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Gut Warthe in der Mitte des 19. Jhdt.s mit der neuen Trasse des Hellwegs. Rechts das Wäldchen Ikerloh. Zeichnung Brand, Altertumsverein Paderborn Cod178-036 AV.
Früher im mythischen Ruf der Mittelaltergeschichte Paderborns, heute eine Oase vor der Stadt, wenn auch seit ungefähr 2012 vom Hellweg aus - als Sieg der Straßenbau-Bürokratie über die Geschichte und den Willen der Bürger - in der Ansicht einer eher skurrilen Höhenfestung. Das Gut hat bis in die neueste Zeit viel erlebt - und überlebt. Kein Wunder also, dass es schon immer großes Interesse und viele Fragen nach seiner Geschichte geweckt hat und sich bereits viele Heimatforscher, von dem Schlossrentmeister Wilhelm Schütte zu Ende des 19. Jhdt.s bis zu Dr. Heinrich Otten in der aktuellen Denkmaltopografie der Stadt Paderborn, damit beschäftigt haben.
Einen breiteren Raum sollen jetzt aber auch die bisher nur ausschnittsweise aus den damaligen Presseveröffentlichungen bekannten Umstände des Jahrhundertskandals der B-1-Erweiterung einnehmen, die Gut Warthe tatsächlich wieder an den Rand seiner Existenz gebracht hatten. Weil an der Breite der Bundesstraße ein einziger Meter fehlte, waren nicht nur ein Hügel abgetragen und rund 50.000 Quadratmeter fruchtbarsten Ackerbodens verbraucht worden, sondern es war durch den Verzicht auf die nötigen Bodenuntersuchungen auch die Existenz der historischen Anlage selbst aufs Spiel gesetzt worden - ein Unterfangen, das über Jahre die Medien beschäftigte.
Aber der Reihe nach. Als das Freiluftmuseum Detmold im Jahr 2006 eine Tagung "Historische Wirtshäuser" plante, war dies für mich ein Anlass, mich auch mit diesem Aspekt der Geschichte des Gutes Warthe zu beschäftigen. Schließlich war gerade mal fünf Jahre zuvor, im Jahr 2001, nach einer Pause von vielleicht 80 Jahren die alte Tradition des "Gasthauses zum Wartturm" am Alten Hellweg hier bei Paderborn mit der italienisch geführten "TrattoriAntica" zu neuem Leben erweckt worden. Wenn auch die "Wiedereröffnung" durch die näher gerückte Straße, die jetzige Bundesstraße 1, nur noch in einem Stallgebäude anstelle des alten Guts- und Gasthauses möglich war, so wurde damit doch eine jahrhundertealte Tradition an geschichts- trächtigem Ort fortgeführt.
Gut Warthe, als Teil der mittelalterlichen Landwehr auf der westlichen Anhöhe vor Paderborn gelegen, war zu dieser Zeit allgemein als "Tor" zur Stadt Paderborn bekannt, von wo aus sich ein geradezu amphitheatriger Blick auf die Domstadt eröffnete.
Wenn auch der namensgebende Wartturm zu Anfang des 19. Jahrhunderts abgebaut worden war, so existierten doch immer noch beachtenswerte Gebäude, hervorstechend das von Dombaumeister Güldenpfennig 1878 errichtete Guts- und Gasthaus und das Barrierehaus (um 1800) als ehemalige Chausseegeld-Einnahmestelle, aber auch der benachbarte Gewölbestall aus dem 19. Jahrhundert, der nun mit dem passenden Namen "TrattoriAntica" eine hochwertige italienische Gastronomie beherbergte. Beim Barriere- oder Zollhaus, das 1999 von slowakischen Restauratoren nach altem Grundriss wiederhergestellt worden war, handelte es sich um das einzige erhaltene Gebäude dieser Art im Kreis Paderborn. Das Gutshaus dagegen stellte den einzigen erhaltenen Profanbau des Architekten Güldenpfennig dar, der sonst überwiegend durch Kirchenbauten bekannt ist.
Dass diese geschichtsträchtige Anlage als eine der wenigen an Straßen erhaltenen Gasthauskomplexe überlebt hatte, noch dazu an einer so bedeutenden Trasse wie dem West- und Osteuropa verbindenden Alten Hellweg, der späteren Reichsstraße und jetzigen Bundesstraße 1, war nicht selbstverständlich gewesen. Denn es waren nicht nur die unterschiedlichen Kriege gewesen, die seine Existenz gefährdet hatten, sondern die Straße selbst, die bei einem Ausbau in den 1960er Jahren den Gutshof vom Dorf Wewer abgetrennt und ein Bewohnen fortan unmöglich gemacht hatte. Denn in der Zeit der Autobegeisterung war eine Überquerung der B 1 zu Fuß nicht mehr vorgesehen gewesen. Die Gebäude schienen, wie so viele andere zu dieser Zeit, dem Untergang geweiht. Da war es die Denkmalbehörde der Stadt Paderborn, die mich als Eigentümerin um 1980 in meinem Entschluss unterstützte, Gut Warthe dennoch zu erhalten. Gutshaus und Zollhaus wurden unter großem Aufwand baulich gerettet, und es kam zur Eröffnung des neuen Gasthauses im Gewölberaum, nachdem im Gutshaus bereits die Galerie Kafsack eingezogen war.
Der Hellweg mit Gut Warthe in der Mitte des 19. Jhdts. Zeichnung Brand, Altertumsverein Paderborn Cod178-168.
Was wir dabei nicht ahnen konnten, war aber, dass in den folgenden Jahren unser Einsatz beinahe wieder zunichte gemacht werden würde, als - wie ein Naturereignis - das Vorhaben einer gefährlichen, von niemandem verstandenen und gewollten, aber mit höchster Autorität ausgestatteten neuerlichen Ausbauvariante der Bundesstraße über uns hereinbrach. Nun ging es gleich wieder um die Existenz der historischen Anlage, deren Bedeutung gerade erst voll ins Bewusstsein gerückt war. In einem jahrelangen, aufreibenden und durch alle Medien gehenden, auch finanziell aufwendigen, aber trotz der großen Unterstützung entsetzter Bürger und Fachbehörden letztlich erfolglosem Kampf, befindet sich die Hofanlage nun in einem völlig anderen Zustand. Als "Sieg der Bürokratie über den Bürgerwillen", wie es bezeichnet wurde, erwiesen sich die Einwände des Heimatvereins Paderborn, des Heimatbundes Wewer, einer weweraner Bürgerinitiative, des Steuerzahlerbundes u.v.m. als völlig wirkungslos und verlorene Zeit vieler engagierter Bürger, deren Meinung niemanden interessierte.
Zwar hat die Hofanlage letztlich trotz vielerlei Blessuren und dilettantischer Bauplanungen überlebt und überlebte auch der Betrieb im Innenhof wider Erwarten, doch bleibt die äußere Verschandelung eine bleibende Erinnerung an geschichts-, landschafts- und kulturvergessene Behördenwillkür. Aber immerhin, Gut Warthe lebt und die Gastwirtschaft mit neuem Wirt blüht mehr denn je.
Nachdem das Gut in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch unglückliche familiäre Umstände der jahrhundertelangen Besitzer-familie Jakobs verloren gegangen war, wurde es schließlich im Jahr 1844 von dem Rittergutsbesitzer Friedrich Carl Freiherr von und zu Brenken, meinem Ururgroßvater, für seinen Sohn Hermann aufgekauft, der sich in der Folge in einem großen Bauprogramm mit Elan der Erneuerung der Gutsgebäude widmete.
Der Name des Gutes Warthe führt zurück auf die Warttürme der mittelalterlichen Landwehr rund um Paderborn, von wo aus die Stadt Paderborn vor feindlichen Angriffen geschützt wurde. Die Landwehr bestand auch bei Gut Warthe aus mehreren undurchdringlichen, mit geknickten Dornensträuchern, den sogenannten Knicks, bewachsenen Wällen und beidseitig angelegten Gräben, die nur an bestimmten Durchlässen zu passieren waren. Das konnten Archäologen bei ihrer Grabung im Jahr 2008 im ehemaligen Gutsgarten nachweisen. Die Lage der ehemaligen Landwehr nördlich von Gut Warthe ist noch heute durch die weithin sichtbare Frühjahrsblüte der Weißdornhecke zu erkennen.
Nachdem der Hellweg als wichtige Handels- und Heerstraße vermutlich seit dem 14. Jahrhundert vom Wartturm aus überwacht worden war, wurde der Turm in preußischer Zeit, in den 1820er Jahren, abgerissen und das Bruchsteinmaterial zum Bau der Stallgebäude des Gutes verwendet. Das Geheimnis seines genauen Standortes ist bis heute ungelüftet und alle Suche während der Ausbauphase der B 1 war erfolglos. Es wurden die unterschiedlichsten Standorte vermutet, wobei mir wegen der kreisförmigen Einzeichnung auf der Karte von 1829/30 von Seite 19 aber am wahrscheinlichsten ein Standort auf dem jetzigen Hofgelände ist, ungefähr bei der alten Eiche und der Informationstafel.
Der Hellweg auf der Höhe von Gut Warthe mit der Lindenreihe, die sich noch ein Stück bis auf die Kuppe fortsetzte. Aufnahme um 1900/1920. Stadtarchiv Paderborn, Sign. 03.03.1.
Ursprünglich hatte sich das Gut Warthe zur Hälfte im Eigentum des Paderborner Domkapitels befunden und je zu einem Viertel im Eigentum des Fürstbischofs und des Abdinghofklosters. Aber auch die Herren von und zu Brenken waren daran beteiligt und hatten dafür vom Wartemeier als "Weinkauf" einen Goldgulden und drei Taler erhalten.
Der Maler dieses Bildes hat der Zeichnung Brand von Seite 11 noch einen beladenen Wagen mit Glaswaren aus Siebenstern bei Bad Driburg beigefügt, der vor dem Reisestall ausgespannt hat, während sich ein Wanderer auf der Straße zum Gast- und Gutshaus und angrenzendem Zollhaus begibt, dessen Schranke geöffnet ist. Ob es sich bei dem Loch in der Leinwand um einen Einschuss aus dem 2. Weltkrieg handelt? (Gemälde wohl 19.Jhdt.).
Im Jahr 1583 wird erstmals ein Johannes Jakobs aus Wewer als Besitzer genannt. Das Gut erlebt nun unter der Familie Jakobs, einer bedeutenden...
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