Schweitzer Fachinformationen
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London, 1938. Während sich England zunehmend auf einen drohenden Krieg vorbereitet, steht auch das renommierte Nightingale Hospital vor einer ungewissen Zukunft - die Evakuierung scheint unausweichlich. Oberschwester Kathleen versucht, den jungen Schwestern Halt zu geben, obwohl sie selbst um ihre berufliche und persönliche Zukunft bangt. Auch Schwester Helen trägt schwer an ihrem Verlust: Seit Charlies Tod hat sie kaum Hoffnung auf neues Glück - bis ein gutaussehender Fremder in ihr Leben tritt. Doch ist seine Zuneigung echt oder riskiert Helen, erneut verletzt zu werden?
An einem eiskalten Dezembermorgen im Jahre 1914 versammelten sich die siebzehnjährige Frannie Wallace und die restlichen Bewohner eines Dorfs in den Penninen auf einem frostklirrenden Bahnsteig, um ihre Angehörigen zu verabschieden, die in den Krieg zogen.
Die junge Frannie erkannte die Männer kaum in ihren ungewohnten, kakifarbenen Uniformen und mit den Seesäcken, die sie über der Schulter trugen. Väter, Ehemänner und Söhne umarmten ihre in Tränen aufgelösten Ehefrauen und Kinder und lächelten, als ob dies alles gar nicht so schlimm wäre.
»Na, komm schon, Liebes. Kopf hoch! Es wird nicht lange dauern, dann bin ich wieder hier.«
»Bis Weihnachten bin ich wieder da, du wirst schon sehen. Wir werden nicht lange brauchen, um diesen Hunnen den Garaus zu machen!«
»Vergiss nicht, mir zu schreiben, wenn das Baby da ist, ja?«
Mitten auf dem Bahnsteig stand Matthew und lachte und scherzte mit seinen Freunden. Es war so kalt, dass ihr Atem kleine weiße Wölkchen bildete. All diese jungen Männer hatten sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet. Frannie fiel es schwer zu glauben, dass sämtliche Jungs aus ihrer Klasse schon in ein paar Tagen in Frankreich sein würden, um für ihr Land zu kämpfen.
Das galt besonders für Matthew. Er sah so jung und unerfahren aus mit seinem kurz geschnittenen dunklen Haar. Immer wieder stampfte er mit seinen glänzenden neuen Stiefeln auf, um seine Füße aufzuwärmen. Frannie kamen die Tränen, aber sie blinzelte schnell, weil sie ihm versprochen hatte, nicht zu weinen.
Seine Mutter und seine Schwestern hielten sich dagegen nicht an ihr Versprechen. Alice Sinclair schluchzte, während sie mit zitternden Fingern am Kragen ihres Sohns herumzupfte und seinen Uniformrock glatt strich.
Matthew schob sie ungeduldig beiseite. »Hör auf damit, Ma. Oder willst du, dass die anderen Jungs mich auslachen?«
Alice ignorierte ihn. »Hast du alles?«, fuhr sie fort. »Hast du an die Schokolade und die dicken Socken gedacht, die ich dir gegeben habe?«
»Lass ihn in Ruhe, Alice«, sagte Matthews Vater, dessen heisere Stimme verriet, wie bewegt er war. »Wenn der Junge alt genug ist, um in den Krieg zu ziehen, ist er auch alt genug, um für sich selbst zu sorgen!«
Natürlich trieb das seiner Frau erneut die Tränen in die Augen. Frannie konnte sich nicht vorstellen, was Alice ohne ihren geliebten, einzigen Sohn tun würde. Selbst ihre drei Töchter wussten, dass er ihr Liebling war und sie abgöttisch in ihn vernarrt war.
Aber eigentlich liebte jeder Matthew, allen voran sie selbst.
Frannie blickte sich um und plötzlich bemerkte sie auch John, der wie üblich ein wenig abseits von den anderen stand und das Geschehen um sich herum still und aufmerksam beobachtete. John war mit dreizehn Jahren aus dem örtlichen Waisenhaus zum Arbeiten auf den Sinclair-Hof gekommen, und so waren er und Matthew gute Freunde geworden. Mit seinen achtzehn Jahren war John inzwischen schon ein großer, stattlicher Mann, der die anderen noch jünger und kindlicher erscheinen ließ.
Er hatte niemanden, der ihn verabschiedete, niemanden, der um ihn herumsprang, und dennoch stand er stolz und mit einem Ausdruck trotziger Gleichgültigkeit ein wenig abseits von den anderen da.
Frannie ging zu ihm hinüber. »Alles klar, John?«, fragte sie ihn und lächelte.
Er drehte sich zu ihr um und riss sich die Mütze von seinem kurz geschnittenen Haar. »Miss Wallace?«
»Frannie«, erinnerte sie ihn. »Ich bin nur die Tochter eines Lehrers. Sie brauchen mich nicht anzusprechen, als wäre ich selbst die Lehrerin!«
Sie bereute es, ihn geneckt zu haben, als sie die Röte sah, die ihm in die Wangen stieg. »Entschuldigung«, murmelte er.
Der junge Mann tat Frannie so leid, dass sie ihm die Tafel Schokolade gab, die eigentlich für Matthew gedacht gewesen war. »Hier, die ist für Sie, John.«
John sah die Schokolade und dann wieder Frannie an. »Sind Sie sicher?«, fragte er. »War sie nicht für Matthew?«
»Er hat schon mehr als genug.« Frannie blickte den Bahnsteig hinunter zu ihrem Liebsten, der immer noch versuchte, sich aus der Umarmung seiner Mutter zu befreien. »Passen Sie für mich auf ihn auf, ja?«, entfuhr es ihr plötzlich ganz ungewollt.
»Machen Sie sich keine Sorgen, ich werde darauf achten, dass er nicht auf dumme Gedanken kommt.«
Frannie lächelte betrübt. »Was keine leichte Aufgabe sein wird, da Matthew sich leider überall in Schwierigkeiten bringt.« Ihr schnürte sich die Kehle zu, sodass sie kaum noch sprechen konnte. Nicht weinen, sagte sie sich. Bloß nicht weinen!
»Sie können sich auf mich verlassen«, versprach John ihr mit feierlicher Miene.
»Und denken Sie daran, auch auf sich selber aufzupassen«, sagte Frannie, als sie sich wieder so weit gefasst hatte, dass sie sprechen konnte.
John scharrte mit der Spitze seines Stiefels über den frostbedeckten Boden. »Bei mir spielt das keine Rolle«, murmelte er.
»Nein, das ist nicht wahr.« Frannie überkam plötzlich heftiges Mitleid mit diesem Jungen aus dem Waisenhaus, der niemanden hatte, der sich um ihn sorgte. Aus einem spontanen Einfall heraus griff sie in ihre Tasche und holte das einzig Wertvolle zum Vorschein, das sie besaß. »Hier«, sagte sie und reichte es ihm.
Er starrte auf den grauen Stein in seiner Hand. »Was ist das?«
»Ein Kieselstein, den ich auf dem Kinder Scout im Peak Distrikt gefunden habe. Er ist mein Talisman, und vielleicht bringt er ja auch Ihnen Glück?«
John lachte nicht, so wie Matthew es getan hätte. Aus diesem Grund hatte sie auch Bedenken gehabt, ihm den Stein zu geben. Er hätte sie ganz sicher nur ausgelacht und ihr gesagt, dass er kein Glück brauchen würde.
John dagegen sah sie an, als ob sie ihm gerade einen der Kronjuwelen überreicht hätte. Seine klaren grünen Augen suchten ihren Blick. »Danke«, sagte er und steckte den Stein in die oberste Tasche seiner Uniformjacke. »Ich werde ihn stets in Ehren halten.«
Die Lokomotive stieß ein jähes Fauchen und eine Dampfwolke aus, die sie für einen Moment lang einhüllte. Die Luft war erfüllt von dem öligen Geruch brennender Kohlen, als der Bahnsteigwärter mit seiner Trillerpfeife einen schrillen Pfiff ausstieß.
»Alles einsteigen!«
Plötzlich drängten alle auf die Türen des Zuges zu. Frannie drehte sich um und lief den Bahnsteig wieder hinunter, gerade noch rechtzeitig, um Matthew einsteigen zu sehen.
»Matthew?«, rief sie, aber ihr Ruf ging in dem lauten Stimmengewirr unter. Entschlossen drängte sie sich durch die Menschenmenge bis zum Rand des Bahnsteigs, wo sie sich für einen Moment in dem beißenden Dampf der Lokomotive verlor.
Aber sehr zu ihrer Erleichterung erschien Matthew dann an einem der offenen Fenster und beugte sich zu ihr hinaus. »Da bist du ja!«, sagte er und schaute grinsend zu ihr herab. »Ich dachte schon, du hättest mich vergessen.«
»Wie könnte ich dich vergessen?« Als sie die Hände hob, um seine zu ergreifen, fing sich das schwache winterliche Sonnenlicht in dem Diamant an ihrem Verlobungsring und ließ ihn aufblitzen. Es überraschte Frannie immer noch, ihn an ihrer Hand zu sehen, da noch kein ganzer Tag vergangen war, seit Matthew ihn ihr an den Finger gesteckt hatte.
Kaum zu glauben, dass sie sich gestern noch wie das glücklichste Mädchen auf der Welt gefühlt hatte. Und nun .
Panik ergriff sie. »Ich habe Angst, Matthew«, flüsterte sie. »Ich wünschte, du müsstest nicht weggehen.«
»Ach, ich werde bald wieder zu Hause sein. Du wirst schon sehen!«
Frannie blickte zu seinem lächelnden Gesicht auf. Wie sicher er immer war! Nicht auf eine arrogante Weise, aber seine klaren kupferbraunen Augen glänzten vor dem Selbstvertrauen eines Menschen, der bisher nicht einen Moment des Selbstzweifels gekannt hatte. Es war eines der Dinge, die sie an ihm liebte, und gerade jetzt wünschte sie mehr denn je, sie hätte auch nur ein Fitzelchen von seinem Selbstbewusstsein, um sich Mut zu machen.
»Du wirst mir doch jeden Tag schreiben?«
»Frannie! Ich gehe dorthin, um zu kämpfen, und nicht, um Liebesbriefe zu schreiben!« Er lachte über ihre bestürzte Miene. »Schau mich nicht so besorgt an, Fran. Tu mir den Gefallen und lächle mal. Ich will nicht, dass dein langes Gesicht das Letzte ist, was ich hier sehe!«
»Entschuldige.« Sie bemühte sich um ein Lächeln, aber ihre Lippen zitterten.
»Ach, komm her.« Er beugte sich noch weiter vor und nahm ihr Gesicht in seine Hände, um sie lange und innig zu küssen. Frannie hörte das Gejohle und den Applaus um sie herum und trat verlegen einen Schritt zurück.
»Matthew!«, sagte sie errötend, als sie all die Gesichter sah, die sie beobachteten.
»Ich darf das ja wohl. Wir sind verlobt.« Matthew hob ihre Hand an seine Lippen und küsste den Diamant an ihrem Ring. »Warte auf mich«, sagte er. »Ich verspreche dir, als Held zurückzukehren, und dann werden wir heiraten.«
»Für mich musst du nicht als Held zurückkehren. Komm einfach nur wohlbehalten zu mir zurück!«
Matthews Antwort ging in dem schrillen Pfeifen der Lokomotive unter.
Der Bahnsteigwärter kam auf sie zu und schwenkte seine Flagge, als unsichtbare Hände Frannie vom Rand des Bahnsteigs zurückzogen, während der Zug sich langsam in Bewegung setzte.
Als er aus dem Bahnhof hinausfuhr, lehnten sich alle Männer aus den Fenstern und winkten wie verrückt. Frannie erhaschte noch einen kurzen Blick auf John, der am...
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