Gelenke - Knorpel - Arthrose
Was ist eine Arthrose? Und wie entsteht sie?
Sucht man bei Google unter dem Stichwort »Arthrose« nach sachkundiger Information, so erhält man viele Erklärungen wie im folgenden Beispiel:
»Als Arthrose bezeichnet man eine degenerative Gelenkerkrankung. Sie ist eine Gelenkabnutzung, also ein Gelenkverschleiß, der das altersübliche Maß übersteigt.«
Gültigkeit hat in diesem Satz lediglich die Aussage, dass die Arthrose eine degenerative Erkrankung der Gelenke ist. Alle anderen Aussagen in diesem kurzen Zitat sind schlicht falsch und irreführend. Schauen wir uns die einzelnen »Informationen« einmal genauer an:
»Gelenkabnutzung«: In den seltensten Fällen entsteht heutzutage die Arthrose durch eine Abnutzung oder durch einen Verschleiß.
»Über das altersübliche Maß«: Diese Einschätzung suggeriert dem Leser fälschlicherweise, dass arthrotische Veränderungen im Alter nahezu zwangsläufig auftreten.
Auch die folgende im Internet angebotene Erklärung muss sehr genau hinterfragt werden: »Die Arthrose ist eine schmerzhafte Gelenkerkrankung mit einer irreparablen Schädigung des Gelenkknorpels. Mit konservativen Therapien lassen sich die Beschwerden des Gelenkverschleißes deutlich verringern.«
Diese Aussagen müssen ebenso einzeln aufgedröselt werden:
»Schmerzhafte Gelenkerkrankung«: Die Arthrose kann schmerzhaft sein, sogar sehr schmerzhaft, sie kann aber auch Phasen ohne Schmerzen aufweisen.
»Irreparable Schädigung«: Warum sollte die Schädigung irreparabel sein? Nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen besitzt der Knorpel sehr wohl die Fähigkeit, sich zu regenerieren.
»Beschwerden verringern«: Hier kommt zum Ausdruck, dass die konservativen Therapien überwiegend nur die Symptome lindern können. Eine ursächliche, auf eine Heilung der Arthrose ausgerichtete Behandlung wird überhaupt nicht in Erwägung gezogen.
Mit diesen beiden Beispielen können wir unsere Internetsuche auch schon beenden, denn mangelhafte Informationen, die zum Teil auch noch falsch sind, nützen niemandem. Doch was sind in Bezug auf die Arthrose richtige Aussagen?
Fakt ist, dass die Arthrose eine Gelenkerkrankung ist, die mit einem Verlust von Knorpel einhergeht. Schreitet die Ausdünnung des Gelenkknorpels kontinuierlich voran, so ist er irgendwann ganz weg, und es reibt Knochen auf Knochen. Dieser krankhafte Prozess, der mit heftigen Schmerzen einhergehen kann, führt mit der Zeit zu Gelenkfehlstellungen und zu Gelenkversteifungen. Am Ende steht die Implantation eines künstlichen Ersatzgelenks.
In der Medizin erfolgt die Einteilung der Arthrose in:
- eine primäre Form der Arthrose
- eine sekundäre Form der Arthrose.
Gesundes Gelenk (links), mittlere Arthrose (Mitte) und Entzündung bei Arthrose (rechts)
Primäre Arthrose
Die zahlenmäßig häufigste Gelenkerkrankung ist die primäre Arthrose. Bei ihr ließen sich bisher keine eindeutigen Ursachen finden, weshalb genetische Gründe für ein biologisch geringer belastbares Knorpelgewebe angenommen wurden. Als weitere Erklärungen wurden und werden die Abnutzung oder ein hohes Alter für ihre Entstehung herangezogen.
Alle diese Mutmaßungen helfen nicht wirklich, die primäre Arthrose zu erklären, die wegen ihrer degenerativen Veränderungen auch degenerative Arthrose genannt wird. Am zweckmäßigsten ist die ehrliche Erklärung in manchen medizinischen Fachbüchern: »Ursache unbekannt«. Sie legt das Problem offen und lenkt auch nicht davon ab.
Wir dürfen uns jedoch mit dieser bisherigen »Nicht-Erklärung« nicht zufriedengeben. Wie die Volkskrankheit der degenerativen Arthrose entsteht, ist von ganz entscheidender Wichtigkeit - oder anders: Das Entscheidende für jede Erkrankung und ihre Therapie sind ihre auslösenden Faktoren. Und die gilt es bei der primären Arthrose dringend zu korrigieren und sachlich richtig herauszuarbeiten. Letztlich müssen wir den Weg in die Degeneration verstehen, denn nur so können wir auch den Weg in die Regeneration nachvollziehen und einleiten.
Sekundäre Arthrose
Der wesentlich geringere Anteil der Arthrosen umfasst die sogenannten sekundären Arthrosen. Bei dieser Form entsteht der Knorpelschwund infolge von Gelenkverletzungen, von rheumatischen Erkrankungen, von Gicht, von Fehlstellungen, von hormonellen Störungen oder von anderen seltenen Krankheiten (wie Pseudogicht usw.). Die Knorpelschädigung bei den sekundären Arthrosen ist also eine direkte Folge einer Verletzung, einer Fehlstellung oder einer speziellen Krankheit. Bei dieser Form der Arthrose liegt, im Gegensatz zur primären Arthrose, die Ursache demnach klar auf der Hand.
Einteilung der Arthrose
Allen arthrotischen Veränderungen - egal ob primäre oder sekundäre - ist gemeinsam, dass die Knorpelschicht in den betroffenen Gelenken teilweise zerstört, immer mehr ausgedünnt oder überhaupt nicht mehr über den gelenkbeteiligten Knochen vorhanden ist. Die Arthrose wird demnach unabhängig von den Ursachen, je nach Ausmaß der Schädigung des Knorpels, in vier Stadien eingeteilt:
- Stadium 1/Grad I: Weicher Knorpel, oberflächliche Auffaserung des Knorpels
- Stadium 2/Grad II: Breite Auffaserung und Einrisse im Knorpel
- Stadium 3/Grad III: Tiefe Risse und Krater, die bis auf die Knochen gehen
- Stadium 4/Grad IV: Vollständiger Verbrauch des Knorpels mit freiliegendem Kochen; man spricht auch von einer Knochenglatze
Einteilung der Arthrose in ihre Schweregrade I bis IV
Bisher wurden bei der primären Arthrose die degenerativen Prozesse auf Verschleiß, auf ein höheres Lebensalter oder auf schlechte genetische Veranlagungen zurückgeführt: Im Laufe des Lebens nütze sich der genetisch schwache Knorpel eben ab. Eine weitere Theorie macht neuerdings »chronisch unterschwellige Entzündungsprozesse« für die Entstehung der primären Arthrose verantwortlich. Sicherlich spielen solche Entzündungen in der Entstehung und im Verlauf dieser Gelenkerkrankung eine große Rolle. Diese unterschwelligen Entzündungen, die sogenannten Silent Inflammations, dürfen jedoch nicht als Hauptursache für die degenerative Arthrose angesehen werden. Hier muss zuallererst einmal hinterfragt werden, was diese chronisch unterschwelligen Entzündungen auslöst. Wie entsteht die degenerative Arthrose also wirklich? Diese Frage muss dringend beantwortet werden. Denn solange hier keine Klarheit herrscht, kann die Medizin den Patienten keine effektive Vorbeugung und kein tatsächlich heilendes Behandlungskonzept anbieten.
Die Antwort auf diese Frage finden wir in der Biologie. Sie beschreibt die lebendigen Prozesse in den Gelenken und die Bedürfnisse der Knorpelzellen.
Die Knorpelzelle und ihre Umwelt
Wenn man die Entstehung von chronischen Zivilisationskrankheiten - in unserem Fall der degenerativen Arthrose - verstehen will, muss man sich zuerst einmal mit den zellbiologischen Gegebenheiten des menschlichen Körpers befassen, wir müssen wissen, wie er funktioniert.
Unser Körper besteht aus 80 Billionen Zellen. Jede einzelne von ihnen ist in eine organtypische Umgebung eingebettet. In der modernen medizinischen Fachsprache wird diese Zellumgebung als extrazelluläre Matrix bezeichnet. Der Begriff Matrix stammt aus dem Lateinischen, Mater = Mutter. Und wie eine Mutter ernährt die Zellumgebung die Zellen mit Sauerstoff und Nährstoffen.
In früheren Zeiten wurde die extrazelluläre Matrix in der Medizin als weiches Binde- und Stützgewebe, als Zellzwischengewebe oder als Interstitium bezeichnet. Sie besteht aus Wasser, verschiedenen Eiweißzuckern, elastischen und kollagenen Fasern, unterschiedlichen Mineralien und Spurenelementen. Von Organ zu Organ variiert der Anteil dieser Komponenten in der extrazellulären Matrix. Zum Beispiel sind in der Haut viele elastische und kollagene Fasern eingelagert, in der Leber nahezu keine.
Zellen mit ihrer extrazellulären Matrix (EZM)
Unterschiedliche Bindegewebszellen produzieren die verschiedenen Eiweißzucker, elastische und kollagene Fasern. So bilden im Knorpel die Knorpelzellen und im Knochen die Knochenzellen die jeweilige organtypische Knorpel- oder Knochenmatrix.
Die Eiweißzucker (Glukosaminoglykane, Proteoglykane) bilden in der extrazellulären Matrix ein riesiges Netzwerk, das unterschiedlichste Funktionen aufweist, nämlich die Speicherung von Wasser, das Durchlassen von Sauerstoff und Nährstoffen von den Blutkapillaren zu den Zellen, das Aufnehmen von Abfallstoffen aus den Zellen, das Festhalten von potenziell gefährlichen Substanzen, bindende, stabilisierende und stoßaufnehmende Kräfte usw. Diese Funktionen sind je nach Organ sehr unterschiedlich ausgeprägt, sodass die extrazelluläre Matrix erheblich vielschichtig gestaltet ist.
Im Knorpel befindet sich demnach eine andere extrazelluläre Matrix als zum Beispiel in den Nieren, in der Lunge, in den Muskeln oder im Gehirn. Trotz der Unterschiede bleibt jedoch das Grundprinzip bestehen, dass jede Körperzelle in einer organtypischen extrazellulären Matrix eingebettet ist.
Diese biologischen Gegebenheiten bedeuten für die Medizin, dass sie die Zelle immer in der totalen Abhängigkeit von ihrer Umgebung betrachten muss. Der Zustand der extrazellulären Matrix ist entscheidend dafür verantwortlich, wie gut die unterschiedlichen Zellen leben - und damit funktionieren. Lebt eine Körperzelle in einer verunreinigten...