Schweitzer Fachinformationen
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Martin Wittke, Ralf Druffel, Günter Osthoff, Andreas Rath
Im Hangbereich des Anfahrbereichs HBF Süd des Projekts Stuttgart 21 wurden zwei zweigleisige Eisenbahntunnelröhren mit Längen von ca. 220 bis 230 m aufgefahren. Die Tunnel liegen bei Überdeckungen von ca. 7 bis 45 m im ausgelaugten Gipskeuper unter Bebauung. Die bis zu 20 m breiten und ca. 16 m hohen Tunnelröhren wurden im Vollausbruch mit abgetreppter Ortsbrust aufgefahren. Die Ausbruchsleibung wurde mit einer 50 bis 60 cm dicken stahlfaserbewehrten Spritzbetonschale gesichert. Die vorauseilende Sicherung erfolgte mit Ortsbrustankern, Sohlankern und Rohrschirmen. Zum Schutz der Bebauung wurden Hebungsinjektionen durchgeführt. Dazu wurden bis zu ca. 100 m lange Bohrungen aus zwei Schächten hergestellt. Die Vortriebsarbeiten konnten im Jahr 2020 erfolgreich abgeschlossen werden. Es wurden im Mittel Nettovortriebsleistungen von ca. 0,6 m/d erreicht.
Railway project Stuttgart-Ulm, launching area Station South: Full face heading with large cross sections
For the launching area Station South of the railway project Stuttgart 21, two 220 m and 230 m long two-track railway tunnels have been constructed. The tunnels are located in the leached Gypsum Keuper. The overburden varies from approx. 7 to 45 m. The tunnel cross sections are up to 20 m wide and up to approx. 16 m high. Heading was carried out by full face excavation with a stepped temporary face. The tunnel contour was supported by a 50 to 60 cm thick membrane of steel fibre reinforced shotcrete. The advancing support consisted of face anchors, invert anchors and forepoling. In order to protect the buildings at the surface against inadmissible subsidence compensation grouting was carried out. For this purpose up to approx. 100 m long drillings were carried out from two shafts. Excavation works were successfully completed in the year of 2020. An average net advance rate of 0.6 m was achieved.
Für das Projekt Stuttgart 21 wurden im zum Fildertunnel gehörenden Anfahrbereich HBF Süd vom Verzweigungsbauwerk HBF Süd zum Südkopf des neuen Hauptbahnhofs zwei ca. 220 bis 230 m lange Tunnelröhren gebaut. Die für einen zweigleisigen Eisenbahnbetrieb ausgelegten Tunnelröhren besitzen ein Maulprofil.
Ursprünglich war vorgesehen, die Tunnelröhren in diesem Bereich in jeweils drei Abschnitten aufzufahren. In den einzelnen Abschnitten sollte vor Beginn der Vortriebsarbeiten in den Nachbarabschnitten zunächst die Innenschale eingebaut werden, um eine mögliche Beeinflussung des Druckspiegels des Mineralwassers unter der Stadt Stuttgart gering zu halten.
Im Zuge der Ausführung konnte u. a. durch 3D-Finite-Elemente-(FE)-Berechnungen der Sickerströmung gezeigt werden, dass es möglich ist, eine Beeinflussung des Druckspiegels im Mineralwasseraquifer auch dann zu vermeiden, wenn die Sicherung des Tunnels durch Stahlfaserspritzbeton erfolgt. Dieser muss jedoch eine geringe Durchlässigkeit besitzen und gegen Wasserdruck bemessen werden. Auf eine außen liegende Dränage muss dann verzichtet werden. Durch diese Maßnahmen war es möglich, auf den ursprünglich vorgesehenen schrittweisen Einbau der Innenschale zu verzichten.
Die zweigleisigen Tunnelröhren im Anfahrbereich HBF Süd sollten nach den ursprünglichen Planungen ebenso wie die Röhren unter dem Kriegsberg im Ulmenstollenvortrieb aufgefahren werden. Bei Ulmenstollenvortrieben kommt es jedoch, insbesondere bei hohen Überlagerungen, zu einer sehr ungünstigen Biege- und Querkraftbeanspruchung der Spritzbetonschale im Bereich der Anschlüsse der Ulmenstiele an das Gewölbe. Auch bei den Vortrieben für die Großquerschnitte unter dem Kriegsberg für die Tunnel des Planfeststellungsabschnitts (PFA) 1.5 des Projekts Stuttgart 21 hat sich gezeigt, dass sich an diesen Stellen eine sehr ungünstige Beanspruchung ergibt, gegen die die Spritzbetonschale nur schwer zu bemessen ist.
Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde entschieden, die Vortriebe für die Großquerschnitte im Anfahrbereich HBF Süd im Vollausbruch mit abgetreppter Ortsbrust auszuführen.
Im vorliegenden Beitrag werden das Projekt, die Baugrundverhältnisse sowie die Planung beschrieben, und es wird über die Erfahrungen beim Bau berichtet.
Für das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm werden im Stadtgebiet von Stuttgart mehr als 50 km Tunnel gebaut. Der neue Hauptbahnhof wird über die Tunnel nach Feuerbach, Bad Cannstatt sowie Ober- und Untertürkheim u. a. mit dem bestehenden Streckennetz der Deutschen Bahn (DB) verbunden. Über den vom Südkopf des neuen Hauptbahnhofs, Bauabschnitt (BA) 25, auf die Filderebene laufenden ca. 2 × 9,5 km langen Fildertunnel erfolgt die Anbindung an den Flughafen und die Neubaustrecke nach Ulm [1, 2].
Für den Anfahrbereich HBF Süd des Fildertunnels werden zwei zweigleisige Tunnelröhren, die Röhren 815 und 825, gebaut (Bild 1). Diese verbinden den Hauptbahnhof mit dem Verzweigungsbauwerk HBF Süd, in dem die Tunnel nach bzw. von Obertürkheim vom Fildertunnel abzweigen. Im Verzweigungsbauwerk mündet auch die Rettungszufahrt HBF Süd, über die u. a. der Anfahrbereich HBF Süd aufgefahren wurde.
Bild 1. Anfahrbereich HBF Süd, Lageplan
Die Tunnelröhren haben im Anfahrbereich einen bis zu 20,0 m breiten und 15,6 m hohen Ausbruchquerschnitt (Bild 2) [3]. Der Querschnitt wird durch eine 50 bis 60 cm dicke Schale aus stahlfaserbewehrtem Spritzbeton gesichert. Aus statischen Gründen wurde die Sohle stärker ausgerundet, als es das Lichtraumprofil erfordert.
Der Tunnelquerschnitt verjüngt sich ausgehend vom BA 25 zunächst und weitet sich in Richtung Verzweigungsbauwerk wieder auf. Die geringste Ausbruchbreite von ca. 15,4 m wird östlich der Urbanstraße erreicht (vgl. Bild 1). Hier besitzt der Tunnel auch die geringste Querschnittshöhe (Bilder 2 und 3). Zur Vereinfachung der Schalung der ständig wechselnden Querschnitte werden die Sohle und die Innenseite der Firste der Innenschale horizontal ausgeführt. Die Innenradien in Höhen der Ulmen können auf diese Weise unverändert bleiben. Unterhalb der horizontalen Sohle wird der verbleibende Zwischenraum zwischen Innen- und Außenschale mit Füllbeton ausgefüllt. Der Tunnel wird mit einer KDB abgedichtet.
Bild 2. Tunnelquerschnitt
Bild 3. Weströhre (815), Längsschnitt
Die Überlagerung des Tunnels wächst von ca. 7 m an der Bohrpfahlwand des BA 25 auf ca. 40 bis 50 m im Bereich des Verzweigungsbauwerks an. Der Tunnel liegt über die gesamte Länge des Anfahrbereichs unter mehrgeschossiger Bebauung (Bilder 1 und 3).
Im Anfahrbereich HBF Süd liegen die Tunnel nahezu ausschließlich in den Schichten des ausgelaugten Gipskeupers (vgl. Bild 3). An der Geländeoberfläche stehen Hangschutt und Auffüllungen an, die nach den Ergebnissen der Erkundungen im Bereich des BA 25 bis unmittelbar über die Firste reichen.
Am Übergang zum Verzweigungsbauwerk steht unterhalb der Tunnelsohle anhydritfreier, unausgelaugter Gipskeuper an. Der Lettenkeuper liegt nach den Ergebnissen der Erkundungen ca. 15 m unter der Tunnelsohle. Daran schließt sich unterhalb der Obere Muschelkalk an, der Mineralwasser führt.
Der ausgelaugte Gipskeuper ist ein sulfatfreies Residualgestein des Gipskeupers, das eher Lockergesteinscharakter besitzt, weil die durch das Sulfat bedingte Festigkeit des Gipskeupers durch Auslaugung verloren gegangen ist [4]. Auf der Grundlage von Erfahrungen kann der ausgelaugte Gipskeuper nach dem Wassergehalt in vier Klassen eingeteilt werden:
Der E-Modul des ausgelaugten Gipskeupers kann für die Klassen II und III mit 150 MN/m2 angenommen werden. Bei größerem Anteil der Klasse IV liegt der E-Modul nur noch in der Größenordnung von 80 MN/m2 [4]. Die Festigkeit des ausgelaugten Gipskeupers kann nach Mohr-Coulomb mit f = 30° und c = 0 kN/m2 oder f = 25° und c = 20 kN/m2 angesetzt werden.
Insbesondere im Bereich von Störzonen und in der Nähe der Auslaugungsfront, d. h. in der Nähe des Übergangs zum unausgelaugten Gebirge, können im ausgelaugten Gipskeuper Dolinen vorhanden sein.
Als Grundlage für die Planung wurden räumliche FE-Berechnungen mit den Programmsystemen FEST03 und HYD03 durchgeführt. Beispielhaft zeigt Bild 4 das FE-Netz des Berechnungsquerschnitts für den Bereich mit der größten Überlagerung. Es wurden beide Tunnelröhren nachgebildet, um die gegenseitige Beeinflussung der beiden Röhren untersuchen zu können.
Der E-Modul des ausgelaugten Gipskeupers wurde in den Berechnungen variiert, E = 80 MN/m2 und E = 150 MN/m2. Für den unterhalb der Sohle anstehenden unausgelaugten Gipskeuper...
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