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"Differenzieren oder verlieren" - Praxiskultur und Service
"In keinem Lande in Europa ist es vielleicht so schwer, im Umgang mit Menschen aus allen Klassen, Gegenden und Ständen, allgemeinen Beifall einzuernten; in jedem dieser Kreise wie zu Hause zu sein: ohne Zwang, ohne Falschheit, ohne sich verdächtig zu machen und selbst dabei zu leiden."
Adolph Freiherr Knigge, Auszug aus "Über den Umgang mit Menschen", Einleitung, 2.
Wer nicht auffällt, fällt weg, denn Qualität findet im Kopf des Patienten statt. Was nützt es dem kompetentesten Zahnarzt, gut zu sein, wenn niemand es weiß? Was nützt es besser zu sein, wenn andere sich besser verkaufen? Sie haben die Wahl: Differenzieren oder verlieren!
Doch wie kann sich eine Zahnarzt- oder Arztpraxis aus der Masse der Kollegen herausheben? Fachliche Positionierung ist eine Möglichkeit - aber bereits an der nächsten Straßenecke gibt es einen weiteren Kieferchirurgen, einen Implantologen, einen Kieferorthopäden. Die Positionierung hängt also nicht nur von fachlichen Kriterien ab. Es ist wichtig, dass exakt die Patienten, die Sie ansprechen möchten, Ihre Praxis attraktiv finden. Das heißt: Ihre Praxis sollte so begehrenswert für die "richtigen" Patienten sein, dass sie einen regelrechten Sog auf diese Patienten ausübt. Das funktioniert nur mit einer Kombination aus fachlicher Exzellenz und erstklassiger Servicequalität. Denn die Zeiten, in denen Patienten geduldig den Fischen im Wartezimmer-Aquarium zusahen und auf ausrangierten Esszimmerstühlen eine ebenso bedauernswerte Figur machten wie der sichtlich vernachlässigte Gummibaum in der Ecke, sind endgültig vorbei. Wer immer noch nicht wahrhaben will, dass erfolgreiche Zahnmedizin auch etwas mit Image, Marketing und der Wahrnehmung aus Sicht der Patienten zu tun hat, verschläft die Zeichen der Zeit. Patienten wägen inzwischen sehr genau ab, wem sie ihr Vertrauen und damit auch ihr Geld schenken. Als Entscheidungshilfe dienen eine wertschätzende Praxiskultur, herzlicher Service und persönliche Betreuung. Fachliche Kompetenz setzen die Patienten voraus.
Mit gutem Service punkten
Der Praxisknigge vereint in seinem Konzept beste Umgangsformen mit einem exzellenten Serviceangebot der Praxis. Alle patientenrelevanten Prozesse von der ersten Kontaktaufnahme, über den Erstbesuch in der Praxis, Diagnose, Therapie, Umgang mit Beschwerden und die Pflege der Recalldatei werden nach einem praxisindividuellen Standard verbindlich festgelegt. Damit sind Servicequalität und Außenwirkung der Praxis nicht abhängig von der Tagesbefindlichkeit der jeweiligen MitarbeiterInnen und des Arztes. Vielmehr gibt das Knigge-Konzept sowohl der Praxis als auch den Patienten Orientierung, was die einen zu leisten sich auferlegt haben und die anderen an Leistungen erwarten dürfen. Ziel ist es, nicht nur die Erwartungen von Patienten zu erfüllen, sondern sie zu übertreffen, weil nur das für die nötige Differenzierung im Wettbewerb sorgt. Nicht nur fachliche Exzellenz, sondern erlebbare und gelebte Serviceexzellenz müssen die Philosophie jeder Praxis sein.
In Zeiten, in denen sich nicht nur die gesetzlichen, sondern auch die privaten Krankenkassen immer mehr aus der Leistungspflicht zu entziehen suchen, Beiträge erhöhen und Erstattungsbegrenzungen vornehmen, ist es für Patient und Praxis gleichermaßen schwierig, sich an diese neuen Gegebenheiten zu gewöhnen. Auch wenn unsere europäischen Nachbarn, wie z.B. Österreich und die Schweiz, unsere Klagen nicht verstehen, weil dort der Bereich Zahnarzt und Zahnersatz traditionell von jedem Bürger selbst abgesichert werden muss, trauern wir hier noch immer den viel beschworenen ehemals "besseren Zeiten" nach.
Hierzulande fühlen sich viele Praxen von Patienten unter Druck gesetzt, wollen diese doch lieber Leistungen "auf Kasse", anstatt in die eigene Zahngesundheit zu investieren. Doch dieser Eindruck täuscht. Meine Erfahrungen aus vielen Praxisberatungen und damit verbundenen Patienten- und Mitarbeiterbefragungen ergeben ein anderes Bild. Wenn Patienten nicht für ärztliche Leistungen, die von der gesetzlichen oder privaten Krankenkasse nicht übernommen werden, begeistert werden können, hat das seine Gründe.
Die können vielfältig sein:
Der Zahnarzt bietet seine individuellen Gesundheitsleistungen nicht überzeugend genug an, findet diese eventuell selbst "zu teuer".
Der Patient erlebt die Praxis als durchschnittlich und verspürt wenig Lust, privatzahnärztliche Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Die Praxis verfügt über kein attraktives Patientenbindungskonzept. MitarbeiterInnen und Praxisleitung erfüllen nicht die Erwartungen "der Kunden" an gute Betreuung und Umgangsformen.
Die Folge: Die Praxis verliert Patienten! Eine Befragung des Deutschen Marketingbarometers ergab: 70% aller Befragten gaben "unfreundliche, ungeschickte, nicht unternehmensorientierte Teammitglieder, einschließlich der Chefs" als ursächlich für einen Praxiswechsel an.
Ganz oben auf der "Rangliste" der Gründe standen die Gleichgültigkeit des Personals mit 33%, gefolgt von wiederholten Fehlern (21%), ungenügenden Auskünften (13%), Unhöflichkeit (11%) und nicht eingehaltenen Zusagen (8%). Zu hohe Preise und schlechte Qualität gaben lediglich 3% der Befragten als Grund an! Überrascht Sie das nicht?
No emotions, no money
Sind es also die "weichen Faktoren", wie Umgangsformen, Herzlichkeit, Authentizität, Service, Termine etc., die darüber entscheiden, ob aus einem ersten Patientenkontakt eine verlässliche Bindung wird, die über Jahre Bestand hat? Die Antwort lautet bedingungslos: Ja!. Es lohnt sich also für jede Praxis, täglich neu am eigenen Service- und Betreuungskonzept zu arbeiten. Patienten wechseln meist nicht mit Getöse und lautstarken Beschwerden den Zahnarzt, sondern bleiben einfach weg. Und diesem "leisen Wegschleichen" gilt es aktiv vorzubeugen - und zwar mit dem Praxisknigge. Es sind die guten Gefühle, z.B. das Gefühl des Verstanden werdens, das Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse, die spürbare Herzlichkeit, die Patienten letztendlich zum Fan der Praxis machen.
Wenn Patienten über Preise diskutieren, fehlt ihnen vielleicht lediglich Wertschätzung und Respekt seitens der Praxis. Auch lange Wartezeiten, ungeschicktes Verhalten des Personals oder eine mangelnde Kommunikationskultur führen dazu, dass Patienten Zuzahlungen ablehnen. Manchmal werden Zusatzleistungen auch gar nicht angeboten, weil der Zahnarzt vermutet, dass Patienten an Privatleistungen schlichtweg kein Interesse haben. Doch aufgrund einer bloßen Annahme auf das Anbieten einer hochwertigen Versorgungsform zu verzichten, ist wirtschaftlich unklug.
Natürlich ist es leichter, für mangelnde Zuzahlungsbereitschaft "die Umstände" verantwortlich zu machen. Doch was, wenn Patienten genau abwägen, was sie für ihr Geld bekommen? Dabei ist nicht zahnärztliche Qualität gemeint. Die können Patienten nicht beurteilen, soviel steht fest. Es ist das "Gesamtkunstwerk Zahnarztpraxis", das Patienten bewusst und unbewusst bewerten - und ihre Schlüsse daraus ziehen. Soll heißen: "Will die Praxis mein Geld, will ich König sein."
Der Patient muss nicht immer gleich den roten Teppich ausgerollt bekommen, den meisten reicht schon viel weniger. Ein Lächeln beim Eintreten, kurze Wartezeiten, schmerzarme Behandlung, verständliche Erklärungen und eine aussagekräftige Beratung sind wesentlich - ebenso wie das Zutrauen der Praxis, dass der Patient die Entscheidung über eine eventuelle Zuzahlung eigenverantwortlich fällen kann.
Aber um entscheiden zu können, muss dem Patienten erst einmal ein Vorschlag bzw. mehrere Alternativen dazu vorliegen. Das verlangt von der Praxis, das eigene Behandlungskonzept dem Patienten selbstbewusst und verständlich anzubieten, damit er seine Entscheidung treffen kann.
Klingt einfach, wird aber allzu oft nicht beherzigt. Und genau hierauf zielt das Praxisknigge-Konzept: auf eine gleichbleibende Ablaufqualität und Systematik in allen Bereichen des Praxismanagements. Das bietet dem Patienten die nötige Orientierung, schafft Vertrauen und sorgt am Ende für langjährige Patiententreue, sowie für eine gesunde wirtschaftliche Basis der Praxis.
Der Patient muss verstehen, fühlen, begreifen, warum er zuzahlen muss, warum es Sinn macht, in die eigene Mundgesundheit zu investieren.
Den Vertrauensvorschuss Ihrer Patienten nutzen
Bewiesen ist: Patienten kommen mit einem hohen Vertrauensvorschuss in eine Zahnarzt-/Arztpraxis. Das belegen Umfragen. Rund 91% sind mit ihrem Zahnarzt "zufrieden" bzw. "sehr zufrieden". Das ergab eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD)...