Schweitzer Fachinformationen
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Acht Wochen später
Struller bog mit dem himmelblauen Zivilwagen schwungvoll nach rechts in die Dominikanerstraße. Sein Partner rutschte auf dem Beifahrersitz unruhig vor und zurück.
»Hausnummer 57, 1. Etage bei Zuckowski, eine Leiche.« Bertie Spurtmann kicherte aufgeregt. »Spannend. Eine Leiche .«
Struller rümpfte vorwurfsvoll die Nase. »Du erinnerst dich grob, wo du zurzeit arbeitest? Düsseldorf, Kriminalkommissariat 11, Todesermittlungen. Da haben wir es hin und wieder tatsächlich mit Leuten zu tun, die nicht mehr leben.«
»Ja.«
»Das ist nicht spannend, sondern doof.«
»Ja, ja.«
»Nicht schön!«
»Nein, nein.«
»Keine Toten wäre besser.«
Bertie nickte heftig. »Natürlich, natürlich. Aber für mich ist das doch alles noch neu.«
»Und nur vorübergehend!«
»Ja, aber das ist soooo toll.«
»Bitte jetzt nicht wieder die Geschichte, wie stolz deine Frau, die Sonnenheilerin .«
»Licht. Lichtheilerin!«
»Die Lichtheilerin ist, dass du bei der Mordkommission aushilfst.«
Nur weil wirklich kein anderer zu packen war, fügte Struller in Gedanken hinzu. Bis auf ihn waren alle Kollegen seit mehreren Tagen in einer Mordkommission gebunden. Zwei libanesische Großfamilien hatten am Stresemannplatz aufeinander geballert und erschreckend häufig getroffen. Was für ein Massaker. Ihn hatte man als Einzigen telefonisch nicht erreichen können .
Tja, und nun war er in dieser schwülwarmen Sonntagnacht unterwegs mit Bertie Spurtmann.
Er warf einen Blick nach rechts auf seinen Kollegen. Bertie hatte seinen 120 Kilo schweren, tropfenförmigen Körper in eine abgewetzte Jeans und einen rot-weiß geringelten Pullover gezwängt. Rot-weiß geringelt . Struller war klar, dass er selbst keine Stilikone war, aber in so einem Outfit fing man keine Gauner. Damit taugte man höchstens als Boje in der Nordsee, um Haie zu erschrecken und Schiffe zu warnen. Manche Menschen hatte der liebe Gott am frühen Montagmorgen geknetet. Ein wenig lieblos.
Struller verlangsamte den Wagen. 53, 55, 57 .
»Da ist was Freies«, brummte Struller und parkte eine Tiefgaragenausfahrt zu.
»Hoffentlich muss von den Anwohnern gleich keiner rausfahren.«
Struller stieg aus. »Die meisten Anwohner sind ja jetzt tot.«
»Und Tote fahren kein Auto«, stimmte ihm Bertie Spurtmann zu.
Wenige Schritte später standen sie vor dem Haus. Oberkassel. Eine feine Adresse. Reiche Leute.
Bertie Spurtmann deutete auf die Krawatte, die vollkommen untypisch um Strullers Hals lag. »Immer noch ungewohnt, also, du mit Krawatte um den Hals.«
»Wo soll ich sie denn sonst tragen? Um den .?«
»Nein, nein! Aber eine Leiche im vornehmen Oberkassel - und du trägst eine Krawatte. Das ist wirklich passend, sehr passend.« Bertie kam näher ran. »Der Aufdruck auf dem Binder, über dem dünnen Schriftzug? Ist das ein Hirsch?«
»Ist es. Der letzte Schrei aus Amerika.«
»Echt?«
»Hirsche sind da total angesagt. Sogar Donald Trump hat neuerdings welche im Garten vom Weißen Haus.«
Spurtmann nickte beeindruckt. Guck an! Hatte er gar nicht gewusst.
Sie stiegen eine schmale Steintreppe hinauf, die Haustür war nur angelegt. Struller stieß sie auf.
»Puh«, sagte Bertie Spurtmann und drückte sich die Nase zu.
Auch Struller rümpfte die seine. Es roch muffig und streng und nicht gut.
»So also riecht der Tod«, flüsterte Bertie, und auf seinen Wangen erschienen hektische, rote Flecken.
Die erste Etage war schnell erreicht, eine hübsche, uniformierte Kollegin mit langen, schwarzen Haaren erwartete sie an der Wohnungstür.
»Kripo Düsseldorf, Mordkommission«, bellte Spurtmann zackig und versuchte vergeblich, unter seinem Bäuchlein die Kriminalmarke hervorzuziehen. »Mein Name ist Spurtmann. Bertie Spurtmann. Das ist mein Kollege, wir übernehmen jetzt.«
Die Kollegin blinzelte irritiert und sagte. »Gut.«
Hinter Spurtmanns Rücken verdrehte Struller die Augen.
Die Kollegin räusperte sich. »Der Nachbar aus dem Erdgeschoss hat Herrn Zuckowski vermisst. Genau genommen wollte er ihn zur Rede stellen, weil der gestern nicht den Flur gewischt hat. Der Nachbar scheint hier der Babo zu sein.«
»Babo?«
»Der Chef. Er hat geklingelt und geklopft, aber niemand hat geöffnet. Drinnen dudelte das Radio, und ihm fiel unangenehmer Geruch auf. Er zog uns hinzu. Tatsächlich läuft dort ein Radio und . es riecht. Der Hausbesitzer wohnt nebenan und hatte einen Zweitschlüssel. Mit dem sind mein Kollege und ich rein in die Wohnung.«
»Richtig. Alles richtig gemacht. Sie müssen sich keine Vorwürfe machen, Kollegin«, säuselte Spurtmann und tätschelte der jungen Polizistin die Schulter.
»Äh .«, setzte diese mit verständnislosem Blick an.
»Herr Zuckowski?«, ging Struller dazwischen.
»Liegt im Wohnzimmer, auf dem Boden.«
Struller nickte und drückte sich an der Kollegin vorbei nach drinnen.
»Sie warten hier«, befahl Spurtmann und folgte Struller.
»Überlass mir bitte das Reden«, erklärte Struller leise auf dem Weg durch den Flur.
»Und was soll ich machen?«
»Arbeitsteilung. Du atmest die schlechte Luft weg!«
Spurtmann nickte und holte tief Luft.
Der Streifenpartner der Polizistin erwartete sie im Wohnzimmer. »Hallo.«
Zu sagen gab es nicht viel. Der Mann mit der blonden Kurzhaarfrisur deutete vor sich auf den Fußboden, dort lag der Einsatzgrund.
Bertie schnappte hörbar nach Luft.
»Genau so ist richtig. Immer kräftig einatmen«, lobte Struller.
Und musterte den Mann. Struller schätzte ihn auf Mitte vierzig, ungefähr sein Alter. Der Mann lag auf dem Bauch, das Gesäß leicht rausgestreckt. Er trug seine strähnigen Haare auffallend lang, ein weißes Feinripp-Unterhemd und hatte die Augen geschlossen.
Struller ließ seinen Blick kreisen.
Spurtmann atmete ein. Und aus. Und ein. Und aus.
Die Wohnung war mit Geschmack eingerichtet. Nichts wild Zusammengewürfeltes, ausgesucht stilvolle, teure Möbelstücke. Das Appartement war sauber und aufgeräumt. Nichts lag da, wo es nicht hingehörte. Gut, mit Ausnahme des Bewohners.
Das Radio lief im Hintergrund immer noch. Was Deutsches. Was Gutes. Wahrscheinlich die Toten Hosen.
Struller trat an eine Küchenzeile. Im Ausguss stand eine leere Flasche Wodka. Und nur ein Glas.
»Hm.« Struller strich sich durchs Haar und wandte sich an den Kollegen der Streife. »Ist der Notarzt schon angefordert, damit er den Tod bescheinigen kann?«
Der Kollege blickte auf seine Armbanduhr. »Ist er. Müsste jeden Moment eintreffen.«
Spurtmann atmete ein. Und aus.
Struller beugte sich über den am Boden liegenden Mann. »Und wie heißt du mit Vornamen?«
»Günther«, sagte die Leiche.
Die drei Männer fuhren zusammen.
»Scheiße!«
»Der lebt!«
Der Mann auf dem Boden schnaufte. »Klar, leb ich.«
Struller knurrte. »Warum stellst du dich tot, Mann?«
»Ich stell mich nicht tot.«
»Warum sagst du denn nichts?«
»Mich hat noch keiner was gefragt«, lallte der Tote.
»Mal den Puls zu fühlen, wäre eine gute Idee gewesen«, mahnte Struller an seinen Kollegen gerichtet mit vorwurfsvoller Stimme Grundsätzliches an.
»Der hat sich überhaupt nicht bewegt«, stammelte der Polizist.
Struller fuhr den Arm aus.
»Nicht anfassen«, flehte die Leiche. »Tut alles weh. Ich hab einen Hexenschuss. Mann, ist das unangenehm.«
»Du hast getrunken.«
»Viel. Sehr, sehr viel.«
»Was stinkt denn hier so?«, fragte Bertie Spurtmann von der Seite dazwischen und mit vom Hecheln...
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