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Monsieur de Troisville, wie seine Familie in der Gascogne noch hieß, oder Monsieur de Tréville, wie er sich selbst in Paris schließlich nannte, hatte wirklich gerade so wie d'Artagnan angefangen, nämlich ohne einen Heller, aber mit jenem Grundstock an Kühnheit, Witz und Verstand, der bewirkt, dass der ärmste gascognische Krautjunker mehr an Hoffnungen zum väterlichen Erbteil erhält, als der reichste Edelmann des Perigord oder Berry in Wirklichkeit empfängt. Sein unverschämter Mut und sein noch viel unverschämteres Glück in einer Zeit, wo die Schläge wie Hagel fielen, hatten ihn auf die Höhe der schwer erklimmbaren Leiter gehoben, die man Hofgunst nennt und von deren Sprossen er immer vier auf einmal erstiegen hatte.
Er war der Freund des Königs, der, wie jedermann weiß, das Andenken seines Vaters Heinrich IV. sehr in Ehren hielt. Der Vater des Monsieur de Tréville hatte ihm in seinen Kriegen gegen die Liga so treu gedient, dass er ihm in Ermangelung von barem Geld - etwas, das dem Béarner sein ganzes Leben lang abging, denn er bezahlte seine Schulden stets mit dem einzigen Ding, das er nicht zu entlehnen brauchte, mit Witz -, dass er ihm in Ermangelung von barem Geld, wie gesagt, nach der Übergabe von Paris die Vollmacht verlieh, einen goldenen Löwen im roten Feld mit dem Wahlspruch Fidelis et fortis als Wappen zu führen. Das war zwar viel für die Ehre, aber wenig für sein Vermögen. Als der berühmte Gefährte des großen Heinrich starb, hinterließ er also seinem Herrn Sohn als einziges Erbe seinen Degen und seinen Wahlspruch. Dieser doppelten Gabe und dem fleckenlosen Namen, von dem sie begleitet war, hatte Monsieur de Tréville seine Aufnahme unter die Haustruppen des jungen Fürsten zu verdanken, wo er sich seines Schwerts so gut bediente und seiner Devise so treu war, dass Ludwig XIII., einer der besten Fechter seines Königreichs, zu sagen pflegte: Wenn er einen Freund hätte, der sich schlagen wollte, so würde er ihm den Rat geben, zum Sekundanten zuerst ihn selbst und dann Monsieur de Tréville oder vielleicht sogar diesen an erster Stelle zu nehmen.
Ludwig XIII. hegte eine wahre Anhänglichkeit an Tréville, eine königliche Anhänglichkeit, eine selbstsüchtige Anhänglichkeit allerdings, darum aber nicht weniger eine Anhänglichkeit. In dieser unglücklichen Zeit strebte man mit aller Macht danach, sich mit Männern vom Schlag Trévilles zu umgeben. Viele konnten sich den Beinamen fortis geben, der die zweite Hälfte seiner Devise bildete, aber nur wenige Edelleute hatten Anspruch darauf, sich Fidelis zu nennen, wie der erste Teil hieß. Tréville gehörte zu Letzteren; er war einer von den seltenen Menschen mit dem gehorchenden Verstand des Hundes, dem blinden Mut, dem raschen Auge, der schnellen Hand, ein Mann, dem das Auge nur gegeben schien, um zu sehen, ob der König mit jemandem unzufrieden war, und diesen jemand, einen Besme, einen Maurevers, einen Poltrot de Méré, einen Vitry niederzuschlagen. Tréville hatte bis jetzt nur die Gelegenheit gefehlt, aber er lauerte darauf, er hatte sich gelobt, sie beim Schopfe zu ergreifen, sobald sie in Reichweite wäre. Ludwig XIII. machte Tréville zum Hauptmann seiner Musketiere, die in Bezug auf Ergebenheit oder vielmehr Fanatismus für ihn dasselbe waren wie seine Leibwache für Heinrich III. und seine schottische Garde für Ludwig XI.
Der Kardinal wiederum blieb diesbezüglich nicht hinter dem König zurück. Als dieser zweite oder vielmehr erste König von Frankreich die eindrucksvolle Elitetruppe sah, mit der sich Ludwig XIII. umgab, wollte er ebenfalls eine Leibwache haben. So bekam er seine Musketiere, wie Ludwig XIII., und man sah diese beiden mächtigen Nebenbuhler in allen Provinzen Frankreichs und sogar in auswärtigen Staaten die berühmtesten Kampfhähne ausheben. Auch stritten sich Ludwig XIII. und Richelieu oft, wenn sie abends eine Partie Schach spielten, über die Meriten ihrer Bediensteten. Jeder lobte den Mut und die Haltung der seinigen, und während sie sich laut gegen Zweikämpfe und Händel aussprachen, stachelten sie dieselben ganz in der Stille gegeneinander auf, und die Niederlage oder der Sieg ihrer Leute bereitete ihnen wahren Kummer oder maßlose Freude. So erzählen es wenigstens die Memoiren eines Mannes, der bei einigen dieser Niederlagen und vielen dieser Siege beteiligt war.
Tréville hatte seinen Herrn bei dessen schwacher Seite gepackt, und dieser Geschicklichkeit verdankte er die lange und beständige Gunst eines Königs, der nicht den Ruf großer Treue in seinen Freundschaften hinterlassen hat. Mit einem verschmitzten Lächeln ließ er seine Musketiere vor dem Kardinal Armand Duplessis paradieren, wobei sich der graue Schnurrbart Seiner Eminenz vor Zorn sträubte. Tréville verstand sich vortrefflich auf den Krieg dieser Zeit, in der man, wenn man nicht auf Kosten des Feindes leben konnte, auf Kosten seiner Landsleute lebte; seine Soldaten bildeten eine gegen jedermann, nur gegen ihn nicht, unbotmäßige Legion lebendiger Teufel.
Aufgelöst, betrunken, mit Schmissen im Gesicht, so sah man die Musketiere des Königs oder vielmehr Monsieur de Trévilles in den Schenken, auf den Straßen, bei öffentlichen Lustbarkeiten, wo sie grölten und sich ihren Schnurrbart strichen, ihre Degen klirren ließen, aus lauter Mutwillen den Leibwachen des Kardinals Rippenstöße versetzten und unter tausenderlei Scherzen am helllichten Tag auf offener Straße vom Leder zogen; sie wurden zuweilen getötet, aber sie wussten gewiss, dass man sie in diesem Fall beweinte und rächte; öfter töteten sie selbst, aber sie wussten ebenso gewiss, dass sie nicht im Gefängnis verschimmeln würden, denn Monsieur de Tréville war da, um sie herauszuholen. So wurde das Loblied des Monsieur de Tréville auch in allen Tonlagen von diesen Männern gesungen, die den Satan nicht fürchteten, vor ihm aber zitterten wie Schüler vor ihrem Lehrer, seinem geringsten Wort gehorchten und stets bereit waren, sich töten zu lassen, um sich von einem Vorwurf reinzuwaschen.
Monsieur de Tréville hatte sich anfangs dieses mächtigen Hebels für den König und die Freunde des Königs, dann für sich selbst und für seine Freunde bedient. Übrigens findet man in keinem Memoirenwerk dieser Zeit, die so viele Memoiren hinterlassen hat, dass dieser würdige Edelmann, nicht einmal von seinen Feinden - und er hatte deren so viele unter den Männern der Feder wie unter denen des Degens - nirgends, sagen wir, findet man, dass dieser würdige Edelmann angeklagt worden wäre, er habe sich für die Mitwirkung seiner fanatischen Anhänger bezahlen lassen. Bei einem seltenen Talent für Intrigen, das ihn auf dieselbe Stufe mit den größten Intriganten stellte, war er ein ehrlicher Mann geblieben. Noch mehr, trotz der großen Stoßdegen, die lendenlahm machen, und der angestrengten Übungen, die ermüden, war er einer der galantesten Boudoirläufer, einer der feinsten Verehrer der Damenwelt, einer der geschraubtesten Schönredner seiner Zeit geworden; man sprach von Trévilles Liebesglück, wie man zwanzig Jahre zuvor von Bassompierre gesprochen hatte, und das wollte etwas heißen. Der Hauptmann wurde also bewundert, gefürchtet und geliebt, und dies bildet wohl den Höhepunkt menschlicher Glücksumstände.
Ludwig XIV. verschlang mit seiner weiträumigen Ausstrahlung alle kleinen Gestirne seines Hofes, sein Vater aber, eine Sonne pluribus impar, ließ jedem seiner Günstlinge seinen persönlichen Glanz, jedem seiner Höflinge seinen eigentümlichen Wert. Außer dem Lever des Königs und dem des Kardinals zählte man damals in Paris mehr als zweihundert einigermaßen besuchte Levers. Unter den zweihundert kleinen Levers war das von Tréville eines derjenigen, zu denen man sich am meisten drängte.
Der Hof seines in der Rue du Vieux-Colombier gelegenen Hauses glich einem Lager, und dies von morgens sechs Uhr im Sommer und von acht Uhr im Winter. Fünfzig oder sechzig Musketiere, die sich hier abzulösen schienen, um stets eine imposante Zahl darzustellen, gingen beständig in völliger Kriegsrüstung und zu jedem Tun bereit umher. Auf einer der großen Treppen, auf deren Raum unsere moderne Zivilisation ein ganzes Gebäude errichten würde, stiegen die Bittsteller von Paris, die irgendeine Gunst zu erhaschen suchten, auf und ab; ferner die Edelleute aus der Provinz, deren höchster Wunsch war, ins Korps aufgenommen zu werden, und die in allen Farben verbrämten Lakaien, die die Botschaften ihrer Gebieter an Herrn von Tréville überbrachten. Im Vorzimmer ruhten auf langen, kreisförmigen Bänken die Auserwählten, das heißt diejenigen, die berufen waren. Das Gesumme dauerte vom Morgen bis zum Abend, während Monsieur de Tréville in seinem an dieses Vorzimmer angrenzenden Kabinett Besuche empfing, Klagen anhörte, seine Befehle erteilte und, wie der König auf seinem Balkon im Louvre, sich nur an das Fenster zu stellen hatte, um Menschen und Waffen Revue passieren zu lassen.
An dem Tag, an dem d'Artagnan sich hier einfand, war die Versammlung äußerst imposant, besonders für einen Provinzbewohner, der eben erst aus seiner Heimat anlangte; dieser Provinzbewohner war allerdings Gascogner, und damals besonders standen d'Artagnans Landsleute nicht im Ruf, sich so leicht einschüchtern zu lassen. In der Tat, sobald man einmal durch die starke, mit langen viereckigen Nägeln beschlagene Tür gelangt war, geriet man unmittelbar mitten in eine Truppe von Männern...
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