Schweitzer Fachinformationen
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13:45 Uhr, 33° Celsius
Wenn das noch lange so bleibt, geh ich ein wie eine Primel«, stöhnte mein Kollege Eric Lautenschläger und fächelte sich verzweifelt mit einer alten Akte Luft zu. »Seit Wochen tropische, ach, was sag ich, subtropische Verhältnisse. Wer soll denn dabei denken!«
»Na ja, ob ich das mit den Denkschwierigkeiten jetzt auf die Hitze schieben würde .«, grinste ich und wich elegant der Akte aus, die in meine Richtung geflogen kam. »Außerdem haben wir momentan nichts zu denken. Kein einziger Fall weit und breit, nicht mal eine entlaufene Hauskatze. Wahrscheinlich liegen auch die Verbrecher bei dieser Bullenhitze in der Hängematte und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein.«
»Verdenken kann ich es ihnen nicht«, seufzte Eric. »Man bricht ja schon in Schweiß aus, wenn man nur die Augenbraue lüpft.« Er drehte sich auf Silkes Bürostuhl um und zog, ohne die nackten Füße vom Tisch zu nehmen, eine neue Akte aus dem Regal hinter sich. Dann fuhr er fort, sich Luft zuzuwedeln, und schloss ermattet die Augen. »Wer ist eigentlich auf die behämmerte Idee gekommen, dass wir beide hier in den Sommerferien die Stellung halten, während alle anderen in Urlaub fahren?«
Außer uns und Sammy, der hechelnd in seinem Körbchen lag, war die Detektei vollkommen ausgestorben. Weil Silkes und mein Büro nach hinten rausging und deshalb marginal kühler war als die Büros nach vorne zum Brüsseler Ring, war Eric kurzerhand umgezogen und hielt Silke buchstäblich den Stuhl warm.
»Das warst bestimmt du«, brummte ich und nestelte weiter mit dem Schraubenzieher an unserem kleinen Tischventilator herum - in der Hoffnung, ihn wieder ans Laufen zu kriegen. »Dass daraus Dienst im subtropischen Gewächshaus werden würde, hattest du allerdings vergessen, beiläufig zu erwähnen.«
Eric schwieg eine Weile und sagte dann: »Hast du eigentlich noch rausgefunden, was es mit dieser geheimnisvollen, schwarzen Maske auf sich hatte, die dir im März jemand auf die Fußmatte gelegt hat?«
Während ich das Gehäuse des Ventilators öffnete und mir endlich das Innenleben ansehen konnte, schüttelte ich den Kopf. An meinem Geburtstag vier Monate zuvor hatte es frühmorgens unverhofft an meiner Wohnungstür geklingelt. Bis ich die Tür geöffnet hatte, war weit und breit niemand mehr zu sehen gewesen. Auf meiner Fußmatte hatte eine venezianische Augenmaske aus schwarzem Samt gelegen, komplett mit Seidenbändern zum Umbinden. Keine Botschaft, keine Erklärung. »Nein, immer noch keinen blassen Schimmer, von wem die gekommen ist oder was man mir damit sagen wollte.«
»Ich hab noch mal nachgedacht«, sagte Eric.
Neugierig hob ich den Kopf.
»Na ja«, grinste er, »vielleicht sucht Zorro einen Nachfolger oder du hast einen heimlichen Verehrer im Lack- und Leder-Milieu, der sich nicht aus der Deckung traut.«
Ich rollte mit den Augen und widmete mich wieder dem Ventilator.
»Nein, im Ernst«, fuhr er fort, »das kann doch nur ein Dummejungenstreich gewesen sein, oder?«
»Das glaube ich eigentlich nicht«, antwortete ich, während ich mit einer besonders widerspenstigen Schraube kämpfte. »Ich hab neulich mal Tom gebeten, sie sich anzuschauen. Ich hatte nämlich nicht den Eindruck, dass die nicht gerade aus 'nem Kaugummi-Automaten kam.« Tom Hartwig, ein international renommierter Kunst- und Antiquitätenhändler, der bei meinem letzten größeren Fall mein Klient gewesen war, kannte sich mit fast allem aus, was teuer und exklusiv war, und ich hatte das Gefühl gehabt, die Maske könnte in diese Kategorie fallen.
»Und?«, fragte Eric neugierig.
»Er sagt, es sei ein sehr wertvolles Stück. Handarbeit mit exklusivem Stoff, er vermutet, dass die Maske aus Italien stammt.«
»Oh-oh, nicht dass die italienische Mafia sich neuerdings für deine Dienste interessiert, jetzt wo du dich in Gangsterkreisen bestens auskennst.«
Dass Tom Hartwig in seinem früheren Leben ein berühmt-berüchtigter Gangsterboss gewesen war, übte fast so eine große Faszination auf andere Leute aus wie seine muskelbepackte Figur und sein schier unerschöpfliches Bankkonto.
»Papperlapupp, dann hätten sie mir 'nen Pferdekopf aufs Kopfkissen gelegt und keine Maske auf die Fußmatte.«
»Auch wieder wahr«, räumte Eric ein.
»Höchst merkwürdig das Ganze, aber mach dir keine Sorgen, ich krieg schon noch raus, wer dahintersteckt.«
»Die Frage ist nur, ob wir die Antwort wirklich wissen wollen.«
»Ich .« Das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelte, ich nahm den Hörer ab. »Detektei Schniedewitz & Schniedewitz, Britta Sander am Apparat.«
»Fachbereich Sport der Stadt Aachen, Irmgard Kohnen. Bin ich bei Ihnen richtig?«
»Äh, das kommt drauf an, wo Sie hinwollen, Frau Kohnen«, grinste ich.
Die Stimme am anderen Ende lachte. »Sie haben recht, Entschuldigung. Ich habe noch nie in einer Detektei angerufen.«
Wenn ich's mir recht überlege, ich auch nicht. »Wie können wir Ihnen denn weiterhelfen?«
»Das würde ich lieber persönlich mit Ihnen besprechen. Die Angelegenheit ist etwas delikat.«
Hm, untreuer Ehemann oder simulierender Arbeitnehmer? »Ja, natürlich gerne. Sollen wir zu Ihnen kommen oder mögen Sie hier vorbeischauen?«
Sie räusperte sich. »Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen, aber ich stehe schon hier unten bei Ihnen vor der Tür.«
Ich legte den Schraubenzieher weg, den ich immer noch in der Hand hatte. »Ach das ist ja praktisch. Geben Sie mir zwei Minuten, okay?« Ich legte hastig auf, nahm die Füße vom Tisch und verschwand unter meinem Schreibtisch, um hektisch nach meinen Sandalen zu suchen. Sammy sprang sofort begeistert auf und tat wild schnüffelnd sein Bestes, mir beim Suchen in die Quere zu kommen. Seit ich ihn einige Tage zuvor hatte scheren lassen, sah er aus, als wäre nur noch die Hälfte von ihm übrig. Seiner Neugier oder gar seinem legendären Appetit hatte das aber selbstverständlich keinen Abbruch getan.
Erics Kopf tauchte unter Silkes Tischplatte auf. »So schwer kann das doch eigentlich nicht sein, die Käsemauken zu finden. Das Eau de Chaussure erkenn ich auf Meilen gegen den Wind,« grinste er. »Warum denn plötzlich die Eile?«
Ich griff nach meinen Sandalen, die sich mucksmäuschenstill unter dem Rollcontainer versteckt hatten, robbte rückwärts und kam puterrot wieder hoch. »Unten vor der Tür steht eine Dame vom städtischen Sportamt und möchte mit uns sprechen. Ich schlage vor, du machst dich auf Schnuppertour nach deinen Quadratlatschen. Obwohl .«
»Raus!«, sagte Eric und zeigte auf die Tür.
»Moment mal! Das ist mein Büro!« In dem Moment klingelte es.
Ich stolperte in meine Sandalen und zur Eingangstür, während Eric sich auf der Suche nach seinen eigenen Mauken geräuschvoll den Kopf unter der Tischplatte anhaute.
Wenig später hörte ich Schritte auf der Treppe und eine sommerlich-leger gekleidete Mittfünfzigerin kam die Treppe hoch, ohne außer Atem zu geraten. Na ja, die arbeitet ja auch beim Sportamt.
Ich bat Irmgard Kohnen herein und wies ihr den Weg in unsere kleine Gemeinschaftsküche. Dabei verstellte ich ihr die Sicht in unser Büro, wo Erics Bobbes unter dem Schreibtisch hervorragte, weil sich seine Sandalen im Kabelgewirr unter den beiden Schreibtischen verheddert hatten.
Sammy trippelte Frau Kohnen schwanzwedelnd hinterher, Morgenluft in Form von Kalorien witternd.
»Ach, was für ein putziges, kleines Kerlchen!« Frau Kohnen beugte sich runter und streichelte Sammy über den Kopf.
»Bis vor ein paar Tagen war er noch ein kleines, schwarzes Wollknäuel. Jetzt ist er nur noch klein und schwarz. Aber bei der Hitze musste die Matte einfach ab. Entschuldigen Sie, dass wir nicht in unseren schicken Besprechungsraum gehen - momentan könnten wir den prima als Sauna untervermieten. Hier drin liegen wir wenigstens noch unter der 40-Grad-Marke. Wasser, Saft, Kaffee?«
»Wasser, bitte. Ich sage Ihnen, ich beschwere mich nie wieder darüber, dass es in Aachen so viel regnet. Nie wieder.«
Aus meinem Büro hörte ich lautes Scheppern und einen unterdrückten Fluch, als ich Frau Kohnen ihr Wasser reichte. »Wie Sie hören, stößt mein Kollege gleich auch noch zu uns«,...
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