WELTRAUMFORSCHUNG - ASTRONOMEN ERKUNDEN DAS ALL
© ESO/Y. Beletsky
Die Milchstraße spannt sich über die vier Teleskope das Paranal-Observatoriums der europäischen Südsternwarte in Chile.
Himmelsbeobachtung durch die Jahrhunderte
Die Geschichte der Astronomie hat mehrmals unser Weltbild revolutioniert. In den Gestirnen sah man Götter, entwickelte mit ihnen Kalender, benutzte sie für Horoskope und versuchte, Anfang und Ende der Welt zu erklären.
Wer hin und wieder den Sternenhimmel betrachtet, wird einige Gesetzmäßigkeiten entdecken können. Jedes Jahr tauchen zur gleichen Jahreszeit vertraute Sternmuster auf. So hatte die Beobachtung des Nachthimmels für unsere Vorfahren ganz praktische Gründe. Im antiken Ägypten verband man das Auftauchen des hellen Sterns Sirius mit der alljährlichen Nilüberschwemmung, die das Land wieder fruchtbar machte. War Sirius im Sommer erstmals am Morgenhimmel zu sehen, musste bald darauf die Nilüberschwemmung folgen.
Mit mächtigen Bauwerken - am bekanntesten ist Stonehenge in Südengland - versuchte man, die himmlischen Abläufe zur präzisen Vorhersage irdischer Gegebenheiten zu benutzen. Die Menschen hatten damals noch keine Kalender, sie waren auf die Deutungen des Himmels durch erfahrene Priesterastronomen angewiesen.
Einige Lichtpunkte am Himmel scherten jedoch aus dieser Gesetzmäßigkeit aus. Sie veränderten ihre Positionen, wandelten vor dem offensichtlich unveränderlichen Fixsternhimmel hin und her. Ihr oft helles und immer ruhiges Licht hob die "Wandelsterne" von allen anderen Sternen ab. Die klassischen sieben Wandelsterne - heute benutzt man für sie die griechische Bezeichnung "Planeten" - sind Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Sie dienten als Götter oder mussten zur Zukunftsdeutung herhalten. Allem Anschein nach war die Erde der Mittelpunkt der Welt, denn alle anderen Gestirne schienen sie zu umkreisen.
© Andreas Cellarius: Harmonia macrocosmica
Ist die Erde der Mittelpunkt des Universums? So zeigt es die Darstellung von Andreas Cellarius aus dem Jahr 1660.
© Marco Basaiti/Digiporta
© A. Burgsdorff/Digiporta
© Jacques de Gheyn/Digiporta
Sie entwickelten das moderne Weltbild: Nikolaus Kopernikus, Johannes Kepler und Tycho Brahe.
MITTELPUNKT DES UNIVERSUMS?
Es sollte bis ins Mittelalter dauern, bis ein Mönch die geradezu ketzerische Theorie aufstellte, die Erde sei nicht Mittelpunkt des Universums: Giordano Bruno wurde für diese Behauptung auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Doch je intensiver die Menschen die Bewegungen der Planeten studierten, desto mehr Zweifel ergaben sich. Zur Erklärung der offensichtlichen Schleifenbewegungen wurde eine komplizierte Theorie geschaffen, nach der die Planeten zwar um die Erde kreisen, selbst aber wiederum auf kleineren Kreisen um diesen "Erdumlaufskreis" ihre Bahnen ziehen. Diese "Epizykeltheorie" wurde noch von Tycho Brahe unterstützt, der Ende des 16. Jahrhunderts mit bloßem Auge die bis dahin genauesten Positionen der Planeten bestimmte.
Doch schon Mitte des 16. Jahrhunderts veröffentlichte Nikolaus Kopernikus seine für damalige Zeiten verwegene Theorie, nach der sich die Erde und alle anderen Planeten um die Sonne bewegen.
Als Erbe der Braheschen Beobachtungen blieb es dann Johannes Kepler vorbehalten, die wahre Natur der Planetenbewegungen zu ergründen und seine noch heute gültigen drei Gesetze zu formulieren. Sein Modell der Welt kam einer Revolution gleich: alle Planeten umlaufen die Sonne, und sie bewegen sich nicht auf Kreis-, sondern auf Ellipsenbahnen. Das zweite Keplersche Gesetz sagt aus, dass sich die Planeten in Sonnennähe schneller auf ihrer Bahn bewegen als in Sonnenferne. Sein drittes Gesetz beschreibt schließlich einen Zusammenhang zwischen der Entfernung eines Planeten von der Sonne und dessen Umlaufzeit. Je weiter ein Planet von der Sonne entfernt ist, desto länger benötigt er für einen Sonnenumlauf.
Keplers Modell war erfolgreich, weil er damit die Positionen der Planeten mit einer bis dahin nicht erreichten Genauigkeit vorhersagen konnte. Eine physikalische Begründung für die aus Beobachtungen abgeleiteten Gesetze lieferte erst Isaac Newton, der 1687 sein Gravitationsgesetz formulierte, aus dem sich die Keplerschen Gesetze auf rein mathematischem Weg ableiten lassen.
Zu dieser Zeit begann auch die Himmelsbeobachtung mit Teleskopen. Je größer und besser die Teleskope wurden, desto stärker wuchs das Wissen über unser Universum.
© Astronomisches Institut Potsdam/Rainer Arlt
Die klassische Sternwarte: Das astrophysikalische Observatorium in Potsdam wurde 1899 eingeweiht. Sein Hauptinstrument ist ein Teleskop mit 80 cm durchmessenden Linsen.
FORTSCHRITT DURCH TELESKOPE
In die Geschichte eingegangen sind die Beobachtungen von Galileo Galilei, auch wenn er das Teleskop selbst nicht erfunden hat. Galilei aber war es, der um 1610 zum ersten Mal Krater auf dem Mond, Flecken auf der Sonne und die Monde des Planeten Jupiter sah.
Den nächsten großen Sprung machte die Himmelsforschung, als 1781 Friedrich Wilhelm Herschel durch Zufall den Planeten Uranus entdeckte. Aus Störungen der Uranusbahn schlossen Jean-Joseph Leverrier und John Couch Adams auf einen weiteren Planeten, der 1846 von Johann Gottfried Galle entdeckt wurde. Man gab ihm den Namen Neptun. Erst 1930 wurde mit Pluto der letzte klassische Planet des Sonnensystems entdeckt.
Zweifelte schon lange niemand mehr am kopernikanischen Weltsystem mit der Sonne im Mittelpunkt des damals bekannten Universums, so war die erste Bestimmung einer Sternentfernung doch ein weiterer Schock. Im Jahr 1838 gelang es Friedrich Wilhelm Bessel, die Entfernung des Sterns 61 im Sternbild Schwan zu messen. Nach Bessels Beobachtungen musste "61 Cygni" mehrere Billionen Kilometer weit entfernt sein. Damit war klar: Die Sonne kann nicht der Mittelpunkt des Weltalls sein. Die Entwicklung der Spektralanalyse Mitte des 19. Jahrhunderts wies zudem darauf hin, dass es sich bei den Sternen um ferne Sonnen handelt, die der unseren in vielerlei Hinsicht ähnlich sind.
Ein Riesenschritt gelang 1923 Edwin Hubble. Sein Teleskop war mit 2,5 m Durchmesser schon fast so groß wie heutige Profiteleskope. Er nutzte die Fotografie, um einzelne Sterne im "Andromeda-Nebel" zu beobachten. Hubbles Messungen offenbarten die Natur dieses Objekts: Der Andromeda-Nebel ist eine Galaxie, ähnlich unserer Milchstraße.
Hubble legte außerdem den Grundstein für die heute noch gängige Lehrmeinung über die Entstehung des Universums: Das Weltall ist vor ca. 13,7 Milliarden Jahren entstanden und dehnt sich seitdem aus. Konkrete Beweise für dieses als Urknall bekannte Szenario lieferten erstmals Arno Penzias und Robert Wilson 1965. Sie entdeckten rein zufällig die kosmische Hintergrundstrahlung, das zarte Echo des Urknalls.
Die größten Rätsel der Kosmologie sind nach wie vor die Entstehung und Zukunft des Universums. Im Jahr 1998 fand ein Forscherteam heraus, dass sich das Weltall mit zunehmender Entfernung immer schneller ausdehnt. Wird der Kosmos bis in alle Ewigkeit auseinandertreiben?
© Harvard College Observatory
© Arequipa Observatory, Digital Access to a Sky Century @ Harvard
Henrietta Swan Leavitt wertete Aufnahmen der Kleinen Magellanschen Wolke aus und ermittelte damit 1912 die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung der Cepheïden-Sterne, so dass sie fortan zur Entfernungsbestimmung benutzt werden können.
© ESO
Die Zukunft der Astronomie: der Spiegeldurchmesser des europäischen Riesenteleskops ELT wird 39 m betragen; es soll im Jahr 2028 mit Beobachtungen beginnen.
Astronomische Teleskope und das Licht der Sterne
Mit der Erfindung des Fernrohrs begann für die Astronomie ein neues Zeitalter. Je größer die Teleskope wurden, desto mehr konnte man mit ihnen über das Universum in Erfahrung bringen. Und es werden bereits neue "Superaugen" gebaut.
Astronomen beobachten ferne Himmelsobjekte mit immer größeren Teleskopen. Ein typisches Observatorium befindet sich auf einem hohen Berg, weit entfernt von den hell erleuchteten Gebieten unserer Zivilisation. Hier starren moderne Riesenteleskope in jeder klaren Nacht an den pechschwarzen Himmel. Wie von Geisterhand gesteuert gleiten die tonnenschweren Kolosse durch die Dunkelheit, elektronische Empfänger registrieren unbestechlich jedes Lichtpünktchen und erzeugen große Datenmengen, die später in monatelanger Arbeit ausgewertet werden. Mit dem romantischen Bild des Astronomen, der nächtelang einsam hinter dem Fernrohr kauert und mit eigenen Augen das Universum erforscht, hat die Astronomie schon lange nichts mehr zu tun.
SO FUNKTIONIEREN TELESKOPE
Dabei hat sich das Grundprinzip aller Teleskope seit Galileo Galilei, dem ersten Astronomen mit...