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Obwohl ich mich im Laufe meines Lebens vermehrt auf kleinere Tiere (Schlangen, Spinnen, Skorpione usw.) spezialisiert habe, durfte ich trotzdem einige Erfahrungen mit gewissen Tieren machen, die meine eigene Größe deutlich übertrafen. Jede einzelne dieser Erfahrungen ist heute als eine wunderbare und spannende, aber auch teilweise gruselige Erinnerung in meinem Kopf abgespeichert, worüber es das eine oder andere Video auf YouTube gibt.
Tiere, die größer waren als ich, haben mich immer etwas mehr beunruhigt als kleinere Tierarten. So hatte ich beispielsweise als Kind große Angst vor Kühen und Pferden, während ich zugleich keine Scheu gegenüber Giftschlangen zeigte. Eine Giftschlange konnte ich hinter dem Kopf ergreifen und sie dadurch mehr oder weniger unter Kontrolle bringen. Aber mit einer wütend gewordenen Kuh oder einem panischen Pferd brauchst du dich nicht anzulegen. Insbesondere die großen Nutztiere, die eigentlich einen friedlichen Eindruck hinterlassen, können in manchen Situationen sehr gefährlich werden. Auch heute noch habe ich vor großen Tieren einen ebenso großen Respekt. Dieser Respekt hängt unter anderem mit einem ganz besonderen Erlebnis in Kroatien zusammen, von dem ich dir in diesem Abschnitt erzählen möchte.
Giftschlange gesucht, Bär gefunden
Es war ein leicht bewölkter Morgen, an dem ich mich entschloss, in die Berge zu fahren, um dort nach Kreuzottern zu suchen. Ich brauchte noch ein paar Aufnahmen von den verschiedenen Farbvariationen der Kreuzotter für ein Video.
Nachdem ich kurz die Wetterlage vor Ort über eine Webcam gecheckt hatte, packte ich meine Sachen und fuhr los. Nach etwa 45 Minuten Autofahrt befand ich mich auf einem Pass mitten in den Bergen Norditaliens. Links und rechts von mir zogen sich mehrere beeindruckende Gipfel in die Höhe. Dazwischen befand sich der Aufstieg zu einem ganz besonderen Plateau. Dieses Plateau war ein subalpiner bis alpiner Lebensraum. Ein kleiner Bach floss in der Mitte von einem kleinen Tal vom Plateau herunter. Direkt daneben wuchsen einige wunderschöne Exemplare der giftigsten Pflanze Europas, der ich weiter hinten im Buch ein ganzes Kapitel gewidmet habe.
Die Giftpflanzen interessierten mich an diesem Tag nicht. Ich hatte ein anderes Ziel. Ich wollte eine Kreuzotter in ihrem natürlichen Lebensraum filmen. Bevorzugt ein rotes Exemplar.
Der Aufstieg zum Plateau war ein wenig anstrengend und, oben angekommen, musste ich mich erst mal für ein paar Minuten ausruhen, bevor ich mich auf den Weg zu einem südlich ausgerichteten Gebirgshang machte, auf dem sich eine Geröllhalde befand. In diesen Geröllhalden leben die Kreuzottern. Jedes einzelne Mal, als ich dort hingegangen bin, konnte ich eine dieser wunderschönen Giftschlangen beobachten. Auch dieses Mal dauerte es nicht lange, bis ich die ersten Exemplare zu Gesicht bekam. Schwarze Kreuzottern und braune Kreuzottern lagen auf den Steinen und ließen sich von der warmen Morgensonne anscheinen. Kreuzottern, die gerade Wellness machten. Diese Beobachtungen haben mir bereits zahlreiche Glücksgefühle beschert. Doch die sehr viel seltenere rote Farbvariation der Kreuzotter, die sogenannte "Kupferotter", konnte ich an diesem Tag nicht finden.
Ich verließ die Geröllhalden und wanderte weiter zu einem See, der sich ebenfalls auf dem Plateau befand. Direkt neben dem See lagen weitere Felsen, neben denen ich an anderen Tagen des Öfteren Kreuzottern beobachten konnte. Aufmerksam schlich ich um den See herum und mein Blick scannte den Boden nach diesen Giftschlangen ab. Vertieft in die Schlangensuche, bemerkte ich nicht, wer sich auf der anderen Seite des Ufers, nur wenige Meter von mir entfernt, aufhielt.
Ein kurzes, aber lautes Rascheln erregte meine Aufmerksamkeit und ich schaute reflexartig in die Richtung, aus der das Rascheln hergekommen war. Dabei konnte ich meinen Augen nicht trauen. Auf der anderen Seite des Sees, der übrigens nur etwa 25 Meter breit war, stand ein riesiger Braunbär und schaute ins Wasser. Offensichtlich war auch er in irgendeine Sache vertieft und bekam meine Anwesenheit gar nicht mit. Ich war sehr leise unterwegs und der Wind ging gegen mich. Außerdem bewegte ich mich auf der Suche nach Schlangen immer sehr langsam fort und war grün angezogen. Der Bär schaute in das Wasser und schien meine Anwesenheit nicht zu bemerken.
Die Aufregung in mir stieg im Bruchteil einer Sekunde bis ins Unendliche. Vor mir befand sich das größte Raubtier Europas, das mich zu dem Zeitpunkt einfach auseinandernehmen hätte können, wenn ihm danach gewesen wäre. Ich war nicht bewaffnet und auf dem Plateau herrschte kein Empfang, sodass man jemanden hätte zu Hilfe rufen können. Also tat ich das, was man in so einer Situation tun sollte: Ich versuchte möglichst keinen Unsinn zu machen.
Zunächst blieb ich einfach ruhig stehen und beobachtete den Bären. Ich war zu dem Zeitpunkt so sehr darauf fixiert, bloß keinen Fehler zu machen, dass ich ganz vergessen hatte, dass ich eine Kamera im Rucksack hatte und dieses Tier auf Video festhalten hätte können.
Der Bär schnüffelte ein wenig auf dem Boden herum und ging ein paar Schritte weiter nach rechts. Alleine das Geräusch, das er während des Schnüffelns von sich gab, ließ erkennen, dass es sich hierbei um ein sehr mächtiges Tier handelte. Seine Atemzüge waren tief und laut und man merkte, dass diese von einer Lunge kamen, die deutlich mehr Volumen fassen konnte als meine eigene. Keinen Mucks habe ich gemacht. Mein Blick war nach wie vor auf den Bären gerichtet - der auf einmal den Kopf hob und in meine Richtung schaute .
"Ähm . Scheiße .", war der erste Gedanke, der in mir aufkam. Das Tier hatte mich gesehen.
Nun musste ich auf mich aufmerksam machen, indem ich den Bären mit einem ruhigen, aber kräftigen "Hey, Bär!" begrüßte.
Der Bär schien immer noch nicht klar zu erkennen, wer oder was ich war, ging zwei Schritte auf mich zu und stand mit seinen Vorderbeinen im Wasser. Er hob und senkte seinen Kopf immer wieder.
Ich sagte erneut: "Hey, Bär!"
Nun wollte der Bär offensichtlich genauer wissen, wer da am anderen Ufer stand, und stellte sich auf seine Hinterbeine. Dieser Anblick verdeutlichte mir noch mal, wie groß dieses Tier war.
Ich kann dir eines sagen: Egal, wie groß und stark du als Mensch bist, wenn dir so ein Tier gegenübersteht, wirst du dich klein und schwach fühlen. Insbesondere wenn du unbewaffnet bist.
Ein solches Tier kann mit einer Pfote mühelos einen über 100 Kilo schweren Fels umdrehen, wenn er denkt, dass sich darunter etwas Fressbares befindet. Ein Tier, das so groß wie eine Kuh ist, kann ein Braunbär mit einem einzigen Prankenhieb töten. Wenn du von so einem Raubtier angegriffen wirst, bleibt dir als Mensch nicht viel mehr übrig, als mit deinen Armen und Händen dein Gesicht und deinen Nacken zu schützen und möglichst wenig Gegenwehr zu leisten, in der Hoffnung, dass der Bär seinen Angriff abbricht. Jegliche Wehr gegen einen angreifenden Braunbären steigert die Wahrscheinlichkeit, dass du den nächsten Tag nicht mehr erleben wirst.
Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt extrem aufgeregt war, blieb ich innerlich erstaunlich ruhig. Nachdem der Bär auf seinen Hinterbeinen stand und in meine Richtung schaute, bewegte ich meine Hände und versuchte dieses Mal ein paar weitere Worte von mir zu geben: "Hey, Bär, ja, ich bin hier. Ich bin keine Beute . Alles klar bei dir? Wir wollen beide keinen Ärger, oder?"
Nachdem ich meine Hände bewegt und meinen Körperschwerpunkt ein paarmal verlagert hatte, erkannte der Bär, dass ich ein Mensch bin. Langsam drehte er sich um und lief davon, als ob der Teufel hinter ihm her wäre. Ich stand wie eine Statue da und musste erst mal verarbeiten, was gerade passiert war.
Nachdem der Bär hinter einem Hügel verschwunden war, fand die erstaunliche Ruhe in mir ein abruptes Ende. Plötzlich spürte ich meinen Herzschlag überall und ich atmete gefühlt mit Schallgeschwindigkeit. Meine Beine waren zittrig, aber ich wollte erst mal einfach weg von hier. Mit schnellen Schritten verließ ich das Plateau, bis ich mein Auto erreichte.
Ich setzte mich ins Auto und musste ein paarmal tief durchatmen. Das Gefühl, das ich dabei hatte, lässt sich nur sehr schwer beschreiben. Einerseits war es immer noch die restliche Aufregung von der Begegnung, andererseits war es ein Glücksgefühl. Das Adrenalin schoss noch immer durch meine Adern. Zugleich war ich extrem glücklich, dass ich ein solches Tier in freier Wildbahn hatte beobachten dürfen. Aber vor allem war es eine Art "Holy Shit, das war knapp"-Gefühl, obwohl es eigentlich ja gar nicht knapp gewesen war. Der Bär war total friedlich gewesen. Er hatte mich beobachtet und sobald er gesehen hatte, zu welcher Tierart ich gehöre, hatte er das Weite gesucht. Ich muss heute ein wenig schmunzeln, wenn ich daran denke, dass wir an diesem Tag wohl beide ordentlich Schiss voreinander hatten.
Dieses Erlebnis hat mir gezeigt, dass diese Tiere mit uns Menschen nicht wirklich viel zu tun haben wollen. Ein Bär sieht uns in erster Linie nicht als Beute, sondern betrachtet uns als ein anderes Raubtier, weshalb er uns als potenziell gefährlich einstuft. Damit liegt der Bär goldrichtig. Wenn er ein einziges Individuum unserer Art töten würde, würden ihn die anderen mit Gewehren jagen und höchstwahrscheinlich ebenfalls töten. Aus der Perspektive des Bären sind also wir die Gefährlichen, mit denen man besser keinen Kontakt haben sollte.
Raubtiere sind in der Regel schnell und wehrhaft. Ein Raubtier zu erbeuten, bedeutet, dass man ein deutlich größeres Risiko eingeht, als wenn man ein Reh, einen Hasen oder etwas...
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