Schweitzer Fachinformationen
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Fatty wählt eine Musik auf seinem Laptop aus, das mit einem potenten Sub-Woofer unter seinem Computertisch verbunden ist. Was für Musik er hört? Wenn keiner zusieht, tanzt Fatty öfter hands-over-head zu ... ja, ob man's glaubt oder nicht: zu Moby. Jetzt aber tanzt er nicht, denn er hat sein Handy gezückt und fummelt im Adressbuch verzweifelt nach Pat Riot. Seine fetten Finger aber lassen die Namensliste im Display immer wieder am gewünschten Namen vorbeilaufen. An die falsche Adresse versandte Mails und SMS werden allmählich zu Fattys Markenzeichen. Mehrmals pro Woche passiert ihm das. Kürzlich zum Beispiel hatte er gerade eine wilde erotische Geschichte mit einem Araber-Teenie-Mädchen namens Fatima, dem er eine zutiefst romantische SMS schrieb, wonach er haarscharf an »FATIMA« vorbeitippte und bei »FATTYS VATER« auf »SEND« drückte, so dass Fritz Leiderstam, sein Erzeuger, eine Nachricht des folgenden Inhalts zu lesen bekam: »Oh you sexy BEAST, I wanna lick your butthole NOW, you hear me?« In der Sekunde, als die Nachricht abgeschickt wurde, entdeckte Fatty seinen Fehler, den er verzweifelt zu beheben versuchte, indem er »ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ« schrie und sein Handy an die Wand schmiss, wo es in tausend Stücke zerbarst, eine Reaktion, die sozusagen von einer Generation auf die andere übersprang, denn in eben derselben Sekunde schrie Vater Fritz ebenfalls »ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ« und warf seinen Apparat voller Abscheu an die Wand, wo er zerschellte. Seither hat der ärmste Fatty mit »Fattys Vater« nicht mehr gesprochen ...
Stöhnend nimmt Pat Riot das Gespräch an, und Fatty fragt ihn, ob er sich eine Strategie hat einfallen lassen für die Rekrutierung und Organisation der Teilnehmer an der PUSH-Party Nr. 5. NATÜRLICH hat Pat Riot das getan. In Sachen Einfälle für Selbstorganisation kann Fatty Pat Riot blind vertrauen. Riot ist Fattys ältester, straightester und seriösester Mitarbeiter, vielleicht der einzige mit einer echten Ausbildung und ganz sicher der einzige, der eine geregelte Arbeit ausübte, bevor er beschloss, unter die Aktivisten zu gehen. Fatty nennt ihn oft ein »selbstorganisatorisches Genie«, so sehr Pat Riots zutiefst unterentwickelte sprachliche Artikulationsfähigkeit daran auch zweifeln lassen mag. Es stimmt aber auch, dass Pat Riot einigen Einblick in Selbstorganisationsformen hat. Bis 1997, dem Jahr, in dem er Frau und Kinder verließ, um sich gänzlich dem politischen Aktivismus zu widmen, saß er im Committee of United Nations Taliban Specialists - CUNTS - als Experte für politische Strategien islamischer Fundamentalisten. Pat Riot (ursprünglich Patrick Rimmelföt) meint, die afghanischen Taliban seien womöglich noch heute das weltweit beste selbstorganisierte oder sozusagen »alternative« System. Und er hat in seine eigenen Theorien bezüglich Rebellionsstrategien und Rekrutierungsmöglichkeiten viel von der talibanischen Bereitschaft zum Dissens übernommen. Seine wichtigste Erkenntnis (und sein oberstes Gebot) ist, dass man per def weder dynamisch sein noch dynamisch operieren kann, wenn die eigenen generellen Voraussetzungen zu GUT sind. Von dieser Erkenntnis ausgehend, gelangte er zu der Dichotomie PARADISE/ PARALYZE. Die Vollkommenheit, der Schutz, kurz, das Paradies, das du als Bewohner der Westlichen Welt erlebst, lähmt dich und macht dich statisch und blablabla, findet Riot. Daher seine antiamerikanische und antikommerzielle Einstellung, nicht nur wg. Ausbeutung und Unmoral und Heuchelei, sondern auch wg. dem Streben Kommerzamerikas nach dem Paradiesischen, also dem Statischen, immer noch O-Ton Riot. 1995 kam er mit den französischen Gegnern der FNAC-Kette in Kontakt (Les FNACtivistes) und legte sich gegen Ende der 90er Jahre eine immer größere Anzahl von - tivismen zu, die im selben Maße härter und expliziter wurden, wie sein Drogengebrauch schwerer wurde infolge vertiefter Kontakte zu kriminellen Kreisen in Afghanistan. So sah diese Steigerung aus:
Factivism (den Gegner mittels »harter Fakten« schlagen)
Hacktivism (den Gegner mittels elektronischer Angriffe schlagen)
Mactivism (den Gegner schlagen, indem man die idealistischen Mac-Fantasten der Welt organisiert)
Blacktivism (den Gegner mittels der durch Dope-Gebrauch entstandenen kulturellen Aggression der Schwarzen schlagen)
Cracktivism (den Gegner schlagen, indem man die »Verbraucher« zu einem Heer von aggressiven »Crack-Babies« macht)
Smacktivism (den Gegner schlagen, indem man die »Verbraucher« zu einem Heer von passiven Junkies macht).
Man würde sich wünschen, dass Riot sich vom »kreativen« Teil des politischen Aktionismus fern gehalten hätte. Hat er aber nicht, leider. Jüngst hat er ein paar aktionsorientierte Happenings organisiert, die »Wirklichkeit und Fiktion derart vermischen, dass Mitwirkende und Zuschauer miteinander darum wetteifern, wer von ihnen den MIR-BLÄST'S-DAS-HIRN-WEG-Pokal verdient hat«, wie er in einem ungewöhnlich eloquenten Moment formulierte. Da gab es z.B. DOPE OPERA, ein Kammerspiel, für das Riot seine Kumpel (unter anderem von PUSH) mit Dope voll dröhnte und dann in eine winzige Einzimmerwohnung sperrte. Die sich darin abspielenden hysterischen Szenen übertrug er live auf einen Riesenbildschirm in der Staatsoper, für ein Publikum aus Pazifistenferkeln, Kulturschaffenden verschiedenster Art und anderen »Interessierten«. Der persönlich am Schauplatz anwesende Autor Riot - eigener Ansicht nach ungekrönter Professor (!) in Sachen Stressmanagement - fungierte dort als »Cutter des wirklichen Lebens«, als »the editor of the real«, wie er es ausdrückte, und sorgte durch verschiedenste Impulse und paranoide Ideen, dank derer die zugedröhnten Mitwirkenden vor Entsetzen schier durchdrehten, für allerlei Abwechslung und Durcheinander. Es endete in einer halbherzigen und blutarmen Keilerei zwischen sechs der Drogis. Ähnlich lief es mit dem »Schauspiel« BUREAUCRAZY, für das Riot den Kaffeeautomaten in einem Buchhaltungsbüro mit Speed dopte. Die Intention? Mit seinen Worten: »Neeee alsooo ... es ging umäääh ... sozusagen, nichwahr, die Infragestellung ... äääh ... nichwahr ... der Langsamkeit ... äääh ... in all der Dynamik, die ... nichwahr ... die Bürokratie >normalerweise < ... haben soll ... angeblich, nichwahr ... also die ... Scheiß ... crazyness ... und all so'n Scheiß.«
Für alle Beteiligten wäre es gewiss besser gewesen, wenn Riot bei seinem Job bei CUNTS geblieben wäre, aber wie so oft wird alles mit der Zeit nur immer noch schlimmer. Oder, um Sören Martinsens neuesten Buchtitel als gesellschaftliche Generalmetapher zu verwenden: From Bad to Worse.
»Eh warum denn ... äääh ... so'n Scheißstress jetzt ... Frank, du weißt doch ... hier ist alles sonnenklar ... Vorbereitung und so ... >Alles klar, Pat?< Aber klaro!«, klingt Pat Riots verrostete Stimme im Handy. Fatty nickt und zwirbelt eine seiner fetten Schläfenlocken.
»Ich weiß«, sagt er. »Mach einfach die Standardrunde. TRUST! War nicht meine Absicht, dich zu dissen, Pat. Check nur einfach die Masken im Netz durch, ja?«
»Sure ... come down, see you.«
»See you ... ach Pat ... was von Sören gehört?«
»Hä? Sören? ... Äh, Martinsen? ... Nein, seit ... ner Woche nicht ...«
»Ooollrait! Keep slim!«
Keep slim? Pat Riot ist selber ein Dickerchen. Fatty und er wurden bei einer Autoreise durch die Staaten dicke Freunde - einer Reise eher von roast to roast und toast to toast statt von coast to coast, wenn man so will.
In Fattys Organigramm zeichnet Sören Martinsen für Logistik und Propaganda verantwortlich. Ob es um vorzubereitende Feste geht oder um Aktionen, jeder hat bei PUSH mehr oder weniger seinen festen Platz. Martinsen ist immer noch sauer wegen Remmy Bleckner; er hat schon öfter Bleckner und Fatty geschworen, sie könnten sich seinetwegen gegenseitig faustficken, bevor er wieder einen Job für PUSH übernehmen würde. Aber wie alle cheapen Kulturuntergrundarbeiter ist auch Martinsen todgeil auf Anerkennung und Status; er lässt kein Angebot ungenutzt an sich vorübergehen.
»Ja hallo, hier ist Sören«, meldet er sich mit seiner cheapen Unistimme.
»Frank. Ich ruf nur überall mal durch«, sagt Fatty.
»Hier ist alles klaro«, sagt Sören Martinsen in einem Versuch, ähnlich street-wise zu klingen wie Pat Riot.
»Cool«, stöhnt Fatty. »No bad feelings for Remmy?«
»Don't remind me about him«, sagt Martinsen mit seinem lausigen pseudobritischen Akzent und legt auf. Fattys Englisch seinerseits klingt, als käme er aus Zimbabwe, aber Sören Martinsens unbegreiflicher, übelkeiterregender Brit-Akzent ist und bleibt unschlagbar.
Hacker-Cato - nicht gerade das umwerfendste Genie - ackert wie ein Verrückter, um den Job zu erledigen, den Fatty ihm aufgetragen hat. Recht betrachtet, steht er seit jenem Tag in Fattys Schuld, an dem Fatty wegen des elektronischen Eindringens in das Datenarchiv der Zentralbank festgenommen wurde. Cato sollte die Mittel beschaffen, um Fatty aus der Haft auszulösen. Und wie ging...
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