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Die Geschichte der Basketballkultur beginnt nicht auf einem rauen Freiplatz, wo sich eine Handvoll Spieler um ihre vermeintliche Streetballehre duellieren. Nein. Auch wenn das viele Menschen sicher vermuten, beginnt die Geschichte der "Culture" ganz woanders .
Der Anfang unserer Geschichte wird in einem kleinen Trainerbüro in einer alten Turnhalle in Springfield, Massachusetts geschrieben. Dort teilen sich zwei Personen - die Schulsekretärin Mrs. Lyons und der Sportlehrer James Naismith - die wenigen, mit zwei Schreibtischen zugestellten Quadratmeter. Am Rand des einen Tisches stapeln sich Papierberge, dazwischen Stifte, Locher, Tacker und andere Bürogegenstände, wie man sie 1891 in einem Büro der YMCA International Training School erwarten darf. Auf dem anderen Schreibtisch herrscht penible Ordnung. Als würden sich Dr. Jekyll und Mr. Hyde gegenübersitzen. Genie und Wahnsinn.
Eines Tages, es ist der 7. Dezember 1891, stürmt der Direktor für Leibeserziehung in das Büro seiner beiden Mitarbeiter. Er ist genervt, weil er den Eltern eines seiner Schüler einen Sportunfall beichten muss, wie so häufig im Winter. Da wird es in Massachusetts richtig kalt, die Footballfelder sind meist unbespielbar, und die Jugendlichen müssen sich in der Halle austoben.
Wer Football kennt und weiß, wie brutal die Sportart sein kann, braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, für wie viele Verletzungen die Hallenversion sorgt. Deshalb beauftragt der Direktor den Sportlehrer James Naismith in klaren Worten damit, einen neuen, ungefährlichen Winter-Hallensport zu entwickeln. Naismith ist skeptisch. Der 30 Jahre alte kanadische Holzfäller, der selbst erst acht Jahre zuvor seinen Highschool-Abschluss erhalten hat, weiß, was testosterongesteuerte Jugendliche an Football besonders lieben: den harten Körperkontakt.
Auf diese Aufgabe würde man heute vermutlich ein ganzes Team von Erziehern, Sportpsychologen, Lehrkräften und Raketenwissenschaftlern ansetzen. James Naismith benötigte dazu lediglich seine Kollegin, eine Schreibmaschine und ein Blatt Papier - vom ordentlichen Ende des Schreibtischs.
Während die beiden also die Köpfe rauchen ließen und ihr Büro in eine Denkfabrik verwandelten, kam Naismith eine Idee. Er erinnerte sich an das "Duck-on-a-rock"-Spiel aus seiner Kindheit. Das Ziel war hier, eine auf einem Felsen stehende Ente (keine echte) mit einem Stein herunterzuschießen. Dieses Kinderspiel war seine Inspirationsquelle. Nur 60 Minuten später hatte er die 13 Regeln eines neuen Hallensports niedergeschrieben. Sie machen bis heute den Kern einer der beliebtesten Sportarten der Welt aus. Über seine 13 Regeln setzte James Naismith zwei Wörter: Basket Ball. Naismith und Lyons erfanden innerhalb von nur einer Stunde die Sportart, und bereits in der nächsten Sportstunde probierte der Sportlehrer seine Erfindung aus. Er besorgte dafür einen Paneel-Ball, eine Art Volleyball, und bat den Hausmeister, zwei Pfirsichkörbe zu organisieren. Die Körbe ließ er in einer Höhe von 3,05 Meter aufhängen, was bis heute den internationalen Standard setzt. Zunächst aber schien ihm der Bewegungsdrang seiner Schüler einen Strich durch die Rechnung zu machen. Naismith hatte tatsächlich geplant, "Basket Ball" zu einer Sportart zu machen, bei der nicht gerannt werden darf - reines Davonstürmen war verboten. Man sollte den Ball passen, anstatt sich gegenseitig umzuhauen. Er wollte, dass die Jugendlichen gemeinsam an Lösungen arbeiten, um zu Korberfolgen zu erlangen. Den Kontakt mit der Schulter, Schubsen, Beinstellen, also alles, was in Sportarten wie Rugby oder Football die Regel war, untersagte Naismith. Stattdessen sollte der Paneel-Ball schlicht in die Pfirsichkörbe geworfen werden .
Wie man sich vorstellen kann, waren die Jugendlichen von diesem neuartigen und völlig körperkontaktlosen Spiel wenig begeistert. Sie wollten ihre Energie rauslassen, Testosteron will Vollkontakt! Und nun sollten sie nicht rennen, sich nicht berühren, dafür einen Ball in irgendwelche Körbe werfen? Naismiths Schüler, die Tacklings gewohnt waren, ließen sich zunächst nicht davon abbringen, weiterhin zu schlagen, zu rangeln, zu schubsen und sich zu prügeln. Der Platz war einfach zu eng für 18 Spieler. Daher reduzierte Naismith die Anzahl von neun Spielern pro Team auf fünf. Aber das erste Basketballspiel in der Sportgeschichte wurde am 21. Dezember 1891 mit 18 Spielern ausgetragen.
Bei all dem, was wir über den Basketball wissen, ist es kein Wunder, dass ein Spiel mit so vielen Akteuren nur wenig Punkte ergab. Das Resultat ist dennoch überraschend. Nach zweimal 15 Minuten Spielzeit stand es lediglich 1:0 - wahrlich kein klassisches Basketball-Ergebnis. Den einzigen Korberfolg hatte ein Student namens William R. Chase erzielt, der keine Ahnung hatte, dass er damit in die Geschichtsbücher einziehen würde - als erster "Baller" sozusagen.
Was hat nun die verrückte Entstehungsgeschichte der Sportart Basketball mit der Basketball Culture und der Idee zu diesem Buch zu tun? Sehen wir uns William Chase genauer an, ist der Typ eigentlich weit entfernt davon, ein echter "Baller" zu sein.
Zugegeben, der Anzug, den Chase auf dem einzigen Bild trägt, das man von ihm findet, hätte auch heute noch Stil. In Kombination mit seinem Moustache wäre er auch in einem der Hipster-Kieze in Berlin sicher gut angekommen. Aber wie ein typischer Baller nach heutigen Maßstäben sieht er nicht aus. William Chase hatte keinen Swag. Er trug kein Trikot und auch freshe Sneaker gab es damals nicht. HipHop war noch nicht erfunden. Hoodie, Sammelkarten oder Baggy Pants? Fehlanzeige.
Heute wäre ein Bild eines Ballers anders. Heute sind Basketballspieler Mode-Ikonen. In den Katakomben der NBA-Arenen sehen wir Spieler mit ihren "Tunnel Fits" das Swag-Level auf eine neue Ebene heben. Wir sehen Spieler, die jedes Outfit nur einmal anziehen, und die so aussehen, als kämen sie gerade von einer Pariser Fashionshow, und würden in ihrem Streetstyle die Laufstege der Welt statt ihre Gegner aufmischen. Bei all dem ist uns auch heute eines klar: Das sind Baller.
Woher kommt dieses Bewusstsein, und warum ist es heute selbstverständlich, Basketball mit Mode, Musik und zahlreichen Subkulturen zu assoziieren? Nicht grundlos haben wir im Porträt von William R. Chase vergeblich nach typischen Basketball-Accessoires gesucht, nach dem, was wir für charakteristisch für die Basketball Culture erachten.
Der Basketball musste sich zunächst einmal selbst finden. Erst später fingen die Baller an, sich Kapuzen an ihre Pullover zu nähen und sich zu Bässen und Reimen zu bewegen. William Chase ist noch weit weg von Trashtalk auf Streetballplätzen und Abhängen an der Spielkonsole mit Freunden nach einer Runde NBA.
Für die Baller der 1890er-Jahre war es die größte Innovation des Sports, Löcher in die Pfirsichkörbe zu sägen, sodass sie den Ball nach einem Korberfolg nicht immer mit einem Stock herausstochern mussten. Das war die vielleicht grandioseste Idee nach der Erfindung des Sports. Einige Jahre später hatte auch der Paneelball ausgedient. 1894 erhielt die acht Jahre zuvor gegründete Firma Spalding den Auftrag von Naismith, einen speziellen Ball zu entwickeln.
Während Ball und Korb sich veränderten, wuchs die Beliebtheit des Sports rasant. Andere Schulen wurden aufmerksam auf das Wurfspiel mit Pfirsichkörben. Bereits 1893 spielte Naismiths YMCA ihr erstes College-Basketballspiel gegen die Vanderbilt University. Der Score mit 9:6 für Vanderbilt war dabei schon deutlich höher als beim ersten Spiel, wenngleich die Punkteausbeute immer noch meilenweit entfernt von heutigen Scores war.
Nachdem Schulen, Colleges und andere Institutionen auf den "Hype-Train" namens "Basket Ball" aufgesprungen waren, ließen die ersten Profiteams nicht lange auf sich warten. Nur acht Jahre, nachdem der Erfinder des Basketballs die 13 Regeln des Spiels auf einem Stück Papier notiert hatte, wurde die erste Profiliga gegründet: 1898.
Man nannte diese Liga zwar "National Basketball League", doch mit "National" hatte die Spielklasse damals nicht viel zu tun. Es nahmen lediglich sechs Teams teil, bei 19.495 Städten in den USA eine verschwindend geringe Zahl. Was den Namen noch absurder erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass drei der sechs Teams in Philadelphia ansässig waren und die anderen drei Franchises aus New Jersey kamen. Dennoch: Die Clover Wheelmen, die Germantown Nationals und die Hancock Athletic Association aus Philadelphia bildeten mit den Millville Glass Blowers, den Camden Electrics und den Trenton Nationals aus New Jersey die erste Basketball-Profiliga der Welt: die National Basketball League.
Der neue Hallensport entwickelte sich raketenhaft, der Sport wurde immer beliebter. Die sportlichen Strukturen kamen allerdings nicht ganz hinterher. Die Profiteams wurden chaotisch geführt, es gab keine Verträge, keine festen Spieler und auch sonst nichts, was einer heutigen NBA-Organisation gleichen würde. Zwei der in Philly ansässigen Teams meldeten sich noch in der ersten Saisonhälfte wieder vom Spielbetrieb ab. Ihre Premierensaison brachte die NBL mit nur vier Teams zu Ende. Die Trenton Nationals dürfte das wenig gestört haben, als sie die Trophäe der ersten Meisterschaft im Profibasketball in die Luft hievten. Ein Erfolg, der offenbar niemanden im Bundesstaat inspirierte. Die meisten Spieler aus New Jersey wollten in die neugegründete Philadelphia League wechseln. Basketball war hier voll im Trend, die NBL hingegen war es nicht. Nach nur fünf...
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