Schweitzer Fachinformationen
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Unlängst ist er von einem Ausflug nach Russland, Bulgarien, Konstantinopel etc. zurückgekehrt, und zwar mit einem Messerstich als Andenken. Denn er pflegt nicht mit dem rothen Bädeker in der Hand zu reisen, sondern er sucht die noch wenig ausgetretenen Pfade auf.« »Selbstverständlich erlebt man in der Sahara, in Kurdistan usw. andere Dinge als im Coupé für Nichtraucher auf der Eisenbahn in Deutschland«, heißt es einige Ausgaben später. Leser bestürmen ihn mit Fragen nach unveröffentlichten Einzelheiten seiner Reisen, tschechische, ungarische und holländische Zeitungen berichten über den sächsischen Weltenbummler.
Halb zog es ihn, halb glitt er hin: »Der liebesarme, nach Liebe sich Sehnende, vermochte nicht der Versuchung zu widerstehen, die Zuneigung, die sich so jäh millionenfach seinen IchIdealen zuwandte, dem eigenen Ich zuzulenken« (Wollschläger). Ab 1896 heißen die Reiseromane »Reiseerzählungen« oder gar »-erlebnisse«, und die Leser erfahren es offiziell aus der Feder des Maysters: Ich bin wirklich Old Shatterhand resp. Kara Ben Nemsi und habe erlebt, was ich erzähle.
Ich habe jene Länder wirklich besucht und spreche die Sprachen der betreffenden Völker. Ich spreche und schreibe: französisch, englisch, italienisch, spanisch, griechisch, lateinisch, hebräisch, rumänisch, arabisch 6 Dialekte, persisch, kurdisch 2 Dialekte, chinesisch 6 Dialekte, malayisch, Namaqua, einige Sunda-Idiome, Suaheli, hindustanisch, türkisch, und die Indianersprachen der Sioux, Apatschen, Komantschen, Snakes, Uthas, Kiowas, nebst dem Ketschumany 3 südamerikanische Dialekte. Lappländisch will ich nicht mitzählen. . Die Gestalten, welche ich bringe, haben gelebt oder leben noch und waren meine Freunde. . Winnetou war geboren 1840 und wurde erschossen am 2.9.1874. Er war noch herrlicher, als ich ihn beschreiben kann. . Weil ich meist Selbsterlebtes erzähle und Selbstgesehenes beschreibe, brauche ich mir nichts auszusinnen.
Karl May auf dem Höhepunkt seines Ruhmes. Ich bin wirklich Old Shatterhand, erzählt der kleine Sachse, der mit 58 Jahren zum ersten Mal den europäischen Boden verlassen wird, der Welt - und die glaubt es ihm, so wahnwitzig seine Schilderungen auch ausfallen. Amerika habe er »schon mehr als zwanzigmal bereist«, berichtet ein Reporter des »Bayerischen Courier« 1897 nach einem Interviewtermin, im Herbst des Jahres gedenke »der Mann, der über 1.200 Sprachen und Dialekte versteht«, erneut »bei den Apachen einzukehren«, wo er 35.000 Mann befehligen könne, »Winnetous einsames Grab zu besuchen und sich in den Rocky Mountains einen Grizzly-Bären zu holen.« Einigen Flachköpfen, die Zweifel anmelden, droht er, sie mögen hierher kommen und die Narben sehen, welche meinen Körper bedecken, dann werden sie schweigen!
Was im Nachhinein wie eine geniale PR-Kampagne zur Vermarktung eines Images wirkt, war mehr als eine Lüge für die Öffentlichkeit: Karl May war Old Shatterhand, und er kannte seine Helden wirklich. Wenn er vom Tode Winnetous erzählte, »saß er tränenüberströmt da«, weil ihm die Erinnerung zu nahe ging, berichteten Freunde. Wenn er arbeitete, litt und lachte er mit seinen Figuren. Einmal rannte eine Angestellte, die das Geschrei in Mays Zimmer gehört hatte, entsetzt aus dem Haus und verkündete, der Chef sei wahnsinnig geworden.
Spätestens Mitte der neunziger Jahre hat Karl May, so das Fazit des May-Forschers Prof. Claus Roxin, »nach und nach die Kontrolle über seine Phantasie verloren, Realität und Traum nicht mehr auseinanderhalten können«. Spätestens da hätte die Öffentlichkeit merken müssen, dass Karl Mays exotische Reiseerzählungen nichts weiter sind als Befreiungsgeschichten: das bizarre Werk einer genial umgewandelten schweren narzisstischen Neurose, Spiegelungen einer alptraumhaften Innenwelt, »höchst private Niederlagen und Demütigungen, mit beträchtlicher Präzision von der Seele« geschrieben (Schmiedt). May hat erlebt, was er erzählt, nicht im Wilden Westen und nicht im Orient, sondern in Sachsen. Wirklich in den Geist einer Sprache eindringen kann man nur als Angehöriger des Volkes, von welchem sie gesprochen wird, schreibt Karl May schon 1896 im »Deutschen Hausschatz«, und wer meine Erzählungen gelesen hat, der weiß, dass ich stets nach dieser, wenn auch innern, Angehörigkeit getrachtet habe. Der innern.
»Es scheint, dass May sein Werk stets ohne jede präzise Vorstellung von Fortgang und Lösung der Handlung begann; seine Durchführungen entstehen dann viel mehr aus sich selbst als aus dem exponierten Material, von dem sie oft erstaunlich viele Motive einfach liegen lassen. Die Konzept-Blätter zum Spätwerk, die erhalten geblieben sind, beweisen dies deutlich: Sie enthalten nirgends auch nur Ansätze zu einem Rahmenentwurf, sondern sind durchweg Datenspeicherung zum bereits Geschriebenen«, stellt Hans Wollschläger fest. »Man darf sagen, dass Schreiben für May grundsätzlich, in selten totalem Grad, die Abfuhr von Innen-Konflikten bedeutete; waren diese 'ausgetragen', so durften, ja mussten sie für einige Zeit .vergessen sein. Diese Abfuhr gedieh natürlich nie zur wirklichen Erledigung; die schubartige Wiederkehr ihrer Notwendigkeit bewirkte so Mays eigentliche, stupende Produktivität.«
Ich skizziere. Damit ist alles gesagt. Ich schreibe oft monatelang kein einziges Wort. Dann sind plötzlich in einer einzigen Nacht wohl über hundert Seiten fertig geworden. An diesen Seiten ändere ich nichts. Ich schicke sie früh fort, und wie die Zeilen aus der Feder kamen, so werden sie gesetzt und gedruckt. Änderungen dulde ich nicht! Ich verändere nie, und ich feile nie. May entwickelt eine geradezu panische Angst vor einer bewussten Auseinandersetzung mit dem Geschriebenen. So scheut er auch vor notwendigen Bearbeitungen seiner Werke zurück, wird mehrfach dabei krank, erledigt Neufassungen und verbindende Elemente (ein Großteil seiner Buchausgaben entstand als Sammlung einzelner, in Zeitschriften erstveröffentlichter Erzählungen) in letzter Minute und äußerst schlampig. Da werden Personen wieder zum Leben erweckt, die längst verstorben sind, da »vergessen« die einen Erlebnisse aus früheren Episoden, während andere Informationen ausplaudern, die sie erst zeitlich später erfahren werden. Und auch Winnetou erwischt es: Während er in der Einleitung zum ersten Band noch durch die mörderische Kugel eines Weißen stirbt, wird er im dritten Band von einem Indianer getötet. Ich habe meinem Geiste und meiner Seele ein irdisches Gewand gegeben, Roman genannt. Dieses Gewand ist der einzige Körper, in dem es meinem inneren Menschen möglich ist, mit meinen Lesern zu reden, sich ihnen sieht- und hörbar zu machen. Es darf kein Wort, keine Zeile daran geändert werden. Jede kleine Änderung, sogar die allerkleinste, bedeutet eine Wunde; jede größere aber macht ihn gar zum Krüppel.
Was Karl May im realen Leben so oft so kläglich daneben ging, gelingt Old Shatterhand resp. Kara Ben Nemsi spielend. Musste sich der junge Karl May unter väterlichem Zwang durch fremdsprachige Grammatiken und Wörterbücher quälen, so lernt Kara Ben Nemsi im wilden Kurdistan die Landessprache innerhalb von wenigen Tagen. Während der jahrelang blinde Autor noch immer Probleme mit seinen Augen hat und sich mehrfach in Behandlung begeben muss, ist sein literarisches Ich mit überragenden visuellen Fähigkeiten ausgestattet, die es ihm ermöglichen, einen lauschenden Feind auf fünfzig Schritt Entfernung infolge der Mücken, die, von seiner Person angezogen, um den Busch weit dichter spielen als anderswo, zu enttarnen. Scheiterte Mays sehnsüchtiger Wunsch, nach Jahren der Blindheit selbst Arzt zu werden, an den materiellen Voraussetzungen, so erwirbt sich Kara Ben Nemsi bald im gesamten Orient den Ruf eines Medizinmannes, der mit dem Scheidan im Bunde stehe, weil er mit drei Körnchen Durrhahirse Tote lebendig machen könne. Und das ganz ohne eine entsprechende Ausbildung: Nun war mir unglückseligerweise in Kairo eine alte, nur noch halb gefüllte homöopathische Apotheke in die Hand gekommen; ich hatte hier und da bei einem Fremden oder Bekannten fünf Körnchen von der dreißigsten Potenz versucht, dann während der Nilfahrt meinen Schiffern gegen alle möglichen eingebildeten Leiden eine Messerspitze Milchzucker gegeben und war mit ungeheurer Schnelligkeit in den Rufeines Arztes gekommen, begründet May nur notdürftig-ungeschickt die literarische Kompensation seiner unerfüllbaren Utopie vom Menschenheiler durch den tatkräftigen Kara Ben Nemsi, der, als Höhepunkt seiner Karriere als »Dr. med Heilig«, im Land der Skipetaren sogar die Kunst des Gipsverbandes einführt.2
Mays Gefängnisjahre spiegeln sich nicht nur in einer endlosen Kette von Gefangenschaften und Befreiungen wider. Seine Helden hält es auch nie lange an einem Ort, sie...
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