Schweitzer Fachinformationen
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1. Warum predigen wir überhaupt (noch)?
Was dich erwartet
Dieses Kapitel widmet sich der Predigt, indem es sich mit den theologischen und lebensweltlichen Begründungen für diese Form der Wortverkündigung auseinandersetzt und ihr Potenzial für die Jugendarbeit aufzeigt. Gleichzeitig wird es um die Frage gehen, inwiefern diese Form christlicher Kommunikation für Jugendliche relevant ist. Darüber hinaus werden wir einen Blick auf die Herausforderungen werfen, die durch eine Kultur der Digitalität entstehen, und uns fragen, wie wir darauf reagieren können.
Wieso eigentlich predigen?
Warum sollten wir uns eigentlich mit dem Thema Predigt beschäftigen? Was ist so besonders daran, dass jemand eine Rede vorbereitet und diese dann vor einer meist kleineren Gruppe von mehr oder weniger interessierten Menschen hält? Ist nicht gerade mit Blick auf Jugendliche dieses Format längst überholt? Wäre es heutzutage nicht deutlich sinnvoller, ein Buch darüber zu schreiben, wie man das Evangelium mithilfe der sozialen Medien kommunizieren kann? Man könnte auch einen Podcast zum Thema "Was glauben Jugendliche?" (oder so ähnlich) produzieren. Wäre das nicht hilfreicher? Warum hängt die Kirche so an dieser Form der Kommunikation?
Die Kurzversion der Antwortet lautet: weil Predigt etwas kann, nämlich Menschen mit Gott verbinden. Oder anders gesagt: Gott kann Menschen durch eine Predigt ansprechen. Zumindest haben Menschen das immer wieder erlebt, häufig sogar ohne dass sie es erwartet haben.
Aber eins nach dem anderen: Das erste Kapitel dieses Buches geht der Frage nach, was das Besondere an der Kommunikationsform Predigt ist. Dabei soll es nicht nur um die theologischen Argumente gehen, sondern auch um die praktischen. Und ja, auch die Herausforderungen sollen nicht verschwiegen werden.
Do it!
Such und sammle Argumente:
Wieso wir (immer noch) predigen: Die theologischen Gründe
Um das Potenzial der Predigt zu beschreiben, müssen wir einen kleinen Ausflug in die Dogmatik, also das Nachdenken über unseren Glauben, und in die Schweiz machen. Der Schweizer Theologe und Dogmatiker Karl Barth (1886-1968) hat das Wort Gottes in drei verschiedenen Gestalten entdeckt:
Die grundlegende Größe ist das in und durch Jesus Christus offenbarte Wort Gottes. Am Beginn des Johannesevangeliums heißt es:
"Von Anfang an gab es den, der das Wort ist. Er, das Wort, gehörte zu Gott. Und er, das Wort, war Gott in allem gleich. Dieses Wort gehörte von Anfang an zu Gott. Alles wurde durch dieses Wort geschaffen. Und nichts, das geschaffen ist, ist ohne dieses Wort entstanden. [.] Er, das Wort, wurde ein Mensch. Er lebte bei uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. Es war die Herrlichkeit, die ihm der Vater gegeben hat - ihm, seinem einzigen Sohn. Er war ganz erfüllt von Gottes Gnade und Wahrheit." (Johannes 1,1-3 und 14)
Ganz am Anfang war - Gottes Wort. Der hier im Griechischen verwendete Begriff kann aber nicht nur mit 'Wort' übersetzt werden, sondern auch mit Sache, Logik und Sinn. Das bedeutet, dass in diesem Wort der Sinn bzw. die Logik der Welt zum Vorschein kommt. Aber mehr noch: Dieses Wort Gottes ist Gott in allem gleich. Man könnte auch sagen, dieses Wort Gottes ist Gott selbst. Alles, was Gott geschaffen hat, hat er durch dieses Wort geschaffen. Und dann passiert das Unglaubliche: Gottes Wort wird Mensch. Gott zeigt sich, offenbart sich. Er zeigt sein Gesicht und wird Mensch. Dieser Mensch heißt Jesus von Nazareth und er ist Gottes Wort an die Menschen. Gottes Einladung an uns. Gottes Weg, mit uns Kontakt aufzunehmen. In Jesus begegnet uns Gottes Wort in seiner reinsten und klarsten Form. Er verkörpert Gottes Wesen und Gottes Willen. Der Hebräerbrief beginnt mit dieser Feststellung:
"Viele Male und auf vielfältige Weise hat Gott einst durch die Propheten zu den Vorfahren gesprochen. Jetzt, am Ende dieser Zeit, hat er durch seinen Sohn zu uns gesprochen. Ihn hat er zum Erben von allem eingesetzt. Durch ihn hat er auch die Welt geschaffen." (Hebräer 1,1-2)
Jesus von Nazareth ist also die erste Gestalt des Wortes Gottes und von genau diesem Wort wiederum spricht die Bibel. Sie stellt uns Gottes Wort vor und zeigt uns Jesus, den Sohn Gottes. Dabei läuft alles, was wir im Alten Testament lesen, auf diese Menschwerdung Gottes hinaus.
Werfen wir einmal einen kurzen Blick in die verschiedenen Bücher der Bibel: Schauen wir in die Geschichtsbücher des Alten Testaments, dann begegnet uns Gott dort als Schöpfer und Bündnispartner. Wir lesen von einem liebenden und eifersüchtigen Gott, der einzelne Menschen erwählt und beruft. Aus Einzelnen wird eine Bewegung und schließlich ein ganzes Volk. Die Psalmen zeugen von e inem intensiven und das ganze Leben umfassenden Gespräch zwischen Gott und Menschen. Die Bücher der Propheten wiederum zeugen von Gottes Versuchen, mit seinem Volk Kontakt aufzunehmen, sowie Gottes Protest gegen gesellschaftliche Missstände und soziale Ungerechtigkeit. Immer wieder taucht dabei eine besondere Figur auf: ein von Gott Gesandter und Beauftragter. Einer, der Gottes Willen zeigt und durchsetzt. Im Neuen Testament stellen uns die vier Evangelien dann das Leben und die Botschaft von Jesus vor. Weihnachten und Ostern sind nicht ohne Grund die wichtigsten Feste der Christenheit. Die Apostelgeschichte zeichnet anschließend die Entstehung der ersten Gemeinden nach und die Briefe an die Gemeinden reflektieren das Wunder von Weihnachten und Ostern und ziehen praktische Konsequenzen daraus. Das letzte Buch des Neuen Testamentes zeichnet das Bild einer erneuerten Erde und eines erneuerten Himmels in der Nähe Gottes. Die Bibel - dieses geschriebene Wort - ist die zweite Gestalt des Wortes Gottes an uns Menschen.
In der Predigt bzw. der kirchlichen Verkündigung ist von genau diesem Wort Gottes die Rede, denn eine Predigt legt in der Regel biblische Texte aus. Sie kommuniziert das Wort Gottes, und zwar auf Grundlage und im Austausch mit der Bibel und ihren Geschichten. So verbinden sich in der Predigt die drei genannten Gestalten des Wortes Gottes miteinander: Das verkündigte Wort legt das geschriebene Wort aus und tut dies in der Erwartung, dass das geoffenbarte Wort Gottes - der Auferstandene Jesus Christus - die Menschen anspricht. Somit gehören die drei Gestalten eng zusammen: Die Offenbarung Gottes wird durch die Auslegung der Bibel immer wieder neu erfahren. Das Spannende ist, dass Gott sich eines schlichten Vorgangs bedient: Ein Mensch bereitet einen Vortrag vor, hält diesen vor anderen und mitten in diesem Geschehen spricht Gott die Hörenden an. Das ist das besondere Potenzial der Predigt.
In allen drei Gestalten des Wortes Gottes kann man einen Wesenszug Gottes entdecken: Bescheidenheit und Unaufdringlichkeit. Gott ist sich nicht zu schade, durch einfache, irdisch-menschliche Dinge zu wirken. Er wird Mensch und das mit allen Aspekten und Herausforderungen, die das mit sich bringt. Er spricht durch ein Buch, das Menschen (im Rahmen ihrer Möglichkeiten) geschrieben haben und das tief im Kontext seiner Zeit und Kultur verankert ist. Und schließlich spricht Gott durch Predigten, also durch die Worte von normalen Menschen mit all ihren Grenzen, Vorurteilen, Kurzschlüssen und Irrtümern. Interessant ist nun, dass Gott auch an anderen Orte so handelt: Wenn ein Mensch in einen See steigt oder vor einen Taufstein tritt (bzw. getragen wird). Wenn ein Mensch im Abendmahl Brot isst und Wein oder Saft trinkt. Dann nimmt Gott etwas sehr Konkretes und Einfaches und handelt dadurch an uns Menschen.
Überleg mal für dich selbst:
Was macht eine Predigt zur Predigt?
Eine Predigt geschieht in einem bestimmten Setting, bei dem drei Dinge zusammenkommen:
Michael Giebel (vgl. Giebel 2009: 313-319) spannt dieses Dreieck zu einer Pyramide auf, indem er eine vierte Dimension berücksichtigt: Gottes Wirken in dem Prozess des Predigens, und so wird aus dem Dreieck eine Pyramide (vgl. Abb. 1). Natürlich kann das Handeln Gottes weder herbeigeführt noch vorhergesagt werden. Aber es kann erbeten, erhofft und erwartet werden. In diesem Raum, der sich zwischen den vier genannten Größen aufspannt, ereignet sich eine Predigt. Man kann auch von einem Predigtprozess sprechen.
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