Schweitzer Fachinformationen
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Melissa Dance hatte zwei Tics.
»Geht es Ihnen gut, Miss Dance?«
Immer wenn sie extrem angespannt war, zuckte ihr rechtes Augenlid. Dieser Reflex löste dann den zweiten Tic aus, eine unwillkürliche Kopfbewegung - und ihr Kinn begann zu zucken, was ihre Umgebung an guten Tagen von dem Unsinn ablenkte, den ihr Augenlid veranstaltete.
»Möchten Sie ein Glas Wasser?«
Heute war kein guter Tag.
Es war die Handschrift. Sie wirkte auf ihre Muskeln wie ein Betäubungsmittel, nur Augenlid und Kinn bewegten sich weiter, eigenwillig und nervtötend. Ihr Mund hingegen blieb starr.
Nicht ein Wort kam ihr über die Lippen.
Melissa nahm ein Haargummi aus ihrer Hosentasche und band sich einen Pferdeschwanz. Der große Mann ihr gegenüber, der sich als James Hall vorgestellt hatte, goss ihr Wasser ein und schob das Glas zusammen mit dem Buch auf ihre Seite des imposanten Mahagonitisches. Zweifellos fühlte er sich unbehaglich.
Er schien die ganze Zeit auf ihr Auge zu starren. Oder bildete sie sich das nur ein? Dann legte er plötzlich los und redete, viel zu schnell, über die Anweisungen seiner Klientin. Wie genau die seien. Seine Klientin habe ihm erklärt, er müsse mit großer Betroffenheit rechnen, dennoch habe er, im Rahmen der Vereinbarung natürlich, die Pflicht, sie - Melissa Dance - davon zu überzeugen, das Buch an sich zu nehmen. Und sich für diese Entscheidung bitte so viel Zeit zu lassen, wie sie brauche.
Genau so lauteten seine Anweisungen.
Immer noch zuckte ihr rechtes Augenlid, und sie brachte immer noch kein Wort heraus.
Mr. Hall räusperte sich. Er setzte hinzu, seine Klientin habe ihn gedrängt, Melissa bei diesem ersten Zusammentreffen zu versichern, dass dieses Buch ihr Trost spenden, ihr ein Ratgeber sein solle. Das Buch enthalte nicht so viele Rezepte im eigentlichen Sinne, sondern eher Rezepte fürs Leben. Es seien auch Briefe und Fotos darin. Ob sie ihm folgen könne?
Melissa starrte wieder auf den Buchdeckel. Sie schaute so angestrengt, dass sich beide Augen, das zuckende und das nicht zuckende, jetzt mit Tränen füllten.
Die Handschrift. Die schwarze Tinte.
Der Haupttitel REZEPTE war fett vorgedruckt, doch ihr Name war mit der Hand hinzugefügt worden, und Melissa hatte die Handschrift sofort erkannt. Sie blickte in eine Ecke von Mr. Halls Büro und konnte sie dort sitzen sehen, an dem alten Schreibtisch in der Ecke ihres Schlafzimmers. Den Füller in der Hand, schrieb sie in ihrer schönen, schrägen Schrift mit glänzender schwarzer Tinte.
. für Melissa.
Mr. Hall rutschte auf seinem Stuhl herum und fragte, ob er das Buch wieder in den Umschlag stecken solle. Im Kopf antwortete Melissa, das sei ihr egal, doch sie hatte keine Ahnung, ob sie die Worte auch aussprach. Wie auch immer, Mr. Hall verstaute das Buch wieder in dem wattierten Briefumschlag und reichte es ihr.
Ohne Zweifel wusste er, von wem das Buch war. Und Melissa wusste es auch.
Es war die schräge, unvergessliche Handschrift ihrer Mutter.
Ihrer Mutter, die sie seit siebzehn Jahren nicht mehr gesehen hatte .
Grannys Cupcakes
1/4 Pfund Mehl und die entsprechende Menge Backpulver
1/4 Pfund Butter
1/4 Pfund Puderzucker
2 aufgeschlagene Eier
abgeriebene Schale einer Orange (sehr wichtig! . Erinnerst du dich?)
Den Ofen auf 180 Grad vorheizen. Butter und Zucker cremig rühren. Langsam die Eier hinzufügen (sie müssen Zimmertemperatur haben, sonst verbinden sie sich nicht). Nach und nach das Mehl hinzugeben und die Orangenschale unterrühren. Den Teig in Förmchen füllen. 15 bis 20 Minuten im Ofen backen.
Ein großartiges Rezept von Granny . entschuldige bitte die altertümlichen Mengenangaben!
(Die Cupcakes schmecken auch wunderbar mit einer Frischkäsecreme + ein paar Erdbeeren oder noch mehr Orangenschale. Für die Creme Frischkäse und weiche Butter zu gleichen Teilen mischen, dann Puderzucker hinzufügen, bis die Masse die richtige Konsistenz hat und angenehm süß ist. Entschuldige, dass ich so vage bin.)
Ach, mein liebes Mädchen. Du wirst schockiert sein. Stimmt's? Schon während ich dieses erste Rezept und ein Foto in das Buch klebe, kann ich deine Bestürzung spüren.
Ich bin pausenlos auf und ab gelaufen, der Papierkorb ist bis oben hin voll mit zusammengeknüllten Blättern. Immer wieder habe ich von vorn angefangen. Ich habe Angst, es nicht richtig zu machen. Ich will unbedingt das Richtige schreiben.
Ehrlich gesagt bin ich jetzt so nervös geworden, dass ich befürchte, heute ist nicht der rechte Tag, um das Buch anzufangen. Aber was soll ich sonst tun? Es auf morgen verschieben? Oder auf übermorgen?
Immer wenn ich so aufgedreht bin, habe ich diesen wirklich nervigen Tic. Mein Augenlid zuckt. Das ist sehr peinlich und völlig lächerlich. Jetzt zuckt es gerade. So was Dummes. Ich nehme mir ständig vor, das mal vom Augenarzt anschauen zu lassen. Dein Vater behauptet steif und fest, dass er es nicht sehen kann, dass es niemand außer mir bemerkt, doch ich kann das kaum glauben. Ich komme mir deswegen schon wie eine Irre vor. Verstehst du, das sind genau die Dinge, über die ich mit dir, auf dem Bett liegend, reden würde, ein Gespräch unter Erwachsenen, hätte ich nur die Gelegenheit dazu bekommen. Und genau darum tue ich das hier, ich schreibe dir.
Wie auch immer.
Ich habe aufgehört, Blätter in den Papierkorb zu werfen. Keine Überarbeitungen mehr. Ich werde einfach nur . weitermachen. Meine Gedanken aufschreiben, wie sie mir durch den Kopf schießen. Während ich hier sitze und darüber grübele, ob ich das Buch vielleicht an einem falschen Tag begonnen habe, kann ich dich nur inbrünstig bitten, Melissa, doch erst einmal tief durchzuatmen. Verzeih mir, dass ich dich so erschreckt habe, und lass dich - möglichst unvoreingenommen - auf das Buch ein. Und versuch zu verstehen, warum ich so lange gewartet habe, um mit dir auf diese Weise zu sprechen.
Ich weiß schlicht und einfach nicht, was ich sagen kann, um dich zu trösten. Außer dass es sich, zumindest für mich, richtig anfühlt, was ich getan habe.
Dass ich gewartet habe, meine ich.
Ich beginne dieses Buch am 17. August 1994. Du wirst besser als ich wissen, was das bedeutet. Fairerweise muss ich dir gestehen, dass dein Vater und ich uns in dieser Sache überhaupt nicht einig sind. Damit meine ich jetzt nicht das Buch, denn davon weiß er nichts. Ich meine alles andere.
Du musst mir nicht sagen, was für ein fabelhafter Mann er ist. Ich habe keine Angst, dich in seinen liebevollen Händen zu lassen. Doch auch er steht unter Schock, und noch weiß er nicht, dass er ganz wunderbar ohne mich zurechtkommen wird.
Er will, dass wir eine »Erinnerungskiste« machen und zur Familienberaterin gehen. Irgendeine Beratungsstelle, wo es Bärchen und Ballons gibt. Ich weiß, das sind alles Experten, sie haben studiert, sie sind alle sehr, sehr klug und sie meinen es furchtbar gut, aber das ist einfach nicht mein Weg. Wenn du das Buch gelesen hast, wirst du wissen, wie furchtbar starrsinnig ich sein kann.
Ich habe beschlossen, dass du nicht das Geringste über den ganzen Mist erfahren sollst, der zurzeit mein Leben bestimmt. Du bist acht Jahre alt - du schläfst in deinem Prinzessinnenschlafanzug im Nebenzimmer, das Feenkostüm achtlos auf den Boden geworfen. Ich kann dir das einfach nicht antun.
Ich möchte noch etwas Zeit mit meiner süßen Tochter haben, mir in meinem und deinem Leben etwas Schönes bewahren, einen Ort, wo ich so tun kann, als würde alles wieder gut werden, ganz und gar.
Ist das egoistisch? Womöglich. Wahrscheinlich ist es das. Ich weiß nicht, wie du später darüber denken wirst. Aber wäre es wirklich weniger schmerzhaft gewesen, wenn du es gewusst hättest? Wenn du vorgewarnt gewesen wärst?
Max ist davon überzeugt. Vielleicht wirst du das auch so sehen.
Falls es so ist, wird ein »Tut mir leid« nicht reichen.
Aber mein Gefühl sagt mir, dies ist mein Weg, die für mich beste Art und Weise. Ich kann nicht für andere sprechen, und ich möchte die Beratungsstellen und die Menschen, die etwas anderes empfehlen, nicht kritisieren. Vielleicht haben sie recht. Vielleicht auch nicht.
Aber auch wenn ich alles falsch gemacht habe und du total böse auf mich bist, dann bitte wandere doch wenigstens - im Zweifel für die Angeklagte - mit mir zusammen durch diese Erinnerungsbilder und diese Gedanken. Und wenn nicht jetzt, dann sehr bald.
Bitte tu das für mich.
Ich habe darüber nachgedacht, ob ich es dir sagen, dich ein klein wenig darauf vorbereiten soll. Doch gestern Abend sah ich dich an, als du schliefst - so wunderschön und friedlich -, und ich dachte: wozu? Du wirst bestürzt sein und traurig und wütend, egal, ob du es vorher wusstest oder nicht. Wenn ich es dir jetzt schon sage, wirst du nur früher traurig sein.
Egal. Es ist zu spät. Ich kann es nicht mehr ändern.
Deshalb mache ich dieses Buch für dich. Eigentlich wollte ich nur Rezepte von meiner Mutter und meiner Großmutter aufnehmen, die ich an dich weitergeben möchte. Sie sind nicht besonders ausgefallen oder aufwendig. Es sind einfache, solide Speisen, die ich früher mit meiner Mutter zubereitet habe und sie wiederum mit ihrer - und die du, so hoffe ich, eines Tages mit deinen Kindern kochen und backen wirst. Die Mengen wirst du umrechnen müssen. Ich fand es ganz schön, sie in den alten Maßeinheiten zu belassen. Dann kam mir die Idee, neben jedes Rezept ein Foto von dir und mir beim...
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