Schweitzer Fachinformationen
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Der Eindringling hielt ihr linkes Handgelenk fest umklammert wie ein Schraubstock. Claire wusste nicht, wie lange sie noch durchhalten würde. Panik stieg in ihr auf. Sie wollte schreien, aber sie hatte keine Luft dafür.
Nach ihrem harten Aufprall auf dem Boden war ihr die Luft weggeblieben, doch sie hatte ausgeholt und den Angreifer mit der Kante ihres Handys an der Stirn getroffen. Er hatte gegrunzt und sie für einen Moment losgelassen.
Sie hatte nach Luft geschnappt, war aufgesprungen und zur Vordertür gelaufen. Gerade als sie den Riegel zurückgeschoben hatte, war er schon wieder hinter ihr gewesen und hatte sie abermals zu Boden gerissen. Jetzt saß er auf ihrem Bauch, fixierte mit der rechten Hand ihr Handgelenk am Boden und drückte ihr den linken Unterarm auf die Kehle, sodass ihr erneut die Luft wegblieb.
»Du bist tot, Claire«, sagte er. Seine dunklen Augen brannten Löcher in ihre. »Deine Zeit ist um.«
Claire tastete mit der rechten Hand über den Boden, auf der Suche nach etwas, das sie als Waffe verwenden konnte. Tränen liefen an ihren Schläfen entlang, vor ihren Augen tanzten dunkle Flecken.
Ihre Hand ertastete den Garderobenständer aus Holz und Schmiedeeisen. Mit dem letzten Rest Kraft zog sie daran. Das Möbelstück schwankte wie ein Baum in einer Windböe. In dem panischen Wissen, dass sie jede Sekunde das Bewusstsein verlieren konnte, riss sie erneut daran. Endlich stürzte die schwere Garderobe um, dem Mann, der auf ihr saß, auf den Rücken.
Er schrie auf, sein Arm glitt von ihrer Kehle. Der ersehnte Sauerstoff strömte in ihre Lungen. Ihr Angreifer schob die Garderobe von sich und rappelte sich auf, eine Hand an den Kopf gepresst. Fluchend und wüste Drohungen ausstoßend, stolperte er rückwärts.
Claire rang nach Luft, als jemand gegen die Tür hämmerte. »Polizei! Aufmachen! Claire, hier ist Nolan. Bist du in Ordnung?«
Nolan Tanner.
»Claire, antworte mir, sonst trete ich die Tür ein!«
Unfähig, ihrer schmerzenden Kehle einen Laut zu entringen, rappelte Claire sich auf die Knie und drehte den Türknauf, fiel jedoch sofort wieder auf die Seite. Jeder einzelne Muskel schrie vor Schmerz.
Die Tür schwang auf, Nolan trat ein und hinter ihm - Derek St. John? Sie blinzelte und atmete hörbar ein.
»Claire!« Nolan kniete sich neben sie.
Sie rollte sich auf die Seite und deutete in die Richtung, in der der Angreifer verschwunden war. »Schnapp ihn«, flüsterte sie. »Schnell.« Ihre Kehle tat unbeschreiblich weh.
Nolan sprang auf. »Bleib bei ihr und ruf einen Rettungswagen.«
»Bin schon dabei«, sagte Derek und schilderte dem Notdienst die Lage. Anschließend setzte er sich neben Clair und strich ihr sanft das Haar aus dem schweißnassen Gesicht. »Halt durch, Claire. Es kommt gleich jemand.«
Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie biss sich auf die Lippen, um nicht zu schluchzen. Sie würde jetzt nicht zusammenbrechen. Außerdem konnte sie gar nicht weinen, ihr Hals tat viel zu sehr weh. Sie war in Sicherheit. Alles war gut. Er war fort. Sie lebte. Unablässig gingen ihr die Sätze durch den Kopf und so drangen Dereks Worte erst langsam in ihr Bewusstsein.
». und jetzt ist alles in Ordnung.« Er schwieg, dann sagte er: »Claire?«
»Was?«, krächzte sie.
Er half ihr, sich aufzusetzen, und zog sie sachte an sich, sodass sie den Kopf gegen seine Brust legen konnte. »Besser so?«
Sie nickte erschöpft. Jetzt, da sie wieder atmen konnte, kehrte langsam ihre Kraft zurück. Als sie Schritte hinter sich hörte, riss sie den Kopf hoch, doch Derek umfasste sie fester. »Es ist nur Nolan.«
Sie ließ sich wieder gegen ihn sinken.
»Tut mir leid, Claire.« Nolans tiefe Stimme klang angespannt. »Er ist entkommen.«
»Kannst du stehen?«, fragte Derek.
»Ich werde es versuchen.«
Derek richtete sie auf. »Lass dir Zeit.«
»Ich gehe besser hinaus«, krächzte sie. »Mein Haus ist ja ein Tatort.«
»Natürlich.« Derek stützte sie.
Eine innere Gewohnheit drängte sie, ihn abzuweisen. Claire war immer stolz darauf gewesen, dass sie alles allein schaffte. Doch nun konnte sie sich nicht dazu überwinden, die Hilfe abzulehnen. Sie hatte Derek zwar versichert, dass sie stehen konnte, aber ob sie auch gehen konnte, war sie sich nicht sicher. Mit Dereks Unterstützung schaffte sie es zum Rettungswagen, der inzwischen vor der Tür wartete.
»Ms Montgomery?«, empfing sie der ältere Mann im Rettungswagen. »Ich bin Dr. Grant Williams. Lassen Sie sich mal ansehen.«
Claire setzte sich auf die Krankenliege. Er untersuchte ihre Kehle. »Er hat ihnen die Luft abgedrückt, nicht wahr?«
»Mit seinem Unterarm«, bestätigte sie. Ihre Stimme klang wie ein Reibeisen.
»Kein schönes Gefühl.«
Sie schnaubte zustimmend. Er ging zu ihren Augen über. »Keine Anzeichen für eine subkonjunktivale Blutung.« Nach einer eingehenden Untersuchung und zig Fragen, die Claire ihm beantworten musste, seufzte er. »Es ist nichts gebrochen oder gequetscht, aber Sie haben einige Blutergüsse. Ich empfehle Ihnen, die Stellen während der nächsten vierundzwanzig Stunden zu kühlen. Und reden sie so wenig wie möglich.«
»Was ist mit Flüstern?«, flüsterte sie.
»Wenn es sein muss, aber aufschreiben wäre besser.«
Claire stöhnte.
»Wer war der Typ, Claire?«, fragte Derek. »Kanntest du ihn?«
Derek. Sie hatte ganz vergessen, dass er noch da war. Sie sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn noch nie gesehen.«
»Sprechen Sie lieber nicht«, mahnte der Arzt und legte ihr eine Sauerstoffmaske über das Gesicht. »Die behalten Sie erst mal noch eine Weile.« Dann wandte er sich kurz ab und als er sich wieder umdrehte, hatte er einen Block und einen Stift in der Hand, die er ihr reichte. »Das muss genügen, bis Sie Ihr Handy wiederhaben. Heutzutage schreibt man sich ja sowieso eher, als sich anzurufen.«
Sie musste unter ihrer Maske lachen, dann schrieb sie: »Ich hasse schreiben.«
Er las es und schüttelte den Kopf. »Wenn Sie meinen. Damit stehen Sie aber ziemlich allein da.«
Dr. Williams nickte Derek zu, Claire blickte zur Decke des Rettungswagens. Plötzlich holte die Realität sie mit erdrückender Schwere ein. Jemand hatte versucht, sie umzubringen, und wenn Nolan und Derek nicht so schnell gekommen wären, wäre es ihm gelungen.
Das Problem war, dass Sie keine Ahnung hatte, wer sie überfallen hatte - und warum.
Der Arzt hatte gemeint, sie solle die Nacht lieber zur Beobachtung in der Klinik verbringen. Claire hatte anfangs protestiert, dann aber nachgegeben.
Derek hatte wissen wollen, ob er jemandem Bescheid geben sollte, doch sie hatte den Kopf geschüttelt und geschrieben: »Nein, ich habe keine Familie.«
Diese fünf Wörter waren wie ein Schlag in seinen Magen gewesen, härter als von der härtesten Faust. Nun saß Derek neben dem Krankenhausbett, den Blick fest auf Claire gerichtet. Er war seit gestern Abend bei ihr, auch wenn sie das gar nicht mehr mitbekommen hatte, weil sie sofort eingeschlafen war und die ganze Nacht wie ein Stein geschlafen hatte. Wie konnte er sie allein lassen?
Müde legte er den Kopf in seine Hände. Dann rieb er sich die Augen. Ein Klopfen an der Tür ließ ihn sofort wieder aufblicken.
»Hi«, begrüßte er Nolans Frau Kallie und sprang auf die Füße. Er hatte nicht gewusst, dass Kallie und Claire Freundinnen waren, aber es war naheliegend. Claire arbeitete an den Tatorten in Tanner Hollow natürlich eng mit Nolan zusammen, da konnte man sich leicht vorstellen, dass sie und Kallie Freundinnen geworden waren.
»Was machst du hier? Nolan hat gesagt, sie sei ganz allein«, flüsterte Kallie.
Bevor er antworten konnte, erklang vom Bett her Claires Reibeisenstimme: »Hallo? Was ist hier los?«
Derek und Kallie traten zu ihr und Claire sah von einem zum anderen.
»Du hast mich gerettet«, stellte sie an Derek gewandt fest.
»Nolan und ich sind im richtigen Augenblick gekommen«, antwortete er.
»Danke«, brachte sie heraus. Ihr Blick glitt zu Kallie hinüber. »Schöne Blumen, danke, Kallie.«
Kallie legte sie auf den Tisch neben dem Waschbecken. »Ich dachte, dass sie dir vielleicht gefallen. Wie fühlst du dich?«
»Merkwürdig. Müde.«
»Sie haben dir was gegeben«, sagte Derek. »Du hast ein Weilchen geschlafen.«
»Ich finde es immer noch unnötig, dass ich über Nacht bleiben sollte«, sagte sie und räusperte sich vorsichtig. »Wann kann ich gehen?«
»Wenn der Arzt es erlaubt«, sagte Kallie.
Derek nickte zustimmend.
Claire sah ihn stirnrunzelnd an. »Was machst du eigentlich in Tanner Hollow? Ist das große Columbia in South Carolina dir langweilig geworden?« Sie hustete.
Er lachte, auch wenn er beim Gedanken an den Grund seiner Anwesenheit hier innerlich das Gesicht verzog. »Ich habe einfach einen Tapetenwechsel gebraucht«, sagte er und hielt es für das Beste, möglichst unverbindlich zu bleiben.
»Hm.« Sie kniff die Augen zusammen. »Warum habe ich das Gefühl, dass mehr dahintersteckt?«
Er räusperte sich. »Dein Gefühl ist richtig, aber das erzähle ich dir ein andermal.« Konnte sie ihn wirklich so leicht durchschauen?
Vor ungefähr einem Jahr hatten sie fast eine ganze Nacht mit Reden in einem Waffelrestaurant verbracht. Claire war damals zu einer einwöchigen Konferenz über die Sicherung von Tatorten nach Columbia gekommen. Er hatte ihr eine Frage gestellt und sie hatte vorgeschlagen, zusammen zu essen, was damals jedoch lediglich der Tatsache...
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