Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Punkt 5.15 Uhr klingelt das Telefon neben meinem superangenehmen Gritti-Bett.
»Buon giorno, Signor Pfeil. Sie wollten geweckt werden.«
Mir fällt es schwer zu sprechen; ich glaube, ich schlafe noch.
»Buon giorno, grazie! Können Sie mich in fünfzehn Minuten nochmals anrufen?«
»Selbstverständlich, wir melden uns dann wieder.«
Ich drehe mich wieder in mein Bett und überlege, wie viele Minuten Schlafergänzung ich mir noch gönnen kann, doch die Entscheidung wird mir sehr schnell abgenommen: Es klopft an meiner Zimmertür.
»Zimmerservice, Ihr Tee.«
Ich gebe mir Mühe, zügig aufzustehen, bin aber offensichtlich noch zu langsam, denn es klopft erneut.
»Si, si. Subito. Ich bin ja gleich da.«
Ich öffne die Türe. Ein noch früher als ich aufgestandener Kellner steht mit einem Tablett mit Tee und einem Croissant vor mir und versucht an mir vorbei zu blicken.
»Buon giorno, Signor.«
»Bitte kommen Sie herein.«
Der Kellner betritt mein Schlafgemach, stellt das Tablett mit der Teekanne und dem knusprig aussehenden, nach Butter duftenden Croissant zwischen der ungeöffneten Wasserflasche und der unangetasteten Obstschale auf das Tischchen am Fußende meines Kurzschlafbettes und verabschiedet sich mit leisem Gemurmel halb rückwärtsgehend wieder aus meinem Zimmer. Unter Zuhilfenahme von viel frischem Wasser genieße ich nochmals mein Marmorbad, stecke meine wenigen Habseligkeiten in meine Fußballtasche und verlasse nach ein paar kleinen Schlucken Tee deutlich unausgeschlafen meine schöne Herberge Richtung Rezeption. Ein erneutes »Buon giorno« empfängt mich. Außer dem Herrn an der Rezeption und mir befindet sich zu so früher Stunde noch niemand in der Empfangshalle.
»Das Polizeiboot, das Sie vor ein paar Stunden hierherbrachte, hat wieder an unserer Anlegestelle festgemacht«, startet der Herr der Rezeption sehr besorgt die Konversation.
»Oh, das freut mich. Dann halten sich meine Carabinieri tatsächlich an unsere nächtliche Vereinbarung und werden mich zum Airport bringen.«
»Wird man Sie jetzt ausweisen?«
»Nein, im Gegenteil. Das ist eine Art Wiedergutmachungsgeste. Ein nettes Entgegenkommen für die illegale Festnahme von gestern Abend. Immerhin spart mir das 90 Euro!«
»Die Carabinieri bringen Sie zum Airport? Das habe ich noch nie gehört.«
»Ich auch nicht«, versichere ich mit einem triumphierenden Lächeln.
Die Zahlungsformalitäten sind zügig erledigt, ich greife meine Fußballtasche und verlasse mit einem »Arrivederci« das feine Hotel. Die kurze Nacht hätte ich auch in einer günstigeren Herberge verbringen können. Draußen empfangen mich die beiden Carabinieri Pallacini und Buffo, mit denen ich seit wenigen Stunden eine besondere Freundschaft pflege.
»Buon giorno, Signor. Konnten Sie wenigstens noch ein bisschen schlafen? Kommen Sie an Bord, wir haben schon einen Kaffee für Sie vorbereitet.«
Auch ich begrüße die beiden, wie es sich gebührt und besteige das Polizeischiff. Buffo bietet mir einen Platz im Führerstand an, drückt mir sofort eine Tasse Kaffee in die Hand und empfiehlt mir, mich gut festzuhalten, denn wir hätten einen heißen Ritt über die Wellen der Lagune vor uns. Pallacini macht die Leinen los, und Buffo lässt den Schiffsdiesel leicht aufblubbern. Zügig gleiten wir den Canale entlang, passieren den Markusplatz und nehmen mit Vollgas auf der mit Bojen und Temposchildern deutlich gekennzeichneten Wasserstraße Kurs in Richtung Flughafen. Die Sonne ist längst aufgegangen, einige Nebelschwaden wabern noch über der Lagune, Fischerboote tuckern gemütlich übers Wasser; alles sieht sehr friedlich aus, und ich bin noch höllisch müde.
»Wo fliegen Sie jetzt hin, Signor?« unterbricht Pallacini unsere bis jetzt wortlose Reise.
»Ich will nach Zagreb.«
»Was machen Sie denn in Zagreb?«, hakt er neugierig nach.
»Ich treffe mich mit einem der kroatischen Minister und im Anschluss mit dem Präsidenten Franjo Tudjman.«
»Ist das wirklich wahr? Sind Sie Politiker?«
»Nein, kein Politiker. Geschäftsmann. Wir bauen auf der ganzen Welt. In Kroatien wollen wir eine Autobahn von der slowenischen Grenze nach Zagreb bauen und eine große Brücke in Dubrovnik.«
»Und in Venedig? Gibt's da auch was für Sie?«
Diese Frage hatte ich schon länger befürchtet und wollte das Theater eigentlich umgehen. Trotzdem erkläre ich unseren Auftrag und die Schwierigkeiten, die wir bei der Umsetzung bisher hatten.
»Das wundert mich nicht«, unterbricht mich Pallacini, während ich unsere Probleme erkläre. »Sogar wir haben einen speziellen Auftrag, die Baustelle und die Beschäftigten mehrmals täglich zu kontrollieren und jedem Verdacht auf Regelverstöße sofort nachzugehen. Den Verkehr zur Baustelle sollen wir besonders scharf überwachen.«
»Wer hat Ihnen denn diesen Auftrag erteilt?«, frage ich neugierig nach, ohne zu hoffen, eine ehrliche Antwort zu bekommen.
»Wir haben Anweisung vom Comandante. Welche Anweisungen er hat, wissen wir natürlich nicht. Warum bauen Sie eigentlich nicht zusammen mit einer Firma aus Venedig? Das wäre doch sicher wesentlich einfacher für Sie.«
»Das wüsste ich auch gerne, aber ich hatte meine Finger bei der Auftragsbeschaffung nicht im Spiel. Vielleicht war es einfach nur so, dass kein Bauunternehmen aus dem Raum Venedig zusammen mit unserer Firma aus Deutschland den Wiederaufbau des Theaters anbieten wollte. Vielleicht war man sich aber auch sehr sicher, dass ein ausländisches Unternehmen ohnehin keine Chance hätte, einen Auftrag in Venedig zu bekommen. Ja, vielleicht. Wie gesagt, ich weiß es nicht. Und was hat man inzwischen über die Brandstiftung herausgefunden? Waren die Elektromonteure wirklich die Täter?«, nutze ich die Gelegenheit, um mein Hintergrundwissen über das Theater zu verbessern.
»Die Ermittlungen sind zwar abgeschlossen, wir dürfen Ihnen aber hierzu nichts sagen. Es gab da eine ganze Reihe von Verdächtigen.«
»So? Wer war denn noch verdächtig?«
»Wir waren bei den Ermittlungen nur am Rande dabei, aber ich glaube, unsere Kollegen von der Kripo hatten auch einen Bauunternehmer unter Verdacht, und die Presse berichtete sogar von einem Opernsänger, der eine Rolle nicht bekommen hatte. Viele Gerüchte, keine Beweise. Aber wir dürfen Ihnen hierzu nichts erzählen.«
»Stand der Bürgermeister auch unter Verdacht?«
»Nein! Niemals! Das kann nicht sein. Und jetzt keine weiteren Fragen.«
Wir nähern uns dem Flughafen. Buffo nimmt das Gas langsam zurück. Kurz darauf legen wir an der für die Polizei vorgesehenen Anlegestelle an. Ich bedanke mich für die schnelle Überfahrt und den Kaffee, wünsche einen schönen Tag und verabschiede mich mit kräftigem Händedruck.
»Buon giorno, Signor. Einen guten Flug. Kommen Sie bald wieder. Es tut uns wirklich leid wegen gestern Abend. Und wir holen Sie auch gerne wieder hier ab, aber nur bekleidet.« Er lacht.
Das ist ein nettes Angebot, auf das ich gerne zurückkommen werde. Ich verlasse das Boot, drehe mich noch einmal um, winke meinen Carabinieri zu und suche mir meinen Weg zum Einlass für Privatflieger.
Am »General Aviation Counter« werde ich bereits erwartet. Ein mit einem dunkelblauen Kapitänsanzug gekleideter, sportlich aussehender Mann mittleren Alters empfängt mich gut gelaunt und sichtlich gut ausgeschlafen.
»Hallo, guten Morgen, Herr Pfeil. Schön, dass Sie schon so früh da sind. Wir haben einen Slot genau um 7 Uhr. Da kommen wir jetzt gut raus.«
»Das freut mich, dann werden wir auch pünktlich landen können.«
»Davon gehe ich aus. Das Wetter ist perfekt, und nach Zagreb ist es nicht sehr weit. Hatten Sie eine gute Nacht?«
»Nein, leider nicht. Ich hatte gar nicht vor, hier zu übernachten, und ich habe schon wesentlich angenehmere Nächte erlebt. Vielleicht kann ich ja an Bord noch ein bisschen schlummern.«
Ohne Wartezeit absolvieren wir den obligatorischen Sicherheitscheck. Ein spezieller VIP-Zubringerbus bringt uns zu unserer Maschine.
»Haben Sie mir ein neues Telefon mitgebracht?«
»Ja, natürlich, Ihre Frau Freund hat uns das neue Teil heute Morgen noch zum Gate gebracht. Und noch ein Päckchen Post. Alles sehr dringend, hat sie gesagt. Ihre Assistentin ist ja eine ganz Nette! Morgens um 5.30 Uhr schon am Flughafen! Anerkennung! Die war schon hellwach.«
»Ich weiß. Sie ist nicht nur nett, sondern blitzschnell und absolut verlässlich.«
Der zweite Pilot steht vor der kleinen ausgeklappten Zugangstreppe, heißt mich willkommen und bittet mich an Bord der wunderschönen Beech 200.
»Wir nehmen mal an, dass Sie kaum Zeit zum Frühstücken hatten. Sobald wir ausreichend Höhe haben, werden wir Sie mit einem kompletten Frühstück verwöhnen können.«
»Herzlichen Dank! Das ist super. Mein bisheriges Frühstück beschränkte sich tatsächlich auf eine Tasse Tee und einen lustlosen Biss in ein Croissant. Hoffentlich habe ich auf dem Flug etwas mehr Zeit, sonst müssten Sie noch eine Sightseeing-Runde fliegen, denn ohne Kalorienaufnahme kann ich meine Geschäfte nicht wahrnehmen.«
Der Pilot klappt die kleine Gangway ein und schließt die Türe.
»Gleich kann's losgehen.«
An Bord ist ausreichend Platz für mich. Sogar zu viel Platz für mich, denn die Maschine ist für sechs Passagiere ausgestattet. Um der morgendlichen, südlich-heißen Sonnenbestrahlung zu entgehen, setze ich mich in die linke Sitzreihe. Die Bestuhlung verdient First-Class-Bewertung, hochkomfortabel mit hellbeigem Leder bezogen, in tausend Richtungen elektrisch verstellbar und mit reichlich Fußraum versehen. So lässt es sich fliegen.
»Herr Pfeil, wir haben Ihnen auch die...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.