Schweitzer Fachinformationen
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Kallie blieb nicht stehen, als sie die Bäume erreicht hatte. Sie wand sich geschickt durchs Gebüsch, aufmerksam lauschend, aber ohne ihr Tempo zu verringern. Sie musste durch den Wald hindurch, musste den Weg zum Haus finden.
Das Geräusch von Schritten hinter ihr ließ ihren Puls in ungeahnte Höhen schnellen.
Wenn er sie erwischte, bevor sie .
Nein. Sich erwischen zu lassen, kam nicht infrage. Sie warf einen raschen Blick zurück, konnte jedoch außer Schatten nichts erkennen.
Und doch war er da.
Warum? Was hatte sie getan, dass irgendjemand ihr offenbar unbedingt etwas antun - oder sie sogar umbringen wollte?
Ein Zweig schlug ihr ins Gesicht. Der Schmerz fuhr wie ein Messer durch ihre Wange. Sie zuckte zusammen, ignorierte es dann aber.
Sie erreichte einen großen Baum mit mächtigem Stamm und versteckte sich hinter ihm, um wenigstens ein bisschen zu Atem zu kommen. Durch ihr Lauftraining und das Training im Fitnessstudio ihrer Firma war sie zwar gut in Form, aber im Moment machte ihr die Angst zu schaffen und schwächte sie. Die eisige Kälte ließ sie zittern. Solange sie gerannt war, hatte sie nicht allzu sehr gefroren. Sie rang nach Luft und lauschte ängstlich auf das Geräusch von Schritten.
Nichts.
Auch kein Knacken von Zweigen, das angedeutet hätte, dass er ihr folgte.
Sie holte noch einmal tief Luft und wollte weiterlaufen, blieb dann aber wie angewurzelt stehen. Was, wenn er ebenfalls wartete und lauschte? Unentschlossen verharrte sie, wie gelähmt vor Angst. Doch je länger sie so stand, desto kälter wurde ihr.
Wenn sie doch nur ihr Handy hätte! Was sollte sie tun? Weiterlaufen oder stehen bleiben?
Ein Licht flackerte auf. Es bewegte sich nach rechts und links und kam langsam näher. Dann hörte sie ein leises Knacken - seine Schritte. Er kam näher. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie beobachtete ihn und sah, dass er jeden Baum am Weg genau ableuchtete.
Sie musste es riskieren. Sie trat zurück auf den Weg und lief, so schnell sie konnte, wobei sie versuchte, sich so geräuschlos wie möglich zu bewegen.
Er hörte sie trotzdem.
Und seine Schritte wurden schneller.
Kallie verstärkte ihre Anstrengung. Nur noch ein kleines Stückchen. Dann war sie da. Sie brach durch das Unterholz ins Freie und schluchzte erleichtert auf, während sie auf ihr Elternhaus zustolperte.
In dem Moment legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Sie fuhr herum, schlug fest mit ihrer Hand nach der Hand auf ihrer Schulter, traf auf weiches Fleisch über harten Knochen. Ihr Angreifer stöhnte auf und stieß einen Fluch aus. Seine Finger packten ihren Oberarm. Wieder schrie sie auf.
Seine andere Hand griff nach ihrer Kehle.
Drückte zu.
Sie bekam keine Luft mehr.
Sie zog abrupt das Knie hoch und traf ihn am Oberschenkel. Er fuhr zurück, doch sein Griff lockerte sich nicht. Kallies Nägel gruben sich in die Hand, die das Leben aus ihr herauspresste. Er zuckte zusammen und seine Finger gaben kurz nach.
Als Kallie nach Luft schnappte, ging die Außenbeleuchtung neben der Hintertür an und blendete sie für einen Moment.
»Ist da jemand?«
»Hilfe!«, presste Kallie heraus, dankbar, dass das Wort tatsächlich mehr als ein Flüstern war.
»He! Was ist da los?«
Sie schlug erneut um sich. Diesmal traf sie mit ihrer Stiefelspitze sein Schienbein. Er stolperte fluchend zurück. Sie fiel zu Boden, ihr Angreifer floh.
»Hier ist die Polizei! Wer ist da?«
Jetzt erkannte sie die Stimme. Nolan? Nolan Tanner? Kallie stemmte sich hoch, sie schluckte schwer. »Ich bin's, Kallie.« Ihre Stimme klang rau, heiser, aber sie war hörbar. »Er haut ab! Er entkommt!«
Nolan eilte die Stufen hinunter. »Kallie? Wer haut ab?«
»Der Typ, der versucht hat, mich umzubringen.« Sie machte Anstalten, ihrem Verfolger hinterherzulaufen.
»Kallie, warte!«
Er folgte ihr - womit sie gerechnet hatte. Nolan hatte nicht sehen können, was sich außerhalb des Lichtkegels abgespielt hatte. Jetzt, da er hinter ihr war - und bewaffnet, fühlte sie sich mutiger.
Kallie stürmte zurück, zwischen die Bäume, doch dann blieb sie stehen. Sie hatte kein Licht, in der tintenschwarzen Dunkelheit konnte sie nicht das Geringste erkennen. Er konnte praktisch überall lauern, hinter jedem Baum.
Sie stand ganz still und lauschte, doch sie hörte nur Nolans Schritte. Jetzt hatte er sie eingeholt. »Was geht hier vor? Wer hat versucht, dich umzubringen? Und warum?«
»Ich kenne ihn nicht«, flüsterte sie. »Hast du ihn gesehen?«
»Ich habe etwas gesehen, ja.«
»Sein Auto steht auf der Straße, auf der anderen Seite des Wäldchens. Er ist auf mein Auto draufgefahren, hat versucht, mich von der Straße abzudrängen, aber das ist ihm nicht gelungen. Ich konnte weglaufen.«
Nolan löste sein Handy vom Clip an seinem Gürtel und forderte Unterstützung an. Währenddessen spähte sie angestrengt in den Wald hinein und versuchte, einen Lichtschein oder eine Bewegung auszumachen, die bewiesen, dass ihr Angreifer noch in der Nähe war.
Nolan beendete den Anruf und schaltete die Taschenlampe seines Handys ein. »Hilfe ist unterwegs. Bist du okay?«
Kallie nickte bestimmt. »Ja.« Adrenalin schoss noch immer durch ihre Adern.
»Zeigst du mir, wo das passiert ist?«
»Hier.« Sie trat vor ihm auf den Waldpfad und verfolgte den Weg, den sie genommen hatte, zurück. Sie gelangten sehr viel schneller zur Straße, als sie erwartet hatte. Ein paar Sekunden bevor sie aus dem Wald auf den Asphalt hinaustraten hörte sie einen Motor aufheulen.
»Das ist er. Er fährt weg!« Kallie rannte los, Nolan ihr dicht auf den Fersen.
Kallies Auto stand noch da, doch das Auto ihres Angreifers war fort, als sie die Stelle erreichten. Sie hatten ihn um wenige Sekunden verfehlt.
Sie schauderte, ein Zitteranfall packte sie. Sie schlang die Arme um ihren Körper, um sich vor der Kälte zu schützen.
Nolan legte ihr seine Hand auf die Schulter. »Wo ist dein Mantel?«
»Im Auto, auf dem Rücksitz. Ich hatte keine Zeit, ihn mitzunehmen. Und mein Handy auch nicht.«
»Komm, wir holen ihn. Du frierst.« Er ging zur linken Hintertür des Autos, nahm ihren Mantel heraus, kehrte zu ihr zurück und legte ihn ihr um die Schultern. Zitternd schlüpfte sie in die Ärmel und ließ sich von der Wärme einhüllen. Sie nahm die Handschuhe aus der Tasche und zog sie an.
»Und jetzt?«, fragte sie.
»Du hast gesagt, der Typ ist auf dein Auto aufgefahren?«
»Draufgeknallt trifft es eher. Zwei Mal. Von hinten.«
Er ging zum Heck ihres Autos und untersuchte den Schaden im Licht seines Handys. »Hat dich ziemlich erwischt, wie's aussieht.«
»Leider.« Das Zittern ließ allmählich nach. Die Tatsache, dass sie in Sicherheit war, ließ ihren Adrenalinspiegel allmählich sinken.
Erst jetzt konnte sie den Mann, der sie gerettet hatte, richtig ansehen. Nolan Tanner. »Was hast du im Haus meiner Mutter gemacht?«
Er richtete sich auf. »Das ist eine lange Geschichte. Lass mich noch einen Anruf machen, dann bringe ich dich nach Hause und erkläre dir alles.«
Er wählte eine andere Nummer und gab der Person am anderen Ende der Leitung ihre dürftige Beschreibung des Autos durch, das versucht hatte, sie von der Straße zu drängen. »Haltet die Augen offen nach einem Auto, an dem ihr Spuren eines Zusammenstoßes finden könnt. Wenn ihr einen entdeckt, zieht ihn raus und nehmt ihn fest. Ich verhöre ihn dann.« Er beendete den Anruf und nickte Kallie zu. »Gut. Schaffst du es, nach Hause zu fahren oder soll ich mich hinters Steuer setzen?«
»Es wird nicht anspringen. Wie vorhin auch.«
»Versuch es.«
Kallie stieg ein und versuchte zu starten. Nichts. Sie seufzte. »Ich glaube, die Batterie ist leer.« Das war auch wahrscheinlich der Grund gewesen, warum sie nicht rechtzeitig hatte losfahren können.
Er griff erneut nach seinem Handy. Sie hörte, wie er jemanden nach einem Abschleppwagen fragte und sagte, dass er morgen früh zur Garage kommen wolle. »Soll ich jemanden rufen, der uns zum Haus bringt? Nötig wäre es nicht, den Unfall kann ich aufnehmen. Aber wenn du den Weg nicht zu Fuß schaffst, rufe ich einen Kollegen.«
»Nein, ich kann gehen.« Hoffte sie jedenfalls. »Aber ich brauche meinen Koffer, meine Handtasche und mein Handy.«
Er holte den Koffer aus dem Auto und stellte ihn auf den Boden; sie griff währenddessen nach dem Handy und ihrer Handtasche, die vor dem Beifahrersitz auf dem Boden lagen. Wahrscheinlich waren sie hinuntergerutscht, als der andere Wagen sie gerammt hatte.
»Du hast offenbar nicht vor, länger zu bleiben, wenn das alles ist, was du dabeihast«, sagte Nolan.
»Ich reise immer mit leichtem Gepäck. Und ich bin sehr gut im Packen. Da ist genügend drin für fünf oder sechs Tage und schließlich kann ich die Sachen ja auch waschen.«
»Beeindruckend.«
Seine Sachlichkeit und die Belanglosigkeit dieser Unterhaltung war Balsam für ihre vibrierenden Nerven. Als frisch zugelassene Anwältin war sie es gewöhnt, unter stressigen Bedingungen zu arbeiten. Es gelang ihr eigentlich immer, die Ruhe zu bewahren, doch diese Situation hier . war etwas ganz anderes. Irgendjemand hatte sie als Opfer auserkoren und ihr einen Heidenschreck eingejagt.
Und dann Nolan Tanner.
Sie hatte gedacht, wenn sie ihn je wiedersehen sollte, würde er sie hassen. Die Tatsache, dass er freundlich, besorgt, ja sogar herzlich war, überraschte sie.
Er sah sie lange und forschend an. Lange...
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