Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Durch die Intensivierung der Landwirtschaft und den damit einhergehenden Monokulturen, durch Überdüngung, Flächenversiegelung, Pestizide, Herbizide und den Verlust strukturreicher und blütenreicher Lebensräume nehmen die Bestandsgrößen der Wildbienen und ihre Artenzahl in erschreckendem Umfang ab. Je nach Bundesland schwankt der Prozentsatz der auf der Roten Liste stehenden Wildbienenarten derzeit zwischen 30 und 70 Prozent. Der Schutz bestehender Lebensräume ist daher ein zentrales Anliegen des Naturschutzes. In unseren Gärten, aber auch im öffentlichen Grün haben wir die Möglichkeit, unsere heimische Flora und Fauna zu bewahren. Das Engagement im Siedlungsraum kann und soll dabei Natur- und Landschaftsschutz nicht ersetzen, es kann sie aber unterstützen und wertvolle Refugien in einer weitgehend ausgeräumten Landschaft bieten.
Alle Wildbienenarten sind gemäß § 39 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes besonders geschützt. Indem sie Nisthilfen besiedeln, werden sie nicht automatisch zu Haustieren, sondern zählen weiterhin zu den wild lebenden Tieren. Der gesetzliche Schutz ihrer Fortpflanzung- und Ruhestätten erstreckt sich auch auf künstliche Nisthilfen im unmittelbaren Einwirkungsbereich des Menschen, zum Beispiel in unseren Gärten sowie an oder in Gebäuden. Eine Entfernung oder Zerstörung von Nisthilfen ist daher rechtswidrig.
Wie kommen die Wildbienen in den Garten?
Die Besiedelung mit Wildbienen hängt unter anderem vom Strukturreichtum in einem Garten ab. Hier punkten unter anderem Trockenmauern, Totholz, Sumpfgräben, Ruderalflächen und artenreiche Trockenstandorte. Eine möglichst artenreiche Bepflanzung mit - idealerweise einheimischen - Stauden und Sträuchern, die während der ganzen Vegetationsperiode für Blüten sorgen, gewährleistet die erforderlichen Pollen- und Nektarquellen. Nisthilfen für Wildbienen sind hier lediglich das besondere i-Tüpfelchen.
Aufgrund der zunehmenden Struktur- und Artenverarmung kann die Wildbienendichte im Siedlungsraum inzwischen höher sein als im intensiv genutzten Umland. So wurden im Stadtgebiet von Zürich 142 Wildbienenarten nachgewiesen, in Stuttgart 258, in Berlin 261. Die Anzahl der in Städten gezählten Arten lag bei 50 bis 90 Prozent der Gesamtartenzahl in der entsprechenden Region. Die naturnahe Gestaltung von Gärten könnte dazu beitragen, diese Artenvielfalt auch künftig zu erhalten.
Zu diesem erstaunlichen Ergebnis tragen unter anderem das wärmere Mikroklima, ein Mosaik vielfältiger, kleinräumiger Strukturen und ein stellenweise reichliches Nahrungsangebot in Gärten und Parks, auf Brachflächen und extensiv genutzten Grünflächen im Siedlungsraum bei. Aufgrund der starken Aufheizung, lokal reduzierter Windströmung und durch die stadteigene Wärmeproduktion sind Städte Wärmeinseln, die den Bedürfnissen der Wärme und Trockenheit liebenden Wildbienen entgegenkommen. Verglichen mit dem Umland besteht meist ein gutes Blütenangebot. So bieten Gärten und Parks der Stadt zum Beispiel ein breites Spektrum früh blühender Arten - inzwischen häufig Mangelware in der umgebenden Landschaft. Auch während der übrigen Vegetationszeit finden die Insekten in Ortschaften ein mehr oder weniger kontinuierliches Angebot an Futterpflanzen.
Als Nistmöglichkeiten nutzen die Bienen im Siedlungsraum unter anderem Spalten, Fugen und Löcher in altem Mauerwerk, selbst Kleinstbiotope wie Sandfugen zwischen Pflastersteinen werden besiedelt. Für bodennistende Arten ist die Situation durch den hohen Grad der Bodenversiegelung generell am schwierigsten. Manche unspezialisierte Arten wie die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) oder die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) haben sich dagegen im Laufe der Jahre aufgrund ihrer Flexibilität bei der Wahl des Nistplatzes zu Kulturfolgern entwickelt und nehmen in ihren Beständen stetig zu.
Wildbienenfachleute und ihre Gärten
Welch großes Potenzial in einem Privatgarten stecken kann, zeigen die Gärten verschiedener Wildbienenspezialisten. So bestimmte Felix Amiet in seinem Garten (0,1 ha) im schweizerischen Solothurn 119 verschiedene Wildbienenarten, Albert Krebs in seinem Garten (0,1 ha) in Agasul, ebenfalls in der Schweiz, 60 Arten und Paul Westrich in Tübingen (320 m2) 115 Arten. Und in Wesel zählten Renate und Gerhard Freundt in ihrem Garten (1,1 ha) sogar 127 Wildbienenspezies.
Mit Nisthilfen allein erreicht man das nicht. So siedelten in Paul Westrichs Garten lediglich 35 der gezählten 115 Arten an den angebotenen Nisthilfen. Oberste Priorität sollten daher nicht die Nisthilfen haben, sondern möglichst immer auch die gezielte Auswahl und Pflanzung besonders wertvoller Pollenspender. Nur durch diese Maßnahme lässt sich eine solch große Artenvielfalt wie in den genannten Beispielen erreichen.
Auch wenn der Schutz natürlicher Lebensräume Vorrang haben muss, können Maßnahmen in Ortschaften flankierend zum Wildbienenschutz beitragen. Gärten und Grünflächen nehmen vielfach einen hohen Anteil der Siedlungsfläche ein. So ist die Gesamtfläche aller Gärten einer Region oft größer als die Gesamtfläche der Naturschutzgebiete dieser Region. Wildbienen sind nicht scheu und lassen sich in der Regel weder durch die Aktivität des Menschen noch durch Lärm stören. Daher siedeln sie zum Beispiel auch völlig ungeniert auf sandigen, normal begangenen Wegen. Diese sechsbeinigen »Wegelagerer« sollten beim Gartenbesitzer aber kein Grund zur Panik, sondern vielmehr ein Grund zur Freude sein!
Solitäre Wildbienen benötigen ein reiches Angebot an Blütenpflanzen zur Versorgung ihrer Brutzellen mit Pollen und Nektar sowie Kleinstrukturen, die sich als Nistplatz für die jeweilige Art eignen. Wenn Nistmöglichkeiten und Nahrungsangebot auf engem Raum vorhanden sind, kommen manche Wildbienenarten mit vergleichsweise kleinen Flächen zurecht, die auch unsere Gärten bieten können. Gerade ein Naturgarten, der reich ist an Kleinstrukturen, Trockenmauern, Steinhaufen, Totholz, Magerstandorten, Blumenwiesen und einem hohen Anteil heimischer Blütenpflanzen kann hier ein wertvolles Refugium sein. Durch die gezielte Auswahl heimischer Pflanzenarten können wir den Insekten vom Frühjahr bis in den Herbst ein durchgehend gut bestücktes Pollen-Nektar-Büfett bieten. Bei den im Frühjahr als erste Pollenspender besonders wichtigen Weiden gibt es beispielsweise zahlreiche kleinwüchsige Arten, die im Garten Raum finden, ohne ihn zu dominieren. Ein lebendiges Netzwerk struktur- und blütenreicher Flächen zu schaffen, sollte dabei unser Ziel sein. Die Insekten werden es uns danken.
58 der einheimischen Wildbienenarten sind auf eine einzige Pflanzengattung als Pollenquelle für ihren Nachwuchs angewiesen, 205 Arten auf eine einzige Pflanzenfamilie. Diese Wildbienen können genetisch bedingt nicht auf andere Pollenspender ausweichen. Besonders wichtige Pflanzengattungen sind die Weiden (Salix), die Natternköpfe (Echium) und die Glockenblumen (Campanula). 15 Wildbienenarten nutzen diese drei Pflanzengattungen jeweils als alleinige Pollenquelle.
Für die eigene Ernährung nutzt das Bienenweibchen fast ausschließlich Nektar. Auch männliche Bienen und Kuckucksbienen versorgen sich mit Nektar für den Eigenbedarf. Hierfür nutzen die Wildbienen - und zwar sowohl Pollenspezialisten als auch Pollengeneralisten (siehe Seite 18) - ein sehr breites Artenspektrum. Daher findet man Pollenspezialisten auch immer wieder auf scheinbar »falschen« Pflanzenarten. Dort wird dann aber nicht Pollen für den Nachwuchs gesammelt, sondern Nektar zur Deckung des hohen Energiebedarfes beim Flug aufgenommen.
Glockenblumen, Weiden und Natternkopf gehören zu den wertvollsten Pollenspendern für die Pollenspezialisten unter den Wildbienen.
Pollenspezialisten und Pollengeneralisten
Oligolektische Wildbienenarten (Pollenspezialisten) sammeln Pollen bei den Arten einer Pflanzenfamilie, im Extremfall sogar nur bei den Arten einer einzigen Gattung, zum Beispiel Natternkopf. Beispiele: Die Dunkle Weidensandbiene (Andrena apicata) nutzt ausschließlich Weidenarten (Salix) als Pollenquelle. Die Natternkopf-Mauerbiene (Osmia adunca) sammelt am Natternkopf (Echium), die Glockenblumen-Scherenbiene (Osmia campanularum) an Glockenblumen (Campanula). Gerade bei den Glockenblumen gibt es zahlreiche einheimische Arten, die in unseren Gärten ihren Platz finden können.
Polylektische Wildbienenarten (Pollengeneralisten) zeigen beim Pollensammeln keine Bindung an bestimmte Pflanzenarten, sie nutzen das jeweils vorhandene Angebot. Klassische Beispiele sind die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) und die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis), die zu unseren häufigsten Nisthilfebewohnern zählen.
Im Fokus unserer Bemühungen sollten deshalb Pflanzenarten für die besonders gefährdeten Pollenspezialisten unter den Wildbienen stehen. Diese Pflanzen können dann auch die Pollengeneralisten unter den Bienen nutzen. Besonders wichtige Pflanzenfamilien sind die Korbblütler (Asteraceae), die Schmetterlingsblütler (Fabaceae), die Kreuzblütler (Brassicaceae) und die Lippenblütler (Lamiaceae).
Neben Blütenpflanzen benötigen...
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