Schweitzer Fachinformationen
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Volker Gronau
»Ein Beispiel zu geben, ist nicht die wichtigste Art, wie man andere beeinflusst. Es ist die Einzige.«
Albert Schweitzer
Schwierigkeiten zu meistern, wird uns spätestens dann zur Strategie des beruflichen (Über-)Lebens, wenn wir uns täglich auf das Neue besinnen und darauf, welche täglichen Herausforderungen auf uns warten. Wenn jetzt bereits Geschehenes als Beispiel für bestimmte Verhaltensweisen oder Entwicklungen herangezogen wird, ist der erste Schritt, der zum Erfolg führen wird, bereits getan. Erfahrungen bringen uns weiter - gerade und speziell in der Kapitalanlage.
Der nachfolgende Abschnitt beschreibt die Entwicklungen und Hintergründe an den Wertpapiermärkten, speziell der vergangenen vierzehn Jahre. Die beiden grundlegenden Alternativen der Anlagen, wie die Aktie oder das festverzinsliche Wertpapier, wurden dabei in ihren Veränderungen erkundet und einer Dokumentation unterworfen. Um ein besseres Verständnis für die Entstehung zu gewinnen, wurde die Zeit davor ergänzend durchleuchtet. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf das Thema »Inflation« gelegt, die gerade in den letzten zwei Jahren durch die Pandemie und den unsäglichen Krieg in Dimensionen emporschnellte, die selbst nach dem zweiten Weltkrieg nicht gesehen wurden.
Die Geschichte - mit der wirtschaftspolitischen Grundrichtung der Bundesrepublik Deutschland, der sozialen Marktwirtschaft - entwickelte sich aus den verheerenden wirtschaftspolitischen Ergebnissen nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Im Jahr 1921 herrschte eine offene Inflation, nach einer Stabilisierung der damaligen Währung »Mark« brach 1929 eine weltweite Krise aus, die zum Zusammenbruch des internationalen Währungssystems führte. Millionen von Arbeitslosen in aller Welt waren die Folge. 1945 waren der Geldwert und das Geldvermögen in Deutschland wieder zerstört, es herrschte Zwangswirtschaft bei gestoppten Preisen.
Dieser kurze historische Rückblick ist wichtig, da das Thema Inflation (also die Geldentwertung) eine dominierende Rolle in der Präferenz einer Investition einnimmt. Die Angst, Geld zu verlieren, prägt gerade den deutschen Anleger. Die Aversion gegenüber risikobehafteten Geldanlagen ist weltweit stark ausgeprägt, besonders in Deutschland. Aber gerade der Anleger in Sachwerten profitierte durch diese Anlagen, weil sein realer Geldwert erhalten blieb und die Wirren der Weltkriege und Schwankungen der darauffolgenden Jahre vollends erfolgreich überstand.
Die letzten vierzehn Jahre, beginnend ab 2008, aber auch die Dekade von 1998-2008 waren für Anleger extrem herausfordernd. Kaum war die Asien- und Russlandkrise (1997) überstanden beziehungsweise waren die Anleger noch mittendrin, wurden sie durch die LTCM-Pleite (Hedgefonds-Insolvenz) erneut auf die Probe ihres Durchhaltevermögens gestellt.
Unerwähnt darf dabei auch nicht bleiben, dass genau mit dem Beginn des Jahres 1998 der wirtschaftspolitische Meinungskonsens sich auf den Aufbau von Arbeitslosigkeit konzentrierte, zugunsten eines damaligen kleinen Wirtschaftswachstums. Oder mit anderen Worten: Es wurde (erfolgreich) das Wirtschaftswachstum angeheizt durch die Inkaufnahme einer hohen Arbeitslosenzahl. Genauso wie in den Jahren vor der Corona-Pandemie (März 2020) war damals das Hauptanliegen der Politiker, keine Deflation zuzulassen.
Damit hatten die Volksvertreter, damals wie heute und die gesamte Zeit dazwischen, absolut recht. Denn, nichts ist schlimmer einzuschätzen als eine Deflation, also der Rückgang von Preisen, der sich wie eine Spirale nach unten fortsetzt und alles, aber auch wirklich alles, an Gütern und Dienstleistungen nach unten zieht. Dazu auch die Löhne, die Immobilien und die Wertpapierkurse. Wenn diese Abwärtseskalation richtig rotiert, ist es sehr schwer, daraus wieder zu entfliehen. Das unrühmliche Beispiel dazu war die Zeit der großen weltweiten Depression von 1929, über die sechs Jahre des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) bis 1954. Der wohl bekannteste Börsenindikator, der auf reinen Durchschnittswerten basierende Dow Jones Industrial Average fiel bis zum Sommer 1932 um 90 Prozent und warf die Welt in eine Depression, von der sie sich erst ab dem Jahre 1954 wieder anfing zu erholen. Die Erfolge, welche die Aktienmärkte in den USA ihren Anlegern bescherten, waren Renditen pro Jahr von rund 5 Prozent - ohne Berücksichtigung der Dividenden. Denn der Dow Jones ist ein Preisindex, ohne Verrechnung der Dividenden. Im Gegensatz zum Deutschen Aktienindex (DAX), der sofort jede Ausschüttung in die Kursfestsetzung wieder mit anlegt.
Abbildung 1: Dow Jones Industrial Average (1900-1960), Quelle: eigene Darstellung
Die zwei Dekaden von 1960 bis 1980 waren geprägt von einer zunehmend volatilen Seitwärtsbewegung der Aktienmärkte, die ab 1982 (Beginn der Ära Helmut Kohl) eine bis heute währende Aufwärtsbewegung der Dividendentitel vollzieht, mit einem Ertrag pro Jahr von über 9 Prozent. Die Renditen für kurze Laufzeiten (ein Jahr) bewegten sich zwischen -0,95 und 13,40 Prozent (siehe nachfolgende Zinsgrafiken) beziehungsweise minus 0,24 und 11,11 Prozent (zehn Jahre; Langfristzinsen: siehe Chart »Zinsstrukturkurven«) für lange Laufzeiten.
Abbildung 2: Deutscher Leitindex (DAX) 1959-April 2022, Quelle: infront / eigene Darstellung
Es vollzogen sich innerhalb dieser Zeit zwei einschneidende geo- und makropolitische Einflüsse, durch die beiden Ölkrisen (1973 und 1979), welche die Aktienmärkte in starke Turbulenzen brachten und die Zinssätze auf bis dahin noch nie erreichte Niveaus emporschnellen ließen (Geldmarktzins 13 Prozent), von deren Stand sie bis heute im Trend fallen, währenddessen die Aktienmärkte anstiegen.
Abbildung 3: Ölpreis ab 1960 bis heute, Quelle: Statista, OPEC, opec.org
Die Verkettung zwischen dem steigenden Ölpreis und der Ölkrise zeigt das folgende Bild:
Abbildung 4: Ölpreis - Ölkrise - BIP-Index, Quelle: OPEC | Statistisches Bundesamt
Zu sehen sind die Preise für 1 Barrel Öl (WTI, helle Linie) und das Bruttoinlandsprodukt (BIP, dunkle Linie) in Deutschland, wie es mit dem extremen Anstieg des Ölpreises nicht mithalten konnte. Bei beiden Ölkrisen (1973 und 1979) wurde das Angebot verknappt. Der Ölpreis ist heute wieder auf noch höhere Niveaus angestiegen, was bis vor Kurzem kaum möglich erschien. Vergleichbar ist dies mit der damaligen Situation nur bedingt, da seinerzeit (1973 und 1980) die Ölembargos der arabischen Welt verantwortlich waren, dazwischen der »Arabische Frühling« (2010), aber aktuell der Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine. Davor die weltweite Pandemie ab dem ersten Quartal 2020. Die nicht-geopolitischen Gründe liegen in dem Zuwachs der wirtschaftlichen Leistung, dem Bruttoinlandsprodukt. Wenn mehr Güter und Dienstleistungen hergestellt beziehungsweise erbracht werden, nimmt der Verbrauch des Rohstoffes Öl zu. Eine verstärkte Nachfrage ließ dadurch den Ölpreis in den vergangenen Jahren schrittweise steigen. In Verbindung mit neuen Ölfeldern und der Innovation des Frackings (Ölsandgewinnung) konnte dem vermehrten Bedarf nach Öl Rechnung getragen werden. Eine Idee, die jetzt auch in Deutschland diskutiert wird, im Rahmen des Abkoppelns von russischen Öl- und Gaslieferungsabhängigkeiten.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zogen die Zinsen sukzessive an und erreichten mit dem Beginn der ersten Ölkrise ihren ersten Höchststand. Am 13. Juni 2016 waren die zehnjährigen Zinsen zum ersten Mal mit -0,01 Prozent im negativen Bereich angekommen (siehe Pfeil bei Abb. 5).
Abbildung 5: Bundesanleihen Laufzeit zehn Jahre, Quelle: Reuters und eigene Darstellung
Abbildung 6: Zinsstrukturkurven (März 1973-März 2022) Laufzeiten: 1 bis 10 Jahre, Quelle: eigene Darstellung
Die oben angegebenen Zinsstrukturkurven (Abb. 6) dokumentieren diese Entwicklungen der ein- bis zehnjährigen Zinsen, ab März 1973 - dem höchsten Stand der Zinsen nach dem Zweiten Weltkrieg:
Dass das weltweite Zinsniveau an diesem Zeitpunkt (1973) einen historischen Höchststand zeigte, um anschließend nochmals im Jahre 1980 kurzzeitig dorthin zurückzukehren (Zweite Ölkrise), wird durch das obige Schaubild bestätigt.
Wenn wir die Epoche vor Christus ausklammern, bestätigt das nachfolgende Schaubild diese Aussage der historischen Zinshöchststände:
Abbildung 7: Durchschnittliches Zinsniveau (weltweit) über 5.000 Jahre, Quelle: Bank of England, »A History of Interest Rates«, Grafik: »Die Presse«
Diese Höchststände waren jeweils mit einer inversen Zinsstruktur (kurzfristige Zinsen liegen über den langfristigen Zinsen) Hand in Hand gegangen, was wirtschaftlich, respektive auch wirtschaftspolitisch immer mit einer überhitzten Konjunktur oder anderen Anomalien ökonomischer Merkmale zusammenhing, die sich aktuell wieder zu zeigen beginnen.
Der Ölpreis war demnach der Antreiber für die Inflation und konnte nur durch eine Erhöhung der kurzfristigen Zinsen durch die damalige Deutsche Bundesbank zurückgeführt werden. Die Beziehung wird durch die folgende Grafik veranschaulicht:
Abbildung 8: Leitzins und Inflationsrate (Deutschland bzw. Europa), Quelle: Bundesbank, EZB, Statistisches Bundesamt, F.A.Z. und eigene Darstellung
Einen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung der Zinskurve liefert der reale (also der inflationsbereinigte)...
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