Im Teufelskreis der schönen Hexen
von Logan Dee
Die Frauen kreischten vor unbändiger Lust. Dazu hämmerte ein wummernder Beat. Der Abend war weit vorgerückt. Es ging auf Mitternacht zu.
Die späte Uhrzeit machte den beiden Jungs nichts aus. Auch die Kälte und der feine Nieselregen nicht. Dazu waren sie viel zu aufgeregt.
Sie waren erst vor einer halben Stunde losgezogen. Den Weg nach Darkhall Manor hinauf, das nur über eine schmale Serpentinenstraße zu erreichen war.
Tom Abergail war gerade siebzehn geworden. Sein Kumpel Leon Stewart würde nächste Woche achtzehn werden. Beide wohnten in derselben Straße und waren Freunde seit Kindertagen.
»Meinst du, die Weiber tanzen nackt da herum?«, fragte Tom heiser. Er konnte die aufgestaute Spannung kaum mehr verbergen.
»Klar, oder glaubst du, die haben sich da zum Kaffeekränzchen verabredet? Natürlich haben sie erst mal Klamotten an, aber die reißen sie sich irgendwann vom Leib!«
»Von wegen Klamotten«, meinte Tom Abergail. »Ist das wirklich nötig, dass wir uns derart in Schale geschmissen haben? Die Krawatte habe ich das letzte Mal bei der Beerdigung meines Onkels getragen.«
»Natürlich ist das nötig. Könnte doch sein, dass die Ladys uns zu ihrer Party dazu bitten. Willst du dann in deiner labbrigen Jogginghose dastehen?«
Seit einer Woche hatte Leon seinen Freund schon heißgemacht. Seitdem er im Tagebuch seiner Schwester Sandy herumgeschnüffelt hatte. Darin hatte er von den Hexensabbaten erfahren.
Sandy war vor vier Monaten dem Coven beigetreten. Coven, so nannte man den Hexenzirkel. Das hatte er Sandys Tagebuch entnommen.
Und auch, dass es wirklich nur Frauen waren, die in dem Haus der Lady Schwarze Sabbate feierten.
Vor allem aber Spaß hatten.
So ganz ausführlich hatte Leons zwanzigjährige Schwester das leider nicht beschrieben. Woraus der Spaß genau bestand. Aber eigentlich musste sie das auch nicht. Allein aus den Andeutungen ging genug hervor, dass es Leons Vorstellungskraft anheizte
Seine Schwester war ihm schnuppe. Aber all die anderen Frauen, die da rumtanzten und sich wahrscheinlich auf alle möglichen Arten und Weisen vergnügten, die interessierten ihn.
Und da war da ja auch noch der Reiz des Verbotenen. Bei einem echten Hexensabbat heimlich zu spannen, das hatte was.
Sie standen jetzt vor der efeubewachsenen Steinmauer. Sie war zu hoch, als dass man so ohne Weiteres darüber klettern konnte. Aber mit einer Räuberleiter würde es bestimmt gehen.
Die Stimmung in dem Haus brodelte immer höher. Der Beat wurde immer schneller, die juchzenden Schreie immer schriller, begleitet von kreischendem Gelächter.
»O Mann, ich bin so geil, einen Blick darauf zu werfen!«, stöhnte Tom.
»Nur immer mit der Ruhe!«, antwortete Leon grinsend. »Die bringen sich doch gerade erst in Stimmung! Der Höhepunkt steht garantiert noch bevor. Um Mitternacht!«
»Sagt deine Schwester.«
»Sagt sie nicht. Hat sie geschrieben. Und jetzt hak deine Hände zusammen, damit ich auf die Mauer klettern kann.«
Tom war der Stabilere und Kräftigere der beiden. Also war es klar, dass er die Räuberleiter machen musste. Leon war gegen ihn ein Hänfling, dafür aber der Geschicktere. Im Nun hatte er mit Toms Hilfe die mehr als zwei Meter hohe Mauer erklommen.
Dann hielt er seinem Kumpel die Hand hin und zog ihn hoch.
»Du keuchst wie ein Walross!«, neckte ihn Leon. »Gut, dass die Hexen so einen Krach machen.«
Sich auf der anderen Seite der Mauer nach unten zu lassen, war leichter.
Innerhalb der Mauern war die Lautstärke, die die Hexen fabrizierten, noch gewaltiger. Und auch die Atmosphäre war eine andere.
Der betörende Geruch exotischer Pflanzen kitzelte Leons Nase. Vielleicht war es auch Rauchwerk. Opium und andere verbotene Substanzen, die ihn umwaberten.
»Das ist ... das ist hier so was von ...« Tom suchte nach dem richtigen Wort.
»Anders?«
»Nein, überwältigend! Absolut hammergeil! Spürst du es auch?«
Leon nickte und grinste. »Ja, vor allem in der Hose.«
Tom grinste ebenfalls. »Mann, stell dir das vor: ein, zwei oder mehr Dutzend nackte Weiber! Das ist geiler als auf Malle!«
Auf Mallorca waren sie vor einem Jahr gewesen, um den Junggesellenabschied von Toms älterem Bruder zu feiern. Aber außer an ein mehrtägiges Komabesäufnis, einem Konzert mit Mia Julia und anschließendem Blackout konnte er sich an nichts mehr erinnern.
»Geiler als alles!«, antworte Leon.
Zum Glück war seine Schwester heute nicht dabei. Sie lag mit Fieber im Bett. Sandy wollte er nicht unbedingt nackt sehen. Und schon gar nicht gönnte er den Anblick Tom.
Sie schlichen näher an das Gebäude heran. Die Fenster, hinter denen sich alles abspielte, standen trotz des schlechten Wetters offen. Dass sich jemand an dem Lärm störte, war ausgeschlossen. Nachbarn gab es hier oben keine.
Die Fenster lagen etwas erhöht. Also musste wieder Toms Räuberleiter herhalten.
»Aber schnell! Ich will auch gucken!«
»Ja, ja. Die laufen dir schon nicht weg.« Leon bestieg die Räuberleiter. Zusätzlich hangelte er sich am Fenstersims hoch, sodass er sich mit den Füßen auf einem Vorsprung abstützen konnte. Vorsichtig schob er den Kopf höher.
Zunächst sah er nichts außer grelle farbige Lichtreflexe. Nach der Dunkelheit mussten sich seine Augen erst darauf einstellen.
Aber als sich sein Blick endlich klärte, stockte ihm der Atem.
Es war genauso, wie er es erwartet hatte: Die Hexen machten bereits Party. Alle waren sie jung und knackig. Sie gebärdeten sich wie toll in dem großen Raum, der eine Art Ballsaal war. Ihm blieb vor Staunen der Mund offen stehen. Seine Augen kullerten ihm fast aus den Höhlen.
»Heh, Tom, das musst du dir angucken. Das ist dermaßen ...«
Er wandte den Kopf und schaute nach unten.
Tom war verschwunden.
Tom sah, wie sein Freund nach oben kletterte. Neidisch blickte er ihm nach. Warum musste eigentlich immer Leon die erste Geige spielen? Und das, wo er selbst es kaum erwarten konnte, die Frauen zu sehen.
Ihm kam eine Idee. Vielleicht gab es ja noch irgendwo eine andere Möglichkeit, um zu spannen. Irgendwie musste man doch da hochgelangen.
Leon war ihm egal. Der würde ohnehin nicht so schnell von da oben wegzukriegen sein. Sollte er doch springen.
Und sich den Arsch brechen.
Woher kam der Gedanke plötzlich? Normalerweise hegte er keinen Groll gegen seinen Freund. Aber jetzt verspürte er regelrechten Hass.
Er stahl sich davon, und wieder stellte er sich hämisch vor, dass Leon würde springen müssen. Vielleicht brach er sich ja sogar beide Beine!
Er klapperte die ganze Vorderseite ab. Dabei begleitete ihn die ganze Zeit der animierende Lärm, der nach wie vor aus den Fenstern schallte. Immer gieriger huschten Toms Blicke umher, spähten nach einer Möglichkeit, hochzugelangen.
Und dann entdeckte er sie!
An einem knorrigen Apfelbaum lehnte eine Holzleiter. Das war die Lösung.
Das Ding erwies sich als ziemlich schwer und sperrig, aber die sprichwörtliche Aussicht, die ihn erwarten würde, verlieh ihm ungewohnte Energie.
Die Leiter reichte genau bis zum Fenstersims. Jetzt musste er nur noch hochsteigen.
Die Sprossen ächzten unter seinem Gesicht.
Er hatte es fast geschafft.
»Na, mein Süßer. So spät noch aktiv?«
Tom zuckte zusammen. Vor Schreck wäre er fast von der Leiter gefallen.
Seine Augen wurden groß, als er sah, wer ihn da angesprochen hatte.
Es war eine der Hexen, die am Fuß der Leiter stand und zu ihm hochblickte.
Es musste eine von ihnen sein!
Denn sie war splitterfasernackt!
»Und, gefällt dir, was du siehst?«, lockte die Hexe.
Sie strich sich mit beiden Händen über die perfekten vollen Brüste. Aber auch sonst war alles perfekt an ihr: die schulterlangen blonden Locken, die schmalen Schultern und die geschwungenen Hüften. Sie hatte unendliche lange Beine, aber bis dahin kam Toms Blick gar nicht. Er starrte dorthin, wo sich ihre Lustgrotte befand.
Darüber und unter dem Bauchnabel war sie tätowiert. Da befand sich ein großes Kreuz. Und das stand auf dem Kopf.
Na klar, sie ist eine Hexe!
Trotzdem kam es ihm wie ein kleiner Schönheitsfehler vor. Ansonsten konnte er keinen entdecken.
»Kommst du runter oder schon da oben?«, fragte sie grinsend, weil ihm noch immer die Spucke wegblieb.
Trotz des aufregenden Ausblicks wurde ihm ein wenig flau. Immerhin hatte sie ihn beim Spannen erwischt. Womöglich hielt sie ihn auch noch für einen Einbrecher.
Was ja auch irgendwie stimmte.
Vor dem Gelände war groß und deutlich ein Schild angebracht:
Privatgelände
Betreten verboten!
Bei Widerhandlung erfolgt Bestrafung
»Oder willst du da oben übernachten?« Sie rieb sich über die Nippel, die ganz hart wurden. »Das wäre aber schade!« Dazu fuhr sie sich lasziv mit der Zunge über die vollen...