Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist in vollem Gange und die Einbindung der Patienten spielt dabei eine zentrale Rolle. In Deutschland sind Patientenportale vor allem als eigenständiger Fördertatbestand im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) deutlich in den Vordergrund gerückt. International sind sie schon länger auf dem Vormarsch.
Dabei wird allerdings oft verkannt, welchen Mehrwert Patientenportale wirklich bieten. Denn sie sind deutlich mehr als "nur" ein direkter Kommunikationskanal zu den Patientinnen und Patienten. Patientenportale sind Dreh- und Angelpunkt für eine Value-basierte Medizin und werden sich zur zentralen Schnittstelle für viele weitere Digitalisierungsprojekte entwickeln. Sie haben das Potenzial, in Zukunft zum zentralen Begleiter der Patientinnen und Patienten für jegliche Interaktion mit dem Gesundheitssystem zu werden. Weil jedoch dieses immense Potenzial oftmals verkannt wird, bleibt die Einführung eines Patientenportals als ein losgelöstes Projekt hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Dieses Buch zeigt die Chancen auf, die heute und in Zukunft in der Implementierung eines Patientenportals stecken - für Kliniken, aber auch für alle anderen Sektoren und Akteure des Gesundheitswesens. Es ist von Praktikern für Praktiker geschrieben und richtet sich an alle Entscheider aus dem Gesundheitswesen, die Digitalisierung ganzheitlich und langfristig angehen wollen.
Die Beiträge im ersten Teil des Buches vermitteln das notwendige Basiswissen über Patientenportale. Dabei blickt das Buch auch über den Tellerrand des deutschen Gesundheitssystems hinaus und wirft einen Blick in die USA, wo sich Patientenportale bereits etabliert haben. Im zweiten Teil des Buches befassen sich die Beiträge mit dem aktuellen Stand aus Wissenschaft und Forschung zum Nutzen und Mehrwert von Patientenportalen. Hier werden erste Studien beschrieben um die Einführung erster Patientenportale in der Praxis. Im dritten Teil des Buches geht es um die langfristigen Perspektiven und möglichen Weiterentwicklungen von Patientenportalen auch abseits des KHZG. Leserinnen und Leser sollen nach der Lektüre ein ganzheitliches Bild dessen haben, was Patientenportale leisten, wie sie sinnvoll und sinnstiftend eingesetzt werden können sowie auch eigene Ideen entwickeln, was in Zukunft mit einem durchdachten und langfristig ausgerichteten Patientenportal alles möglich sein könnte.
Gerlinde Bendzuck
1 Einführung
2 DigitalRadar - Patientenpartizipation in Krankenhäusern als großes Potenzial
3 Perspektive mehr Gesundheitskompetenz?
4 Funktionalitäten von Patientenportalen - Meet the patients' needs
5 Datenschutz und Datensicherheit
6 Das Informationsrecht des Patienten mit Patientenportalen auf ein neues Level heben
7 Nutzungsausschlüsse verhindern - Teilhabegerechtigkeit bei Patientenportalen sicherstellen
8 Patientenpfade als zukünftiger Königsweg
9 Yes we can - Patienten(-vertreter) als Akteure in Patientenportalen: Mehr strukturierte Beteiligung der Patienten(-vertretung) als Schlüssel zu mehr Patientenorientierung
10 Digital first? Patients first!
Literatur
Abstract:
Am Beispiel der Patientenportale als neue digitale Option beschreibt dieser Beitrag aus der Perspektive einer Patientenvertreterin, nach einem Status quo über den DigitalRadar und die Herausforderungen der geringen Gesundheitskompetenz, wie sich über Patientenportale und integrierte digitalisierte Versorgungspfade eine bessere Informations- und Versorgungsqualität erreichen lässt, und welche Rahmenbedingungen dafür nötig sind. Möglichkeiten, wie sich die Patienten individuell und die Patientenvertretung kollektiv in die Optimierung der Versorgung einbringen können, werden erörtert.
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Patientenzentrierung bzw. User Centricity sind in den letzten Jahren aus Sicht einer Patientenvertreterin inflationär genutzte Schlagwörter. Als Qualitätsmerkmal oder Qualitätsziel soll Patientenorientierung allzu oft eine vor allem technisch von den Leistungsanbietern oder den Leistungsträgern getriebene Digitalinnovation von Devices oder Versorgungsprozessen beschreiben und legitimieren. Hingegen werden Patienten und ihre Interessenvertretungen meist nicht hinreichend in allen Stadien der Entwicklung und der politischen bzw. strategischen Versorgungsentscheidung beteiligt. Die Digitalisierungsstrategie des Bundesministeriums für Gesundheit, das Digitalgesetz oder auch das Gesundheitsdatennutzungsgesetz lesen sich patientenseitig mit Hintergrundwissen in der Interessenvertretung eben nicht als eine tatsächlich umgesetzte Prämisse, dass von Alpha bis Omega eines Digitalisierungsprozesses Patientenorientierung in einem ganzheitlichen Fokus bereits gelebte Praxis ist.
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Die Digitalisierung der Krankenhäuser nimmt jetzt gerade (u. a. mit KHZG und seinen Förderungen) endlich Fahrt auf. Auch angesichts der gravierenden Defizite in der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung bieten sich große Chancen, beispielsweise mit Patientenportalen wesentlich zu mehr Patient Empowerment und einer besseren Ergebnisqualität und Zufriedenheit der Versorgung beizutragen.
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Aus Perspektive der Patienten und ihrer Interessenvertretungen sind beispielsweise
Anforderungen an höhere Versorgungs- und Prozessqualität, die wir mit der Erwartung verbinden, in ein paar Jahren rückblickend tatsächlich den Patienten als "neuen Player im Gesundheitswesen" ausweisen zu können. Gerne würden wir als zukünftige Mitgestalter eines teilhabe- und versorgungsgerechten digitalisierten Gesundheitswesens sagen: Wir sind gekommen, um zu bleiben.
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Auftrag des "DigitalRadars" ist die Evaluierung des Reifegrads der Krankenhäuser hinsichtlich der Digitalisierung nach § 14b KHG. Das sogenannte Reifegradmodell ermöglicht eine standardisierte und umfassende Bewertung des Digitalisierungsgrads von Krankenhäusern mittels Durchführung und Auswertung einer Erhebung bzw. Selbsteinschätzung der Krankenhäuser. Der DigitalRadar wurde 2021 zum ersten Mal durchgeführt, 1.624 Krankenhäuser nahmen in diesem repräsentativen Setting teil. Bei den abgefragten Parametern liegt die Patientenpartizipation weit abgeschlagen mit 5 % auf dem letzten Platz.10
Abb. 1:
Erster DigitalRadar der Krankenhäuser 2022
Quelle: Geissler u. a.: DigitalRadar - Die Ergebnisse der ersten nationalen Reifegradmessung der deutschen Krankenhäuser. 14.9.2022, S. 8. Online: https://www.digitalradar-krankenhaus.de/wp-content/uploads/2022/09/220914_Zwischenbericht_DigitalRadar_Veroeffentlichung.pdf [abgerufen am 12.1.2024]
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Als Patienten erfüllt uns dies mit Besorgnis. Sowohl in der verbandlichen Perspektive wie individuell als Patienten, fordern wir eine deutlich höhere Performance der Digitalisierung bei den klinischen Prozessen, dem wichtigen Informationsaustausch und auch dem Bereich Telehealth ein. Dass die Patientenpartizipation hier bisher nur bei 5 % liegt, muss sich dringend und schnell ändern. Es gibt bei der Patientenpartizipation nur Unterschiede von wenigen Prozentpunkten zwischen gemeinnützigen (3 %), öffentlichen (5 %) und privaten (8 %) Kliniken. Ähnlich klein sind die Unterschiede der Patientenpartizipation zwischen Grundversorgern (4 %), Regelversorgern (6 %), Zentralversorgern (6 %) und Maximalversorgern (9 %).
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Patientenportale, wie sie jetzt mit dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) gefördert werden, können einen wichtigen Beitrag leisten,
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Die zweite Evaluierung des DigitalRadars findet zum neuen Stichtag 30.6.2024, voraussichtlich Mitte April bis Mitte Juni 2024 statt. Es ist sehr zu hoffen, dass bis dahin signifikante Steigerungen im digitalen Reifegrad in den einzelnen Aktionsfeldern ablesbar sind, auch und insbesondere bei klinischen Prozessen, Informationsaustausch, Telehealth und Patientenpartizipation.
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Patientenportale könnten eine Chance sein, im klinischen Setting und im Übergang in den ambulanten Bereich bis in die Häuslichkeit die bislang deutlich zu schwach ausgeprägte Gesundheitskompetenz der Patienten zu stärken. Sie können Patienten befähigen, ihr eigenes Gesundheitsmanagement im Dialog mit den Behandelnden zu optimieren, um so zu einer besseren Lebensqualität und -zufriedenheit zu gelangen. Doris Schaeffer und Klaus Hurrelmann konstatieren in ihrer Untersuchung von 202011, dass von den chronisch Erkrankten 48,3 % eine problematische und 26,8 % eine inadäquate Gesundheitskompetenz aufweisen. Im Vergleich dazu gibt es in der nicht chronisch erkrankten Bevölkerung 40,9 % mit einer problematischen und 13,6 % mit einer inadäquaten Gesundheitskompetenz. Von den chronisch Erkrankten haben also drei Viertel (75,1 %) eine mindestens problematische Gesundheitskompetenz, bei den nicht chronisch Erkrankten sind es 54,8 % - und diese Anteile haben sich in beiden Gruppen seit der ersten Untersuchung 2014 deutlich erhöht. Ebenfalls höhere Anteile einer problematischen oder inadäquaten Gesundheitskompetenz weisen in dieser Untersuchung 2020 beispielsweise die Gruppen der Menschen mit niedrigem oder mittlerem Sozialstatus oder mit niedrigerem oder mittlerem Bildungsniveau auf. Besonders "vulnerable" Gruppen wie Menschen mit chronischen Erkrankungen, Menschen ohne hohen Sozialstatus oder hohes Bildungsniveau, haben also besonders große Defizite bei der Gesundheitskompetenz, die die Digitalisierung - zum Beispiel mit Patientenportalen - verbessern könnte.
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Gleichzeitig wird die Herausforderung deutlich: Wenn der Patient mit mehr digital unterstützter Medizin zum "neuen Spieler" in der eigenen Krankheitsbewältigung und der Mitgestaltung des Gesundheitswesens werden soll, sind große Anstrengungen in Richtung Strategie und Ressourcen erforderlich die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen dazu überhaupt zu befähigen. Dieses nötige Empowerment beginnt mit einem guten Informationsmanagement. Die Untersuchung von Hurrelmann et al. gibt auch hierzu Hinweise zu den Anforderungen:
Abb. 2:
Gesundheitskompetenz im Bereich der Krankheitsbewältigung/Versorgung 2020
Quelle: Hurrelmann/Klinger/Schaeffer: Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland: Vergleich...
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