Schweitzer Fachinformationen
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Wer sich um seine rechtlichen Angelegenheiten nicht (mehr) selbst kümmern kann, darf sich durch eine Betreuungsperson vertreten lassen - vorübergehend oder dauerhaft.
Es gibt viele verschiedene Gründe, warum sich jemand nicht mehr um die eigenen rechtlichen Angelegenheiten kümmern kann. Die meisten denken zunächst an Menschen mit einer geistigen Behinderung oder einer Demenz. Tatsächlich kümmern sich rechtliche Betreuungspersonen manchmal für solche Betroffenen um alle wichtigen Lebensbereiche, manchmal auch nur um bestimmte Dinge wie etwa den Kontakt zu Behörden und die Anträge bei der Krankenkasse.
Doch dies ist nur ein Teil der Wahrheit. Viele Menschen mit einer geistigen Einschränkung haben keine Betreuung. Und immer mehr Betreuungspersonen vertreten Menschen mit ganz anderen Leiden. Denn auch alterstypische Einschränkungen, eine chronische Krankheit wie Multiple Sklerose, ein plötzlicher Unfall oder eine akute Erkrankung wie Covid-19 können eine rechtliche Betreuung nötig machen.
Entscheidend ist grundsätzlich, dass die betroffene Person bestimmte Dinge nicht mehr selbst organisieren kann und eine Betreuung wünscht oder zumindest nicht ablehnt. Zu den häufigen Lebensbereichen, für die ein Betreuer oder eine Betreuerin eingesetzt werden, gehören
die Kommunikation mit Behörden, Ämtern und Versicherungen,
das Kümmern um die Finanzen, etwa Alltagsgeschäfte, Vermögensverwaltung und Steuererklärung,
das Organisieren von und Einwilligen in Untersuchungen und medizinische Behandlungen, auch Reha-Maßnahmen,
die Verwaltung der Wohnung, des Hauses oder Pflegeheimplatzes sowie
das Bearbeiten der Post, inklusive Begleichen von Rechnungen und Ablehnen ungerechtfertigter Zahlungsaufforderungen.
Rechtliche Betreuerinnen und Betreuer dürfen sich immer nur um die Lebensbereiche kümmern, die die betroffene Person nicht allein erledigen kann. Um das festzustellen, gibt es klare gesetzliche Regeln. Besonders wichtig sind die folgenden Punkte:
Die Wünsche der Betreuten müssen stets so gut wie möglich erfüllt werden.
Eine Betreuung darf nie gegen den ausdrücklichen freien Willen angeordnet werden!
Die betreute Person kann jederzeit die Aufhebung der Betreuung oder Änderungen beantragen, und das Gericht muss die Möglichkeiten dazu prüfen.
Übrigens: Der juristische Fachbegriff lautet "rechtliche Betreuung". In diesem Ratgeber verwenden wir weitere Formulierungen wie "gesetzliche Betreuung", "rechtliche Vertretung", "gesetzliche Vertretung" synonym.
Das Betreuungsrecht bezieht sich ausschließlich auf Erwachsene. Damit eine Betreuungsperson bestellt werden kann, muss es ein sogenanntes Fürsorgebedürfnis geben. Das bedeutet, dass sich eine volljährige Person wegen einer Krankheit, einer Behinderung oder besonderen Lebensumständen nicht im erforderlichen Maße um manche oder alle eigenen rechtlichen Angelegenheiten kümmern kann. In der Neufassung des BGB, die ab 2023 gilt, sind keine bestimmten Umstände mehr definiert. Jeder Mensch soll individuell begutachtet werden.
Eine rechtliche Betreuung kann vorübergehend oder auf Dauer eingerichtet werden. "Auf Dauer" heißt, dass spätestens nach sieben Jahren erneut geprüft wird, ob die Betreuung noch notwendig ist. Sie kommt für Menschen mit geistigen Behinderungen oder chronischen Krankheiten infrage, bei denen davon ausgegangen wird, dass ihre Lebenssituation ungefähr gleich bleibt.
Alternativ ist auch eine vorübergehende Einrichtung für nur einige Monate möglich. Diese kommt beispielsweise infrage, wenn jemand auf der Intensivstation behandelt wird, aber gute Chancen bestehen, dass die betroffene Person wieder gesund wird.
Persönliche Anhörung
Eine rechtliche Betreuung ist ein massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Eine Betreuerin oder ein Betreuer darf deshalb nur bestellt werden, wenn es verhältnismäßig ist. Die Entscheidung muss geeignet, erforderlich und angemessen sein. Um das einzuschätzen, muss der betroffene Mensch - sofern möglich - immer persönlich angehört werden. Lediglich wenn jemand beispielsweise im Koma liegt und sich nicht äußern kann, darf darauf verzichtet werden. Aber auch dann ist der zuständige Richter oder die Richterin verpflichtet, sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, zum Beispiel durch einen Besuch im Krankenhaus.
Einer rechtlichen Betreuung geht immer ein Verfahren an einem Betreuungsgericht voraus. Der zuständige Richter oder die zuständige Richterin ist verpflichtet, zum Wohle der potenziell Betreuten zu entscheiden. Das Gericht kann aktiv werden, wenn Eine Betreuung anregen, wie es juristisch korrekt heißt, kann prinzipiell jeder. Man muss dafür nicht verwandt oder vom Fach sein. So soll sichergestellt werden, dass beispielsweise auch Nachbarn, die häufig einen besonders engen Bezug im Alltag zueinander haben, eine Betreuung anregen können, um Hilfe zu ermöglichen. Weitere Details erfahren Sie in Kapitel 2 ab S. 29.
jemand für sich selbst um eine Betreuung bittet oder
jemand darauf hinweist, dass eine Betreuung für eine andere Person nötig sein könnte.
Wenn ein Betreuungsgericht einen Hinweis erhält, dass jemand eventuell eine rechtliche Betreuung braucht, muss es den Fall prüfen. Die betroffene Person muss angehört werden, bei Bedarf auch im eigenen Zuhause, damit die zuständige Richterin oder der Richter sich einen eigenen Eindruck verschaffen kann. Außerdem muss die betroffene Person darüber aufgeklärt werden, wie das Betreuungsverfahren abläuft und was genau eine Betreuung für ihr Leben bedeuten würde. Behörden, Ärzte, Angehörige oder andere nahestehende Personen können außerdem befragt werden, wie ihre Einschätzung ist. Auch ein Sachverständigengutachten ist möglich und in bestimmten Fällen sogar vorgeschrieben.
Bestätigt das Betreuungsgericht, dass eine rechtliche Betreuung nötig ist, wird ein Betreuer oder eine Betreuerin ausgewählt. Hat die zu betreuende Person einen konkreten Wunsch, wird dieser erfüllt, sofern nichts dagegenspricht. Ein Ablehnungsgrund wäre beispielsweise, wenn die Wunschperson vorbestraft ist oder kaum Deutsch spricht. Oder wenn sie die Betreuung nicht übernehmen möchte. In der Regel wird den Wünschen nach einer bestimmten Person aber entsprochen. Auch mehrere Betreuerinnen und Betreuer, die sich die Arbeit aufteilen, sind möglich. Mehr dazu ab S. 30.
Jede und jeder Erwachsene ist in Deutschland für sich selbst verantwortlich. Wer Hilfe braucht, muss sie sich selbst suchen und organisieren. Das Betreuungsrecht ist dementsprechend "nur" als eine Art letztes Sicherheitsnetz zu verstehen. Dieses Netz können aber auch Außenstehende aufspannen. Falls Sie eine Betreuung für jemanden anregen möchten, finden Sie ein Musterschreiben dafür in Kapitel 3 ab S. 74.
Gibt es keine Wunschperson, soll das Gericht sich, wenn möglich, immer für jemanden aus dem näheren Umfeld der Betroffenen entscheiden. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass jemand, der einen anderen Menschen gut kennt und mag, auch dessen Wünsche umsetzen kann - egal, ob es um medizinische Entscheidungen, Geldanlage oder Behördenanträge geht.
Steht niemand aus der Familie, kein guter Freund und keine liebe Nachbarin zur Verfügung, ist die zweite Wahl eine fremde ehrenamtliche Betreuungsperson. Betreuungsvereine beraten und unterstützen Privatpersonen, die eine ehrenamtliche Betreuung für eine ihnen fremde oder nur entfernt bekannte Person übernehmen wollen. Im Laufe der Zeit entwickelt sich meist ein gutes Vertrauensverhältnis. Da ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer - egal ob verwandt oder nicht - nur eine geringe Aufwandsentschädigung erhalten, ist dieser Weg für die betreute Person auch finanziell eine gute Option.
Nur wenn keine Privatperson infrage kommt oder die Betroffenen sich das explizit wünschen, darf das Gericht einen Berufsbetreuer oder eine -betreuerin bestellen. Auch bei komplizierten Lebensumständen kann das angeraten sein. Beruflich Betreuende müssen eine passende Ausbildung haben und werden je nach Erfahrung und Vermögen der betroffenen Person nach einer gesetzlich festgelegten Honorartabelle bezahlt. Details dazu lesen Sie ab S. 30.
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