Schweitzer Fachinformationen
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Yeeran war nicht allein im Wald. Obwohl sie nichts und niemanden sah, spürte sie ein Kribbeln auf der Haut, als ob sie beobachtet würde.
Es war nun fünf Tage her, dass sie mit Pila Mosima verlassen hatte. Fünf Tage, seit sie davon erfahren hatte, dass die Fae das Halbmondvolk unterstützten.
Und mit jedem verstreichenden Tag sterben mehr Mitglieder meines Volkes durch ihre Hand. Der Gedanke richtete sich zwar nicht direkt an Pila, doch sie reagierte trotzdem.
Furi sagte, sie würden die Faetruppen zurückrufen.
Und wenn wir zu spät kommen?
Yeerans Obeah antwortete nicht, und sie war froh darüber, denn sie durfte nicht länger an das Gemetzel denken, das sie im Bezirk des Abnehmenden Mondes mit Sicherheit erwarten würde.
Sie drangen tiefer in den Wald vor, und Yeerans Unbehagen nahm zu.
Obwohl die Reise durch die Verseuchten Sümpfe beschwerlich gewesen war, schätzte sie sich glücklich, weil ihnen niemand begegnet war. Bis jetzt.
Kannst du jemanden in der Nähe spüren, Pila?
Pila reckte die Schnauze gen lilafarbenen Himmel und schnupperte. Ich rieche nichts.
Für Yeeran hing der Geruch nach Moos und Sumpfwasser in der Luft, aber sie wusste, dass Pilas Nase weitaus mehr wahrnehmen konnte als ihre eigene.
Bist du dir sicher?, hakte Yeeran nach. Ich habe das Gefühl, als würde uns jemand beobachten.
Nur die Tiere und Pflanzen, versicherte Pila ihr.
Die Verseuchten Sümpfe waren eine raue Landschaft mit ebenso vielen giftigen Pflanzen wie Tieren. Der Boden war morastig und verwandelte sich häufig unverhofft unter den Füßen in Treibsand.
Sie betraten eine Lichtung, auf der die Erde fester war. Gesäumt von Zypressen und Eukalyptusbäumen bot sie zumindest etwas Schutz vor dem Wetter. Da sich der Himmel über ihnen verdunkelte, schien mit dem Sonnenuntergang auch der Regen zu kommen, gegen den sie hier einen optimalen Platz zum Übernachten gefunden hatten.
Yeeran glitt von Pilas Rücken und sah sich um. Trotz Pilas Zusicherung ließ ihre Unruhe nicht nach.
Es gab Gerüchte über gewalttätige nomadische Elfen, aber diese Geschichten waren unbegründet und wahrscheinlich nur erfunden worden, um Fellhändlerinnen und -händler abzuschrecken, die versuchten, in diesem gesetzlosen Land Geschäfte zu machen.
Was sind Fellhändlerinnen und -händler?, fragte Pila.
Du weißt doch, dass Obeahfell in den Elfenländern wegen seiner Magie sehr begehrt ist?
Pila erschauderte neben ihr. Ja.
Dunkle Haut wie meine wird Ahnungslosen gern als Obeahleder verkauft. Elfen lassen sich schließlich leichter fangen als Obeah.
Pila winselte. Ich mag deine Haut.
Yeeran streichelte Pilas Fell. Keine Sorge. Ich lasse nicht zu, dass mir jemand wehtut.
Trotz ihrer anhaltenden Bedenken wusste Yeeran, dass die beiden keinen besseren Platz zum Ausruhen finden würden. Sie nahm ihren Rucksack ab und machte sich daran, ihren Schlafsack auszubreiten.
Eine plötzliche Brise wirbelte durch das Geäst und ließ die Blätter der Eukalyptusbäume und Zypressen rauschen. Yeeran schloss die Augen, atmete den Duft ein und versuchte, ihre Nerven zu beruhigen.
Pila legte die Ohren an und reckte den Hals.
Was ist?, fragte Yeeran.
Ich dachte, ich hätte etwas gerochen, aber es ist weg.
Jegliche Gelassenheit, die Yeeran heraufbeschworen hatte, verflog sogleich wieder.
Sie ging in eine tiefe Hocke und schwang ihre Trommel vor sich. Ihre Finger tanzten über die Oberfläche, während sie suchend durch die Bäume spähte.
Krah-rah, krah-rah, krah-rah.
Der Ruf des Vogels hallte auf schaurige Weise über die Lichtung. Yeeran konnte den Vogel nicht bestimmen und wusste daher, dass es ein Signal unter Elfen gewesen sein musste.
Jagende.
Das war die einzige Erklärung. Warum sonst sollte sich eine Gruppe von Elfen an den Rand der Verseuchten Sümpfe wagen? Aufgrund von Überjagung gab es kaum noch Obeah in den Wäldern der Elfenländer, demzufolge waren die Jagenden gezwungen, weiter entfernt nach Beute zu suchen.
Pila scharrte nervös mit den Pfoten. Yeeran streckte den Arm aus und kraulte sie zwischen den Hörnern. Niemand wird uns etwas antun, versicherte sie ihr.
Die Elfen hatten keine Ahnung, dass es ein Band zwischen einem Obeah und der Seele einer Fae gab - tötete man den Obeah, starb auch die Fae. Der Zustand der Faeverbundenheit war ausschließlich den Fae vorbehalten - jedenfalls bis Yeeran und Pila einander gefunden hatten und sie zur ersten Elfe mit Faemagie wurde.
Krah-rah, krah-rah, krah-rah. Das Geräusch wurde immer lauter, zumindest hatte Yeeran diesen Eindruck.
Du musst fliehen, Pila, verlangte Yeeran.
Pila schnaubte. Ich werde nicht von deiner Seite weichen.
Getrennt sind wir weitaus flinker. Wenn sie mich sehen, werden sie nichts weiter tun. Wenn sie dich sehen, werden sie dich töten.
Pila stieß ein tiefes kehliges Knurren aus, als wollte sie sagen: »Sie könnten es ja mal versuchen.«
Yeeran beugte sich vor und drückte ihre Stirn gegen die des Obeah. Sie schob die Hände in das struppige Fell und umarmte Pila. Es war ein seltsames Gefühl, einen Teil der eigenen Seele in den Armen zu halten. Als würde sie einen Spiegel berühren, aber statt Glas Fell und Wärme an den Fingern spüren.
Ich kriege keine Luft mehr, sagte Pila.
Yeeran ließ lächelnd Pilas Hals los. Geh jetzt. Schlag einen großen Bogen um die Lichtung. Wir sehen uns auf der anderen Seite.
Der Obeah verschwand im Unterholz, und sein schwarzes Fell glich kurz den Schatten auf den Farnwedeln, dann war er fort.
Man vergaß rasch, dass Pila ein Geschöpf des Waldes war. Allerdings galt dasselbe für Yeeran, dafür hatte ihr Vater schließlich gesorgt.
Seitdem sich die beiden der Grenze zum Halbmondbezirk genähert hatten, war das Gelände weniger sumpfig, aber immer noch feuchter, als Yeeran lieb war - auf trockenem Boden erzeugte man weniger Geräusche.
Sie bewegte sich in gleichmäßigem Tempo durchs Unterholz und setzte die Füße fast lautlos auf.
»Bei jedem Schritt rollst du den Fuß vom Ballen zur Ferse ab«, hatte ihr Vater sie einst ermahnt. »Und beweg dich schnell. Je schneller der Takt, desto leichter lässt sich der Rhythmus beibehalten.«
Yeeran hatte ihren Vater verehrt, aber er war mit ihrer Entscheidung, sich der Armee des Abnehmenden Mondes anzuschließen, nicht einverstanden gewesen, und sie hatten sich im Streit voneinander getrennt. Dann hat Lettle ihn umgebracht . Der Gedanke ließ Yeeran straucheln, woraufhin sie über eine aus der Erde ragende Wurzel stolperte und auf dem Rücken landete.
Vögel stoben von den Ästen über ihr auf, und Yeeran zuckte bei dem Geräusch zusammen, das sie verursacht hatte. Sie spürte eine Welle der Besorgnis, die aufgrund der Verbindung mit Pila über sie hereinbrach.
Mir geht's gut, ich bin nur gestürzt.
Fall nächstes Mal einfach nicht, erwiderte Pila nüchtern.
Yeeran lag da und spitzte die Ohren, doch der Rhythmus des Waldes blieb unverändert, nur die Vogelstimmen waren verstummt.
Die Sonne ging unter, und die nächtliche Dunkelheit verdichtete sich in den Schatten der Bäume. Yeeran wollte unbedingt Abstand zwischen sich und die Jagenden bringen, bevor sie sich schlafen legte.
Sie wartete noch kurz ab, bevor sie aufstand, als sich plötzlich etwas im Blätterdach über ihr bewegte und sie innehielt.
Es sah zu groß aus, um eine Kreatur der Verseuchten Sümpfe zu sein - die Tierwelt hier bestand hauptsächlich aus Vögeln und Reptilien. Aber dieses Tier hatte lange Arme und Beine, die es weit ausstreckte, als es von Baum zu Baum hüpfte. Yeeran beobachtete die Gestalt und war fasziniert von ihrer Behändigkeit. Ohne Vorwarnung schnellte sie auf einmal am nächsten Baumstamm herunter und auf Yeeran zu.
Yeeran setzte sich auf und legte die Hände an die Trommel, aber es war zu spät. Die Gestalt stand bereits über ihr.
Mit dem Licht des Sonnenuntergangs im Rücken konnte sie gerade mal die weißen Zähne des Mannes sehen, als er sagte: »Hallöchen.«
Yeeran erstarrte. Es dauerte einen Moment, bis ihre Augen ihn richtig erfassen konnten. Sein Grinsen, das sie zunächst für unheimlich gehalten hatte, breitete sich schief und spitzbübisch über seine Wangen aus und ließ ihn jünger aussehen als die vierzig Jahre, die er vermutlich war.
»Hallo«, erwiderte sie unsicher.
»Du scheinst dich verirrt zu haben.« Der Mann reichte ihr eine Hand an, um ihr aufzuhelfen.
Yeeran war sich nicht sicher, warum sie danach griff, aber er hatte etwas an sich, das nicht bedrohlich wirkte.
Das sind die Leute, vor denen man sich am meisten in Acht nehmen sollte, riet Pila ihr aus der Ferne.
Stimmt, antwortete Yeeran.
Yeeran stand auf und strich sich den Staub von der Kleidung.
»Habe ich dich eben von einem Baum herunterklettern sehen?«
Der Mann wippte mit dem Kopf, wobei ihm das blonde Haar über...
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