Schweitzer Fachinformationen
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Wir sind beide keine Geschäftsleute. Alles, was wir zum Aufbau unseres Chartergeschäfts auf den Bahamas wissen mussten, haben wir uns - wie bei unserer Generation so üblich - im Internet zusammengelesen. Das war gar nicht so einfach, denn dort gibt es keinen fertigen »Ratgeber zum Aufbau eines Charterunternehmens in den Bahamas mit einem Segelboot unter deutscher Flagge«. Es gibt zwar in der Karibik schon so einige Vercharterer, die unter deutscher Flagge mit dem eigenen Schiff Gäste transportieren. Aber die konnten wir nicht wirklich fragen, wie sie es angestellt haben. Auf der einen Seite, weil viele dann gleich »Konkurrenz« wittern - oder aber, weil sie es so gemacht haben, wie die meisten deutschen Charterboote im Ausland: Entweder haben sie ausgeflaggt oder fahren illegal. Und das wollten wir auf keinen Fall tun.
Dabei ist die Idee eines Charterbetriebs so schlicht und genial: Wir kaufen ein Boot, fahren in die Tropen und bieten dort an, Leute mitzunehmen. Doch die meisten karibischen Inseln sind heute nicht mehr das, was sie früher in den 60ern mal waren. Der Tourismus wuchs damals schon und wurde zur wichtigsten Einnahmequelle für Länder, die außer Stränden, türkisfarbenem Wasser und Regenwäldern wenig Bodenschätze zu bieten haben. Vor allem lebt dort niemand, der gewillt wäre, sie abzubauen.
Segler haben lange diese Lücke genutzt, um mit dem eigenen Boot Touristen zu befördern. Aber nachdem selbst die kleinen Inseln der Karibik heute organisiert sind wie europäische Länder, geht das nicht mehr so einfach. Hier würde ja schließlich auch kein Spanier auf die Idee kommen, mit einem klapprigen Linienbus seine eigene Buslinie aufzumachen. Dafür braucht es Genehmigungen, Abnahmen, Fahrlizenzen, und natürlich muss man Steuern zahlen.
Doch viele Segler versuchen, diese Regelungen, Papierkram und vor allem die Abgaben zu umgehen. »Das merken die doch nicht«, ist die allgemeine Meinung. So segeln sie »unter dem Radar«. Aber es wirkt nicht wirklich seriös, wenn die im Internet mit schönen Serviceversprechungen und jahrelanger Erfahrung als Charterskipper angeworbenen neuen zahlenden Gäste dann an Bord kommen und als Erstes vom Skipper begrüßt werden mit den Worten: »Ach, und wenn einer fragt: Wir sind kein Charterboot, ihr seid nur Freunde.«
Seriöse Charterskipper haben wir auf unseren zwei Jahren Reise zuvor mit der MAVERICK TOO selten getroffen. Für uns allerdings kam solch ein Dasein nicht infrage. Dafür sind wir dann doch »zu deutsch«. Wir wollten von Beginn an alles richtigmachen, nach den Regeln spielen.
Nach unserer Rückkehr von der Atlantikrunde hatte ich nur gut zweieinhalb Monate Zeit, um unser neues Leben auf den Bahamas vorzubereiten. Für ein deutsch geflaggtes Boot gehört als Erstes dazu, dass auch der Skipper eine deutsche Lizenz hat. Den Yachtmaster hätte ich gern gemacht, aber der wurde von der BG-Verkehr leider nicht akzeptiert.
Wir wussten nicht so recht, wohin uns die Charterei führen würde. Würden wir nur auf den Bahamas bleiben oder im Sommer im Mittelmeer und im Winter in den Bahamas segeln? Könnte passieren. Dafür bräuchte ich den Sporthochseeschifferschein und Cati den Sportseeschifferschein. Der Sporthochseeschifferschein basiert jedoch auf dem Sportseeschifferschein. Beide waren in der kurzen Zeit nicht zu machen. Also sollte für mich erst mal der Sportseeschifferschein der Schein der Wahl sein. Damit konnten wir uns mit den Gästen 25 Seemeilen von jeder Küste entfernen, was für die Bahamas völlig ausreichend ist. Atlantiküberquerungen oder sonstige Langstrecken mit zahlenden Gästen, die viele Charterboote anbieten, weil sie ziemlich lukrativ sind (4.000 Euro pro Person), können wir damit aber erst mal vergessen.
Leider werden die zugehörigen Kurse immer über den Winter angeboten. So lange konnten wir nicht warten. Also kaufte ich mir die passenden Bücher und brachte mir alles im Eigenstudium bei, meldete mich privat zu den Prüfungen an und bestand im ersten Anlauf. Die Ausbildungstörns waren leider im Herbst auch schon alle ausgebucht. Normalerweise fährt man in einer Gruppe von sechs Schülern und einem Ausbilder eine Woche lang durch die Ostsee, übt alle Manöver, und am Ende kommt ein Prüfer an Bord. Stattdessen charterte ich kurzerhand eine Dufour 40 für zwei Tage. Den ersten Tag übten Cati und ich Mann-über-Bord-Manöver, bis Cati keine Winschen mehr kurbeln konnte. Den zweiten Tag kam ein Prüfer an Bord. Um ein Haar wäre ich noch durchgefallen, obwohl ich das Schiff zweimal perfekt neben der Person, beziehungsweise dem Rettungsring, zum Stehen gebracht habe. Cati ist es allerdings nicht gelungen, den flach im Wasser schwimmenden Ring mit dem Bootshaken aufzupicken.
Bange Sekunden vergingen, bis wir die Entscheidung des Prüfers verkündet bekamen. Im Kopf hatte ich schon versucht, die ganzen nächsten Monate umzuplanen: Das Schiff auf die Bahamas überführen, dann noch mal nach Deutschland fliegen, die Prüfung ein zweites Mal ablegen . Aber zum Glück lief alles gut. »Wir haben beschlossen, dass es kein Skipper-Fehler, sondern ein Crew-Fehler war. Prüfung bestanden.«
Zwei Tage später ging unser Flieger zum neuen Schiff.
Das Boot musste nach deutschem Standard durch einen Gutachter der BG-Verkehr als sogenanntes Segeltrainingsboot abgenommen werden - Charterboote sind erst gar nicht vorgesehen. Dafür bekamen wir eine lange Liste mit Kriterien, die es zu erfüllen galt. Ein Umbau von einigen zigtausend Euro. Erschwerend kam hinzu, dass viele der geforderten Ausrüstungsstücke in den USA gar nicht zu bekommen waren und aus Europa bestellt werden mussten. Auch für einen Gutachter der BG-Verkehr, der in Deutschland mal eben zum Hafen gekommen wäre, war das Schiff auf der anderen Atlantikseite zu weit weg. Also mussten wir einen Gutachter finden, der von einer Gesellschaft zertifiziert und zugelassen wurde, die mit der BG-Verkehr kooperiert. Das American Bureau of Shipping schickte uns einen ihrer Gutachter hinunter zum Boot und berechnete dafür gut 2.500 Dollar.
Die Liste hatte er vorab bekommen und wies uns bei Beginn der Begutachtung darauf hin: »Ich hoffe, ihr seid gut vorbereitet und es ist euch klar, dass eine teure Nachprüfung erforderlich ist, falls irgendetwas an Bord nicht den Regeln entspricht.« Natürlich war uns das klar. Deshalb haben wir ja auch wochenlange Arbeit hineingesteckt, Ausrüstung gekauft und überarbeitet.
Für das Funkgerät musste beispielsweise ein Umschalter auf eine eigene Notbatterie vorhanden sein. Mit der Batterie ist es aber nicht getan, denn natürlich musste auch ein Ladegerät installiert werden. Zudem durften die Schaugläser der Wasserabscheider am Dieselfilter nun nicht mehr aus durchsichtigem Plastik sein, weil sie dann im Brandfall schmelzen können, sondern aus Stahl. Für die Fahrtkategorie A (weltweit) war es außerdem nötig, Thermoschutzanzüge zu kaufen, die in den USA dreimal so viel kosten, wie in Deutschland.
Nach unendlich vielen kleinen oder größeren Ausbesserungen wurde uns irgendwann klar, warum so viele Yachten die Abnahme umgehen wollen. Zusätzlich machten uns auch noch Übersetzungsfehler in der Liste der BG-Verkehr das Leben schwer. Dort stand zum Beispiel die Frage: »Ist die Maschinenraumtür mit einem Selbstschließer versehen?«. Eine Frage, auf die ich ganz klar mit »Ja« antworten konnte, denn das Luk fällt dank der Schwerkraft zu und wird dabei augenblicklich verriegelt. Der Gutachter verstand die englische Übersetzung jedoch so, dass ein hydraulischer Verschließmechanismus installiert sein muss und schrieb »Nein«. Den negativen Punkt konnte ich jedoch zum Glück der Behörde erklären.
Erst als das Schiff, die Funkanlage und die Gasanlage abgenommen waren, durften wir von deutscher Sicht her Gäste transportieren.
Seitens der Bahamas gab es jedoch auch noch einige Regeln zu beachten. Als wir mit der Charterei begannen, hat man sich zu unserem Glück in den Bahamas entschieden, Segeltourismus zu unterstützen und zu vereinfachen. Deshalb mussten ausländische Charterboote damals lediglich einer jährlichen kurzen Inspektion unterzogen werden, bei der darauf geachtet wurde, dass genug Rettungswesten, Feuerlöscher und ein funktionierendes Funkgerät an Bord sind. Für knapp 1.100 Dollar plus 300 Dollar für das Cruising-Permit pro Jahr hatte man dann »freie Fahrt«. Mittlerweile sind die Regeln allerdings angepasst und verschärft worden.
Diese ganzen länderspezifischen Vorschriften aus der Ferne zu recherchieren, stellte sich als knifflige Aufgabe heraus. Deshalb entschieden wir uns, zumindest in der ersten Saison in den Bahamas zu bleiben. Die Regeln sind von Land zu Land ein wenig unterschiedlich - und unsere Erfahrung zeigte, dass zumindest die bahamaischen Ämter grundsätzlich auf keine E-Mail antworten. Es vergeht viel Zeit, die das Schiff im Hafen liegt, Geld kostet und keines einfährt, bis man dort alles...
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