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BB ist frustriert. Denn das Sexleben mit ihrem sehr attraktiven, aber leider wenig einfallsreichen Mann ist nach vielen Jahren Ehe alles andere als aufregend. Der Alltag, der Stress, die Kinder ... Um wenigstens in der Fantasie ein wenig Prickeln zu erleben, beginnt sie - mit viel Witz und Esprit - Tagebuch über die erotischen Erlebnisse mit ihren Verflossenen zu führen. Was sie nicht weiß: Ihr Ehemann liest heimlich mit, was sie schreibt, und legt sich von da an richtig ins Zeug ...
BBs geheimes Tagebuch
17. August
Knight, Knight, Knight. Wo soll ich überhaupt anfangen, Tagebuch? Als Knights Freundin war ich fast so etwas wie ein Entführungsopfer mit Stockholm-Syndrom. Ich war nicht gefragt worden - Knight entschied, dass ich ihm gehörte, und zu Knight sagte niemand Nein. Aber mit der Zeit ging meine Angst in freundschaftliche Gefühle über, und schließlich liebte ich meinen Entführer sogar, mitsamt seiner psychopathischen Tendenzen.
Knight war ein Skinhead. Oder vielmehr: Knight war der Skinhead - der einzige in unserer wachsenden Vorstadtgegend von Atlanta. Er war so unglaublich zornig, dass ihm keine von den zornigen weißen männlichen Subkulturen an der Peach State Highschool genügte. Die Sportler waren ein bisschen zu gesellig. Die Punks, obwohl ausreichend gewalttätig und vandalös, hatten ein bisschen zu viel Spaß. Die Goths waren bloß Weicheier. Nein, Knights Wut war derart vernichtend, dass ihm nur die Gruppe blieb, deren Image schrie: Wenn du auch nur dieselbe Luft atmest wie ich, werde ich dich den Bordstein fressen lassen, dir den Arm ausreißen und dich damit verprügeln. Weil Knight bei seiner Einschüchterungsmission derart erfolgreich war, bildete er während der Schulzeit eine Ein-Mann-Subkultur.
Ich glaube, sein Zorn entstand schon bei seiner Geburt, als seine Mutter ihm den Namen Ronald McKnight gab. Das war 1981, und wie ich Candi kenne, wollte sie wahrscheinlich den verheirateten Börsenmakler, der sie geschwängert hatte, damit beeindrucken, dass sie das Kind ihrer Liebe nach dem berühmtesten Republikaner benannte, der ihr einfiel. Und ich nehme an, weil der Junge jahrelang von Candis ständig wechselnden gewalttätigen, saufenden und vermutlich verheirateten Freunden wie ein Boxsack behandelt worden war und weil seine Mutter, die die Gesellschaft von Mistkerlen mehr schätzte als die ihres Sohnes, ihm ständig das Gefühl gegeben hatte, eine Last zu sein, und er immer, wenn er mal von zu Hause wegkam, Ronald-McDonald-Witze über sich ergehen lassen musste - wurde im Lauf der Zeit aus Ronald ein Knight und aus Knight ein echter Satansbraten.
Knight hatte das jungenhafte gute Aussehen und den permanent mürrischen Blick von Eminem - helle Haut, fünf Millimeter kurze platinblonde Haare und praktisch durchsichtige Brauen und Wimpern. Die arktisch-blaue Farbe seiner Augen unterstrich seine gespenstisch farblose Erscheinung.
Er war dünn, aber durchtrainiert. Wie ein Straßenkämpfer. Das Gewichtheben absolvierte er mit heiligem Ernst (Fällt den staatlichen Schulen für ihre Schüler wirklich nichts Besseres ein als das?), und er hat der Football-Mannschaft einmal dreihundert Dollar abgenommen, indem er auf der Bank hundertdreißig Kilo stemmte, das Doppelte seines Körpergewichts.
Immer wenn er das erzählte, sagte er nachdenklich: »Es kommt bei einem Kampf nicht darauf an, wie groß der Hund ist, sondern wie viel Kampf in dem Hund steckt.«
Und ich kann dir sagen, es steckte eine ganze Menge Kampf in Ronald McKnight - oder in Skeletor, wie ihn an der Highschool jeder nannte (aber nur hinter seinem Rücken).
Interessant war auch, dass er zwar Skinhead, aber eigentlich kein Rassist war. Ich habe ihn nie irgendwelchen Arierstolz-Blödsinn quatschen hören und habe ihn auch keine Naziinsignien tragen sehen. Hakenkreuze und Eiserne Kreuze besaß er nicht.
Schon damals Psychologin, fand ich es faszinierend, dass er sich mit keinerlei faschistischer Symbolik umgab, und brachte schließlich sogar den Mut auf, ihn danach zu fragen.
Statt den rechten Arm in die Luft zu strecken und »Sieg Heil!« zu brüllen, sah Knight hastig den Flur hinunter, um sich zu vergewissern, dass niemand lauschte, neigte sich dann dicht zu mir, sodass ich seinen Atem am Hals spürte, und flüsterte: »Ich bin eigentlich kein Rassist, ich hasse nur jeden.«
Und ich glaubte ihm. Der Scheißkerl hasste jeden.
Dachte ich jedenfalls.
1996 lebten fünf Milliarden Menschen auf dem Planeten. Ronald »Knight« McKnight hasste 4.999.999.999 davon. Er hasste seine Eltern. Er verachtete seine Freunde. Er schüchterte fremde Leute absichtlich ein. Aber aus einem mir unbekannten Grund beschloss Knight, mich zu mögen. Und der einzige Mensch zu sein, den der furchteinflößendste Junge im Universum mochte, war berauschend.
Bei meiner ersten Begegnung mit ihm war ich in meinem ersten Collegejahr und eine spindeldürre, rehäugige, sommersprossige Schülerin mit schulterlangen, welligen rotblonden Haaren - und total verknallt in den King der Punks, Lance Hightower. Ich hatte mir die Haare immer kürzer und kürzer geschnitten, immer mehr Sicherheitsnadeln an meinen Hoodie und den Rucksack gesteckt und mich stückchenweise an Lance und den Mensatisch herangearbeitet, an dem die Punk-Goth-Junkie-Elite saß und an dem er seit dem ersten Schultag präsidierte. (Wie sich herausstellte, war Lance durch und durch schwul, was ich gern gewusst hätte, bevor ich mir den größten Teil des Kopfes rasiert und mir allerhand Piercings zulegt habe, weil ich ihn um jeden Preis dazu bewegen wollte, mit mir rumzumachen.)
Knight, der zu der Zeit in seinem zweiten Collegejahr war, war automatisch an unserem Mensatisch gelandet. Da es keine anderen Skinheads gab, mit denen er abhängen konnte, adoptierten ihn die Punks gewissermaßen als ihre Hausklapperschlange. Jeden Tag saß er dort mit gerunzelter Stirn und gesenktem Kopf, hielt die Gabel so fest gepackt, dass er sie beinahe verbog, und wenn jemand sich traute, ihn anzusprechen, brummte er: »Fick dich.«
An einem milden Tag Ende September hörte ich zufällig, wie eine Schülerin an unserem Mittagstisch ihrem Freund, der eine Stachelfrisur trug, erzählte, dass Skeletor heute Geburtstag habe. (Keine Ahnung, wieso das jemand wusste. Außer Knight hätte das kurz zuvor durchblicken lassen, um zu beweisen, dass sein Leben noch mieser war als gedacht. Das hätte dann vermutlich so geklungen: »Unfassbar, dass meine verfickte Nuttenmom mir an meinem Geburtstag die Zigaretten klaut und mit ihrem Schwuchteltypen wegfährt. Hey, was glotzt du denn so, Arschloch?«) Also habe ich ihm natürlich bei meinem Gang zur Essenstheke ein Hähnchenbrust-Sandwich gekauft.
Als ich damit breit grinsend an unserem Tisch ankam (ich sollte vielleicht erklären, dass ich immer abstoßend aufgedreht und enthusiastisch war - ich hätte eine exzellente Cheerleaderin abgegeben, wenn ich nicht so nonkonformistisch und ungeschickt gewesen wäre), hielt ich es ihm hin und flötete: »Alles Gute zum Geburtstag!«
Darauf hob Knight seinen mürrischen Blick und fixierte mich mit zwei stechend blauen Laserstrahlen. Reglos stand ich da, als hätte jemand den Film angehalten, und erkannte einen Moment zu spät, dass ich gerade die Klapperschlange gereizt haben könnte.
Während ich mich noch auf einen Schwall Schimpfwörter gefasst machte, sah ich, wie Knights mürrische Dauermiene aufweichte und verschwand.
Seine Stirn glättete sich, die Brauen hoben sich, seine eisigen Augen wurden größer, und seine Lippen öffneten sich zu einem ergreifenden stillen Keuchen. Es war ein herzzerreißender Ausdruck ungläubiger Dankbarkeit. Es war, als ob der Junge, den wir Skeletor nannten, noch nie ein Geschenk bekommen hätte. Fast hörte ich seinen Schutzpanzer zu Boden fallen, als ich in das Gesicht eines verletzlichen, bedürftigen und einsamen Jungen blickte.
Ich konnte nicht sprechen. Hatte vergessen, wie man atmet. Als mir die Lunge brannte, riss ich endlich den Blick von ihm los und holte tief Luft, wobei ich so tat, als bewunderte ich meine neuen weißen Doc Martens (auch so eine Anschaffung, um Lance Hightower zu verführen), aber da war es schon zu spät. In den paar Sekunden hatte ich alles gesehen: ein Leben voller Schmerz, eine Sehnsucht nach Bedeutung und eine Flutwelle von Liebe, die den ersten überschwemmen würde, der mutig oder dumm genug war, zu nah heranzugehen.
Ich dachte, er würde seinen Schutzpanzer wieder anlegen und das mürrische Gesicht wieder aufsetzen - schließlich war es nur ein blödes Sandwich. Aber peinlicherweise und völlig überraschend stand Knight auf, zeigte auf mich und rief: »Deshalb ist BB der einzige verdammte Mensch auf dem verdammten Planeten, den ich überhaupt ausstehen kann! Keiner von euch Arschlöchern hat mir was zum Geburtstag geschenkt!« Nachdem er jeden der erschrockenen pickeligen Außenseiter mit einem mörderischen Blick bedacht hatte, schloss er mit: »Ich hasse euch wie die Pest!«
Skeletor hatte einen Hang zum Dramatischen.
Zu verblüfft, um reagieren zu können, sah ich zu, wie er sich mit der selbstgefälligen, trägen Anmut eines satt gefressenen Löwen auf seinen Stuhl niederließ, offensichtlich zufrieden mit seiner Szene und dem geschockten Schweigen, das in der Cafeteria herrschte. Ich stand als Einzige, und alle Blicke waren auf mich gerichtet, einschließlich Knights, der von einem Ohr zum anderen grinste und mich gierig musterte.
Auf einmal wollte ich mein Geld zurück.
Weißt du, Tagebuch, ich hatte gedacht, ich kaufe lediglich ein Sandwich, und mit ein bisschen Glück habe ich bei dem Typen, der höchstwahrscheinlich beschlossen hatte, uns alle mit einem Kantholz voll rostiger Nägel umzubringen, vielleicht einen Stein im Brett. Mehr nicht.
Ich mochte Knight nicht. Ich wollte nicht mit ihm befreundet sein (sofern eine Freundschaft mit ihm überhaupt möglich war). Er war furchteinflößend und wütend, und ich hatte nur gewollt, dass er minimale Sympathie für mich entwickelt und mich deshalb nicht anschreit oder umbringt. Wer hätte wissen können,...
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