Es war einmal .
. eine wunderschöne Prinzessin . und so weiter und so fort - alles Quatsch! In Wirklichkeit war ich 15 Jahre alt, als ich meinen jetzigen Exmann kennenlernte. Alles Reden meiner Eltern, ich solle mich noch nicht binden, ich sei noch zu jung, half nichts. Ich war schließlich verliebt und kein Teenager der Welt lässt sich in diesem Stadium der Pubertät gerne etwas sagen. So auch ich nicht. Ich lernte Jan in einer Dorfdisco kennen. Damals war es ein Highlight, samstagabends tanzen zu gehen. Es war das erste Mal überhaupt, dass ich ohne meine zwei älteren Brüder, die sonst auf mich aufpassten, ausgehen durfte. Ich traf mich mit meiner Freundin Manuela und mein Vater brachte uns mit dem Auto in das besagte Dorf. Ich war schrecklich aufgeregt. Ich machte eine Abholzeit mit meinem Dad aus, doch diese gefiel mir ganz und gar nicht, ich fand es viel zu früh und kämpfte um jede Minute, die ich mehr rausschlagen konnte. Ich fing an zu schnurren wie ein Kätzchen und schmierte ihm Honig um den Bart, dieser Trick funktionierte immer, so auch dieses Mal. Zufrieden mit dem Ergebnis, genau anderthalb Stunden länger bleiben zu dürfen, stiegen wir aus dem Auto und machten uns auf den Weg. Wir staunten nicht schlecht, als wir die Kneipe betraten, denn es war rappelvoll. Meine Güte, wo kommen nur alle diese Leute her?, dachte ich im Stillen und sah Manuela, wie sie sich einen Weg durch die Menschenmenge Richtung Fensterfront bahnte. Es standen mehrere Tische aufgereiht an der Fensterseite, die als Sitzgelegenheiten dienten, auf denen bereits mehrere junge Männer und Frauen saßen. Wir setzten uns dazu und erzählten uns was, als mich jemand von hinten anstupste. Ich drehte mich um und sah direkt in die blauen Augen eines gut aussehenden Jungen (mein Prinz!).
Wow . was für Augen! Ich war hin und weg von ihm und er wohl auch von mir, denn so langsam kamen wir ins Gespräch. Er hieß Jan Rainau, kam aus dem Nachbarort und war zusammen mit seinem Freund Tupper (Spitzname) unterwegs. Ich merkte gar nicht, wie die Zeit verging, und an Tanzen war sowieso nicht mehr zu denken. Manuela zog es auf die Tanzfläche, von ihr war nicht mehr viel zu sehen. Zu später Stunde trieb es mich auf die Toilette, ich hüpfte vom Tisch und ging Richtung Ausgang. Ich schaute mich noch einmal um und sah Jans erschrockenen Blick, der sich gleich ertappt fühlte, wegschaute und sich eine Zigarette drehte. Ich konnte diesen Gesichtsausdruck nicht richtig deuten und schenkte dem auch keine Beachtung mehr (Wochen später erzählte mir Jan, dass er sich damals aufgrund meiner Größe so erschrak, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass ich so klein war).
Der Abend verging wie im Flug und als wir uns verabschiedeten, tauschten wir noch eiligst unsere Telefonnummern aus. Ach ja, und sein Feuerzeug hatte ich ihm auch entwendet. Es war durchsichtig mit kleinen blauen Herzen. Ich sagte ihm, wenn er es wiederhaben wolle, müsste er es sich bei mir zu Hause persönlich abholen. Wir lachten herzlich und ich ging nach draußen. Vor lauter rosa Wolken hatte ich vergessen, Manuela zu holen, rannte noch mal hinein, fand sie auch recht schnell und zog sie mit mir. Mein Vater wartete bereits im Auto auf uns - natürlich war er früher als verabredet dort gewesen. Es hätte mich auch gewundert, wenn es nicht so gewesen wäre. Ich schwebte auf Wolke 7, war ich doch gerade dabei, mich in einen ganz süßen Jungen zu verlieben!
Am nächsten Tag wartete ich wie auf heißen Kohlen darauf, dass das Telefon klingelte, in der Hoffnung, Jan würde mich anrufen. Aber nix, gar nix klingelte. Ich konnte den ganzen Tag lang nicht still sitzen, machte mir immerzu Gedanken, wie schön es wäre, wenn er jetzt anrufen würde, doch es kam kein Anruf. Am Nachmittag hielt ich es einfach nicht mehr aus und wählte seine Nummer. Ich war so aufgeregt, dass ich dachte, mein Herz würde jeden Augenblick zerspringen. Als dann sein Vater am Apparat war, bekam ich fast keinen Ton heraus. Ich stellte mich vor und fragte, ob ich Jan sprechen dürfte, und es dauerte nicht lange, da hatte ich ihn am Telefon. Ich glaube, er war in dem Moment ziemlich überrascht, dass ich ihn anrief, denn seine Begeisterung hielt sich in Grenzen, ganz im Gegenteil zu meiner. Nach einem, vor Verlegenheit, ziemlich stockenden Gespräch war ich dann sehr enttäuscht. Ein wenig mehr hatte ich mir dann doch von unserem Telefonat erhofft. Wir verabschiedeten uns, ohne ein weiteres Treffen zu vereinbaren, und ich legte enttäuscht auf. Wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen, ging ich in mein Zimmer und schwor mir, nie wieder zuerst einen Jungen anzurufen. Nach ungefähr einer halben Stunde klingelte unser Telefon und mein Vater rief mich. Ich ging nichts ahnend ran und war sehr überrascht, dass es Jan war. Er entschuldigte sich für sein vorheriges Verhalten und erklärte mir, dass er, als ich anrief, gerade zusammen mit seiner Schwester einen Film geschaut und gar nicht mit meinem Anruf gerechnet hatte, dennoch hätte er sich sehr darüber gefreut. Wir plauderten mindestens eine Stunde lang und verabredeten uns für das darauffolgende Wochenende bei ihm in Büttchenstein. Wie ich allerdings dorthin kommen sollte, war mir schleierhaft. Doch das war erst einmal zweitrangig, es würde sich schon eine Fahrgelegenheit ergeben.
Ich hielt es vor lauter Aufregung die Woche über kaum aus, so sehr fieberte ich dem Wochenende entgegen. Meinen Eltern blieb meine gute Laune natürlich nicht verborgen, doch sie äußerten sich nicht, sie schauten mich nur immer auffordernd an, meine gute Laune zu erklären, doch ich hielt meinen Mund, grinste vor mich hin und ging meiner Wege.
Am darauffolgenden Samstag brachte mich mein Bruder Sven nach Büttchenstein. Er fuhr zu dem Zeitpunkt einen alten Fiat Spider Cabriolet. Natürlich fuhren wir auf meinen Wunsch hin offen, denn ich wollte richtig cool wirken. Ich war so nervös und versuchte die ganze Zeit, meine Haare im Fahrtwind zu kämmen, was natürlich ein auswegloses Unterfangen war. Sven amüsierte sich die ganze Zeit über mich, ich aber schaute ständig in den Spiegel, um sicherzugehen, dass ich gut aussah.
Am Treffpunkt angekommen, wartete Jan bereits auf mich, und wir begrüßten uns sehr herzlich. Nachdem ich meinen Bruder vorgestellt hatte, fuhr dieser zurück nach Hause. Er wollte mich drei Stunden später wieder abholen. Jan war genauso aufgeregt wie ich. Wir verstanden uns aber auf Anhieb und gingen zu ihm nach Hause. Bei ihm angekommen, stellte er mir seine Familie vor, die komplett versammelt in der Küche am Kaffeetisch saß. Sein ältester Bruder Ulrich (der nicht mehr zu Hause wohnte) und dessen schwangere Frau Angelika waren auch anwesend. Ich lernte alle kennen und hatte ein komisches Gefühl im Bauch; weshalb, konnte ich mir damals auch nicht so recht erklären - heute weiß ich es. Am besten von allen gefiel mir seine Oma Käthe. Sie war schon sehr alt, aber richtig nett und herzlich. Wir verstanden uns auf Anhieb und das gab mir ein gutes Gefühl. Auch dieser Nachmittag verging wie im Fluge, und als ich abends wieder zu Hause war, wusste ich, dass ich bis über beide Ohren verliebt war. Hätte ich doch bloß auf meine Mutter gehört und die Finger von ihm gelassen! Aber das tat ich nicht und so nahmen die Dinge ihren Lauf.
Aus Jan und mir wurde ein Paar, ganz zum Leidwesen meiner Eltern. Doch alles Drohen, Schimpfen und konsequente Verbote halfen nicht, diese Liebe zu unterbinden. Ganz im Gegenteil! Wir sahen uns mehrmals in der Woche. Jan kam immer mit seinem Mofa und fast regelmäßig riss der Bowdenzug ab, sodass er immer erst an dem blöden Teil herumbasteln musste, wenn er bei mir war. Ich versorgte ihn dabei heimlich mit Leberwurstbroten, so, dass meine Eltern nichts mitbekamen. Wochen später gestand er mir dann, dass er gar keine Leberwurst mochte. Ich war völlig geschockt darüber und hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen, weil er seit Wochen Brote aß, die ihm gar nicht schmeckten. Von da an gab es Käsebrote.
(Meine Oma Herta, die auch bei uns zu Hause wohnte, mochte Jan zwar, dennoch war ihr unsere Verbindung ein Dorn im Auge. Immer wieder ließ sie in Gesprächen mit ihm Spitzfindigkeiten fallen, doch Jan überhörte diese geflissentlich. Im Gegenteil, er machte sich einen Spaß daraus. Eines Abends im Winter, kurz bevor Jan nach Hause wollte, pinkelte er ihr ein Herz unter ihr Schlafzimmerfenster in den Schnee. Ich erfuhr erst davon, als meine Oma am nächsten Morgen wütend nach mir rief, damit ich mir die "Sauerei" anschauen konnte. Ich selbst konnte mir das Lachen kaum verkneifen, sie aber fühlte sich beleidigt. Ja, so war meine Oma.)
Ich war zu dem Zeitpunkt gerade mit der Schule fertig und fing eine Lehre als Friseurin an. Jan hingegen flog von selbiger, er war stinkfaul und hatte keine Lust auf Schule. Meine Mutter nahm ihn irgendwann ins Gebet und machte ihm klar, wie wichtig ein Schulabschluss sei, in der Hoffnung, dass er sich irgendwann darum bemühen würde, diesen nachzuholen (so kam es dann auch noch). Seinen Eltern hingegen schien das alles nicht wichtig zu sein, sie kümmerten sich nicht wirklich um ihn, geschweige denn darum, dass er zur Schule ging. Jan fing eine Lehre als Tischler an,...