Schweitzer Fachinformationen
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Einzelsupervision ist im Ablauf und im Hinblick auf die Rolle der Supervisor*innen von Gruppen- oder Teamsupervision zu unterscheiden. Auch die Beziehung zwischen Supervisand*in und Supervisor*in ist unterschiedlich ausgeprägt. So haben in einem Zweiersetting Sprechen und Handeln von Supervisor*innen größeres Gewicht als in einer Gruppen- oder Teamkonstellation, wo die Gruppe zusätzlicher Ideengeber oder kritisches Korrektiv sein kann. Vor allem aber fehlt in der Einzelsupervision die Gruppe als eigenständige, vielseitige Beziehungsgröße und Beratungsressource.
Auch für Supervisand*innen besteht ein deutlicher Unterschied zwischen Einzelsupervision und Gruppensupervision: Die Situation zu zweit erzeugt eine höhere Intimität. In der Zusammenarbeit mit Supervisor*innen können emotionale Bedürfnisse geweckt oder regressive Wünsche und Übertragungen auf die Figur der Supervisor*innen entstehen.
Abwehrphänomene, beispielsweise als Umgang mit Ängsten, bilden für Supervisionen eine wichtige Deutungsfolie (Pühl, 2009). Ziel ist es, die Supervisand*innen zum Erinnern der zugrunde liegenden unbewältigten Konfliktsituation aus der lebensgeschichtlichen Vergangenheit anzuregen, z. B. mithilfe eines Genogramms. Anders als in einem therapeutischen Setting müssen jedoch mögliche Erkenntnisse hieraus nicht thematisiert oder kommentiert werden. Abhängig vom Ziel der Supervision und vom Kontrakt findet das Phänomen in unterschiedlicher Weise Beachtung: als unkommentierte Kenntnisnahme, als Thematisierung und Besprechung des Ergebnisses oder in Form einer ausführlichen Gesamtanalyse.
Supervisand*innen erleben sich im Zwei-Personen-Setting in der Rolle der Bedürftigen und der Ratsuchenden, während die Rollen im Gruppensetting häufig wechseln: So ist man dort als Gruppenmitglied einmal Ratsuchende und beim nächsten Fall wieder Ratgebende. In der Einzelsupervision wird dagegen die Beziehung zwischen Supervisor*innen und Supervisand*innen oft als Gefälle wahrgenommen, eine Beziehungsform, die Lehrkräften aus ihrer beruflichen Situation besonders vertraut ist. Clark (1995) stellt fest, dass Lehrkräfte weniger Erfahrung mit symmetrischen Arbeitsbeziehungen hätten und in dieser Hinsicht Entwicklungspotential vorhanden sei. So weise die Kommunikation im Unterricht häufig ungünstige Manifestationen auf, die Clark auf langjährig etablierte kommunikative Gewohnheiten der Lehrpersonen zurückführt. Systemische Supervision wird dabei immer das Ziel verfolgen, zwischen Supervisor*in und Supervisand*in eine symmetrische Kommunikation und Arbeitsbeziehung zu erreichen.
Einzelsupervision hat, obwohl die Gruppe als Ressource fehlt, auch deutliche Vorzüge: Durch die Intimität im Zwei-Personen-Setting können Beratungen in emotionaler und selbstreflexiver Hinsicht besonders intensiv sein. Hier erfahren Supervisand*innen im Schutze der Anonymität am meisten über die eigenen Stärken und Schwächen, über Grenzen und Chancen in der Arbeit mit anderen Menschen. Dabei kann man auch an persönliche Themen stoßen (Belardi, 2018, S. 94 f.). Die Grenze zur Psychotherapie scheint hier zu verschwimmen und tatsächlich kann eine Einzelsupervision einer Therapiesitzung nahekommen. Klare und wichtige Grenze ist aber, dass bei allen von den Klient*innen eingebrachten Themen der Bezug zur Arbeit oder zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit als Fokus beibehalten wird.
Supervisor*innen achten im Einzelsetting besonders darauf, den Supervisand*innen eine aktive Rolle zu ermöglichen, sodass diese sich eigener Ressourcen bewusst werden können. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang die Arbeit mit Symbolen oder mit Stühlen als Stellvertreter. Diese methodischen Repertoires erweitern das Zwei-Personen-Setting.
Frau S., eine junge Lehrerin, kommt in die Einzelsupervision. Sie berichtet, dass sie in ihrer Schule regelmäßig an einer Gruppe für kollegiale Beratung teilnimmt und daher darin geübt ist, Fragen aus dem Lehrer*innenalltag zu reflektieren. Im ersten Treffen erzählt sie, dass sie ein Problem mit einem Schüler habe, welches sie nicht in der Fallberatungsgruppe thematisieren wolle. Irgendwie sei es ihr unangenehm, vor der Gruppe darüber zu sprechen.
Dass Lehrer*innen Einzelsupervision für sich in Anspruch nehmen, ist eher selten. Dafür liegen zwei Gründe auf der Hand: Zunächst müssen die Kosten in der Regel selbst getragen werden. Außerdem steht das Einzelsetting manchmal noch im Verdacht, therapeutische Ziele zu verfolgen, was von den Supervisand*innen in der Regel nicht erwünscht ist.
Andererseits muss davon ausgegangen werden, dass bei Lehrkräften ein hoher Reflexions- und Supervisionsbedarf besteht. Supervision und Schule tun sich aber oft schwer miteinander, wie die Deutsche Gesellschaft für Supervision in ihrem Flyer »Supervision - wirkungsvolles Beratungsinstrument in der Schule« (DGSv, 2006) feststellt. In aller Regel bemühen sich Lehrpersonen darum, ihre Schwierigkeiten allein zu bewältigen und Fehler tendenziell zu verbergen. Konflikte werden selten offen ausgetragen und Zusammenarbeit eher vermieden. Die Inanspruchnahme von Beratung kommt in diesem Denkmuster einem Eingeständnis von eigener Schwäche und eigenen Defiziten gleich.
In einem Vorgespräch vereinbaren Frau S. und ich einen Kontrakt, der Anzahl und Dauer der Stunden und die Kosten beinhaltet. Außerdem verständigen wir uns über das Ziel für die ersten drei Supervisionssitzungen: Frau S. möchte einen veränderten Umgang mit dem Schüler Felix finden.
Frau S. erscheint zum vereinbarten Termin und wirkt angespannt.
Sie berichtet von Felix. Er ist ein Schüler der Jahrgangsstufe 11, in der sie Geschichte unterrichtet. Felix wolle immer im Mittelpunkt stehen, was ihm in dem sonst schweigsamen Kurs leicht gelinge. Er störe, sei laut, mache Witze und halte die anderen erfolgreich vom Unterricht ab. Sie müsse ihn ständig ermahnen und sei unendlich genervt. Dabei seien seine Leistungen gut. In kürzester Zeit begreife er alles Wesentliche und könne auch die von ihr gestellten Aufgaben schnell und inhaltlich aufs Beste lösen. In Gruppenarbeiten formuliere er für die anderen die Ergebnisse, vermutlich seien die anderen deshalb auch so still. Statt dass er seine Fähigkeiten positiv einsetze, mache er aber nur Quatsch und boykottiere ihren Unterricht. Natürlich wolle er auch noch eine Eins als Quartalsnote; sie habe ihm aber schon mitgeteilt, dass er die wegen seines Sozialverhaltens nicht bekomme.
Auf die Frage, ob sie ein Beispiel für einen »Quatsch« nennen könne, den Felix veranstaltet, berichtet sie:
In der letzten Stunde habe er sich wieder unmöglich verhalten. Um Folien zu beschriften, hätten alle Schüler*innen Stifte von ihr ausgeteilt bekommen. Es sei auch für alle klar, dass diese am Ende der Stunde wieder vorne auf ihr Pult gelegt würden. Felix habe seinen Stift zunächst nicht abgegeben. Nachdem sie ihn dazu aufgefordert habe, habe er sie aufgefordert den Stift aufzufangen und ihn dann in ihre Richtung geworfen. Sie habe ihn natürlich nicht aufgefangen und ihn nach der Stunde ärgerlich zur Rede gestellt. Sie habe das Gefühl, Felix nehme sie nicht ernst und sehe in ihr eher einen Kumpel als die Autoritätsperson, die sie ja nun für ihn sei.
Nun legt das Anliegen von Frau S., einen neuen Umgang mit Felix zu finden, nahe, gemeinsam nach verschiedenen pädagogischen Lösungen zu suchen, wie Frau S. sich in dem Geschichtskurs nun verhalten und ihre verloren geglaubte Autorität wiederfinden könnte. Hier würde möglicherweise eine pädagogische Fachberatung ansetzen. In Supervisionsangeboten dagegen steht Selbstreflexion im Vordergrund. Daher wird die Situationsschilderung zunächst noch intensiver in den Blick genommen, bevor Veränderungsmöglichkeiten entwickelt werden.
In einem ersten methodisch strukturierten Zugang rekonstruiert Frau S. die geschilderte Situation mithilfe von Symbolen.
Möglichkeiten der Visualisierung dienen insbesondere bei der Problemdarstellung zu Beginn von Supervisionssitzungen der ausgiebigen Exploration des Falles. Über die sprachliche Beschreibung hinausgehend regen visuelle Formen der Darstellung weitere Gedanken, Ideen und Emotionen zum Fall an, die sich (vorerst) nicht in Worte fassen ließen. Die eingesetzten Gegenstände, deren Formen und Farben erhalten symbolische Bedeutung. Vom zufällig greifbaren Wasserglas bis zum eigens mitgebrachten Gegenstand: Die symbolische...
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