Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Von der Kanzlei in die Wildnis des Yukons: Ein Sommer voller Abenteuer und Selbstfindung in Kanadas unberührter Natur
Drei Monate, ein Van namens »Bertha« und die unendliche Weite des Yukons: Anni Evers wagt den Sprung aus ihrem gewohnten Leben und stellt sich dem einfachen, aber intensiven Alltag in der Wildnis. Zwischen Begegnungen mit Bären, Goldgräbergeschichten und einsamen Lagerfeuern erlebt sie, was es bedeutet, sich selbst neu zu entdecken und die Komfortzone hinter sich zu lassen.
Yukon entdecken: Vanlife, Natur und das Abenteuer des Alleinreisens als Frau
Reisebericht über Kanada: Freiheit, Minimalismus und selbstbestimmtes Leben
Mit lebendiger Sprache und einem feinen Gespür für Details fängt Anni Evers die unberührte Natur Kanadas, das einfache Leben im Van und die emotionalen Höhen und Tiefen des Alleinreisens ein. Ob beim Kochen mit minimalem Budget, der Begegnung mit wilden Tieren oder der Freude an unerwarteten Bekanntschaften - dieses Buch erzählt von Momenten des Aufbruchs und der Kraft der Veränderung. »Sommer im Yukon« ist eine inspirierende Reise voller Abenteuerlust, Selbstfindung und dem Mut, das eigene Leben neu zu gestalten.
Endlich geht es los, Frankfurt - Toronto. Der Airbus A330 neo sieht mit seinen Streifen aus wie der geflügelte Bruder der Tigerente.
Ich fliege zunächst nach Toronto, der größten Stadt Kanadas mit rund drei Millionen Einwohnern. Zum Vergleich: Whitehorse, die Hauptstadt des Yukon, hat etwa 33.000 Einwohner. Die Maschine ist voll. Zu meiner Rechten lässt sich ein großer, breitschultriger Typ mit Sonnenbrille nieder, der sich als geselliger und unterhaltsamer Gesprächspartner erweist. Er lebt auf Vancouver Island, hat tschechische Vorfahren und kommt gerade von einem Familientreffen in Europa. Wenig später prosten wir uns lachend mit dem bordeigenen Dosenbier zu.
Nach einigen kurzweiligen Stunden kommt es zu einem Zwischenfall: Es wird per Borddurchsage dringend nach einem Arzt gefragt und gleich mehrere Personen begeben sich in den vorderen Flugzeugteil. Oha. Ich schaue auf den Monitor vor mir, auf dem die aktuelle Flugzeugposition angezeigt wird. Blau, über dem Ozean also. Näher an Europa als an Nordamerika. »Bitte nicht umdrehen!«, schießt es mir durch den Kopf. Die Minuten vergehen und meine Anspannung steigt. Die medizinisch ausgebildeten Passagiere gehen zurück zu ihren Plätzen, die Situation scheint unter Kontrolle zu sein. O danke! Planmäßig geht es weiter gen Kanada.
Darauf noch ein Bier. Mein Nachbar übt sich im Zuprosten. Prooscht! Porscht!
Ruhiges Wetter und die nette Gesellschaft sorgen dafür, dass sich der Neun-Stunden-Flug erstaunlich kurz anfühlt. Wir landen in Toronto.
Eine weitere Borddurchsage: Bevor die Passagiere das Flugzeug verlassen können, müssen wir zunächst auf den Rettungswagen für die erkrankte Person warten. Oh, es wird noch einmal spannend. Ich habe meine Umsteigezeit am Flughafen mit zwei Stunden sehr knapp geplant. Die Zeit verrinnt, die Unruhe im Flugzeug steigt. Nach einer halben Stunde dürfen alle Passagiere aussteigen.
Die Verabschiedung von meinem Flug-Buddy fällt kurz aus, ich habe es eilig. Gestresst hetze ich durch den kanadischen Zoll, fische meine Reisetasche vom Kofferkarussell und checke ein zum Anschlussflug nach Calgary. Rasch zum Gate, der Einlass ins Flugzeug soll gleich starten. So schnell geht es dann doch nicht, der Flug ist überbucht und solange sich nicht genug Freiwillige finden, die verzichten, müssen wir warten. Es ist kein Sitzplatz am Gate mehr frei, erschöpft hocke ich mich auf dem Fußboden an eine Säule. Das wird ein langer Tag!
Ein fester Tritt gegen einen meiner Wanderstiefel reißt mich aus meinen Gedanken. »Sorry, buddy!«, entschuldigt sich ein älterer Kanadier in einem Guns-n'-Roses-T-Shirt automatisch, bevor er einen Blick zu mir hinunterwirft. Er grinst entschuldigend, »sorry, chicky!«. Ja, ganz recht, trotz meiner klobigen Stiefel bin ich kein Kumpel, sondern ein Mädel. Ich grinse zurück.
Endlich geht es weiter, ich sitze im nächsten Flieger. Die vier Stunden ziehen sich ohne Bord-Entertainment und Getränke. Und wie ist das noch mal mit der Zeitverschiebung? Sechs Stunden bin ich bis Toronto in der Zeit zurückgereist. In Calgary werden es zwei weitere sein. Die Flugzeit beträgt noch einmal vier Stunden. Mein müdes Hirn gibt auf. Hauptsache, Michael ist da, wenn ich ankomme.
Ein herzlicher Empfang in Calgary
Es ist stockdunkel und fast Mitternacht, als ich mein Ziel erreiche. Am Flughafen ist nicht mehr viel los. Michael hat mir geschrieben, zu welchem Ausgang ich kommen soll. Die Müdigkeit verfliegt, als ich das Gebäude verlasse und die herannahenden Autos mit aufmerksamen Blicken absuche. Was für einen Wagen fährt mein Gastgeber? Ich weiß es gar nicht, hoffentlich erkenne ich ihn. Einmal gehe ich lächelnd auf ein haltendes Fahrzeug zu, nur um festzustellen, dass ein anderer Fluggast erwartet wird.
Dann hält eine großer SUV vor mir - Michael! Es ist das zweite Mal, dass ich den deutschen Auswanderer persönlich sehe, und seit dem ersten Treffen sind viele Monate vergangen. Er steigt aus, wir begrüßen uns freundschaftlich mit einer Umarmung. Mein Gepäck wird im Kofferraum verstaut und wir sind wieder unterwegs.
»Hattest du einen angenehmen Flug?«, fragt er, ohne den Blick von der Straße abzuwenden.
»Ja, alles okay. Es war etwas knapp in Toronto.«
Er schmunzelt. »Ja, du warst sehr optimistisch mit der Umsteigezeit. Schön, dass du es geschafft hast.«
»Nächstes Mal plane ich mehr Zeit ein oder ich buche den teuren Direktflug«, erwidere ich seufzend. »Wie lange fahren wir denn?«
»In einer halben Stunde sind wir da.«
Michael wohnt etwas außerhalb, wie ich weiß. Ich kann mir kein rechtes Bild von der Umgebung machen. Ländlich muss es sein, es gibt kaum Straßenlaternen, und ich erblicke nur wenige Häuser.
Das Auto hält, wir sind da. Was ich sehe, ist sehr einladend: ein großes Haus mit braun-roter Verkleidung und einer schönen weißen Eingangstür, die eine ovale Scheibe mit Ornamenten ziert.
»Das war mal eine Kirche.«
»Was, echt?« Ich schmunzele amüsiert.
Michael zeigt mir mein Reich - ein geräumiges Zimmer im Untergeschoss, das von der Familie als Gäste- und Freizeitzimmer genutzt wird. Ein frisch bezogenes Bett lädt zum Hineinkuscheln ein. Das ist ja besser als in einem Hotel! Ich gehe wieder nach oben, setze mich zu dem deutschen Auswanderer an die Kücheninsel.
»Bist du müde?«
Ich nicke, »ja, sehr«.
»Du solltest noch etwas wach bleiben, dann ist es einfacher mit dem Jetlag. Möchtest du ein Glas?« Er hält eine Rotweinflasche hoch.
»O ja, gerne.«
Wir stoßen an.
»Herzlich willkommen in Kanada und auf ein gutes Gelingen deiner Reise!«
Ich strahle. »Vielen Dank, für alles!«
»Hast du dein Paket gefunden?«
»Ja, habe ich, ist kaum zu übersehen. Klasse, dass das geklappt hat.«
Das große Postpaket, das ich vor sechs Wochen auf den Weg gebracht habe, steht im Souterrain für mich bereit. Paket Nummer zwei wartet im Yukon auf mich.
»Wo ist Irina?« Ich habe Michaels Frau noch nicht gesehen.
»Sie hat Spätschicht, du siehst sie beim Frühstück.«
Wir plaudern noch ein Weilchen, dann kann ich meine Augen nicht mehr aufhalten und ziehe mich zurück.
Was bin ich doch für ein Glückspilz, denke ich, bevor ich das Licht lösche.
Da ist sie, meine Bertha
Trotz völliger Erschöpfung am Vorabend bin ich um vier Uhr morgens hellwach. Die Zeitverschiebung beträgt acht Stunden. Mein Körper ist noch auf Deutschland eingestellt, es dauert immer ein paar Tage, bis er sich angepasst hat. Im Haus ist es still, niemand muss an diesem Morgen zur Arbeit fahren. Ich ziehe mich an und setze mich vor die Haustür, die Sonne scheint bereits. Ist das aufregend. Ich bin in Kanada, um mich herum weite, grüne Landschaft und nur eine Handvoll Häuser in nächster Umgebung. Vor dem Grundstück befindet sich ein Parkstreifen, dort habe ich mehrere Autos gesehen. Auch den blauen Van, der offensichtlich eine Wäsche erhalten hat. Im Vergleich zu einem Umzugstransporter oder Wohnmobil ist er klein, geradezu unauffällig. Auf der Beifahrerseite befindet sich eine Schiebetür mit einem verdunkelten Fenster. Auf der Fahrerseite ist der hintere Fahrzeugteil geschlossen, man würde nicht auf die Idee kommen, dass es sich um ein Fahrzeug handelt, in dem eine Person lebt. Ich bin so neugierig, habe jedoch keinen Schlüssel für den Wagen. Also übe ich mich in Geduld und genieße die Morgensonne auf meinem Gesicht, bis aus dem Haus die ersten Geräusche zu hören sind.
Ich lerne Michaels Ehefrau kennen. Irina stammt aus der Ukraine und ist mir sofort sympathisch. Die Mitbringsel aus Deutschland kommen gut an, Marzipan steht in Kanada hoch im Kurs. Das freundliche Ehepaar gibt mir das Gefühl, willkommen zu sein, und ich fühle mich wohl in seiner Gesellschaft.
Nach einem ausgiebigen Frühstück ist es so weit: Ich lerne den Van kennen! Mein Zuhause auf Zeit, Baujahr 2000. Rund 250.000 Kilometer hat der Benziner auf dem Buckel.
Ich habe darüber nachgedacht, wie der Van heißen soll. Ich mag es, Dingen einen Namen zu geben, das ist die verspielte Seite an mir.
Bertha wird meine nicht mehr ganz taufrische Reisepartnerin heißen.
Sie ist das bislang größte Vehikel, das ich besitze, meine Dicke Bertha sozusagen, wobei ich sie - anders als die ursprüngliche Namensträgerin im Ersten Weltkrieg - zu rein zivilen Zwecken einsetze. Mit dem Namen Bertha verbinde ich etwas Mütterliches, und das kann auf einer langen Reise sicher nicht schaden.
Michael ist entsetzt über die Namenswahl. Er ist der Ansicht, das Fahrzeug für ein solches Herzensprojekt solle einen inspirierenden Namen tragen, Spirit zum Beispiel. Ja, grundsätzlich gebe ich ihm recht, Bertha klingt nicht sehr beflügelnd. Wenn ich mir das alte Mädchen so anschaue, finde ich den Namen allerdings sehr passend: Der blaue Lack ist an unzähligen Stellen abgeplatzt, Rost nagt von allen Seiten am Fahrzeug und die Beulen sagen nichts Gutes über den Fahrstil der Vorbesitzer. Eine der Radkappen fehlt.
In Deutschland würde ich so ein Fahrzeug nicht mal anschauen. Hier erfüllt mich der Anblick mit unbändiger Freude.
»Hier sind deine Schlüssel.«
Meine Schlüssel, cool. Ich nehme sie stolz entgegen.
»Die Zentralverriegelung funktioniert nicht immer.« Michael zuckt mit den Schultern.
Nicht schlimm, damit kann ich leben.
Was zuerst? Ich bin so aufgeregt.
Ich möchte mein »Wohn-/Schlafzimmer« sehen und öffne die seitliche Schiebetür.
Oh, Mann. Ich bin baff.
Der Cousin meines Freundes sollte mir eigentlich nur bei der Beschaffung eines Fahrzeugs...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: ohne DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet – also für „glatten” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Ein Kopierschutz bzw. Digital Rights Management wird bei diesem E-Book nicht eingesetzt.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.