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Wenn wir uns die Polizei als Organisation etwas genauer ansehen, wird deutlich: Die Polizei gibt es nicht. Stattdessen gibt es viele Polizeien mit vielfältigen Strukturen. Wichtig ist zunächst die Unterscheidung zwischen den Polizeien des Bundes - also vor allem Bundespolizei und Bundeskriminalamt - und den Polizeibehörden der Länder. Als Nächstes gibt es verschiedene polizeiliche Tätigkeitsbereiche: Die Kriminalämter sind zuvorderst für Strafverfolgung zuständig, während andere Abteilungen vor allem Gefahrenabwehr und weitere Aufgaben übernehmen. Dann gibt es in der Organisation weitere abgrenzbare Bereiche wie die Verkehrspolizei (meist erkennbar an Weste und Kelle), die für Großlagen wie Demonstrationen vorgesehene Bereitschaftspolizei (meist mit Helm, Schutzausrüstung und Schlagstock) und Spezialeinsatzkommandos mit spezieller Ausrüstung für besonders gefährliche Einsätze.
Zwischen den verschiedenen Tätigkeiten und Einsatzbereichen ist ein gewisser personeller Austausch üblich. Zwar verbringen manche Beamt:innen auch 30 Jahre auf der gleichen Dienststelle, viele probieren sich aber in unterschiedlichen Bereichen aus und zeigen damit »Verwendungsbreite«, wie es im Polizeijargon heißt. Allerdings sitzt eine Beamtin nicht an einem Tag am Schreibtisch bei der Kriminalpolizei, steht am nächsten mit Signalkelle auf der Straße und setzt sich danach einen Helm auf, um in einer geschlossenen Bereitschaftseinheit eine Demonstration zu begleiten. Das geht schon deshalb nicht, weil unterschiedliche Tätigkeitsbereiche unterschiedliche Qualifikationen voraussetzen. Arbeitsweise, Alltag und personelle Zusammensetzung variieren zwischen all diesen Pfaden mitunter erheblich. Die Unterschiede können so groß sein, dass es sich eigentlich um unterschiedliche Berufsbilder handelt. Der Arbeitsalltag einer Streifenpolizistin, deren Tage von kiffenden Jugendlichen und Ladendiebstählen geprägt sind, hat mit dem eines Präzisionsschützen im SEK vermutlich ebenso wenig gemeinsam wie mit dem des Beamten, der in einer Mordkommission tätig ist, oder dem der Polizeipräsidentin.
Angesichts dieser Unterschiede in Tätigkeiten und Zusammensetzung bilden sich in den verschiedenen Polizeien durchaus unterschiedliche Kulturen heraus. Dies gilt zum einen für verschiedene Länder mit unterschiedlichen politischen Vorgaben aus den Ministerien, die die Polizei stark prägen. In der Bremer Polizei wird möglicherweise ein deutlich anderer Stil im Umgang miteinander und in der Praxis gepflegt als in der bayerischen Landespolizei. Zum anderen kommt es auch darauf an, wo die jeweilige Einheit tätig ist: Der Polizeiberuf stellt sich aus der Perspektive eines Berliner Großstadtbeamten anders dar als für eine Polizistin in einer bayerischen Kleinstadt oder im sächsischen Erzgebirge. Aber auch zwischen zwei benachbarten Dienststellen können erhebliche Unterschiede bestehen, weil die Kultur innerhalb einer Einheit auch stark von den Persönlichkeiten abhängt, aus denen sie sich zusammensetzt.
Anfang 2004 beschwerten sich Polizist:innen aus Essen nach einer Teamschulung in einem Trainingszentrum der Bundespolizei über rechtsradikale Ausfälle von ebenfalls dort anwesenden Kolleg:innen aus Berlin. Die Überprüfung der zwanzigköpfigen Einheit legte verheerende Zustände offen: Kahl rasiert trugen sie unter der Uniform martialisch bebilderte T-Shirts mit Slogans wie »Unsere Heimat, unsere Liebe, unser Stolz«, beschrifteten die Schlagstöcke mit den Namen nordischer Gottheiten, und ein Polizeimeister verbreitete auf der Dienststelle aus dem Internet aufgezeichnete CDs mit rechtsradikaler Musik (»Radio Wolfsschanze«). Die Einheit wurde aufgelöst.80 Hier hatte sich ein gefährlicher Mikrokosmos entwickelt, der offensichtlich auch vergleichbare Polizeieinheiten schockierte.
So geradlinig die Polizei als Konzept scheinen mag, so vielfältig und unterschiedlich ist sie also als real existierende Behörde. Wir haben es eigentlich mit vielen verschiedenen Organisationen zu tun, die aber von übergeordneten Prinzipien, Binnenkulturen und Gesetzen eingerahmt sind und so unter dem Überbegriff Polizei zusammengefasst werden. Trotz der Unterschiede sind all diese Personen und Dienststellen mit ihren jeweiligen Tätigkeiten zusammen Bestandteil der komplexen Großorganisation Polizei, um deren Aufbau es im Folgenden etwas genauer gehen soll.
Die Personalstatistik des öffentlichen Dienstes zählt für das Jahr 2020 etwa 341.400 bei der Polizei Beschäftigte (2019: ca. 334.000).81 Dabei handelt es sich nicht nur um Beamt:innen. Wenn wir von Polizist:innen sprechen, meinen wir zwar meist die Menschen, die uns mit Uniform auf der Straße begegnen (oder in Jeans als Kommissarin im Fernsehen), aber die Polizei benötigt auch Verwaltungskräfte, IT-Abteilungen und Waffenspezialist:innen in den Kriminalämtern. Manche Länder haben auch eine Wachpolizei eingerichtet, die für Objektschutz und ähnliche Tätigkeiten zuständig ist. Diese Beschäftigten arbeiten zwar bei der Polizei, tun dies aber meist als gewöhnliche Arbeitnehmer:innen. Ziehen wir diese ab, verbleiben rund 285.000 Vollzeitstellen mit Beamt:innen. Davon waren 2020 etwa 45.600 beim Bund und 239.300 bei den Ländern eingerichtet.
Mit knapp 85 Prozent beschäftigen die Landespolizeien also den Löwenanteil der Polizeibeamt:innen.82 Gleichwohl ist die Bundespolizei mit mehr als 53.000 Beschäftigten die größte Behörde. Sie erfüllt zum einen viele spezielle Aufgaben des Bundes wie den Grenzschutz, bahnpolizeiliche Aufgaben und solche der Luftsicherheit. Zum anderen unterhält sie eine große Bereitschaftspolizei, die bei Bedarf auch die Landespolizeien unterstützt, und die Spezialeinheit GSG 9.
Die Behörden der Länder weisen untereinander massive Unterschiede auf: Polizeien von Ländern wie Nordrhein-Westfalen oder Bayern, die mit rund 52.000 beziehungsweise 40.000 Polizeibeschäftigten gewaltige Apparate darstellen, sind mit den viel kleineren Strukturen in Bremen und dem Saarland (gut 3.000 Vollzeitstellen) kaum vergleichbar. In den Flächenländern kamen 2020 auf 100.000 Einwohner:innen durchschnittlich 307 Vollzeitstellen für Polizeibeschäftigte, in den drei dicht besiedelten Stadtstaaten waren es im Schnitt 639.83
Beschäftigte Polizei
Bevölkerung
Bund
53.500
Nordrhein-Westfalen
51.600
17.925.570
Bayern
40.200
13.140.183
Baden-Württemberg
30.500
11.103.043
Berlin
25.500
3.664.088
Niedersachsen
25.200
8.003.421
Hessen
19.700
6.293.154
Sachsen
14.700
4.056.941
Rheinland-Pfalz
12.700
4.098.391
Hamburg
10.500
1.852.478
Brandenburg
8.800
2.531.071
Schleswig-Holstein
8.700
2.910.875
Sachsen-Anhalt
8.000
2.180.684
Thüringen
7.100
2.120.237
Mecklenburg-Vorpommern
6.200
1.610.774
Bremen
3.500
680.130
Saarland
3.100
983.991
Gesamt
329.500
83.155.031
Vollzeitäquivalent der Beschäftigten in den Kernhaushalten des Bundes und der Länder im Aufgabenbereich Polizei 2020 (gerundet)84, Bevölkerungsstand insgesamt am 31. 12. 202085
Der Aufbau einer Landespolizei variiert von Bundesland zu Bundesland. Flächenbundesländer sind üblicherweise in mehrere größere Behörden eingeteilt, meist Präsidien genannt. Ein typisches Polizeipräsidium in NRW zum Beispiel besteht wiederum aus vier organisatorischen Teilbereichen (»Direktionen«). Eine Direktion für sogenannte zentrale Aufgaben kümmert sich um Dinge wie die Personalplanung, die IT, Ausrüstung, den polizeiärztlichen Dienst und die Finanzen. Sie organisiert also den Rahmen, in dem die anderen Abteilungen ihrer Arbeit nachgehen. Außerdem kann sie auch für allgemeine regulierende Polizeiaufgaben wie das Versammlungsrecht oder das Waffenrecht zuständig sein.
Die nächste Direktion beschäftigt sich mit dem Thema Kriminalität, das in Unterbereiche zu spezifischen Kriminalitätsphänomenen wie Einbrüchen,...
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