Schweitzer Fachinformationen
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Was nützt einem der schönste Ort, wenn die, die man liebt, woanders sind?
Aus und vorbei, der Job bei einem hippen Kölner Start-Up ist in letzter Minute geplatzt und damit Anas Chance, in Deutschland bleiben zu können. Der Vater ihrer Zwillinge ist unauffindbar, er tourt derweil als Hornist irgendwo durch die Weltgeschichte. An willigen Helfern fehlt es nicht, alle wollen, dass Ana und ihre Kinder bleiben. Nicht zuletzt der attraktive, aber entnervend sorglose Musiklehrer der talentierten Zwillinge, der Ana mit seinem Optimismus zur Weißglut treibt. Bis sie erkennt: Auch auf Traumtänzer ist Verlass. Ein heiterer Roman voller Sprachwitz und großartiger Pointen
Ich rannte die vier Stufen der Steintreppe hinauf, stemmte mich gegen die schwere Eisentür und betrat das riesige Büro der Firma Moormann Design. Ein schneller Blick auf die Armbanduhr. Fünf Minuten zu früh. Egal. Zielstrebig steuerte ich auf den Empfangstresen zu, hinter dem eine junge Frau mit Mireille-Mathieu-Frisur und Nasenpiercing saß.
Bevor ich zum Gruß ansetzen konnte, murmelte sie ohne aufzublicken »Moment« und tippte kaugummikauend etwas in ihren Computer.
»Okay«, sagte ich und ließ den Blick schweifen. Das loftartige Büro kam mir heute irgendwie noch größer vor als letzte Woche. Ehrfürchtig blickte ich nach oben. Die Decken mussten mindestens fünf Meter hoch sein. Beeindruckend. Aber schwer zu heizen. Im Winter würde ich mich warm anziehen müssen, so viel war klar.
Mireille Mathieu hob den Kopf. »Hey. Was kann ich für dich tun?«
»Oh. Hallo!« Schnell setzte ich ein strahlendes Lächeln auf. »Ana Abovicz. Ich komme wegen des Vertrags.«
Sie blickte auf ihren Bildschirm und scrollte ein wenig auf und ab. Ihre Kiefer mahlten unermüdlich weiter Kaugummi.
»Mmhmmm . Hattest du einen Termin?«
»Ja. Mit dem Geschäftsführer. Dennis Müller«, fügte ich noch hinzu, für den Fall, dass sie vergessen haben sollte, wie ihr Chef hieß.
»Mhmmmm . Weswegen noch mal?«
»Wegen des Arbeitsvertrags. Ich sollte ihn heute unterschreiben.«
»Oooookay.« Sie tippte etwas in ihren Computer.
Stille.
Kaugummikauen.
»Ich frag mal den Dennis.«
»Gut«, erwiderte ich. Kein Grund, nervös zu werden. Dass es in Start-up-Unternehmen manchmal ein bisschen chaotisch zuging, war ja kein Geheimnis.
Mireille deutete auf eine Reihe alter, mit rotem Samt bezogener Kinosessel, die weiter hinten an einer Wand standen und zwischen den weißen Stahlrohrmöbeln irgendwie deplatziert wirkten.
»Setz dich doch so lange«, sagte sie.
Ich klappte den mittleren der fünf Sitze nach unten, ließ mich vorsichtig darauf nieder und sah mich um. Bauchfreie Oberteile, zerrissene Jeans und karierte Holzfällerhemden über T-Shirts, so weit das Auge reichte. Und Vollbärte. Schuhwerk, als wollte die Belegschaft jeden Moment zu einer Bergwanderung aufbrechen. Und das mitten in Köln-Ehrenfeld. Unbehaglich zupfte ich an meinem dunkelblauen Kostümrock. Im Hintergrund hörte ich einen Mixer kreischen. Wenig später schwebte eine junge Frau mit langen wasserstoffblonden Haaren und buntem Hippiekleid in meine Richtung, in der einen Hand ein Smartphone, in der anderen einen grünen Smoothie. Den Blick fest auf das Display ihres Telefons geheftet, bemerkte sie die dunkelhaarige Kollegin nicht, die ihr schnellen Schrittes entgegenkam und dabei ebenfalls auf ihr Handy starrte. Eine Kollision schien unvermeidlich. Ich wollte gerade aufspringen, um einzugreifen, als die Dunkelhaarige doch noch nach links driftete. Ich war froh, dass ich sitzen geblieben war. Trotz der sommerlichen Temperaturen draußen fröstelte es mich. Ich schloss die Knöpfe des dunkelblauen Jacketts, das ich mir extra von der Mutter meiner besten Freundin Ella geliehen hatte, zog ein Tuch aus meiner Handtasche und schlang es mir um den Hals.
»Hey«, sagte da die Wasserstoffblonde, die vor mir stehen geblieben war. Ihr Blick scannte mich kurz, dann lächelte sie. »Du bist bestimmt die neue Buchhalterin, stimmt's?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich fange hier als Produktdesignerin an.«
»Ach, echt?«, fragte sie und zog die Augenbrauen hoch. Dann lächelte sie wieder. »Cool! Magste was trinken?«
Ich starrte auf die Spinatbröckchen am Rand ihres halb ausgetrunkenen Glases. »Nein, danke«, sagte ich und lächelte höflich.
»Vielleicht ein Matcha Latte mit Chiasamen? Oder einen Kraftbrühe-Kokosmilchshake?«
»Ähm . nein. Das ist wirklich sehr nett, aber ich hab eben erst gefrühstückt.« Im Moment hätte ich nicht einmal einen Schluck Wasser hinunterbekommen.
»Okay, no problem«, sagte sie und steuerte einen der Kollegen mit offenem Holzfällerhemd an, setzte sich auf seinen Schreibtisch und ließ ihre nackten Füße baumeln, während sie etwas auf seinem Bildschirm begutachtete. Vielleicht hätte ich aus Höflichkeit doch so einen Brühekokosdrink nehmen sollen. An die Getränke hier würde ich mich erst noch gewöhnen müssen. Und auch an die Kollegen, die alle so viel jünger zu sein schienen als ich. Aber ich würde mich sicher schnell einleben. Ich hatte schon ganz andere Sachen gemeistert. Außerdem blieb mir auch gar nichts anderes übrig, denn ich brauchte diesen Job. Und zwar unbedingt.
Während ich darüber nachdachte, wie unbedingt, wuchs meine Unruhe, und ich erwischte mein rechtes Knie dabei, wie es nervös auf und ab wippte. Das tat es immer, wenn ich aufgeregt war. Schon zu Schulzeiten hatte ich damit meine Sitznachbarn regelmäßig in den Wahnsinn getrieben - besonders während Mathearbeiten, oder wenn wir sie zurückbekamen. Ich drückte die Hand aufs Bein. Wo war eigentlich Mireille Mathieu abgeblieben? Ich wandte meinen Blick nach links und entdeckte sie in einem großen, gläsernen Büro, zusammen mit Dennis, dem Geschäftsführer. Er stand über einen Kickertisch gebeugt und malträtierte die Griffe mit schnellen Zieh-, Stoß- und Drehbewegungen. Auf einmal sah er zu mir herüber, und durch die angelehnte Glastür hörte ich ihn »Scheiße!« zischen. Mit einer großen Geste ließ er die Griffe los und trat einen Schritt zurück. Er sah sauer aus. Mireille Mathieu schlurfte zu mir herüber.
»Kannst reingehen«, meinte sie und deutete mit dem Kinn in Richtung Glaskasten.
Ich sprang auf.
Mit einem strahlenden Lächeln reichte ich Dennis die Hand. »Hallo«, begrüßte ich ihn betont locker. »Da bin ich.«
»Ja, da bist du.« Dennis' Lächeln war leider sehr viel weniger strahlend. Er blickte sich suchend um, als hätte er Mühe, sich in seinem eigenen Büro zurechtzufinden, und nahm dann hinter dem Schreibtisch Platz. »Setz dich doch.« Er sah gut aus. Sonnengebräunt. Blonde Haare, die ihm ins Gesicht fielen. Er strich sie sich hinters Ohr und schob einige lose Blätter auf dem Tisch hin und her. Ich ließ mich auf dem vordersten Rand eines Designerstuhls ihm gegenüber nieder und behielt meine Tasche vorerst auf dem Schoß - um gleich den Kugelschreiber herausnehmen zu können, den ich vorsorglich eingepackt hatte.
Wir schwiegen. Er strich sich über den Vollbart, was ein knisterndes Geräusch machte. Er gehörte zu der Sorte Männer, denen so ein Bart stand. Er machte ihn ein wenig älter, was in seinem Fall ein Vorteil war, denn er musste noch ziemlich jung sein. Ich schätzte ihn auf höchstens fünfundzwanzig.
»Tja, dann .« Er zog sämtliche Schubladen des Schreibtisches auf und wieder zu und tauchte schließlich ab, um in der untersten herumzukramen.
»Bin gleich so weit«, hörte ich ihn von da unten murmeln.
»Okay«, sagte ich. An der Wand mir gegenüber hing ein buntes Surfbrett, was Dennis' Sonnenbräune und die blonden Haare erklärte. Hinter dem Schreibtisch prangte eine Fotowand: Dennis - meistens umgeben von Freunden - beim Skifahren, am Strand, auf Partys. Nur auf einem der Bilder war jemand anders zu sehen als mein zukünftiger Chef.
»Mein alter Herr«, erklärte Dennis, der unvermittelt wieder aufgetaucht und meinem Blick gefolgt war. »Herzinfarkt. Letztes Jahr. Hab leider kein einziges schönes Foto gefunden, auf dem wir zusammen drauf sind.«
»Oh«, machte ich betroffen. »Das tut mir sehr leid.«
Dennis winkte ab. »Schon gut. Wir standen uns nicht besonders nahe. Trotzdem hat er mir ein bisschen was hinterlassen.« Er setzte ein Sonnyboy-Grinsen auf. »Der alte Herr zahlt die Miete - indirekt sozusagen.«
Ich nickte. Dennis war derweil fündig geworden. Triumphierend hielt er etwas in die Höhe, das er aus der unteren Schublade gezogen hatte. Bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass es sich nicht um meinen Vertrag, sondern um ein Panini-Fußballheft handelte. »Bin sofort so weit.« Er blätterte darin herum, kramte einen Sticker aus seiner Hosentasche und klebte ihn hinein. »So. Jetzt fehlt nur noch Manuel Neuer.« Sichtlich zufrieden legte er das Heft zurück in die Schublade und stieß sie schwungvoll zu. Dann wandte er sich endlich mir zu.
»Äh, Anita, richtig?«, sagte er.
»Ana.«
»Genau, Ana. Du bist gekommen wegen .«
». der Vertragsunterzeichnung«, half ich ihm auf die Sprünge.
»Wegen des Vertrags, ja, richtig«, sagte er. »Eigentlich sollte Boris dich anrufen. Hatter nich' gemacht, oder?«
»Äh, nein«, sagte ich. »Nicht, dass ich wüsste.«
»Es gibt da nämlich ein kleines Problemchen.«
»Problemchen?«, echote ich und merkte, wie mir Schweiß auf die Stirn trat. Ich zerrte an meinem Halstuch.
»Ja, genau. Problemchen. Mit deinem Vertrag.«
Ich schluckte. »Wenn er noch nicht fertig ist, kann ich gerne .«
»Nein, nein, das ist es nicht. Es ist nur so, gestern war unser Steuerberater hier. Der checkt halt immer alles - so finanzmäßig, weißt du, was ich meine?«
Ich nickte vorsichtshalber.
»Na ja, jedenfalls meinte er, dass wir im letzten Quartal absatzmäßig nicht so richtig Meter gemacht hätten. Nicht, dass wir pleite sind oder so, aber wir müssen halt mal ein bisschen auf die Bremse treten. Ausgabenmäßig. Nicht immer umsonst Smoothies für alle und so. Weißt du, was ich meine?«
Ich antwortete nicht. Mein Herz pochte bis zum Hals.
»Na ja, und dann meinte er eben auch,...
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