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Aber irgendwie war alles ein Problem.
Zuerst musste ich aufstehen, was mir wenig elegant gelang. Cameron-angepisst-Cooper quittierte meine Ungeschicklichkeit mit einem Augenrollen, von dem ich so tat, als hätte ich es nicht bemerkt.
Lässig schmiss er seinen Rucksack dann in die Gepäckablage, bevor er sich auf den Fensterplatz neben mir quetschte.
Keine Minute später blinzelte ich starr nach vorne und achtete darauf, ihn nicht anzusehen. Da niemand mehr im Gang stand oder einen Platz zum Verstauen für sein Handgepäck suchte, mussten wohl alle Passagiere an Bord sein. Trotzdem tat sich nichts. Es erklang keine weitere Durchsage, und unwillkürlich fiel mir auf, dass der Film zur Aufklärung der Sicherheitsregeln noch nicht abgespielt worden war. Als ich mich mit dem Oberkörper ein paar Zentimeter in Richtung Gang lehnte, erkannte ich, dass die zwei Flugbegleiterinnen entspannt an dampfenden Pappbechern mit dem Airline-Logo nippten.
Meine Hände waren immer noch feucht, doch ich widerstand dem Drang, sie mir an der Jeans trocken zu reiben. Stattdessen war ich versucht, mein iPad mit dem Stift hervorzukramen. Ich musste mich ablenken. Aber wenn ich jetzt zu zeichnen begann, würden die Menschen ringsum vielleicht mitbekommen, was genau ich in meiner Freizeit malte und anschließend auf Etsy in Stickerform verkaufte. Eigentlich hasste ich die leicht belustigten Blicke, die meistens daraufhin folgten. Als wäre ich nur eins: lächerlich. Andererseits ging es mir gerade wirklich nicht gut und .
«Meine Damen und Herren, hier spricht erneut Ihr Erster Offizier. Leider wird sich unsere geplante Abflugzeit aufgrund einer technischen Störung verzögern. Sobald wir nähere Informationen erhalten, melden wir uns wieder.»
Noch bevor die Pilotenstimme in den Lautsprechern verstummte, erklangen leise Flüche und lautes Aufseufzen.
Scheiß drauf, dachte ich, als ich mich nach unten beugte und nach dem iPad in meiner Tasche griff. Sollten die anderen mich doch verurteilen. Falls sie mich überhaupt bemerkten. Meine Panik war nicht auszuhalten. Und sie würde noch weniger auszuhalten sein, wenn ich anfing, genauer über das nachzudenken, was der Co-Pilot verkündet hatte.
Technische Störung.
Ich meine TECHNISCHE STÖRUNG. Hieß das nicht, das Flugzeug war kaputt? Musste es repariert werden? Was, wenn der zuständige Ingenieur einen Fehler beging, weil er so unter Zeitdruck stand? Was, wenn dieser Fehler fatal war und wir doch abstürzen würden? Was, wenn wir diese 0,000005 Prozent waren?
Meine Atmung beschleunigte sich, ohne dass ich genug Luft bekam.
Nicht sterben.
Du. Wirst. Nicht. Sterben.
Hastig entsperrte ich mein iPad, bevor ich die ProCreate-App öffnete. Innerhalb weniger Sekunden schien mir mein zuletzt angefangenes Projekt auf niedrigster Helligkeitsstufe entgegen. Eine hellblaue Streichholzschachtel, auf die ich folgenden Spruch gelettert hatte: Matches to burn down the patriarchy. Ich war mir sicher, dass dieses Motiv gut in meinem Etsy-Shop laufen würde. Es fehlten nur noch die Feinheiten, wie zum Beispiel die Schattierungen der Streichhölzer. Leicht zitternd setzte ich mich auf und machte mich an die Arbeit, doch leider war das nicht so einfach. Immerhin war es ziemlich kompliziert, meinen Illustrationen filigrane Details hinzuzufügen, wenn ich mich krampfhaft an den Apple-Pencil klammerte, als wäre er mein Anker.
Ich setzte gerade den ersten Schatten, als ich dieses Räuspern neben mir vernahm und aufsah. Lässig lehnte Cameron-angepisst-Cooper sich seitlich gegen das Fenster, wobei sein Blick wie hypnotisiert auf meinem iPad lag. Auf meiner Illustration. Auf meiner Kunst, die mir alles bedeutete, selbst wenn ich im entfernteren Familienkreis dafür belächelt wurde.
«Isla? Verkauft die nicht irgendwelche bunten und feministischen Sticker auf Etsy? Ich glaube, sie hat einen Sticker, der so etwas wie waiting for the fall of the patriarchy besagt. Ich würde sagen, dass sie darauf lange warten kann, haha .»
Ich wusste, dass mein Sitznachbar nichts davon sagte. Dass die Worte bloß das Echo meines Onkels bei einem unserer Familien-Barbecues waren. Trotzdem spürte ich Coopers grimmige Ablehnung förmlich in der Luft. Eigentlich hätte ich sie runtergeschluckt und vergessen, bis ich mich alleine in meinem Zimmer befand und dann vielleicht (wieder einmal) eine Sinneskrise durchlebte. Am Ende hätte ich mir womöglich zum hundertsten Mal eingeredet, dass ich den begehrten Praktikumsplatz in der New Yorker Kunstbranche gar nicht verdiente. Dass es sich um einen Irrtum handeln musste. Dass Erin Sheridan die falsche Person ausgewählt hatte.
Aber heute konnte ich das nicht.
«W.wenn du dich schon über meine Illustration lustig machen willst, solltest du dir die Worte wenigstens schon vor deinem Räuspern zurechtlegen, meinst du nicht?»
Ich wünschte, ich wäre cool rübergekommen, mit selbstbewusster Haltung und fester Stimme. Leider klang Letztere immer noch piepsig und viel zu unsicher.
Glücklicherweise kommentierte der Fremde neben mir dies nicht. Stattdessen fuhr er sich mit der Hand erschöpft über das Gesicht. «Gott», murmelte er. «Das hier ist echt nicht mein Job.»
«Job?»
Eiskalt überging er meine Frage. Ich beobachtete, wie er sich stattdessen ein wenig aufrichtete und dann auf mein iPad hinunternickte.
«Eigentlich wollte ich dich fragen, wie du irgendetwas auf deinem Bild schattieren willst, wenn du deinen Stift so verdammt fest umklammerst, dass er gleich sowieso in tausend Einzelteile zerspringt. Aber okay.»
Hitze stieg mir in die Wangen. Ich hatte gedacht, er hätte meine Zeichnung zu intensiv beobachtet. Stattdessen waren es meine Finger gewesen. Meine Finger, die so wie alles in mir förmlich vor Panik randalierten.
Großartig.
«Du brauchst keine Angst zu haben», sagte mein Sitznachbar. «Das ist alles Routine.»
«Routine?», wiederholte ich schrill, wobei ich nicht einmal versuchte, meine Angst abzustreiten. «Es gibt eine technische Störung.»
«Und auch das ist eine Routine.»
Ich starrte ihn an. «Wir könnten sterben. Ich glaube nicht, dass dir da diese Routinen etwas bringen.»
Er schwieg einen Moment. «Bist du mit dem Auto zum Flughafen gekommen?», fragte er dann.
«Was?»
«Beantworte einfach die Frage.»
Wie arrogant und genervt er klang. Dabei war er derjenige, der diese Unterhaltung durch seinen seltsamen Blick begonnen hatte.
«Du hörst dich wie ein Macho an», flüsterte ich, weil ich nicht anders konnte. «Ich meine: Beantworte einfach die Frage?»
«Na ja», schoss er sofort zurück. «Wenn du mit dem Auto zum Airport gefahren bist, kann ich dir erklären, dass die Wahrscheinlichkeit deutlich höher war, dabei zu sterben.»
«Wie aufmunternd», sagte ich trocken.
Abwehrend hob er die Hände. «Ich habe dir gesagt, dass das hier definitiv nicht mein Job ist.»
«Und ich habe immer noch nicht verstanden, was du damit meinst, weil .»
«Darf ich Ihnen ein Wasser anbieten?»
Ich verstummte, als mir plötzlich die fröhlich lächelnde Flugbegleiterin eine Plastikflasche entgegenstreckte.
«Danke», brachte ich gerade so heraus, ehe ich das Getränk annahm.
Anschließend wandte sich die brünette Frau meinem Sitznachbarn zu. Sie begann mit derselben Floskel, doch brach mitten im Satz ab. «Cameron?» Ihr gesamtes Gesicht hellte sich auf. «Ich wusste gar nicht, dass du auf unserem Flug bist. Warst du über die Feiertage bei deiner Familie?»
Ich verstand nicht, wieso mein Sitznachbar und Maggie - wie ich dem Namensschild der Flugbegleiterin entnehmen konnte - für die nächsten drei Minuten Small Talk führten. Sie stellte ihm Fragen, er antwortete mit «Ja» und «Gut» und «Stressig, aber schön», woraufhin sie von ihren Feiertagen erzählte, die sie offenbar zum ersten Mal mit der Familie ihres Freundes verbracht hatte.
«Wohin ging noch mal unser letzter gemeinsamer Flug?», fragte sie dann. «Punta Cana?»
«Kann sein», murmelte Cameron-angepisst-Cooper, bevor Maggie ihm schließlich das Wasser reichte.
«Sag einfach Bescheid, wenn du irgendetwas brauchst», flötete sie freundlich, ehe sie sich den Reihen hinter uns widmete.
Ich presste meine Finger gegen die Rillen am Flaschendeckel, bis Maggie außer Hörweite war. Diesmal räusperte ich mich. «Eine Bekannte?»
«Arbeitskollegin trifft es wohl besser.»
Arbeitskollegin?
Verwundert starrte ich ihn an, so lange, bis er von allein weitersprach.
«Ich bin Pilot.» Er seufzte. «Maggie und ich arbeiten bei derselben Airline. Das hier ist eigentlich mein Arbeitsplatz, okay? Nur mit den Passagieren habe ich normalerweise kaum was zu tun.»
Er ist Pilot?
Einige Momente lang blinzelte ich ihn nur an, weil ich mir im Leben nicht vorstellen konnte, dass sich jemand freiwillig täglich in diese Tötungsmaschine setzte. Seltsamerweise hielt er meinen Blick fest. Als hätte er keine Angst, dass jemand zu genau hinsah.
«Lass mich raten.» Plötzlich klang seine Stimme eine Spur zu bitter. «Mein Job ist auf irgendeine verdrehte Weise sexy, und jetzt kannst...
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