Schweitzer Fachinformationen
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Das Unheil kündigte sich lautstark an. Energische harte Schritte im Flur, näher kommendes Stimmengewirr, wie abgehackt wirkende Wortfetzen, Lärm, der die bürokratische Geschäftigkeit der Kanzlei überwältigte und die Alltäglichkeit erdrückte. Rechtsanwalt Stephan Knobel hielt inne, sah ungläubig seiner Sekretärin ins Gesicht, die ihm an diesem Oktobernachmittag im Büro gegenübersaß und mit ihm die Termine des morgigen Tages vorbereitete, Akten herausgesucht und zur Bearbeitung vorgelegt hatte. Die Schritte stampften draußen auf den Marmorfliesen entlang. Knobel wähnte sie hinter der Bücherwand seines Büros, die an den Flur grenzte. Dann verstummte das soldatische Stampfen, und die Stimmen wurden lauter. Frau Klabunde sah unwillkürlich auf die geschlossene Tür, die Knobels Büro von ihrem Sekretariat trennte, und bevor sie instinktiv aufstehen konnte, weil sie die Eindringlinge nun in ihrem Zimmer wähnte, flog die Tür zu Knobels Büro auf. Hubert Löffke stand im Türrahmen. Sein rotes Gesicht verriet eine ungewohnte Erregung. Die Anzugweste spannte sich über Löffkes fettleibigen Bauch, und sein ganzer Körper bebte. Hinter Löffke standen zwei Männer. Knobel nahm sie hinter dem die Szene dominierenden Löffke nur flüchtig wahr. Sie blieben still im Hintergrund und spähten interessiert in Knobels Büro.
»Sie lassen uns mit Herrn Kollegen Knobel jetzt allein«, befahl Löffke.
Frau Klabunde erschrak, wagte einen unsicheren Blick zu Knobel, raffte einige der vor ihr liegenden Akten zusammen und suchte umständlich und irritiert nach ihrem Notizblock, den sie unter den vielen Unterlagen auf Knobels Schreibtisch vermutete.
»Sofort!«, bellte Löffke. Er war einen Schritt in Knobels Büro vorgetreten, stand mit leicht gespreizten Beinen da und verschränkte die Arme vor der Brust. Frau Klabunde wagte nicht, ihre Suche fortzusetzen, erst recht nicht ihre geschäftige Frage anzufügen, ob sie noch etwas für den Besuch tun könne, und drückte sich mit einigen Akten still an Löffke vorbei. Die beiden Unbekannten sagten höflich »Guten Tag«. Die Worte stachen eigentümlich beruhigend in die aggressive Bedrohlichkeit, und fast, als wollte Löffke dem entgegenwirken, trat er nun ganz in Knobels Büro, winkte die beiden Herren herein, wies mit ausgestrecktem Arm auf Knobel und präsentierte im Ton eigentümlicher Befriedigung: »Das ist er!«
Knobel hatte sich bis dahin nicht gerührt. Die Überraschung des Angriffs, die Ahnungslosigkeit, was sich dahinter verbarg, hatte ihn eingeschüchtert und schuldig fühlen lassen, ohne dass er einen Grund hierfür hätte benennen können. Einem Automatismus folgend, bat er die Herren, vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen.
»Das sind die Herren Faltinger und Reitz, beide vom Polizeipräsidium Dortmund«, erklärte Löffke schneidend, der wie eine Statue stehen blieb, während die Besucher Platz nahmen. »Sie ermitteln in einem Tötungsdelikt!«
»Ein Tötungsdelikt?«, wiederholte Knobel tonlos. Seine Stimme klang belegt, und seine Blicke irrten zwischen den Polizeibeamten und Löffke hin und her.
»Es ist nicht sicher, ob es sich tatsächlich um ein Verbrechen handelt«, meinte Herr Faltinger. »Aber wir können es nicht ausschließen, und deshalb ermitteln wir.« Er hatte ein Notizbuch aus seiner Jacke gezogen, blätterte darin herum und verharrte auf einer Seite.
»Wollen Sie mir nicht endlich sagen, was los ist?« Knobels Stimme war fester geworden.
»Sie kennen Professor Grömitz?«, fragte der andere.
»Grömitz? Ja, der Name sagt mir selbstverständlich etwas«, antwortete Knobel. »Aber ich kenne ihn nicht persönlich. Nur vom Hörensagen. Er ist Professor für Germanistik an der Universität Dortmund.«
Reitz nickte.
»Er ist der Professor, bei dem die Studentin Marie Schwarz ihren Abschluss machen wird«, ergänzte Löffke. »Und Marie Schwarz ist die Geliebte des Kollegen Knobel. Für die er - das ist kein Geheimnis - seine Frau Lisa und sein Töchterchen Malin sitzen gelassen hat. Und jene Marie Schwarz hat für unsere Kanzlei - dank des persönlichen Einsatzes des Kollegen Knobel für seine geliebte Studentin - gelegentlich Detektivarbeiten übernommen. Sie sollten schon vollständig erzählen, Herr Knobel!«
Löffke hatte seine Hände nun in die Hüften gestützt. Er begann, in Knobels Büro auf und ab zu gehen.
»Stimmt das?«, fragte Herr Reitz.
»Ja, es stimmt«, antwortete Knobel. »Aber ich habe nicht wegen Marie meine Frau sitzen lassen. Aber das tut auch nichts zur Sache. Es war auch nicht Ihre Frage.«
»Aber, aber, aber«, äffte Löffke nach. »Sie tun ja, als müssten Sie sich verteidigen, Herr Knobel!«
»Was ist mit Professor Grömitz?« Knobel blickte fragend in die Gesichter der Beamten.
»Tot!«, antwortete Löffke. »Er ist heute Morgen tot von seiner Haushälterin in seinem Haus aufgefunden worden.«
»Es liegt noch kein Obduktionsergebnis vor«, erklärte Herr Faltinger. »Von seinen Lehrstuhlmitarbeitern und von seiner Haushälterin wissen wir, dass Grömitz schwer herzkrank war. Es ist nicht auszuschließen, dass es ein Herzinfarkt gewesen ist. Äußerliche Gewalteinwirkungen sind jedenfalls nicht feststellbar. Aber das soll nichts heißen. - Was den Fall jedenfalls undurchsichtig macht: Professor Grömitz ist - wie es aussieht - während des Abendessens gestorben. Er hat am Esstisch im Wohnzimmer seines Hauses gesessen. Es gab ein Nudelgericht, das von seiner Haushälterin auftragsgemäß am gestrigen Nachmittag vorbereitet wurde. Eine Mahlzeit für zwei Personen. Grömitz hat seinen Teller etwa zur Hälfte leer gegessen. Und das Gleiche gilt für den Gast. Beide haben etwas gegessen, mehr nicht. Und Grömitz und sein Gast haben auch Rotwein getrunken. Wie viel genau, wissen wir noch nicht. Aber sowohl das Glas des Professors als auch das Glas des Gastes waren noch halb gefüllt. Sie werden zugeben, dass das merkwürdig ist.«
»Ich verstehe noch immer nicht, was das mit mir zu tun hat.«
»Nicht mit Ihnen direkt, Kollege Knobel, sondern mit Ihrem Mariechen«, erwiderte Löffke, »und somit doch wieder mit Ihnen.«
»Die Faktenlage ist noch dünn«, fuhr Faltinger fort. »Weder das Essen noch der Rotwein waren nach ersten Laborerkenntnissen vergiftet. Auch nicht der Wodka, den es offensichtlich vor dem Essen gegeben hat. Vielleicht als Aperitif.«
Knobel blickte fragend auf.
»In der Küche standen zwei leere Gläser. Dem Geruch nach waren sie mit Wodka gefüllt«, erklärte Faltinger.
»Vielleicht sollten wir dem Kollegen Knobel mehr auf die Sprünge helfen«, unterbrach Löffke, »er schaut ja aus, als könne er mit alledem nichts anfangen.«
»Von den Lehrstuhlmitarbeitern von Professor Grömitz wissen wir, dass Marie Schwarz Herrn Professor Grömitz gestern Abend besuchen wollte«, fuhr Faltinger fort. »Stimmt das?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Knobel. »Wir haben uns seit gestern Morgen, also Montagmorgen, nicht gesprochen. Von einem Besuch Maries bei Professor Grömitz war nicht die Rede. Sie war auch heute Nacht nicht bei mir.«
»Frau Schwarz wohnt im Dortmunder Norden in der Brunnenstraße, und Herr Kollege Knobel wohnt derzeit im Dortmunder Westen in einer kleinen Mietwohnung, seit er seine Frau und Tochter im Familienheim in der Dahmsfeldstraße zurückgelassen hat«, setzte Löffke hinzu, der nun mit verschränkten Armen hinter den beiden Kommissaren Stellung bezogen hatte.
»Sie brauchen nicht zu soufflieren. Es gibt keine Geheimnisse«, giftete Knobel.
»Ich will nur aufklären. Der unangenehme Fall betrifft letztlich die gesamte Kanzlei«, gab Löffke zurück.
»Es darf als gesichert angesehen werden, dass Frau Schwarz den Professor gezielt aufsuchen wollte«, fuhr Faltinger fort. »Die Aussagen der Lehrstuhlmitarbeiter sind eindeutig. Sie sagen auch übereinstimmend aus, dass Frau Schwarz sehr aufgeregt war. Ungewöhnlich für Ihre Freundin, wie man sagt.«
»Ja«, antwortete Knobel.
»Also war sie schon aufgeregt, als Sie mit ihr gesprochen haben?«
»Nein! Das Ja bezog sich darauf, dass es für Marie ungewöhnlich ist, sich aufzuregen. Jedenfalls regt sie sich gewöhnlich nicht sichtbar auf.«
»Sie müssen präzise sein«, mahnte Löffke und wippte auf den Zehenspitzen.
»Sie wissen, dass Frau Schwarz bei Professor Grömitz studentische Hilfskraft war«, fragte Reitz.
»Natürlich!«
»Kam es häufiger vor, dass sie Professor Grömitz zu Hause besuchte?«
»Soweit ich weiß, war sie schon zwei- oder dreimal bei ihm. Vielleicht auch noch etwas häufiger.«
»Nach unseren Ermittlungen waren die anderen Lehrstuhlmitarbeiter bislang nie bei Herrn Professor Grömitz zu Hause gewesen. Außer zu seinem 60. Geburtstag. Aber das ist, denken wir, etwas anderes, sozusagen außer der Reihe. Bei Frau Schwarz scheint es etwas anderes gewesen zu sein.«
»Sie schätzten sich sehr«, erwiderte Knobel. »Marie hat gern von Herrn Professor Grömitz erzählt. Ihr gefielen seine Vorlesungen. Nachdem er eine Seminararbeit von ihr hervorragend benotet hatte, bot er ihr eine Tätigkeit als studentische Hilfskraft an.«
»Marie Schwarz ist - das darf ich anmerken - eine sehr attraktive junge Dame«, warf Löffke ein und registrierte zufrieden, dass Faltinger offenbar eine entsprechende Notiz...
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