - diskriminiert oder benachteiligt.
Impuls für die Praxis
In welchem Ausmaß erleben Sie in Ihrem Team oder Unternehmen die drei Formen von Vielfalt - Trennung, Verschiedenheit und Ungleichheit? Wie beeinflussen diese Formen der Vielfalt die Zusammenarbeit?
Der Begriff "Diversitätsdimension" hat sich mittlerweile fest in der Diversity-Welt etabliert, doch er ist irreführend. Alter, ethnische Herkunft/Nationalität, Geschlecht und dergleichen sind streng genommen schubladisierende Kategorien, in die Personen aufgrund ihres Erfüllungsgrades bestimmter Merkmale - beispielsweise 47 Jahre alt, deutsch mit Migrationsgeschichte, nicht-binär - eingeordnet werden. Diese kategoriale Einordnung macht das Diversity-Konzept zwar besprechbar, reduziert allerdings die Komplexität menschlicher Vielfalt auf isolierte Kriterien, die scheinbar zusammenhangslos nebeneinander existieren (was sie nicht tun).
Differenzkategorien haben im Diversity-Kontext neben der "Schubladen-Möglichkeit" einen weiteren Nachteil: Sie erschweren eine intersektionale Betrachtung auf Diversity, bei der die Überschneidungen und Wechselwirkungen verschiedener Diskriminierungsformen berücksichtigt werden (z. B. Ableismus, Sexismus und Rassismus bei einer Schwarzen Frau mit Be_hinderung). Diese Vereinfachung birgt das Risiko, dass die Vielschichtigkeit von Diversity vernachlässigt wird und bestimmte Personengruppen durch das "Raster" fallen, weil ihre Lebensrealitäten nicht angemessen gesehen werden (vgl. dazu die Übung "Changing your perspective" in Teil 3).
Nachfolgend werden die wichtigsten Diversitätsdimensionen kurz beschrieben, wobei deutlich gemacht wird, wie die jeweiligen Kategorien im Arbeitskontext zur Rechtfertigung von Exklusion und Ungleichbehandlung verwendet werden können.14 Um das Gegenteil, also Inklusion, zu erreichen, müssen Räume so gestaltet werden, dass sie für alle Menschen zugänglich sind und bestehende Ausschlussmechanismen kritisch hinterfragt und verändert werden (mehr dazu gleich im folgenden Kapitel). Berücksichtigen Sie bitte außerdem, dass diese Beispiele selten allein, sondern meist in Kombination (d. h. intersektional verknüpft) auftreten.
Alter. Diese Kategorie umfasst die Diskriminierung aufgrund des Lebensalters, sei es gegen jüngere (Adultismus) oder ältere Personen (Ageismus). In der Arbeitswelt ist Altersdiskriminierung weitverbreitet, wobei ältere Arbeitnehmer:innen häufig als weniger flexibel oder innovativ angesehen werden, während jüngeren Menschen oft fehlende Erfahrung oder eine hohe Ansprüchlichkeit zugeschrieben wird. Diese negativen Altersstereotype können beispielsweise den Zugang zu oder die Wahrnehmung von Karrieremöglichkeiten stark einschränken. Das Besondere im Hinblick auf Alter: Es ist das einzige Merkmal, das wir alle gemeinsam haben, und ich kenne keine Person, die bisher nicht aufgrund ihres Alters entweder bevorzugt oder benachteiligt wurde - sei es, dass sie als "zu jung" für eine verantwortungsvolle Aufgabe oder als "zu alt" für eine neue Herausforderung angesehen wurde.
Ethnische Herkunft und Nationalität. Diese Kategorie beinhaltet kulturelle Aspekte, die oft mit sichtbaren Merkmalen wie Hautfarbe (z. B. nicht-weiß), Haarstil (z. B. Braids, Dreadlocks oder Afro) oder Kleidung (z. B. Kopftuch) verbunden sind. Im beruflichen Kontext werden Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft häufig als "anders" markiert (engl., othering) und rassistisch diskriminiert, was zu einer systematischen Ausgrenzung führt. Dies zeigt sich beispielsweise in Vorurteilen, die Menschen mit Migrationsgeschichte oder nicht-deutschen Namen als weniger kompetent oder vertrauenswürdig darstellen.
Geschlecht und geschlechtliche Identität. Diese Kategorie thematisiert, welchem Geschlecht sich eine Person zugehörig fühlt. Diese Empfindung muss nicht immer mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen. Personen können sich beispielsweise als trans*, inter*, nicht-binär und/oder cis geschlechtlich identifizieren. Cis Geschlechtlichkeit - die Übereinstimmung der Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht - gilt dabei oft als unhinterfragte "Norm". Trotz rechtlicher Fortschritte im Hinblick auf Geschlechtergleichstellung erleben Frauen und Geschlechter außerhalb des binären Systems immer noch erhebliche Diskriminierungen, etwa durch den Gender Pay Gap (engl., geschlechtsspezifischer Lohnunterschied), den Gender Care Gap (engl., geschlechtsspezifischer Unterschied im Hinblick auf die Verteilung von...
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