Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Können Tote wieder auferstehen? Eine junge Frau ist vor vielen Jahren nicht mehr aus dem brasilianischen Regenwald zurückgekehrt. Nun taucht sie plötzlich wieder auf. Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews kommen – inzwischen erwachsen geworden – auf verschiedenen Wegen mit ihrer Rückkehr in Verbindung und in gewohnt detektivischer Manier ziehen sie ihre Schlüsse. Irgendwann kreuzen sich ihre Wege und die drei Freunde von einst müssen sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen. Ein spannender Krimi von SPIEGEL Bestseller-Autor Andreas Eschbach.
Ein packender Kriminalfall aus Rocky Beach für alle Fans von spannender Unterhaltung.
Andreas Eschbach, Jahrgang 1959, schreibt seit seinem 12. Lebensjahr. Er studierte Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete zunächst als Softwareentwickler. Bis 1996 Geschäftsführer einer IT-Beratungsfirma, lebt er seit 2003 als freier Schriftsteller in der Bretagne. Er ist verheiratet und hat einen Sohn.
Dinge zu reparieren ist das Beste, was Sie für die Umwelt tun können. Es hilft ihr mehr, als wenn Sie sich vegan ernähren, aufs Auto verzichten und Ihr Gemüse selbst anbauen.«
Der Mann, der das sagte, war Mitte fünfzig, stämmig, mit leicht gelockten, dunklen Haaren und ersten grauen Strähnen. Sein dünner Kinnbart ließ ihn aussehen wie einen alt gewordenen Piratenkapitän. Er stand inmitten eines Vierecks aus langen Tischen, an denen eine Menge Leute saßen, die geräuschvoll mit Werkzeug an allerhand zerlegten Toastern, Radios, Computern, Mikrowellenherden und anderen Geräten herumschraubten. Es roch nach Öl und Staub und verbranntem Lötzinn. Der Hausmeister würde deswegen nachher wieder meckern und den Saal kräftig durchlüften.
Der Name des Mannes war Justus Jonas, und was hier stattfand, war der Reparierkurs, der jeden Mittwochnachmittag den Gemeindesaal von Rocky Beach in eine Lehrwerkstatt verwandelte. Früher hatte der Nebenraum ausgereicht, aber irgendwann hatten sie in den großen Saal umziehen müssen. Was auch seine Nachteile hatte: Durch die hoch gelegenen Fenster fiel zwar Licht ein, doch um die Arbeitsflächen richtig auszuleuchten, musste man zusätzlich alle Strahler einschalten.
Es herrschten angenehme Temperaturen, wie überhaupt der September einer der angenehmsten Monate in Rocky Beach war. Die größte Sommerhitze war überstanden, aber der Herbst ließ noch auf sich warten.
Matteo Torres saß abseits des Geschehens hinter einem Tisch, vor sich eine Kasse und neben sich mehrere große Kisten mit Werkzeug, deren Griffe alle mit Goldfarbe lackiert und mit der Aufschrift GC Jonas versehen waren. Viele Teilnehmer brachten eigenes Werkzeug mit, aber man konnte auch Werkzeug ausleihen, gegen ein Pfand von jeweils zwanzig Dollar, das man am Ende wieder zurückbekam.
Ein schüchtern lächelndes Mädchen kam mit einem Torx-Schraubenzieher an, der aus der Kiste stammte. »Ich glaube, ich brauche den eine Nummer größer«, sagte sie leise.
Matteo warf einen Blick auf die Gravur. »Also einen 8er«, stellte er fest. »Moment.« Er fand den 8er-Torx auf Anhieb, sie tauschten, dann zog das Mädchen wieder ab.
»Hersteller wollen natürlich nicht, dass Sie kaputte Dinge reparieren«, fuhr Justus Jonas fort. »Hersteller wollen, dass das, was Sie kaufen, kurz nach dem Ende der Garantie kaputtgeht, damit Sie es wegwerfen und ein neues Gerät kaufen. Deswegen verändern sie ihre Produkte auch ständig. Sie sollen das Gefühl haben, dass Sie dadurch etwas Neues und Besseres bekommen. Was in den meisten Fällen reine Illusion ist.«
Seit Matteo als Assistent für Justus Jonas arbeitete, hatte er ihn das schon oft sagen hören, aber seltsam, es klang immer so, als formuliere er den Gedanken zum ersten Mal. Nachhaltigkeit war dem Mann ein echtes Anliegen, das stand fest.
»Und diese Strategie«, fuhr Justus fort, »funktioniert leider. Es gibt Statistiken, wonach sechzig Prozent aller Dinge, die ein amerikanischer Haushalt kauft, nach sechs Monaten auf dem Müll gelandet sind. Und jetzt überlegen Sie mal, was das heißt! Kann es wirklich unsere Aufgabe im Leben sein, die gesamten Ressourcen des einzigen Planeten, den wir haben, nach und nach in Müll zu verwandeln?«
Die Köpfe rings um den Tisch nickten beifällig. Es lagen nicht nur geöffnete Geräte herum, sondern auch Stiefel und Winterjacken. Leute, die das erste Mal teilnahmen, staunten oft, dass jemand wie Justus Jonas auch mit Nadel und Faden umgehen konnte, genau wie mit Ahlen, Locheisen und Riemenschneidern.
»Mehr und mehr werden Geräte so gebaut, dass man sie gar nicht mehr reparieren kann!«, rief er. »Das dürfen wir nicht akzeptieren! Als ob es nicht genug wäre, dass sie so konstruiert werden, dass sie vorzeitig kaputtgehen. Hier, dieser Drucker zum Beispiel, den einer von Ihnen letztes Mal mitgebracht hat . Sie waren das, Bill, nicht wahr?«
Er richtete seine Handkamera auf das Gerät, dessen Teile vor ihm auf dem Tisch lagen. Das, was die Kamera sah, erschien auf einem der großen Bildschirme.
»An sich ist der Drucker tadellos konstruiert. Elegant, könnte man sagen. Da hat jemand gewusst, was er tut. Aber . das Gerät hat eine Schwachstelle. Und die ist so schwach, dass mir keiner erzählen kann, das sei ein Versehen: dieses Zahnrad hier.«
Auf dem Bildschirm sah man ein Zahnrad aus Plastik, dem ein Zahn fehlte.
»Es ist ein zentrales Element, denn es treibt die Belichtungstrommel an. Und es ist empfindlich. Jedes Mal, wenn man eine neue Druckerpatrone einsetzt, kann es passieren, dass ein Zahn überbelastet wird und ein Riss entsteht. Ein Riss in Plastik hat die Tendenz, größer zu werden, also ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Zahn abbricht. Dann blockiert der Transport, und der Drucker verweigert seinen Dienst - alles wegen eines einzigen winzigen Stücks Plastik.«
Justus Jonas reckte sich, sah in die Runde. »Der Trick dabei ist, dass man dieses Zahnrad nicht nachkaufen kann. Es hat nicht mal eine Bestellnummer. Warum? Weil diese Firma nicht will, dass Sie Ihren Drucker reparieren. Sie will, dass Sie ihn wegwerfen und einen neuen kaufen. Nämlich das diesjährige Modell, das angeblich viel besser ist.«
Auf dem Bildschirm sah man nun, wie seine vergrößerte Hand ein zweites, golden schimmerndes Zahnrad neben das kaputte aus blassem Plastik legte.
»Ich habe dieses Zahnrad nachgebaut, aus einem Stück Messing für fünfzig Cent. Zugegeben, das können Sie nicht, denn dazu braucht man eine spezielle Fräsmaschine. Zufällig besitze ich eine - übrigens ein ebenfalls sehr altes Gerät, das ich bei einer Firmenauflösung günstig erworben habe und erst reparieren musste. Okay. Ich setze dieses Ersatzteil mal ein, dann sehen wir, ob es was bringt.«
Jetzt bastelte niemand mehr. Alles sahen gebannt zu, wie Justus Jonas das schimmernde Teil einsetzte und den Drucker wieder zusammenbaute, der übrigens noch aussah wie neu. Er schloss seinen betagten Laptop an, drückte eine Taste - und der Drucker spuckte mit leisem Summen ein sauber bedrucktes Blatt Papier aus.
Jemand klatschte Beifall, die anderen fielen ein.
»Sehen Sie? Ein schlichter Eingriff, und das Gerät ist von den Toten auferstanden. Und weil bei diesem neuen Zahnrad keine Zähne mehr ausbrechen werden, dürfte der Drucker noch jahrzehntelang gute Dienste tun.« Justus Jonas stöpselte das Gerät aus und übergab es seinem glücklich strahlenden Besitzer.
Die Runde beruhigte sich wieder. Jemand fragte: »Apropos, Mr Jonas - was halten Sie von der Meldung, dass in Brasilien eine Frau aufgetaucht ist, die von den Toten auferstanden sein soll?«
»Was liest du denn für Zeitungen?«, meinte ein anderer grinsend.
»Das stimmt so nicht«, warf eine ältere Dame ein, die heute ihren Plattenspieler repariert hatte. »Die Frau, die letzte Woche wiederaufgetaucht ist, war sieben Jahre im Amazonasdschungel verschollen. Darum ging es.«
»In dem Bericht, den ich gelesen habe, stand, sie heiße Therese H. und sei Amerikanerin«, wusste ein Vierter.
»Das ist garantiert nicht der richtige Name«, meinte die Dame. »Den dürfen Zeitungen nicht einfach so nennen.«
»Ich habe gelesen, sie hätte den Behörden gesagt, sie sei von den Toten auferstanden«, erklärte derjenige beharrlich, der das Thema aufgebracht hatte.
Dann blickten alle Justus Jonas an, als erwarteten sie von ihm ein abschließendes Urteil in dieser Sache.
Matteo war nicht entgangen, wie Justus Jonas' Gestalt sich während dieses Wortwechsels versteift hatte, ein untrügliches Zeichen dafür, dass er sich ärgerte. Wobei er sich selten ärgerte. Aber wenn er den Eindruck gewann, die ganze Zeit nur vor eine Wand geredet zu haben, dann brachte ihn das zuverlässig auf die Palme.
»So etwas wie Auferstehung von den Toten gibt es nicht«, erklärte er nun in leisem, aber scharfem Ton, »denn, wenn jemand ins Leben zurückkehrt, dann war er vorher quasi definitionsgemäß nicht tot. Erstens. Und zweitens geht es in diesem Kurs um Gegenstände. Um Geräte. Maschinen. Nicht um Menschen. Falls ich Ihnen den Eindruck vermittelt haben sollte, man könne alles reparieren, sei an dieser Stelle ausdrücklich und unmissverständlich gesagt, dass es durchaus Dinge gibt, die irreparabel sind.«
Die Worte verhallten in betretener Stille, schienen einen Moment lang zwischen den kahlen Wänden des Saals zu schweben und nicht zu wissen, wohin sie sollten.
Dann sagte Justus Jonas: »Okay. Es ist ohnehin Zeit; machen wir Schluss für heute. Denken Sie daran, dass wir uns erst am dritten Mittwoch im Oktober wiedersehen. Falls Sie bis dahin wieder etwas zu reparieren haben.«
Matteo sah auf die Uhr und wunderte sich. Es stimmte nicht, dass der Kurs schon vorbei war. Gut zwanzig Minuten hätten sie noch gehabt. Zudem stand erst mal eine mehrwöchige Pause an, weil der Gemeindesaal für die alljährliche Ausstellung der Künstler von Rocky Beach benötigt wurde.
Aber niemand erhob Einwände, alle packten zusammen, und diejenigen, die Werkzeug geliehen hatten, kamen zu ihm, um es gegen ihr Pfand einzutauschen.
Das mit der Frau aus dem Dschungel hatte Matteo ebenfalls gehört. In den Nachrichten am Wochenende war es eine von diesen Meldungen gewesen, mit denen man die Sendezeit füllte, wenn nicht genug von Belang passiert war in der Welt. Der Moderator hatte einen Witz darüber gemacht, aber Matteo wusste schon nicht mehr, was für einen.
***
Justus fragte sich, warum ihn die Diskussion so geärgert...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.