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Die Bischöfin gegen Trump - mit der Predigt zur Amtseinführung
Im Gottesdienst zur Amtseinführung Trumps richtete sich Bischöfin Mariann Budde mit kritischen Worten und der Bitte um Erbarmen direkt an den Präsidenten. Die Mitschnitte ihrer Predigt gingen um die Welt, vielen ist sie zum Vorbild geworden. Hier zeigt sie: Mut und mutiges Handeln sind ein Lebensweg. Anhand zahlreicher Geschichten - von Harry Potter über den Kleinen Prinzen bis zum Lukasevangelium - und persönlicher Erfahrungen beschreibt sie, wie wir uns zu unserem mutigsten Selbst entwickeln können. Mut ist eine Reise, die wir jeden Tag antreten können, davon ist Mariann Budde überzeugt. Im Laufe eines Lebens gibt es entscheidende Momente, in denen wir den einen oder anderen Weg einschlagen. Dabei kann es ebenso um Zivilcourage gehen, wie auch um persönliche, innere Entscheidungen. In sieben Kapiteln zeigt die Bischöfin, wie einzigartig und zugleich universell solche Momente sind und wie wir lernen, mutig zu sein. Es geht um Entscheidungen: zu gehen, zu bleiben, etwas Neues zu beginnen, zu akzeptieren, was wir nicht gewählt haben, sich Herausforderungen zu stellen, mit Enttäuschungen umzugehen und Beharrlichkeit aufzubringen.Man muss kein gläubiger Mensch sein, meint Mariann Budde, um auf die zutiefst menschliche Fähigkeit zu vertrauen, Liebe, Güte und echte Stärke in unser eigenes Leben und in die Welt zu bringen.Mit Vorwort zur deutschen Ausgabe und der kompletten Predigt zur Amtseinführung Trumps
21. Januar 2025
Washington National Cathedral, Bischöfin Mariann Edgar Budde
Jesus sprach: »Wer diese meine Worte hört und sich nach ihnen richtet, wird am Ende dastehen wie ein kluger Mann, der sein Haus auf felsigen Grund baute. Als dann die Regenflut kam, die Flüsse über die Ufer traten und der Sturm tobte und an dem Haus rüttelte, stürzte es nicht ein, weil es auf Fels gebaut war. Wer dagegen diese meine Worte hört und sich nicht nach ihnen richtet, wird am Ende wie ein Dummkopf dastehen, der sein Haus auf Sand baute. Als dann die Regenflut kam, die Flüsse über die Ufer traten, der Sturm tobte und an dem Haus rüttelte, fiel es in sich zusammen und alles lag in Trümmern.«
Als Jesus seine Rede beendet hatte, waren alle von seinen Worten tief beeindruckt. Denn er lehrte wie einer, der Vollmacht von Gott hat - ganz anders als ihre Gesetzeslehrer.[1]
Gemeinsam mit vielen Menschen in den Vereinigten Staaten sind wir heute Morgen versammelt, um als Nation um Einheit zu beten - nicht um politisches oder sonstiges Einvernehmen, sondern um jene Art von Einheit, die über Differenz und Spaltung hinweg Gemeinschaft stiftet, eine Einheit, die dem gemeinsamen Wohl der Gesellschaft dient.
In diesem Sinn ist Einheit die Mindestvoraussetzung, damit Menschen in einer freien Gesellschaft zusammenleben können, sie ist, wie Jesus sagt, der felsige Grund, auf dem in diesem Fall eine Nation gebaut ist. Diese Einheit ist nicht Konformität. Sie ist nicht der Sieg der einen über die anderen. Sie ist nicht lustlose Höflichkeit oder resignierte Passivität. Einheit ist nicht parteiisch.
Nein, Einheit ist eine Form des Zusammenlebens, die Unterschiede einschließt und respektiert, die uns lehrt, unterschiedlichen Einschätzungen und Lebenserfahrungen Gültigkeit und Respekt zu gewähren; die uns in unseren Gemeinden und in den Sphären der Macht befähigt, wirklich füreinander da zu sein, auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind. Diejenigen von unseren Landsleuten, die von Berufs wegen oder als Freiwillige in Zeiten von Naturkatastrophen anderen helfen und sich dabei häufig selbst in große Gefahr bringen, fragen nie, für wen die, denen sie helfen, bei der letzten Wahl gestimmt haben oder was sie über ein bestimmtes Problem denken. Wir zeigen uns von unserer besten Seite, wenn wir ihrem Beispiel folgen.
Manchmal verlangt Einheit Opfer, so wie auch die Liebe verlangt, dass wir uns zum Wohl eines anderen ein gutes Stück opfern. In der Bergpredigt ruft Jesus von Nazareth uns auf, nicht nur unsere Mitmenschen zu lieben, sondern auch unsere Feinde zu lieben und für die zu beten, die uns verfolgen; barmherzig zu sein, so wie Gott barmherzig ist, und anderen zu vergeben, so wie Gott uns vergibt. Jesus setzte sich offen dafür ein, die willkommen zu heißen, die in seiner Gesellschaft als Geächtete galten.
Zugegeben, Einheit in diesem umfassenden Sinn ist ein sehr ehrgeiziges Ziel, und die Bitte darum ist keine Kleinigkeit - eine große Bitte an unseren Gott, die auch uns unser Bestes abverlangt. Allerdings werden unsere Gebete nicht viel bewirken, wenn unser Handeln die Gräben zwischen uns immer weiter vertieft. Die Heilige Schrift gibt klar zu verstehen, dass Gott sich von Gebeten niemals beeindrucken lässt, wenn die Taten nicht von ihnen durchdrungen sind. Auch verschont Gott uns nicht mit den Folgen unserer Taten: Auf sie kommt es letzten Endes mehr an als auf die Worte, die wir beten.
Alle, die wir in dieser Kathedrale versammelt sind, machen uns keine Illusionen über die Realitäten der Politik. Wenn Macht, Reichtum und konkurrierende Interessen im Spiel sind; wenn Meinungen über die Vision für Amerika miteinander in Konflikt stehen; wenn es angesichts einer Vielfalt von Möglichkeiten kompromisslose Überzeugungen und sehr unterschiedliche Einschätzungen darüber gibt, welches Vorgehen das richtige ist, dann gibt es auch Gewinner und Verlierer, wenn Stimmen ausgezählt oder Entscheidungen getroffen werden, die über den Lauf der Politik und die Priorisierung von Ressourcen bestimmen. Es versteht sich von selbst, dass in einer Demokratie die persönlichen Hoffnungen und Träume jedes Einzelnen nicht in einer Legislaturperiode, im Lauf einer Präsidentschaft, ja nicht einmal innerhalb einer Generation erfüllt werden. Und die persönlichen Gebete jedes Einzelnen - für die von uns, die beten - werden nicht alle so erhört werden, wie wir es uns wünschen. Doch es gibt Menschen, für die der Verlust ihrer Hoffnungen und Träume weit mehr darstellt als eine politische Niederlage, nämlich den Verlust von Gleichheit, Würde und Existenzgrundlage.
Ist unter diesen Umständen wahre Einheit unter uns überhaupt möglich? Und warum eigentlich sollte sie uns am Herzen liegen?
Nun, ich hoffe, dass sie uns am Herzen liegt, denn die Kultur der Verachtung, die in unserem Land zur Normalität geworden ist, droht uns zu zerstören.[2] Täglich werden wir alle bombardiert mit Nachrichten aus einem Komplex, den Soziologen neuerdings als »Empörungsindustrie«[3] bezeichnen; diese wird zum Teil von Kräften befördert, denen eine Spaltung Amerikas sehr gelegen kommt. Verachtung befeuert unsere politischen Kampagnen und die Sozialen Medien, und davon profitieren viele. Doch es ist gefährlich, auf dieser Grundlage ein Land zu führen.
Ich bin ein gläubiger Mensch, und ich glaube, dass Einheit in diesem Land mit Gottes Hilfe möglich ist - nicht etwa vollkommene Einheit, denn wir sind unvollkommene Menschen und eine unvollkommene Gemeinschaft -, aber genügend Einheit, damit wir weiterhin an die Ideale der Vereinigten Staaten von Amerika glauben und an ihrer Verwirklichung arbeiten können. Nachzulesen sind diese Ideale in der Unabhängigkeitserklärung, die von der von Geburt an gegebenen Gleichheit und Würde der Menschen spricht.
Und wir tun gut daran, auf der Suche nach Einheit um Gottes Hilfe zu bitten, denn die brauchen wir - vorausgesetzt freilich, wir sind selbst bereit, die Fundamente zu pflegen, von denen Einheit abhängt. Jesus spricht im Gleichnis davon, ein Haus des Glaubens auf dem felsigen Grund seiner Lehre zu bauen und nicht etwa auf Sand; genauso muss das Fundament, das wir für die Einheit brauchen, stabil genug sein, damit sie den vielen Unwettern standhalten kann, denen sie ausgesetzt ist.
Doch welches sind die Fundamente der Einheit? Mit Bezug auf unsere geistlichen Traditionen und Texte sehe ich mindestens drei.
Das erste Fundament der Einheit ist die Achtung der Würde, die jedem Menschen innewohnt, das heißt, und darin sind sich alle hier vertretenen Glaubensrichtungen einig, des Geburtsrechts aller Menschen als Kinder des einen Gottes. Im öffentlichen Diskurs bedeutet Achtung der Menschenwürde, dass man sich weigert, Andersdenkende zu verhöhnen, abzuwerten oder zu dämonisieren, und stattdessen ganz bewusst über unsere Differenzen hinweg respektvoll das Gespräch und wo immer möglich Übereinstimmung sucht. Wo Übereinstimmung nicht möglich ist, verlangt die Würde, dass wir unseren Überzeugungen treu bleiben, ohne die zu verachten, die an ihren eigenen Überzeugungen festhalten.
Ein zweites Fundament für Einheit ist Ehrlichkeit sowohl im privaten Gespräch als auch im öffentlichen Diskurs. Wenn wir zu Ehrlichkeit nicht bereit sind, ist es zwecklos, um Einheit zu bitten, weil unsere Taten dann der Bitte selbst zuwiderhandeln. Eine Zeitlang mögen wir dann den fälschlichen Eindruck von Einheit in einer Gruppe haben, nicht aber die stabile, umfassende Einheit, die wir brauchen, um uns den Herausforderungen, vor denen wir stehen, zu stellen.
Offen gesagt, wir wissen nicht immer, wo die Wahrheit liegt, und heutzutage stellen sich der Wahrheit bestürzend viele Widerstände entgegen. Wenn wir aber wissen, was wahr ist, dann müssen wir diese Wahrheit auch aussprechen, selbst wenn - und besonders wenn - es uns Überwindung kostet.
Eine dritte Grundlage für Einheit ist Demut, die wir alle brauchen, weil wir alle fehlbare Menschen sind. Wir machen Fehler. Wir sagen und tun Dinge, die wir später bereuen. Wir haben unsere blinden Flecken und Vorurteile, und am gefährlichsten für uns selbst und andere sind wir vielleicht, wenn wir ohne einen Hauch von Zweifel überzeugt sind, dass wir absolut recht haben und jemand anderes absolut unrecht. Dann nämlich stehen wir ganz kurz davor, uns selbst als die Guten zu bezeichnen und die anderen als die Bösen.
Denn wir sind alle Menschen und damit zum Guten genauso befähigt wie zum Bösen. Alexander Solschenizyn beobachtete messerscharf, dass »die Linie, die Gut und Böse trennt, nicht zwischen Staaten, nicht zwischen Klassen und nicht zwischen Parteien verläuft, sondern quer durch jedes Menschenherz«.[4]
Je klarer wir uns das machen, desto mehr schaffen wir in uns einen Raum für Demut und Offenheit über unsere Differenzen hinweg; denn im Grunde sind wir einander ähnlicher, als wir es uns klarmachen, und wir brauchen einander.
Es ist vergleichsweise einfach, zu feierlichen Anlässen um Einheit zu bitten. Sehr viel schwieriger ist, sie zu verwirklichen, wenn wir in der Öffentlichkeit mit wirklichen Differenzen zu tun haben. Doch ohne Einheit bauen wir das Haus unserer Nation auf Sand.
Mit einem Engagement für die Einheit, die Differenzen überbrückt und Spaltung überwindet, mit...
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