Schweitzer Fachinformationen
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Zum Werk
In einer komplexen Welt ist Lernen wichtiger als je zuvor. Teams und Organisationen, die schnell lernen, liefern schneller und zuverlässiger einen höheren Kundennutzen. Außerdem sind diese Teams engagierter, produktiver und zufriedener. Der effektivste Weg, Teams zum Lernen zu befähigen, ist die Durchführung regelmäßiger Retrospektiven.
Leider erhalten viele Teams nur oberflächliche Ergebnisse aus ihren Retrospektiven. Dieses Buch wird das ändern. Es ist voll von praktischen Ratschlägen, Techniken und Beispielen aus der Praxis, die Ihre Retrospektiven auf ein neues Niveau heben - unabhängig davon, ob Ihr Team an einem Standort, in einer gemischten Gruppe oder remote arbeitet.
Seit fast zwei Jahrzehnten verlassen sich Scrum Master, Teamleiter und Coaches auf die erste Auflage von "Agile Retrospetiven" als unverzichtbare Ressource, um bessere Retrospektiven zu ermöglichen. Die neue Auflage stützt sich auf aktuelle Forschungsergebnisse, spiegelt die Erfahrungen der Autoren aus zwei Jahrzehnten wider und gibt die Erkenntnisse der weltweiten Retrospektiven-Community weiter. Sie finden praktische Ratschläge, um Ihre Retrospektivfähigkeiten zu verbessern und gehen die Herausforderungen von Remote- und Hybrid-Retrospektiven direkt an. Profitieren Sie von erweiterten Anleitungen zur Gestaltung und Moderation von Retrospektiven. Sie erfahren, wie Sie sowohl objektive als auch subjektive Daten nutzen können, um effektivere Gespräche zu führen. Und verstehen Sie die Bedeutung der psychologischen Sicherheit und wie Sie diese in Retrospektiven fördern können
21Kapitel 1Ihr Team beim Prüfen und Anpassen unterstützen
Retrospektiven helfen selbst großartigen Teams, sich fortwährend zu verbessern.
Während einer Retrospektive untersuchen Teams ihre Arbeitsweise. Sie schauen sich Daten an, um Muster zu erkennen und Einflussfaktoren zu identifizieren. Basierend auf ihren Erkenntnissen entwickeln Sie mögliche Experimente oder Maßnahmen. Dann wählen sie eines oder vielleicht auch zwei aus, auf die sie sich im nächsten Arbeitsabschnitt konzentrieren wollen. Die ganze Zeit lernen sie gemeinsam.
Das kann bedeuten, zu erkennen, wie technische Fähigkeiten verbessert werden können, oder sogar neue entdeckt werden. Es kann bedeuten, die Zusammenarbeit innerhalb des Teams neu zu ordnen oder zu unterstützen, oder auch Annahmen über Praktiken, Prozesse oder Produkte zu überprüfen. Es kann sogar bedeuten, mit anderen Gruppen zusammenzuarbeiten oder Probleme anzugehen, die nicht nur das Team betreffen.
Retrospektiven, die dies erreichen, bieten einige wichtige Vorteile:
Wenn sie in der Vergangenheit Schwierigkeiten hatten, effektive Retrospektiven durchzuführen, erscheinen diese Behauptungen vielleicht etwas weit hergeholt. Aber auch Ihr Team kann erfolgreiche Retrospektiven schaffen.
Dafür reicht es allerdings nicht, bei der Retrospektive aufzutauchen und das Beste zu hoffen. Auch ist es nicht ausreichend, eine endlose Diskussion ohne Anleitung zu führen. Und es reicht auch nicht zu fragen, was läuft und was nicht läuft.
Um wirklich effektive Retrospektiven abzuhalten, müssen sie eine umfangreichere Struktur als bei normalen Gesprächen vorgeben.
Unser Retrospektiven-Format in fünf Phasen ist genau dafür gedacht, Ihrem Team zu helfen, entsprechend zu agieren.
Fünf Phasen einer Retrospektive
Unser Format hilft Gruppen, Informationen zu verarbeiten und intensiver über bestimmte Themen nachzudenken.
Dieses sind die fünf Phasen einer Retrospektive:
Jede dieser Phasen dient einem bestimmten Zweck. Einen Rahmen zu schaffen, bereitet das Team auf die Retrospektive vor. Daten zu sammeln, hilft dem Team, ein gemeinsames Denkmodell der vergangenen Ereignisse zu entwickeln. Erkenntnisse zu gewinnen, ermöglicht es dem Team, ein tieferes Verständnis des Kontextes und der anstehenden Probleme zu entwickeln. Maßnahmen zu beschließen, macht das Team handlungsbereit. Die Retrospektive zu beenden, bringt die Diskussion zu einem Schluss.
Diese Fünf-Phasen-Struktur passt in wenige Minuten oder kann sich über mehrere Tage erstrecken. Halten Sie sich an die Struktur, denn sie erfüllt die Anforderungen einer Retrospektive.
23Retrospektiven können nach jeder Arbeitsphase stattfinden: einer Iteration, einer Ensemble Session, einem Pomodoro-Meeting, einem Projekt, einem Release, einer Woche, einem Monat oder einem Jahr. Einige Teams arbeiten kontinuierlich, bestimmen eine Zeitspanne für ihre Retrospektive und entwickeln ihre eigene Kadenz. Andere Teams halten ihre Retrospektive nach Ausfällen oder Produktionsproblemen ab. Einige der leistungsstärksten Teams nutzen eine Mischung dieser Ansätze entsprechend ihren sich immer weiter entwickelnden Bedürfnissen.
Gute Retrospektiven werden Teil eines natürlichen Arbeitsrhythmus. Das »Infinity Loop«-Diagramm in der folgenden Abbildung zeigt den Flow zwischen der Produktentwicklung und den Retrospektiven. Das Team berücksichtigt Erkenntnisse, Verbesserungen und Experimente während es ein Software-Inkrement erstellt und ausliefert. Während der Retrospektive schafft das Team den Rahmen, sammelt Daten, gewinnt Erkenntnisse, beschließt Maßnahmen und beendet die Retrospektive. Und das Ganze wieder von vorne.
Eine kleine Geschichte
Im Jahr 2001 entwarfen siebzehn Software-Entwickler das Agile Manifest, in dem sie vier Schlüsselwerte und zwölf Prinzipien festhielten, die Teams helfen sollten, Software besser zu entwickeln.1 Das zwölfte Prinzip besagt: »In regelmäßigen Abständen reflektiert das Team darüber, wie es effektiver werden kann, und passt sein Verhalten entsprechend an.«
Der Begriff Retrospektive existierte schon vor dem Manifest. Norm Kerth nutzte ihn allerdings als Erster, um Lern- und Verbesserungssessions zu beschreiben, die am Ende von Projekten abgehalten wurden.
24Schon bevor das Agile Manifest entwickelt wurde, haben wir Projekt-Retrospektiven, Sitzungen zur Problemlösung und alle möglichen Arbeitssitzungen durchgeführt. Wir erkannten, dass Menschen engagierter und verantwortungsvoller zu besseren Lösungen kommen, wenn sie einen Prozess haben, der ihnen hilft, gemeinsam zu denken, zu lernen und zu entscheiden.
Der Fünf-Phasen-Prozess, den wir in diesem Kapitel vorstellen, hat seine Wurzeln in einem Moderationsverfahren, das sich Fokussiertes Gespräch (Focused Conversation) nennt und entwickelt wurde, um Gruppen zu helfen, gemeinsam zu denken, zu lernen und zu entscheiden. Es unterstützt Teams dabei, Daten und Perspektiven zu berücksichtigen, bevor sie oberflächliche Schlüsse ziehen. Die Struktur schafft Sicherheit, indem sie Klarheit darüber herstellt, wie sich das Meeting gestaltet. So fördert sie die Beteiligung aller.
Schauen wir uns jetzt einmal den Zweck und die wesentlichen Elemente jeder Phase genauer an.
Phase 1: Den Rahmen schaffen
Den Rahmen zu schaffen, bereitet die Menschen auf die anstehende Arbeit in der Retrospektive vor. Sie erfahren, was sie erwarten können, und alle bekommen die Gelegenheit, etwas zu sagen. So wird ein Gefühl der Sicherheit hergestellt.
Beginnen Sie mit einer einfachen Begrüßung und drücken Sie Ihre Wertschätzung darüber aus, dass die Mitarbeiter ihre Zeit investieren. Formulieren Sie noch einmal das Ziel und den Schwerpunkt der Retrospektive. (Mehr dazu in Kapitel 2 ab Seite 43.) Erläutern Sie den Zeitrahmen und die Agenda. Diese einfachen Gesten signalisieren, dass Sie wissen, dass die Zeit der Menschen kostbar ist, und Sie entsprechend agieren.
Bitten Sie anschließend jeden Teilnehmenden, ein paar Worte zu sagen. Sie können das in Form eines kurzen Check-ins vornehmen. Sie könnten beispielsweise jeden nach dessen Hoffnungen für die Retrospektive fragen, oder auch nach einem Wort, das die vergangene Woche beschreibt. Schon seit Jahren weisen wir darauf hin, dass es für Menschen, die zu Beginn der Retrospektive nicht sprechen, 25einfacher ist, auch im Verlauf still zu bleiben. Die Forschung stützt unsere Erfahrungen.2
Allison Pollard, Leadership und Team Coach bei Helping Improve, LLC, betont: »Wenn Sie nicht jeden dazu bringen, schon zu Beginn zu sprechen, werden die Extrovertierten übernehmen. Statt sich immer nur auf dieselben sprechenden Personen zu verlassen, fördert es das Engagement im gesamten Verlauf des Meetings, bereits zu Beginn jeden einzubinden.«
Betonen Sie, dass der Input eines Jeden erwartet und honoriert wird.
Sicherheit schaffen
Unsere Gehirne sind darauf geeicht, Bedrohungen aufzuspüren und zu vermeiden. David Rock erklärt in Quiet Leadership: Six Steps to Transforming Performance at Work [Roc22], dass Bedrohungen nicht nur aus körperlicher Gefahr entstehen, sondern auch sozialer oder psychologischer Natur sein können.
In einer Organisation, in der Schuldzuweisungen die Regel sind, werden Menschen das auch in einer Retrospektive erwarten. Sie befürchten vielleicht, für Fehler verantwortlich gemacht zu werden, oder dass die Sitzung zu einer Meckerrunde ausartet. Sie haben Angst davor, zugeben zu müssen, dass sie etwas nicht wissen, oder dass sie etwas vermasselt haben. Oder wie Allison Pollard meint, könnten Menschen vielleicht befürchten, von dem Gespräch ausgeschlossen zu werden.
Was auch immer die Gründe sein mögen, Menschen, die sich bedroht fühlen, sind auf der Hut und können sich nicht voll und ganz beteiligen.
Im Gegensatz dazu sind Menschen, die sich sicher fühlen, eher offen für neue Informationen und bereit, Ideen, Erkenntnisse und Gefühle zu teilen. Tatsächlich erfordern effektive Retrospektiven psychologische Sicherheit.
Amy Edmondson, eine renommierte Professorin an der Harvard Business School, beschreibt psychologische Sicherheit als den »Umstand, dass Mitarbeiter . sich ermuntert fühlen, Bedenken und...
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