Schweitzer Fachinformationen
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Was ist schlimmer? Gejagt zu werden oder niemals gefunden zu werden?
Heather Berriman, genannt Bird, ist eine Frau auf der Flucht. Gerade noch war sie in einer Besprechung in ihrem Büro in Birmingham - und in der nächsten Minute muss sie ihren Job, ihr Zuhause, ihr Leben hinter sich lassen. Es ist der Tag gekommen, mit dem sie gerechnet und auf den sie sich vorbereitet hatte. Aber nichts konnte sie auf das vorbereiten, was als Nächstes passieren würde.Während Bird versucht herauszufinden, wer hinter ihr her ist, muss sie sich entscheiden, wem sie noch vertrauen kann.
Von Alaska aus sind es keine dreißig Schritte bis zu den Aufzügen - ich gehe rasch, aber ruhig und zähle: dreiundzwanzig. Der Flur vor unseren Büros ist leer. Ein Glück, denke ich, denn als ich in der Sitzung Kieron beobachtet habe, war eine meiner Sorgen: Sie könnten schon draußen sein. Hierher unterwegs werden sie aber schon sein. Während ich auf den Abwärts-Knopf drücke, stelle ich mir ein Grüppchen durchschnittlich aussehender Männer in Anzügen an den Lifttüren im Erdgeschoss vor, die den Aufwärtsknopf betätigen. Das Besondere an dem Department of Standards, oder DOS, ist, dass es mit den am harmlosesten wirkenden Leuten besetzt ist, die einem je unterkommen werden - so als würden sie in unscheinbarem Aussehen trainiert. Wenn einem jemand von denen über den Weg liefe, würde man die Person für eine auf der mittleren Managementebene einer Bausparkasse an der Hauptstraße halten oder vielleicht für einen Erdkundelehrer.
Die Aufzugtüren gehen sofort auf - es ist früher Nachmittag, und der Lift ist leer. Während er abwärtsfährt, spüre ich den Sog von unten, als würde mich die Schwerkraft anziehen. Meine Ohren fallen zu, oder fühlt es sich nur so an? Und meine Haarwurzeln kribbeln. Ich atme tief durch die Nase und sage mir, dass das alles bloß psychosomatisch ist. Auf dem Weg nach unten hält der Lift dreimal an und sammelt jedes Mal eine Einzelperson auf: eine Frau mit pinker Haarsträhne und großer randloser Brille, einen großen Blonden und einen Jüngling mit Hakennase. Ich registriere nacheinander jedes einzelne ihrer besonderen Merkmale, ohne sie direkt anzusehen. Ich bin bereits hyperwachsam und finde dabei seltsamerweise auch noch Zeit, von mir selbst beeindruckt zu sein.
Drüben in Alaska, dort oben in der sechzehnten Etage, wird es nach meinem plötzlichen Abgang zu einer kurzen Schweigepause gekommen sein, man wird einander Blicke zugeworfen haben, und während der Abwärtsfahrt versuche ich mir auszumalen, was jetzt geschieht. Das Meeting wird noch ein wenig weitergehen - es dauert bestimmt etwas, bis sie merken, dass ich nicht wiederkomme. James stellt gerne kenntnisreiche Fragen, so formuliert, dass es sich anhört, als wisse er vermutlich die Antwort, wolle aber dazulernen. Gut möglich, dass er mir entscheidende Sekunden verschafft.
Wir sind unten angekommen. Die Aufzugtüren öffnen sich zischend . und ich sehe sofort, dass niemand im Eingangsbereich wartet. Die Zugangssperren zur Lobby sind diese eckzahnförmigen festen Plastikdreiecke, beidseitig an breiten Metallpfosten befestigt. Um reinzukommen, braucht man seinen Ausweis, aber am Ausgang funktionieren sie automatisch: Die Sperren öffnen sich, wenn man näher kommt, und schnappen hinter einem wieder zu. Beim Durchrauschen hebe ich eine Hand zum Gruß an den Pförtner. Heute steht Dennis am Schalter, beleibt und beruhigend in seiner schicken Uniform. Er erwidert meinen Gruß. Unsere Abschiedsgesten kommen mir vor wie in Zeitlupe, als würde das Heben und Senken unserer Hände all meine Arbeitsjahre umschließen, meinen Aufstieg durch die Ränge, um Kierons Stellvertreterin zu werden, samt meinem raschen Abstieg in - wohin? Das kann ich derzeit noch nicht sagen. Mit diesem knappen Handzeichen verabschiede ich mich von über zwei Jahrzehnten in meinem Beruf und noch einer Menge anderem dazu.
Und dann bin ich plötzlich draußen, ohne mich bewusst ans Anstoßen der Drehtür zu erinnern, und stehe auf den breiten flachen Stufen zum Platz, hole einmal tief Luft und gehe los. Ein Gefühl ist das, als wäre ich gerade an einem heißen Tag in einen Fluss gesprungen: ein Schock, aber erfrischend. Solange ich weiterschwimme, komme ich klar.
Es sind acht Minuten zu Fuß von meiner Arbeit bis zum Laden. Ich bin den Weg oft gegangen und weiß, wie ich mich durch die Seitenstraßen schlage, um an möglichst wenig Überwachungskameras vorbeizukommen. Ich laufe auf Autopilot. Wenn ich überhaupt über das, was ich tue, nachdenke, dann nur, um mich selbst zu meiner gründlichen Vorbereitung zu beglückwünschen.
Ein älterer Herr steht an der Ladentheke - das muss wohl der Onkel sein; er war ein paarmal mit Adil im Laden, als ich reinkam, aber jetzt sehe ich ihn zum ersten Mal allein im Verkauf.
»Hallo«, sage ich, »ich bin Sue, das sind meine Sachen da hinten.« Dabei zeige ich Richtung Lagerraum.
Er sieht mich unverwandt aus klaren Augen an. Ich zeige nochmal nach hinten, und er nickt einmal kurz und dreht sich um.
Ich gehe mit ihm nach hinten. Die Tür zum Lagerraum steht offen, aber weil der zu vollgestellt ist mit Regalen, als dass wir beide reinpassen würden, weicht der Onkel zurück, um mich durchzulassen, während er auf der Schwelle stehen bleibt, mich beobachtet und sich ab und zu über die Schulter umsieht, falls ein anderer Kunde den Laden betreten sollte.
Ich gehe rein und hebe die Reisetasche auf, zuunterst in einem Regal, in dem Pappkartons mit Heißen Tassen ordentlich aufgereiht sind: Pilzcremesuppe, Hühnersuppe, Tomatensuppe mit Basilikum.
»Danke«, sage ich zu ihm, als ich gehe.
Vor mir ragt die Beton-Scheußlichkeit der New Street auf, die sich angeblich den Rang des schlimmsten Bahnhofs im ganzen Land mit der Liverpool Lime Street und East Croydon teilt und die bald Stein für Stein abgerissen und neu gebaut werden soll. Drinnen steuere ich das Reisezentrum an - da ist wenig los, es gibt vier besetzte Schalter und nur drei Kunden. Ich schlendere lässig an den leeren Platz und bitte den trägen Mann dahinter mit leiser Stimme um ein Ticket für eine einfache Fahrt nach London. Gegen Barzahlung. Ich brauche nicht in die linke obere Ecke zu schauen, um die auf mich gerichtete Überwachungskamera zu sehen, weil ich meine Hausaufgaben gemacht habe und genau weiß, wo sämtliche Kameras in diesem Reisezentrum sind. Wieder draußen in der Bahnhofshalle, stelle ich mich unter die breite Tafel mit den Abfahrtzeiten und verrenke mir den Hals wie alle anderen andächtigen Passagiere. Ein Zug nach Euston fährt in sieben Minuten. Und steht schon zum Einstieg bereit. Perfekt.
Auf Bahnsteig fünf steige ich durch die Tür direkt hinter der Ersten Klasse ein und gehe durch die Waggons, bis ich einen Zweisitzer entgegen der Fahrtrichtung in Nähe der Gepäckablage gefunden habe. Im Handumdrehen habe ich meine zwei Handys gezückt und in die schmale Lücke zwischen Sitzpolster und Wand gesteckt. Dann stehe ich auf und gehe auf direktem Wege ins WC hinter dem Waggon.
Drinnen drehe ich den Absperrriegel um, und er rastet mit zufriedenstellendem Klacken ein. Ich packe die Reisetasche auf den WC-Deckel, zerre am kaputten Reißverschluss und hole einen leichten Regenmantel, Turnschuhe, Leggings und eine Strickmütze raus. Ich ziehe meinen Rock aus und die Leggings über meine Strumpfhose, falte den Rock zusammen und stecke ihn mit meinen Blockabsatz-Pumps und dem schicken taillierten Blazer in die Tasche. Jetzt werde ich eine ganze Weile keine Business-Outfits mehr brauchen, aber das eine hier behalte ich doch, nur für alle Fälle. Ich schlüpfe in den Regenmantel und ziehe den Reißverschluss zu, stopfe meine Haare in die Mütze. In unter einer Minute bin ich nicht wiederzuerkennen, es sei denn, man käme an eine Nahaufnahme meines Gesichts. Vor dem Klo wende ich mich in Richtung Lokomotive um und gehe durch den Zug nach vorn. Es ist relativ wenig los, auf einen belegten Sitz kommen drei freie. Gleich darauf bin ich aus dem vordersten Zugteil wieder auf den Bahnsteig ausgestiegen.
Der nächste Zug nach Glasgow fährt in zwölf Minuten. In aller Ruhe gehe ich darauf zu. Zwei Polizisten stehen an den Bahnsteigsperren und plaudern mit einem Schaffner. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass sie entspannt dastehen - einer stützt den Ellenbogen auf eine Sperre, der andere hat seine Mütze abgenommen.
Trotzdem, als ich erst wieder im Zug nach Glasgow sitze - erneut auf einem Zweiersitz in Gepäckablagen- und Toilettennähe, der Stelle, wo es am unwahrscheinlichsten ist, dass sich jemand neben mich setzen wird - schaue ich auf meine Uhr und...
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