Schweitzer Fachinformationen
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17:00 Uhr
Ich hatte die Tür zur Detektei kaum aufgezogen, als Sammy schon durch den Türspalt schlüpfte und wie ein fellbesetzter, schwarzer Kugelblitz den Flur entlang in die Gemeinschaftsküche gefegt war.
Eins . zwei . dr.
»SAMMY!«, quietschte es erwartungsgemäß in schrillem Tonfall, »du kommst jetzt SOFORT . BRITTAAAAH!«
»Komme schon, komme schon«, rief ich meiner Kollegin Silke zu, die sich vermutlich gerade Sammys stürmischer Avancen erwehrte - die selbstverständlich Silkes Nachmittagssnack galten, nicht Silke selbst. »Alte Frau ist schließlich kein D-Zug.«
Ich beschleunigte meine Schritte etwas, und prompt ertönte Erics Stimme aus seinem und Marcs Büro. »Ach, hör mal, Marc. Käpt'n Ahab ist zurück! Klick, KLOCK, Klick, KLOCK.«
Beim letzten Klock traf Sammys vollgeschnuddelter Tennisball Erics Tastatur wie eine Bombe und verteilte den frischen Hundesabber gleichmäßig in alle Richtungen.
»Haben wir das Buch nicht zu Ende gelesen, Herr Lautenschläger? Käpt'n Ahab versteht nämlich bei seinem Holzbein überhaupt keinen Spaß«, grinste ich, zufrieden über den gelungenen Abwurf.
Außerdem ist das mit dem Humpeln gar nicht mehr sichtbar. Na ja, fast nicht mehr. Na gut, noch ein bisschen.
Eric und Marc guckten allerdings nicht auf mein Bein, das vor ein paar Monaten durch einen herabstürzenden Deckenbalken ordentlich in Mitleidenschaft gezogen worden war und sich immer noch in der Restgenesung befand. Stattdessen starrten sie entgeistert auf meine Arme, meine Jacke und das, was mal meine Jackenärmel gewesen waren. Die hingen traurig herunter und waren noch mit dem Unterholz gespickt, das ich noch nicht herausgeklaubt hatte.
»Was hast du denn gemacht?«, fragte Marc und vergaß dabei das Sandbrötchen, das er noch in der Hand hielt.
»Mit Sammy per Fahrrad jemanden observiert«, seufzte ich. »Es lief auch alles ganz super. Ehrlich, er lief ganz brav neben dem Rad her. Bis dieses Kaninchen vorbeigehoppelt kam. Dummerweise hatte ich die Leine nicht in der Hand, sondern am Lenker fest.«
»Lass mich raten«, gackerte Eric. »Ein plötzlicher Ruck und Sammy samt Fahrrad und Britta unterwegs Richtung Unterholz?« Wiehernd schlug er sich auf die Schenkel, den nassen Tennisball auf seinem Schreibtisch vergessend.
Marc grinste über alle vier Backen, wusste aber, was gut für ihn war, und biss hastig in sein wiederentdecktes Sandbrötchen.
»Du bist doch hoffentlich nicht auf dein lädiertes Bein gefallen?«, hörte ich hinter mir Silkes erschreckte Stimme.
»Nein, nein, alles okay«, beruhigte ich sie und drehte mich um. »Aber apropos lädiert - du hast doch hoffentlich nicht Sammy mit was Essbarem alleine in der Küche gelassen?«
Silkes schreckgeweitete Augen sagten alles, ebenso wie die zufriedenen Schlabbergeräusche, die jetzt unweigerlich an unsere Ohren drangen.
Seufzend wollte ich mich Richtung Küche aufmachen, als mein Handy die Star-Wars-Titelmelodie erklingen ließ.
»Wäre der Walkürenritt nicht der bessere Klingelton für dich?«, schlug Eric mit Unschuldsmiene vor, während ich aufs Display schaute und seine Frage geflissentlich ignorierte. Meine Schwester Petra.
»Pe, was gibt's?«
»Du hast es nicht vergessen, oder?«
Vergessen, vergessen, was denn .
»Aaaaaaaaaaaahhh, der Martinszug. Ich bin in zehn Minuten da!« Ich beendete das Gespräch und wetzte durch den Flur zurück zur Eingangstür.
»Alles Weitere morgen, liebe Leute«, rief ich über die Schulter zurück, »ich hab Tick, Trick und Track versprochen, mit ihnen zum Martinszug zu gehen.«
Ich öffnete die Tür und sah mich um. Kein Sammy. Also rief ich das Zauberwort:
»SAMMY, Leckerchen!«
Eine halbe Stunde später trudelte ich mit meinen drei Neffen im Schlepptau bei Sankt Gregorius ein, wo sich schon eine beachtliche Menschenmenge tummelte und eine fröhliche Ansammlung bunter Laternen in der Dunkelheit herumwippte. Auch das Pferd war schon da, nur vom Heiligen Martin war noch nichts zu sehen. Vor dem Café Middelberg versammelte ich die drei kleinen Strolche um mich, die gerade die Reste von ihren Weckmännern verputzten.
Ich bemühte mich um einen angemessen strengen Blick: »KEINER bewegt sich auch nur einen Schritt von meiner Seite, ist das klar?« Drei Engelsgesichter sahen mich unschuldig an und klimperten unisono mit den Wimpern, um zu signalisieren, dass sie selbstverständlich kein Wässerchen trüben konnten. »Keinen Schritt, Pip«, sagte ich zum Jüngsten, der mit seinen vier Jahren jetzt schon berühmt-berüchtigter war als seine Brüder.
»Ja, Tante Britta«, piepste er mit einem unschuldigen Augenaufschlag. Das hätte mir zu denken geben müssen.
»Ich verlass mich auf euch«, ermahnte ich den fünfjährigen Finn und den sechsjährigen Felix.
»Ja, Tante Britta«, trällerten die beiden im Chor. Das hätte mir noch mehr zu denken geben müssen.
»Gut, dann mal auf ins Getümmel, und passt auf, dass ihr in dem Gewühl nicht eure Laternen quetscht.« Finn und Felix würden mit ihren Wilde-Kerle-Laternen nicht weiter auffallen. Was der Heilige Martin allerdings zu Pips Darth-Vader-Laterne sagen würde, blieb abzuwarten.
Sammy hatte ich bei Petra und Gregor gelassen - drei Rabauken unter meinen Fittichen reichten für einen Abend. Als wir auf der anderen Straßenseite ankamen, zog ich mein Feuerzeug aus der Tasche und zündete die drei Laternenkerzen an. Darth Vaders grimmige Maske flackerte bedrohlich im Kerzenlicht, und als ein kleines Mädchen sich schreiend hinter ihrer Mutter versteckte, strahlte Pip zufrieden.
»So, so«, kratzte hinter mir eine knurrige Reibeisenstimme, »die dunkle Seite der Macht hat es auch noch rechtzeitig zum Martinszug geschafft. Fehlt ja nur noch der Imperator.«
Als ich mich umdrehte, stand hinter mir ein ungefähr siebenjähriges Mädchen mit blonden Zöpfen und einer wunderschönen, farbenfrohen Kugel-Laterne. Die Reibeisenstimme gehörte natürlich nicht ihr, sondern dem mittelgroßen, schwarzhaarigen und wie immer unrasierten Mann Mitte dreißig, der sie an der Hand hielt.
»Körber«, grinste ich. »Was machst du denn hier?« Kriminaloberkommissar Matthias Körber und ich waren uns im vergangenen Sommer bei den Ermittlungen zu einer mysteriösen Mordserie hier in Aachen begegnet und hatten uns trotz anfänglicher Meinungsverschiedenheiten schnell angefreundet.
Körber zog an seiner unvermeidlichen Zigarette und nickte mit dem Kopf in Richtung der drei Orgelpfeifen. »Ich nehme an, das Gleiche wie du - aufpassen, dass der Heilige Martin nicht von den kleinen Hosenscheißern überwältigt wird.«
»Ach, und da musstest du schon handfest eingreifen?«, konnte ich mir mit Blick auf das saftige Veilchen um sein rechtes Auge herum nicht verkneifen.
Körber blies den Rauch aus der Nase und brummelte etwas von einem widerspenstigen Übeltäter, den er in einem Handgemenge dingfest gemacht habe, als sich das Mädchen mit großen Augen zu ihm umdrehte und piepste: »Aber Onkel Matthias, Mama hat gesagt, du hättest einen Fußball aufs Auge bekommen.«
»Emmaaa«, stöhnte Körber.
»Aber Onkel Matthias«, sagte das kleine Mädchen stirnrunzelnd. »Du sagst doch immer, man soll nur die Wahrheit sagen.«
»Ja schon«, knurrte Körber, »aber doch nicht, wenn . ach, lassen wir das«, seufzte er. »Darf ich vorstellen, mein Patenkind und einzige Nichte Emma.«
Ich beugte mich zu Emma herunter und gab ihr die Hand. »Hallo, Emma, freut mich sehr, dich kennenzulernen. Ich bin Britta. Und das hier .« Ich drehte mich um und erstarrte mitten im Satz. Statt dreier vermeintlich unschuldiger Augenpaare war da nur noch eins.
O nein.
»Sag mal, waren das nicht eben noch drei?«, fragte Körber hilfreicherweise.
»Felix, wo sind Finn und Pip?« Hektisch ließ ich meine Augen über die wogende Menschenmenge schweifen.
»Ich weiß nicht genau, Tante Britta, irgendwo da hinten«, antwortete Felix mit einer wagen Kopfbewegung in Richtung des wohlbeleibten Heiligen Martin, der gerade mit viel Mühe und der Hilfe zahlreicher schiebender Hände auf seinen Gaul...
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