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Ein ohrenbetäubendes Klicken hallte durch die Höhle und vier weitere Augenpaare richteten ihren Blick auf die goldene Uhr in Serenas Hand. Die Taschenuhr war klein, das Zifferblatt von einer runden, goldenen Kappe verborgen. Nur die Krone am Rand der Uhr hatte etwas herausgeragt, bereit dazu, hereingedrückt zu werden. Sie spürte das leise Vibrieren unter ihren Fingern, ein Rauschen in ihrem Blut. Es war, als würde sie die Zeit selbst in ihren Händen halten. Doch nichts geschah.
Jemand atmete scharf aus. Es musste der Rothaarige gewesen sein, denn er richtete sich auf und straffte die Schultern. "Sie funktioniert nicht", murmelte er an Luziana gewandt.
"Wie auch? Sie hat weder den Schlüssel noch die Kette." Luziana verzog die Lippen zu einem spöttischen Grinsen.
"Aber vielleicht benötigt sie die nur, um ihre gesamte Kraft zu benutzen."
Luziana zuckte mit den Schultern, dann erhob sie die Stimme. Nicht, als ob nicht jeder in der Höhle ihr Geflüster gehört hätte. "Gib uns die Uhr, Prinzessin." Ihre Worte duldeten keinen Widerspruch.
"Lasst sie in Ruhe", knurrte Leander. Serena wusste nicht, wie, aber irgendwie war er ihr näher gekommen. Noch zu weit entfernt, um sie zu berühren, aber nah genug, um sich im Notfall vor sie zu werfen. Nicht, dass er das tun würde . Andererseits. Sie sah seine Hand, fest zur Faust geballt, bereit, sie alle in die Luft zu jagen.
Als hätte er ihren Blick bemerkt, fixierte Leander sie mit seinen dunklen Augen. Eine Frage stand darin, dicht gepaart mit einem entschlossenen Zug um seinen Mund. Ich habe dir ein Versprechen gegeben. Er musste es nicht laut aussprechen. Sie verstand ihn auch so. Leander war bereit, für dieses Versprechen zu sterben. Wenn sie ihnen die Uhr nicht geben wollte, dann würde er ihre Entscheidung unterstützen und ihr Rückendeckung geben. Sein Tod wäre auch der Tod der Korsaren und damit der Tod der Tränen.
Wollte sie das wirklich? Würde Serena die Uhr an Luziana de la Rose weiterreichen, läge eine Waffe in den Händen der Korsarin, die den kommenden Krieg entscheiden konnte. Eine Waffe, die Zirkaria vernichten konnte. Ihre Heimat.
Unwillkürlich umklammerte Serena fester die Uhr in ihrer Hand. Das Metall fühlte sich warm auf ihrer Haut an, glatt und doch mit ein paar feinen Schnörkeln am Rahmen. Wer hätte gedacht, dass sie einmal eine solche Waffe in den Händen halten würde? Sie! Serena Severin. Eine Frau. Die Macht über Zirkaria war weiblich geworden. Das Schicksal der Männer in den Händen einer Frau.
Serena hatte in den letzten Wochen Zeit genug gehabt, um zu bemerken, wie glücklich die Zeit auf den Tränen sie gemacht hatte. Es war paradox. Sie befand sich in einer Gefangenschaft, in der sie sich freier fühlte als in der Welt, in der sie aufgewachsen war.
Dennoch hatte sie daran festgehalten, dass sie sich nicht in den kommenden Krieg einmischen würde. Egal, wie sehr sie die Bräuche von Zirkaria verabscheute. Sie würde nicht ihre Heimat verraten, niemals. Und doch stand sie hier, darüber nachsinnend, ob sie bereit war, den Mann neben ihr für halsstarrige und frauenverachtende Lords zu opfern. Damit ein Regime sich verbreitete, in dem eine Frau zu nicht mehr als der Fortpflanzung diente.
"Gib sie mir", sagte die Korsarin vor Serena noch einmal. Sie streckte ihre Hand aus, die Handfläche auffordernd offen. Auch ohne das Mal zu sehen, wusste Serena, was unter dem roten Tuch an ihrem Handgelenk verborgen war. Die Spuren einer Folter, die Folgen von Verrat. Die Perlenkönigin gebrandmarkt und zerbrochen, für eine Welt, die am Abgrund stand. Serena hätte diese Art der Folter niemals ertragen, nicht für Zirkaria. Nicht für das, was es bedeutete.
"Was geschieht, wenn ich sie Euch gebe?"
"Wir werden Euch am Leben lassen."
Trotzig reckte Serena das Kinn vor. "Ich will mehr."
Luziana de la Rose hob eine Augenbraue und ließ den Arm wieder sinken. "Was wollt Ihr, Prinzessin?"
"Ich will Zirkaria."
Sie hörte Leander neben sich aufkeuchen, drehte sich aber nicht zu ihm um. Serena wusste selbst nicht, wieso sie es laut ausgesprochen hatte oder was dieser Wunsch bedeutete. Warum sie gegen die Prinzipien verstieß, an denen sie die letzten Monate eisern festgehalten hatte.
Vielleicht war es nur ein Reflex oder aus dem Wunsch heraus geboren, nicht kampflos aufzugeben. Aber zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich absolut sicher in einer Sache. Seit Monaten lief sie davon, unglücklich über das Erbe, das sie antreten sollte. Ein Erbe, das keines war. In einem Land, das sie im Inneren ihres Herzens immer noch liebte.
"Ich will Zirkaria", wiederholte Serena, diesmal ganz ohne das Zittern in der Stimme. Sie machte einen Schritt auf Leander zu und umschlang mit ihrer Hand die seine.
Luzianas Augenbrauen wanderten noch weiter nach oben. "Bitte präzisiert", sagte eine andere Stimme. Der Rothaarige war neben die Korsarin getreten und legte ihr behutsam eine Hand auf den Arm, der immer noch den Degen umklammerte. Sanft drückte er ihn hinab, die blauen Augen leuchtend vor Wachsamkeit.
"Was genau möchtet Ihr von Zirkaria?"
"Es reicht nicht, Zirkaria aus Zandun zu vertreiben. Sie werden immer und immer wiederkommen. Das muss Euch bewusst sein. Zirkaria muss sich verändern. Nur so kann das Gift aus der Erde des Nordens verschwinden."
"Und Ihr möchtet Zirkaria verändern?"
"Ich", Serena stutzte, als ihr die Tragkraft ihrer Aussage endlich bewusst wurde. "Ich . ja." Sie nickte und der Rothaarige verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen. Sie kannte dieses Grinsen. Es strahlte keine Freundlichkeit aus, sondern pure Berechnung, wie ein Zwinkern des Todes höchstpersönlich. Das hier war Finnley Morgan, der Bastard.
"Gut." Er streckte seine Hand aus. "Dann gebt uns die Uhr." Kurz zögerte Serena, aber schließlich streckte sie ihren Arm aus und trat einen Schritt nach vorn.
"Halt!" Leander schlug ihren Arm weg und zog sie zurück an seine Seite. "Schwört es", knurrte er.
Wie auf Kommando verfinsterten sich die Gesichter von Luziana und Finnley. Mit schmalem Mund musterte die Korsarin ihren einstigen Liebhaber, betrachtete die schwarzen Striemen, die sich seinen Hals hinaufschlängelten, und das getrocknete schwarze Blut auf seiner Stirn. Ihre Miene blieb dabei für Serena undeutbar.
"Du lebst", stellte die Korsarin fest. Ihre Stimme klang bar jeder Emotion und jagte Serena einen Schauer über den Rücken. Mit Luziana de la Rose zu verhandeln, fühlte sich an wie auf einem Seil zu tanzen, ein falscher Schritt und sie würden unwiderruflich in den Tod stürzen.
"Noch", antwortete Leander gelassen. Zumindest versuchte er, danach zu klingen. Seine Hand um Serenas Taille erzählte eine andere Geschichte.
"Ich hätte nicht gedacht, dass dir Schwüre wichtig sind, Schwurbrecher", sagte der Bastard und trat einen Schritt vor. Er stand leicht vor Luziana, als würde er sich bereit machen, jeden Moment zwischen sie zu springen. Endlich begriff Serena. Finnley Morgan versuchte zu vermitteln, er fürchtete sich vor dem, was Luziana Leander antun konnte.
"Ich bin vielleicht ein Schwurbrecher, Luziana, doch du hast mich zuerst verraten. In der Nacht, in der du von Bündnissen sprachst und uns gleichzeitig beraubt hast. Dir muss bewusst gewesen sein, dass ein solcher Verrat nicht ungesühnt bleibt", zischte Leander.
Die Korsarin verzog keine Miene, sie blickte nur starr auf die Platzwunde an Leanders Stirn.
"Ihr müsst den Fluch aufheben", verlangte Serena schnell. "Das ist meine zweite Bedingung. Nehmt das, was auch immer Ihr mit seinem Blut gemacht habt, zurück."
"Das kann ich nicht."
"Ihr lügt", fauchte Serena.
Luziana schüttelte den Kopf. "Sein Tod liegt nicht in meinem Interesse und das weiß er." Sie nickte Leander zu. "Oder denkst du, dass ich mich auf diese Weise an dir rächen würde?"
"Das ist nicht dein Stil", bestätigte Leander mit zusammengebissenen Zähnen.
Luziana senkte das Kinn und sah Leander tief in die Augen. Es gefiel Serena nicht, wie Leander ihren Blick erwiderte. Die Verbindung zwischen den beiden hing wie ein dünner goldener Faden in der Höhle. Für alle sichtbar, aber bis zum Zerreißen gespannt.
"Ich weiß nicht einmal, ob wir auch sterben werden, sollte das Schwarz dein Herz erreichen."
"Werdet ihr nicht", sagte Leander. "Ihr seid rein, ihr habt den Schwur nicht gebrochen, zumindest nicht auf diese Weise."
Luziana drehte den Kopf weg. Schimmerten da gerade Tränen in ihren Augen?
"Wieso bist du hier, Leander? Du hast nie Interesse an der Uhr bekundet", fragte der Bastard plötzlich. Er schien dieses Talent zu besitzen, genau in den richtigen Momenten in das Gespräch einzuschreiten, bevor es sich in eine Richtung entwickelte, die für sie alle zu schmerzhaft wurde.
"Die Uhr soll mich von deinem Fluch befreien." Er brauchte nicht auf die schwarzen Striemen seiner Haut zu deuten. Der Blick der Korsarin bedeutete jähes Verstehen.
"Ich glaube nicht, dass die Magie der Uhr derartig funktioniert."
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