Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Ich verstieg mich zu der Idee eines Schöpfergottes. Eines Geistes, der auf nichts fußte, imstande, die Gesetze des Gleichgewichts, der Schwerkraft und der Bewegung aufzustellen. Aber sein Universum war ein Kreisen von großen und kleinen, von dunklen und leuchtenden Kugeln in einem Raum, der wie von einem Blick abgemessen und in dem der Klang undenkbar war.
Dann nahm, weil es mir ein Bedürfnis war, der Schöpfergott die Gestalt eines Menschen an: Aber wirklich Mensch konnte er nicht sein, denn er war ein Gott, fremd und fern. Ein Greis mit weißem Haar und Bart, auf einem Felsen sitzend und müde das stumme Universum betrachtend.
Seine Haare waren von Anbeginn weiß. Als Greis war er geboren und konnte nicht sterben. Seine Einsamkeit war grässlich. Unselig.
Weil ein Gott keine Götter schaffen kann, gedachte er den Menschen zu schaffen, damit dieser sie schaffen sollte. So schuf er das Leben.
Aber vor der Erschaffung des Menschen machte er Schlangen, Pestkeime und Fliegen, gab den Vulkanen Feuer und wühlte das Wasser der Meere auf. Er musste die Qual und den Zorn loswerden, den die Einsamkeit in sein Herz gelegt hatte. Danach vollbrachte er ein Werk der Liebe: den Menschen, und er umgab ihn mit guten Dingen.
Aber der Gott scheiterte, denn der Mensch schuf zahlreiche Götter, die den ersten scheel ansahen, und nicht nur teilten sie das Universum unter sich, sondern einige von ihnen schwangen sich sogar zu Alleinherrschern auf. Der größte Misserfolg des Gottes bestand darin, dass er zwar den Menschen sehen konnte, aber der Mensch ihn nicht; und so konnte er ihm keinen seiner liebenden Vaterblicke erwidern.
Der Gott blieb allein und zornig. Er ließ es zu, dass die Früchte des Guten sich von selbst oder durch die Hand des Menschen vervielfältigten; aber er merzte die bösen Kräfte nicht aus, und um sein Dasein kundzutun, gefiel er sich von nun an darin, sie bald hier, bald da anzufachen. Andere Götter, Emporkömmlinge, halfen ihm dabei.
Ich wollte Vater werden. Wieder Vater werden, hier, wo ich mich befand, einen Sohn haben, der mir einen liebenden Blick zurückgeben könnte, wenn ich meine Augen und meine Trostlosigkeit auf ihn richten würde.
Die Frau, die für mich sorgte, war eine arme spanische Witwe, Emilia; sie war zwar nicht älter als ich, übertraf mich aber an Charakter. Sie sträubte sich und verspottete mich jedes Mal, wenn ich auf mein Vorhaben zurückkam. Um den Schein zu wahren, behielt ich mein Zimmer in der Herberge, schlief aber in ihrer Hütte, natürlich bei ihr.
In einer Mondnacht, Mitternacht war längst vorüber, lagen wir beide wach, und keiner hatte Verlangen nach dem anderen. Emilia schwatzte unaufhörlich, und ich war mit den Gedanken bei meiner Schöpfungstheorie, dem peruanischen Gold und den Rennpferden. Sie zählte die Verwandten auf, die sie verloren hatte, und ich glaubte wirklich, es war ihr keiner geblieben. Zu dem Schluss musste auch sie gekommen sein, denn plötzlich fing sie an zu weinen und sagte, ich sei ihre einzige und letzte Zuflucht, sie liebe mich mehr als ihren verstorbenen Mann, und was der traurigen und rührenden Geständnisse mehr waren. Sie küsste mich viele Male auf den Mund, und in dieser Nacht wurde sie schwanger.
In der Zeit, als ihr übel war, konnte ich sie nicht ausstehen, und auch sie ertrug mich nicht. Sie ließ mich nur ein, wenn ich ihr Geld brachte, und das kam immer seltener vor, denn meine Mittel waren nun schon sehr zusammengeschmolzen, und ich musste sie weise einteilen. Das Kind kam schwächlich zur Welt, sicher weil seine Mutter alle Kräfte verausgabt hatte, wenn sie mich anschrie.
24 Die Stadt war ein klein wenig anders. Es gab Läden, und Markt wurde jeden Tag abgehalten. Die Gesellschaft war nicht mehr einheitlich, und ihre verschiedenen Kreise erlaubten sich, nicht sehr mit dem Justitiar und anderen Beamten einverstanden zu sein. Auch ich erlaubte mir, auf die Gesellschaft zu verzichten. Der Gouverneur war mein Komplize.
Mit stolzgeschwellter Brust teilte ich ihm meine Vaterwürde mit. Er lachte, spuckte ein wenig und klopfte mir auf die Schulter. Er meinte es nicht böse, und ich war fröhlich.
Danach legte sich seine lärmende Heiterkeit, und er versuchte, sich mir gegenüber großmütig zu zeigen, indem er sich in meine Lage versetzte. Er meinte, dass ich nun mit einer neuen Bürde in der Lage sei, ein direktes Gesuch an den König zu richten, in dem ich meine Hoffnungen so nachdrücklich wie möglich darstellen sollte.
Entzückt stimmte ich zu. Ich glaube, ich begann, meine Rechtskenntnisse zu vergessen.
Aber der Gouverneur bemerkte sofort seinen Irrtum. »Es geht nicht.«
»Wie? Warum geht es nicht?«
»Na, er ist doch ein Bastard.«
Der Gouverneur hatte eine Hoffnung in mir erweckt und sie sofort wieder zerstört, und das wollte er vermutlich wiedergutmachen. Sein neuer Vorschlag taugte sicher mehr als der erste. Er erbot sich, persönlich eine Bittschrift an Seine Majestät zu unterschreiben, und um keine Zeit zu verlieren, zog er mich, impulsiv wie er war, gleich hinter sich her, um einen Schreiber ausfindig zu machen.
Wir fanden einen.
»Was schreibst du gerade?«
Die Frage war ohne böse Absicht gestellt; der Gouverneur wollte nur erfahren, ob der Schreiber gegenwärtig mit einer wichtigen Arbeit beschäftigt war.
Manuel Fernández, so hieß der Bursche, verstand die Frage jedoch anders; er erschrak, versuchte seine Zettel zu verstecken und gestand: »Ein Buch, Herr Gouverneur.«
Nun war es an dem Gouverneur, überrascht zu sein. Er nahm die Antwort gutmütig auf. »Haha! Ein Buch! Mach Kinder, Manuel, keine Bücher! Lerne von unserem Justitiar!«
Fernández sah mich ohne besonderes Interesse an, und ich lächelte, um ihm zu zeigen, dass ich an dem Scherz des Gouverneurs beteiligt war.
Danach erwiderte der Schreiber ehrerbietig, aber fest überzeugt von dem, was er sagte: »Ich will mich in mir selbst verwirklichen. Und ich weiß nicht, wie meine Kinder werden.«
Der Gouverneur zögerte kurz, bevor er ihm eine Antwort gab. Sie war kränkend. »Und deine Bücher? Haha, schlimmer als Kinder.«
Auch ich lachte. Aus Pflichtgefühl, nicht aus Überzeugung.
Fernández wurde rot vor Scham und Zorn. Er hielt mit Mühe an sich, als er zu sagen wagte: »Kinder verwirklichen sich, aber wir wissen nicht, ob zum Guten oder zum Bösen. Bücher werden nur um der Wahrheit und der Schönheit willen geschaffen.«
»Das glaubst du, das glauben alle Schriftsteller. Aber Leser denken anders«, kam es rasch zurück.
Fernández, der eben noch mit schneidender Stimme gesprochen hatte, senkte jetzt den Kopf. Ich merkte, er konnte nicht weiterdiskutieren, ohne es am schuldigen Respekt gegen den Gouverneur fehlen zu lassen.
Der tat großmütig. »Schön, schön!«, rief er mir zu. »Gehen wir, Zama«, und ging davon.
In seinem Amtszimmer setzte er sich schweigend, verstimmt nieder und übertrug mir eine unangenehme Aufgabe: herauszufinden, warum Fernández im Regierungsgebäude ein Buch schrieb.
Das vertrauliche Verhältnis zwischen dem Gouverneur und mir berechtigte mich noch zu der Frage: »Werden euer Gnaden das Gesuch an Seine Majestät heute aufsetzen? Soll ich einen anderen Schreiber auftreiben?«
»Nein, nein. Heute nicht, Don Diego. Ein andermal.«
Dieses andere Mal war nicht der nächste Tag, weil ich aus Takt nicht darauf zurückkam und er auch nicht; er tat, als hätte er die Sache vergessen.
Am übernächsten Tag war es genauso, denn wenn er merkte, dass ich den Mund auftun wollte, um meine Bitte zu wiederholen, kam er mir zuvor und forderte von mir den Bericht über den Schreiber, den ich ihm noch nicht übergeben hatte.
So verschlimmerte sich die Lage des Mannes, denn als der Gouverneur sich an ihn erinnerte, war er gereizt und befahl mir, den Bericht eindeutig ungünstig ausfallen zu lassen, damit er den Schreiber entlassen konnte.
Ich nahm mir aber vor, den Bericht nicht so abzufassen, sondern so, wie mir meine eigene Meinung und meine Aufrichtigkeit es vorschreiben würden.
Vor Fernández spielte ich den Gutwilligen, als ich die Sache anschnitt; ich sagte ihm nicht, dass mein Verhör gefährlich war, weil seine Antworten in einen Bericht aufgenommen werden sollten. Freundlich und vertraulich fragte ich ihn in dem Zimmer, wo er arbeitete, weshalb er im Regierungsgebäude schreibe, also dort, wo seine Zeit ausschließlich dem Dienst des Königs gewidmet sein müsste.
Er antwortete mir zweideutig: »Die Neigung zum Schreiben ist kein Same, der zu einer bestimmten Zeit keimt. Sie ist ein Tierchen in seiner Höhle, das sich fortpflanzt, wann es ihm gefällt, wenn die Zeit reif ist. Manchmal ist es ein Hund, ein andermal ein Iltis, einmal ein Panther und noch ein anderes Mal ein Kaninchen. Es kann hungrig oder nicht hungrig zeugen, manchmal nur, wenn es ganz ausgeruht ist, manchmal, wenn eine Wunde des Jägers es schmerzt oder wenn es von einem Raubzug erregt heimkehrt.«
Ich folgte seiner seltsamen Rede mit höchster Aufmerksamkeit, und als er geendet hatte, sagte ich zustimmend: »Aha!«
Als ich so teilweise sein Vertrauen gewonnen hatte, bat ich ihn, mir ein paar Seiten zu zeigen. Er willigte ein, und ich las einige Absätze, langsam, denn die Gedanken schienen mir sehr verworren.
Ich sagte ihm ehrlich: »Das ist aber nicht zu verstehen.«
»Herr Doktor, es mag sein, dass der erste Mensch und die erste Eidechse ebenfalls für ihre Umgebung unverständlich waren. Ich...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.