Schweitzer Fachinformationen
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Witte
Auf der Party ist es brechend voll, dennoch bin ich mir der Anwesenheit einer äußerst bedeutsamen Person stets bewusst - der Frau meines Arbeitgebers, die vor vielen Jahren gestorben ist. Das nächtliche Manhattan breitet sich funkelnd und glitzernd unter dem Penthouse aus. Wolken bauschen gegen die raumhohen Fenster und verdecken immer wieder den geheimnisvoll dunklen Central Park tief am Grund und seinen größten See, den Reservoir. Mit leisem Ächzen schwankt das Hochhaus leicht im böigen Abendwind, doch meist überlagern Musik und reges Stimmengewirr den klagenden Laut.
Hier im Innern, hinter den Glasfronten, herrscht knisternde Anspannung. Die Luft ist gefährlich aufgeladen, was nicht wundert bei so vielen Rivalen, zusammengedrängt auf dichtem Raum. Nur die Regeln des Anstands und die Angst vor Gesichtsverlust zügeln die Widersacher, die sich gereizt umlauern und bloß widerwillig ihre Klauen für einen Moment verbergen.
Anlass für diesen eleganten Empfang ist die Vorstellung einer neuen Kosmetiklinie. Die Gästeliste umfasst die prominentesten Vertreter unter Manhattans jungen Überfliegern, ein repräsentatives Aufgebot der Schönen und Reichen. Enge Freunde befinden sich darunter ebenso wie erbitterte Feinde. Es sagt viel über den Status von Mr. Black, dass er Menschen, die derart verschieden sind - und auch polarisieren -, unter seinem Dach zusammenzubringen versteht.
Wie Schachfiguren haben die Gäste sich möglichst vorteilhaft im Raum positioniert. Ryan Landon trennt etwa die gesamte Länge des riesigen Wohnzimmers von Mr. Blacks Geschäftspartner Gideon Cross. Die beiden Männer pflegen eine innige Feindschaft, die sie bereits von ihren Vätern geerbt haben, und so bedauerlich dieser Unfriede auch sein mag, die Klarheit dieser unverhohlenen gegenseitigen Abneigung ringt mir doch Bewunderung ab.
Ganz anders verhält es sich da mit den zentralen Widersachern von Mr. Black, seinen Halbbrüdern Darius und Ramin, die querschießen, sobald es ihnen persönlich von Nutzen ist. Außerdem wäre da noch Amy, die Angetraute von Darius, die als einzige Frau im Raum nicht ständig zu Mr. Black hinübersieht. Nicht einmal einen verstohlenen Seitenblick schenkt sie ihm.
Der Raum zwischen diesen Hauptfiguren wird aufgefüllt von Reality-TV-Prominenz, Influencern und Influencerinnen, Models und Leuten aus der Musikbranche. Unaufhörlich lässt grelles Blitzlicht die Glitzergarderoben und die breite Fensterfront aufleuchten, da eine Unzahl von Selfies aufgenommen werden muss, um diese wenig später mit Millionen von Followern zu teilen. Die meisten Firmen zahlen gewaltige Honorare für solche Netzwerbung, aber heute Abend erübrigt sich das. In dieses Penthouse eingeladen zu werden, ist ein gesellschaftlicher Volltreffer, nicht zuletzt wegen der Möglichkeit, Cross und seiner Frau Eva nahezukommen, die als Paar derzeit die Medien beherrschen wie kein anderes.
Mit einem diskreten Kontrollblick vergewissere ich mich, dass der Service aufmerksam, aber unauffällig die Gäste mit Getränken und Kanapees versorgt und zugleich alle leeren Baccarat-Gläser und Teller aus edlem Limoges-Porzellan entfernt.
Üppige Sträuße aus schwarzen Lilien der Sorte Blacklist schmücken die Tische aus afrikanischem Schwarzholz, verströmen Formschönheit und glamourösen Chic, ohne aufdringlich bunt zu sein oder zu duften. Brandaktuelle Musik pulst quirlig durch den Raum. Der Sänger ist anwesend, steht an eine Wand gelehnt da, den Arm um die Taille einer Frau geschlungen und die Lippen an ihrer Wange. Sein Blick ist auf Mr. Black gerichtet, wandert dann weiter zu mir, gerade als die Smartwatch an meinem Handgelenk vibriert, um die Ankunft neuer Gäste zu melden.
Ich begebe mich ins Foyer.
Eine schlanke Schwarzhaarige auf extravaganten Limo Heels schwebt zur Tür herein, und sofort ist mir klar, dass mein Arbeitgeber sie verführen wird. Sie mag zwar am Arm eines attraktiven Gentlemans eintreffen, aber das spielt keine Rolle. Sie wird sich Mr. Black hingeben. Das tun sie alle.
Die Ähnlichkeit der Frau mit der verstorbenen Mrs. Black ist unverkennbar: schwarzes Haar, sinnlich grüne Augen, rote Lippen. Eine Schönheit, kein Zweifel, und trotzdem nur eine fade Kopie der Frau, die auf dem Porträt verewigt ist, das Mr. Black so liebt. Doch das ist jede von ihnen.
Ich begrüße sie mit einem leichten Nicken, biete an, ihr den Mantel abzunehmen, und warte dann, während ihr galanter Begleiter die Aufgabe übernimmt.
»Danke«, sagt die Schwarzhaarige, und ihr Begleiter reicht mir ihren leicht schimmernden Mantel. Sie spricht zu mir, schaut dabei allerdings in Richtung von Mr. Black, der offenkundig bereits ihre Aufmerksamkeit erregt hat. Obwohl sich der Hausherr bewusst ganz an den Rand des Raums zurückgezogen hat, macht seine groß gewachsene Statur es unmöglich, ihn zu übersehen. In seinem Innern brodelt eine schier grenzenlose Energie, die lediglich von einer ebenso außerordentlichen Willenskraft gebändigt wird. Er ist ein Mann, der seine Bewegungen auf ein Mindestmaß beschränkt, der aus irgendeinem Grund aber zugleich den Eindruck grenzenloser Wildheit vermittelt. Mir entgeht nicht, welche Anstrengung es unseren neuen Gast kostet, den Blick von ihm abzuwenden und stattdessen das Partygeschehen einer Prüfung zu unterziehen.
Die zentrale Kommandoposition unmittelbar vor der Fensterfront hat Mr. Blacks Schwester Rosana eingenommen, eine große, dunkle Schönheit in einem perlenbesetzten türkisen Abendkleid, der das mahagonibraune Haar in glänzenden Wellen über die Schultern fällt. Sie bildet einen krassen Kontrast zu der silberblonden Eva Cross, die eher klein und kurvenreich in einem eleganten apricotfarbenen Seidenkleid neben ihr steht. Gemeinsam mit Rosana fungiert Eva als Botschafterin der neuen Produktlinie. So vollkommen unterschiedlich die zwei Frauen auch sind, sie sind beide Lieblinge der Boulevardpresse und der sozialen Medien.
Ich überprüfe schnell, wie Mr. Black auf den neuesten Gast reagiert. Wie erwartet, mustert er sie konzentriert. Sein Unterkiefer spannt sich an, während er sie genau taxiert. Auch wenn die Anzeichen kaum merklich sind, spüre ich doch seine maßlose Enttäuschung, unweigerlich gefolgt von einer Woge an Selbstvorwürfen.
Einen Moment lang hatte er gehofft, es wäre sie. Lily. Eine Frau, deren einzigartige Schönheit von der Aufnahme, die in seinen privaten Räumlichkeiten hängt, unsterblich gemacht wird und die so wirkmächtig ist, dass ihr Geist diese Räume und den Mann, der darin wohnt, immer noch beherrscht. Es ist erschütternd zu erleben, wie er nicht aufhören kann, in jeder Frau nach ihr zu suchen.
Als ich meinen Dienst bei ihm antrat, lebte er zwar bereits ohne Lily, daher kenne ich sie nur aus den Erinnerungen, aber in meiner Stellung hört man natürlich so einiges. Allgemeine Übereinstimmung besteht darüber, dass sie unvergleichlich gut ausgesehen hat. Viele halten sie sogar für die schönste Frau, die ihnen je begegnet ist. Obwohl ihr Vorname eher ein zartes, zierliches Wesen hätte vermuten lassen, wird sie meist als selbstbewusst, scharfsinnig und verwegen beschrieben. Darüber hinaus war sie den Erzählungen nach ein umgänglicher Mensch, der gern Mut zusprach und sowieso stark am Schicksal anderer interessiert war, eine Eigenschaft, die ich für weit wertvoller halte, als selbst interessant zu sein.
Eine Weile standen mir lediglich solch vage Eindrücke und Einschätzungen zur Verfügung - bis zu jener qualvollen Nacht, in der Mr. Black derart vom Alkohol enthemmt und halb wahnsinnig war, dass er die in ihm rasende Trauer nicht länger unterdrücken konnte. Damals wurde mir klar, wie extrem er bis heute unter ihrem Bann steht, und ich kann ihre Macht förmlich spüren, wenn ich das riesige Porträtfoto von ihr betrachte, das die Wand gegenüber von seinem Bett dominiert.
Diese Aufnahme ist das einzige Farbige im gesamten Raum, aber noch weit markanter daran ist etwas anderes: der Ausdruck in ihren Augen - so brennend vor Sehnsucht, so eindringlich.
Wer auch immer Lily gewesen sein mag, ihre Liebe zu Kane Black hatte sie beide verzehrt. Und in seinem Leben bleibt diese Obsession weiter der bedrohlichste Faktor.
Ich verfolge, wie sich unser neuester Gast durch die Menge langsam zu Mr. Black schlängelt und der Abstand zu ihrem Begleiter immer größer wird. Auch wenn sie in ihrem knallroten Kleid eine durchaus feurige Erscheinung abgibt, ist in diesem Spiel er die Flamme.
Erst kürzlich hat eine bekannte Zeitschrift Mr. Black unter die Sexiest Men Alive gewählt. Er wird demnächst dreiunddreißig, und dank seines Reichtums kann er sich sogar mich leisten, einen Majordomus britischer Abstammung, Butler in siebter Generation und perfekt ausgebildet, um Situationen aller Art zu meistern, von profanen Problemen bis zu extremen Lebenskrisen. Mr. Black wirkt verschlossen und unergründlich, trotzdem fühlen sich die Frauen magisch zu ihm hingezogen und vergessen in seiner Gegenwart jede selbstschützende Vorsicht. Aber sosehr sie sich auch bemühen, sie können ihn nicht haben. Obwohl er Witwer ist, bleibt er in seinem tiefsten Innern weiter unerschütterlich verheiratet.
Meist zeigt er sich mit der schlanken Blondine, die auch jetzt, mit Elfenbeinschmuck und Perlen behangen, nicht weit von ihm entfernt steht. Die Frau ist seine Mutter, was allerdings kaum jemand ahnen würde, wenn es nicht allgemein bekannt wäre. Und ihr Alter ist keineswegs das Einzige, was Aliyah geschickt zu verbergen weiß. Aufschluss über ihre wahre Natur geben allein...
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