Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Osteoporose ist als Knochenräuber und Krankheit brüchiger, bröseliger Knochen unrühmlich bekannt geworden. Um besser verstehen zu können, was Knochen ist und was einen gesunden vom kranken Knochen unterscheidet, soll es in diesem Kapitel um das faszinierende "Material" in uns allen gehen.
Wer an Knochen denkt, hat meist etwas sehr Hartes, Stabiles, gegebenenfalls Holziges im Sinn. Das ist auch richtig, muss er doch großen Kräften standhalten, stützen und Schutz bieten. Genial: Trotzdem ist dieses einzigartige Konstrukt Knochen flexibel. Knochen lebt; er ist je nach Funktion im Körper mehr oder minder biegsam und als Teil des Bindegewebes zudem stetigen Auf- und Abbauprozessen, dem sogenannten "Remodeling"01 (Schünke, Schulte & Schumacher, 2014, S. 16) unterworfen.
Der Kreislauf von Aufbau und Abbau wird durch ausgeklügelte Zellprozesse gesteuert; Knochenzellen wie die Osteoklasten sind am Abbau von Knochen beteiligt. Sie geben die "mineralreiche und kollagenfaserhaltige Knochengrundsubstanz" (Zalpour, 2002, S. 80) ab. Osteoblastische Zellen im Knochen helfen beim Aufbau, z. B. bei minimalen Schäden am Knochen, Rissen usw.
Idealerweise sollte sich dabei abgebaute und aufgebaute Knochenmasse die Waage halten.
Ein gesunder Knochen besteht aus ausreichend dicker Knochenhaut (Periost), einem vielfältigen, dicken Netzwerk aus Knochenbälkchen (sogenannte Trabekel), die miteinander in Verbindung stehen und einer dicken Knochenaußenschicht (sogenannte Kompakta). Sowie aus der sogenannten Knochenmatrix02; der Knochensubstanz mit Kollagenmolekülen03 sowie Kalksalzen; also Kalzium und Phosphat (Zalpour, 2002, S. 78). Alle diese Punkte geben Aufschluss über die Qualität des Knochens.
Durch die vorgenannten Eigenschaften ist der Knochen stark belastbar, aber gleichzeitig elastisch und kann auf vielfältige Belastung jeweils passend reagieren.
Bei einem an Osteoporose erkrankten Knochen lassen sich deutliche Unterschiede feststellen: Knochenhaut und äußere Knochenschicht wirken dünn, porös, ohne Gleichmäßigkeit. Die Knochenbälkchendichte (Trabekel) hat deutlich abgenommen, verbindende Knotenpunkte sind sichtbar weniger. Auch die Mineralisation im Knochen und die Anhäufung der Kollagenmoleküle ist ungenügend (Bartl & Bartl, 2021, S. 70). Sichtbar wird zudem, dass der Durchmesser des Kortikalis04 abnimmt und der des Knochenmarkraums zunimmt (Zalpour, 2002, S. 573).
Abb. 1 Die vier Stadien der Osteoporose (Unterschied normaler Knochen und an Osteoporose erkrankter Knochen)
»Wie entsteht nun Knochen?
Der Aufbau der Knochenmasse wird von Geschlechtshormonen und Wachstumshormonen des endokrinen Systems05 gesteuert.
Grundsätzlich gilt: Über die Belastung am Knochen werden mittels Druck, Zug und Belastung elektrische Ladungswirkungen im Knochen in Gang gesetzt, die zu einer Umverteilung von Ladung im Gewebe führen und somit zur Anlagerung von Kalzium und dadurch Zuwachs des Knochens führen, der sogenannten piezoelektrischen Wirkung (Zalpour, 2002, S. 572). Daraus erschließt sich direkt: Über Sport und Bewegung findet Knochenaufbau statt.
Über sportliche Betätigung und Bewegung findet Knochenaufbau statt.
Seltener denken wir darüber jedoch nach, dass wir alle schon im Mutterleib Knochen aufbauen: Schon in der Schwangerschaft und Stillzeit beeinflusst uns, wie sich unsere Mütter ernährten, wie viel Kalzium06 sie während der Schwangerschaft für den Knochenaufbau des Fötus mobilisieren konnten und wie viel sie zur Stillzeit in die gegebene Muttermilch mineralisierten. Auch, ob es Unterbrechungen der Stillzeit gab, eine alternative Ernährung mit der Flasche stattfand oder welche etwa die Kalziumgabe beeinflussenden Erkrankungen unsere Mütter ihrerseits ausgesetzt waren (vgl. Kap. 2.4.1).
Schon unter diesem Eindruck wachsen Kinder mit unterschiedlichem "Bone-Mass-Index"; also unterschiedlicher Knochendichte, heran. Es scheint folgerichtig, dass sie nur das, was sie an Knochendichte "überliefert" bekamen und das, was sie zusätzlich in ihrer Kindheit und Jugend aufbauen konnten, mit ins Erwachsenenalter nehmen können. Bedeutsam: In der Wachstumsphase wird die Form, aber auch der Aufbau und die Stabilität des Knochens ausgebildet. Zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr endet der Knochenaufbau, dann haben wir unsere "maximale Knochendichte" erreicht.
Die ausreichende Zufuhr von Vitaminen und Mineralstoffen, eine hormonelle Balance im Körper und vielseitige Bewegung sind essenziell, um die maximal mögliche Knochendichte und Knochenfestigkeit sowie eine dicke Knochenrinde aufbauen zu helfen.
Auch Phasen längerer Erkrankung (wie z. B. mit Morbus Crohn, juveniler Arthritis, Niereninsuffizienzen, Anorexia nervosa etc.) haben Einfluss auf die Mineralisation und den Aufbau einer hohen Knochendichte. Ein Beispiel: Erhielten Kinder oder Jugendliche eine Kortisontherapie mit Glukokortikoiden07, muss unter Umständen mit einer daraus resultierenden niedrigeren Knochendichte gerechnet werden (Dieterich, 2019, S. 4).
Auch durch anderweitige Änderungen im Lebenswandel wie Mangel- oder Fehlernährung, Nikotin- und/oder Alkoholkonsum oder auftretende hormonelle Störungen können Kinder zwischen acht und 12 Jahren schon an Osteoporose erkranken (Bartl & Bartl, 2021, S. 304).
Abb. 2 Knochenmasse während der Lebensdauer (modifiziert nach IOF, 2014, S. 8)
Gerade in der Wachstumsphase eines Menschen ist - neben guter Ernährung - eine hohe sportliche Aktivität vonnöten, um die maximal mögliche Knochendichte (sogenannte Maximum bzw. Peak Bone Mass) zu erreichen. Eine Studie belegt es eindrucksvoll: Eine Gruppe von Kindern wurden dabei einem regelmäßigen Sprung- oder Stretchingworkout unterzogen. Jene, die regelmäßig Schnellkrafttraining, "Jumpingfitness", absolviert hatten, steigerten die Knochendichte ihrer Hüfte gegenüber der Kontrollgruppe (Gunter, Baxter-Jones et al., 2008, online).
Ich stimme der Schlussfolgerung aus der Studie zu: Wenn die Vorteile des Trainings bis ins junge Erwachsenenalter fortgesetzt werden, nämlich die Knochendichte effektiv zu steigern, so lassen sich Knochenbruchrisiken im Alter reduzieren08. Das bedeutet, dass sportlich aktive Kinder und Jugendliche mit einer ganz anderen Knochendichte ins Erwachsenenleben starten und davon ein Leben lang profitieren werden. "Umgekehrt führt Immobilität und fehlende Belastung zum Entstehen einer Inaktivitäts-Osteoporose" (Dieterich, 2019, S. 13).
Die gute Nachricht zum Schluss! Unsere Knochen bauen sich ständig um (sogenanntes Bone Remodeling (Dieterich, 2019 S. 1) und können gerade wegen dieser Eigenschaft auch im Erwachsenenalter gut zum Aufbau angeregt werden.
Merke
Durch das Zusammenspiel häufiger und abwechslungsreicher Bewegung, eines gesunden Lebensstils und abwechslungsreicher Vollwertkost im Zusammenspiel mit ausreichender Kalzium- und Vitamin-D-Zufuhr09 können wir zielgerichtet besonders starke Knochen aufbauen und erhalten.
Knochen "altern" genauso wie alle anderen Strukturen im menschlichen Körper. Ab einem Lebensalter von 25-30 Jahren findet also ein ganz normaler Abbau statt. Ab jetzt gilt es mehr denn je, Immobilität, ebenso wie übermäßige sportliche Aktivität (Leistungssport), zu viel Körpergewicht ebenso wie zu wenig Gewicht, eine Mangelernährung mit dem Fehlen von Kalzium und Vitamin D10, Zigaretten- oder/und Alkoholkonsum sowie die eigene Stimmung und das empfundene Lebensgefühl auf den Prüfstand zu stellen: Tragen diese dazu bei, dass ich knochengesund bleiben kann?
Hinzu kommt eine genetische Veranlagung: Ein Blick auf die familiäre Krankheitsgeschichte lohnt: Traten bei Mutter, Tante und Großmutter durch Osteoporose bedingte Knochenbrüche auf?
01Remodelling: Auf-, Abbau- und Umbauprozesse im Knochen.
02Knochenmatrix:...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.