Der Leitfaden zum CBOK
Vorwort
Connier Moore, Vice President and Principal Analyst, Forrester Research
Ich fühle mich sehr geehrt, dass die ABPMP mich gefragt hat, das Vorwort zu dieser dritten Version des ABPMP Common Body of Knowledge zu schreiben. Warum? Weil die Zertifizierungsaktivitäten zum Prozessmanagement, die sich die ABPMP auf die Fahne geschrieben hat, meiner Ansicht nach eine der wichtigsten Initiativen - wenn nicht sogar die wichtigste - im Umfeld des Prozessmanagements darstellt. Bei Forrester Research wissen wir, dass es nicht annähernd genügend qualifizierte Experten gibt, um den wachsenden Bedarf zu decken. Dieser Mangel behindert massiv die Umsetzung von Verbesserungen im Prozessmanagement.
Während die nordamerikanische und die europäische Wirtschaft unverändert mit Stellenkürzungen, chronischer Arbeitslosigkeit oder Unterbeschäftigung und stagnierenden Gehältern kämpfen, ist der Mangel an BPM-Experten eine sehr gute Nachricht für Menschen, die Arbeit suchen oder ihre Karriere voran bringen möchten - sowohl in den Fachabteilungen wie auch in der IT. Aber es geht hier nicht nur um Individuen, die sich zu ihrem eigenen Vorteil fortbilden. Unternehmen suchen Mitarbeiter für offene Stellen. Sie werden ihre Fortbildungsprogramme für das nächste Jahrzehnt hochfahren, um Mitarbeiter für die geplanten Prozessmanagement-Aktivitäten zu schulen. Private und staatliche Einrichtungen müssen sich der Herausforderung stellen, eine große Anzahl qualifizierter Experten des Prozessmanagements auszubilden und zu fördern, so dass sie ihre Fähigkeiten vertiefen und verbessern können.
Aber das ist nicht alles. Erst kürzlich hat Forrester die Notwendigkeit deutlich gemacht, dass sich die Unternehmen auf Big Process einlassen müssen, wenn sie den Anforderungen der Zukunft gewachsen sein wollen.
Big Process bedeutet für uns, dass die herausragenden Unternehmen und Technologieführer ihren Fokus nicht mehr auf die Verbesserung einzelner Prozesse legen, sondern auf ein umfassendes ganzheitliches Prozessmanagement, das von der obersten Unternehmensebene unterstützt wird.
Nach unserer Einschätzung lassen sich aus Big Process fünf Grundsätze ableiten:
- Gestalte Prozesse neu, statt sie nur punktuell zu verbessern
- Stelle den Kunden in den Vordergrund
- Globalisiere, standardisiere und humanisiere Prozesse
- Beziehe Big Data mit ein
- Verdopple die Anstrengungen, Prozessqualifikation zu entwickeln.
Folgen Unternehmen diesen Grundsätzen, werden sie ihre Bemühungen erheblich intensivieren, BPM zu entwickeln und auszubauen, Experten zu gewinnen und BPM-Wissen aufzubauen und zu vertiefen. Dazu gehört auch das Wissen darüber, wie die Erfahrungen der Kunden und Big Data am besten in Geschäftsprozesse eingebaut werden können. Die ABPMP und der Common Body of Knowledge übernehmen hier eine zentrale Rolle.
Gerade nachdem ich heute Morgen begonnen hatte, an diesem Vorwort zu arbeiten, ging bei mir folgende Mail aus Großbritannien ein: "Habe gerade Ihren Beitrag über BPM gelesen und würde gerne meine Qualifikation weiterentwickeln. Wie kann ich das am besten anstellen?" Und meine Antwort lautete: "Schauen Sie sich einmal das Zertifizierungsprogramm der ABPMP an, einer Vereinigung von Prozessexperten. Sie haben einen Common Body of Knowledge entwickelt, den Sie herunterladen oder im Buchhandel kaufen können. Und dann versuchen Sie, die Prüfung zur Zertifizierung zu bestehen. Ich denke, das ist ein sehr guter Einstieg."
Was für ein schöner Beweis dafür, dass Menschen auf der ganzen Welt gerade das Wissen suchen und erwerben wollen, das in dem BPM Body of Knowledge zusammengefasst ist!
Hier einige Gründe, aus denen ich persönlich davon überzeugt bin, dass BPM-Kompetenz heute sehr gesucht ist:
Prozessinseln innerhalb von Unternehmen
Bei meiner Arbeit mit großen Unternehmen und Regierungsstellen habe ich immer wieder Mitarbeitergruppen gefunden, die sehr qualifizierte Prozesskompetenzen mitbrachten, oftmals auch umfangreiche Erfahrungen in Lean Management, Six Sigma, Lean Six Sigma oder anderen Methoden und Techniken besaßen. Oft waren diese Experten auf mehrere Unternehmenseinheiten verteilt und gelegentlich fanden sie sich auch innerhalb der IT. Es ist schon erstaunlich, wie oft diese Prozessexperten keinerlei Erfahrung mit BPM-Suiten oder dem Wissensgebiet des BPM hatten. Nach meiner Meinung ist es ein Fehler, derartig qualifizierte Mitarbeiter zur Verbesserung von Prozessen einzusetzen, ohne diese Prozesse in Software umzuwandeln. Veränderungen von Prozessen werden normalerweise nicht nachhaltig umgesetzt, wenn Sie nicht durch eine Software abgedeckt werden, die das tägliche Arbeiten bestimmt. Prozessexperten müssen auch die andere Seite der BPM-Münze verstehen - die Technologien, die Prozesse unterstützen.
Technologische BPM-Inseln in Unternehmen
Es gibt aber auch Experten für BPM-Software, die häufig in der IT angesiedelt sind. Diese Spezialisten - und es gibt nicht viele davon - wissen, wie die BPM-Software funktioniert und sehen sie als Teil der Entwicklungsplattform für Anwendungen der nächsten Generation von Lösungen. Oft sind diese Experten qualifizierte Programmierer, sie kennen die Technologien für Geschäftsregeln und für Analysen, kennen sich aus in Social Media und Mobile Computing und möchten die BPM-Suiten zusätzlich als eine neue Technologie beherrschen und nutzen. Und auch wenn diese Anwendungsentwickler und Enterprise Architects wissen, was Lean Management aus einer agilen Perspektive bedeutet, so fehlt ihnen doch häufig das fundierte Wissen über zentrale Wissensgebiete des BPM. Diese Praktiker müssen sich mit der anderen Seite der Münze beschäftigen, mit der Seite, die Experten des Lean Management und Six Sigma schon beherrschen.
Verwirrung über die Entwicklung von BPM-Kompetenz
In einem BPM-Ansatz werden vier typische Rollen benötigt:
- Der BPM Change Agent, der die Vision des Prozessmanagements verkauft, das Programm vorantreibt und durch Sponsoren unterstützt wird.
- Der Unternehmensarchitekt, der einen umfassenden Überblick in den Veränderungsprozess einbringt.
- Der Prozessarchitekt, der die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Prozessen durchschaut und dabei mitwirkt, neue Prozesse zu gestalten.
- Der Prozessanalyst (oder Business-Analyst), der bei der Ist-Aufnahme und der Neugestaltung einzelner Prozesse mitwirkt.
Viele Menschen glauben, dass ein Business-Analyst, der sich in der Anforderungsermittlung auskennt, praktisch nahtlos auch die Rolle eines Prozessanalysten übernehmen kann. In vielen unterschiedlichen Bereichen habe ich die Erfahrung machen müssen, dass Business-Analysten nicht so ohne weiteres die Aufgaben eines Prozessanalysten übernehmen können. Einigen fehlen dazu die notwendigen Fachkenntnisse, andere haben gar kein Interesse daran. Da es viel zu wenige Prozessanalysten gibt, sollten interessierten Business-Analysten Möglichkeiten geboten werden, sich entsprechend zu qualifizieren und in Prozessprojekten mitzuwirken. So können sie die Karriereleiter weiter hinaufsteigen.
Es ist eine spannende Zeit für diejenigen, die sich auf diesem Gebiet betätigen. Derzeit werden viele qualifizierte neue Stellen geschaffen. Das trägt dazu bei, dass das Prozessmanagement sich in den Unternehmen immer weiter ausbreitet. Die Ausbildung von Mitarbeitern für solche Positionen ist dringend notwendig und bietet eine große Chance für den Einzelnen wie für die gesamte Wirtschaft. Deswegen bin ich begeistert, dass die ABPMP sich dieser Herausforderung stellt.
Geleitwort des Präsidenten der ABPMP
BPM ist eine schnell wachsende Disziplin. Sie hat den Blick darauf verändert, wie Unternehmen ihre betrieblichen und übergreifenden Prozesse gestalten und steuern und welche Rolle die Automation dabei spielt. Für viele von uns bieten BPM und die es unterstützende Technik nahezu revolutionäre Möglichkeiten für schnelle Veränderungen und innovative Potenziale. Unternehmen werden in die Lage versetzt, sowohl die Aufgabenerledigung wie auch die Beziehungen zwischen Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern zu optimieren. Techniken und Methoden des BPM tragen dazu bei, dass die operative Unterstützung des Managements auf ein neues Niveau gehoben werden kann und dass damit neue Möglichkeiten entstanden sind, die Leistung auf allen Ebenen eines Unternehmens zu messen und zu überwachen. Denjenigen, die diese Vorgehensweisen, Techniken und Werkzeuge nutzen, bieten sich neue Möglichkeiten zu einem Paradigmenwechsel, hin zu schnellen, iterativen Vorgehen, um die Effizienz und Effektivität von Geschäftsprozessen zu verbessern.
BPM ist heute zunehmend in der Lage, unternehmensweite Prozesse zu unterstützen und deren kontinuierliche Verbesserung zu gewährleisten. Diese Fähigkeit, schnelle Veränderungen herbeizuführen, hat dazu geführt, dass die Experten der Fachbereiche und der IT intensiv zusammenarbeiten müssen. Sie müssen sich bei allen Veränderungen immer darüber im Klaren sein, dass ihre Eingriffe von strategischer Bedeutung sind.
Das geballte Potenzial der BPM-Methoden, -Techniken und -Vorgehensweisen einerseits und der Unterstützung durch BPMS (Business Process Management Systems) andererseits wird schon deswegen immer besser verstanden, weil es immer mehr Erfolgsgeschichten in den unterschiedlichsten...