LEBENS- UND WERKPROFIL
DIE FRÜHEN JAHRE BIS 1920
Ahrenshoop VI, Weg am Haus, 1909 - Öl auf Malpappe
Privatbesitz Hamburg
César Carl Robert Andreas Klein wird 1876 in Hamburg "in einem alten Haus am Hafen" geboren.33 Seine Eltern führen ein Weißwarengeschäft. Der Siebzehnjährige möchte Kunst studieren, absolviert zunächst jedoch eine Lehre als Maler und Lackierer, die er 1895 erfolgreich abschließt. "Mein Meister versuchte durch Karrenschieben und Fußbodenstreichen dem bösen Maltrieb Einhalt zu tun - vergebens - ich war "zielbewusst"! Einen Tag nach Beendigung meiner "Lehrzeit" ging ich auf die Kunstgewerbeschule und nach drei Jahren, nach einem kurzen Aufenthalt in Düsseldorf (Akademie), mit einem großen Stipendium nach Berlin ans Kunstgewerbemuseum zu M(ax). Seliger."34
Über das Studium an der Hamburger Kunstgewerbeschule ist nichts bekannt. Auch über die Gründe, warum sein Aufenthalt an der Kunstakademie in Düsseldorf nur von kurzer Dauer ist, bleiben nur Vermutungen. Hatte er in Düsseldorf die klassische Ausbildung gesucht, die zum damaligen Zeitpunkt in Hamburg erst im Entstehen war?35
Cesar Klein und seine Frau Martha, geb. Steffen, um 1903
Foto im Nachlass
Von Düsseldorf wechselt Cesar Klein mit einem Stipendium nach Berlin an die Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums, wo er Schüler von Max Seliger (1865-1920) wird. Die Entscheidung, seine Studien bei diesem anerkannten Kunstgewerbler fortzusetzen, bedeutet für seine weitere Entwicklung eine deutliche Weichenstellung hin zur angewandten Kunst. Hatte ihn der Lehrbetrieb in Düsseldorf enttäuscht? Oder haben persönliche Überlegungen dabei eine Rolle gespielt, beispielsweise der Wunsch, zu heiraten und eine Familie zu gründen, wodurch er sich zu einer pragmatischen, finanziell gesicherten Lebensplanung mit der angewandten Kunst als sicherem Standbein gedrängt sah?
1903 heiratet Cesar Klein Martha Steffen, seine Hamburger Verlobte. Aufträge über Supraporten, Glasfenster, Mosaiken und Wandmalereien sowie Buchausstattungen sichern die Existenz des jungen Paares.
Alte Frau mit weißem Kopftuch, um 1896 Gouache
Nachlass
DIE FRÜHEN BILDER UM 1909 - IMPRESSIONEN AUS AHRENSHOOP
Mag er selber letztlich auch keine Unterschiede gemacht haben zwischen freier und angewandter Kunst, "bedeutsamer als seine Arbeiten aus dem Umkreis der angewandten Kunst war für Cesar Klein seine Entwicklung als Maler", schreibt Rudolf Pfefferkorn in seiner 1962 veröffentlichten Monographie über den Künstler.36
Liegender weiblicher Akt, um 1910 - Öl auf Leinwand
Stiftung Kunstmuseum Ahrenshoop
Von Anfang an arbeitet Cesar Klein konsequent daran, sich neben der angewandten Auftragskunst als freier Künstler zu etablieren. So schreibt er 1902 an seine spätere Frau Martha, er wolle sich den Sommer freihalten, um "Bilder zu malen und ein unabhängiger Künstler zu werden."37
Rudolf Pfefferkorn verweist bei Bildern wie Blumenstilleben mit Kaktus, Zwei Frauen bei der Handarbeit (Abb. S. 35) und Liegender weiblicher Akt (Abb.) auf Einflüsse durch Maler der französischen Künstlergruppe der Nabis wie Pierre Bonnard. In farblicher Hinsicht sieht er in dem liegenden Akt "fast ein Bravourstück: Intensives Grün im Rücken der Liegenden wechselt mit zarten Rosatönen, Blau und Ocker in Kopf, Hüftpartie und Beinen . die grünschimmernden Körperpartien erfahren in dem grünen Einband des Buches, der in seiner Wirkung durch das leuchtende Weiß des Papiers (der Buchseiten) noch intensiviert wird, einen fast dramatischen Höhepunkt."38 Die Möglichkeit, die geschilderte Palette der Farben anhand der Abbildung nachzuvollziehen, war aufgrund der Schwarzweiß-Abbildung bei Pfefferkorn nicht möglich. Das Gemälde war jahrelang verschollen.
Pfefferkorn erinnert an Theodor Däublers erste monographische Veröffentlichung über den Künstler von 1919, in der dieser Cézanne "als den Meister Cesar Kleins" bezeichnet hatte.39 Der Einfluss Cézannes, der "als Überwinder des Impressionismus" und "Bahnbrecher einer neuen Gesinnung" von der jungen Generation der Künstler damals besonders verehrt wurde, ist bis Anfang der Zwanziger Jahre im Werk Cesar Kleins nachweisbar. - Rudolf Pfefferkorn klassifiziert die in Ahrenshoop entstandenen Bilder als Studien - vielleicht aufgrund der kleinen Bildgrößen. Ob tatsächlich eine Übertragung in größere Formate geplant war, ist nicht überliefert.
Im Sommer 1909 hält sich Cesar Klein an der Ostsee auf, wo die "Ahrenshoop-Bilder" entstehen, die einen Höhepunkt des frühen Werks darstellen. Der geschlossene Zyklus von sieben Bildern besticht durch seinen souveränen Umgang mit Linien und Farben und eine überaus einfühlsame Umsetzung des Lichts und der Atmosphäre der Landschaft in nachimpressionistischer Auffassung.
Ina Ewers-Schultz sieht in dem Zyklus die "Aufgeschlossenheit gegenüber der französischen Moderne belegt" und betont zudem die Eigenständigkeit und Sicherheit des Künstlers "in der Wahl der Farben und der subtilen Bildausschnitte", sowie der "Bildaufteilung und Gewichtung der Valeurs".40
Der idyllische Ort Ahrenshoop auf dem Darß, einer Halbinsel in Mecklenburg-Vorpommern, war aufgrund seiner pittoresken Steilküste bei Künstlern sehr beliebt. Cesar Kleins Impressionen zeigen die charakteristische Landschaft in einem von Meer und Kiefern reflektierten Licht. Da ist Bewegung in den Wolken, in den Kiefern am Wegrand, im wogenden Strandhafer und den von Wind bewegten Wellen, die gegen den Strand schlagen. Eine anmutende Ruhe oder Stille in der Landschaft nimmt beim Betrachten dieser Bilder eigenwillig gefangen. Mit lichten Farbwerten und relativ geschlossenen Formen bei gleichzeitiger Betonung des Malerischen erreicht Cesar Klein mit diesen Bildern eine überzeugende künstlerische Aussage.
Ahrenshoop II (Abb. S. 30) zeigt das "Hohe Ufer auf Fischland" bei Ahrenshoop. Es erstreckt sich über mehr als drei Kilometer und bot den Künstlern durch seine Lage zwischen Meer und Bodden und den dort herrschenden besonderen Lichtverhältnissen vielfältige Motive.41 Das Gemälde lenkt den Blick über die Steilküste auf die auflaufende See darunter. In den Felsen ist eine Frau mit Sonnenhut auszumachen. In ihrem malerischen Duktus verweist die in sanftem Licht entwickelte Atmosphäre der sommerlichen Ostseelandschaft auf die Plein-air-Malerei, die erstmals in der freien Natur und nicht im Atelier entstandenen Werke der französischen Impressionisten. Eine Badekabine am Strand (Ahrenshoop IV, Abb. S. 31), ein Weg am Haus (Ahrenshoop VI, Abb. S. 25), ein Weg mit Bäumen (Ahrenshoop V, Abb. S. 32) lassen in der Formgebung an Cézanne denken. Die frontale Sicht aus kürzester Entfernung auf ein unter niedrigen Fenstern gelegenes Blumenbeet eines Bauerngartens (Ahrenshoop VII, Abb. S. 33) erinnert an den Pariser Japonismus, den starken Einfluss japanischer Holzschnitte auf die Bildkompositionen der Impressionisten und die Arbeiten der französischen Nabis.
Cesar Klein formuliert in seinen in Ahrenshoop entstandenen Bildern seinen Willen zur freien künstlerischen Gestaltung. Mit den Ahrenshoop-Bildern gelingt ihm eine Bildsprache, die durch den auffallend ruhenden Pol in ihrem Zentrum den Betrachter unmittelbar einnimmt.
Ahrenshoop II, Das "Hohe Ufer auf Fischland", 1909 Öl auf Malpappe
Stiftung Kunstmuseum Ahrenshoop
Ahrenshoop IV, Badekabine am Strand, 1909 Öl auf Malpappe
Privatbesitz Lübeck
Ahrenshoop V, Weg mit Bäumen, 1909 Öl auf Malpappe
Privatbesitz Lübeck
Ahrenshoop VII, Bauernhaus mit Vorgarten, 1909 Öl auf Malpappe
Privatbesitz Bad Schwartau
Stilleben mit Vorhang, Tisch und Vasen, um 1910/1911
Öl auf Leinwand Privatbesitz
Zwei Frauen bei der Handarbeit, um 1909 Öl auf Malpappe
Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf
NEUE SECESSION BERLIN 1910 UND SONDERBUNDAUSSTELLUNG KÖLN 1912
Im April 1910 gehört Cesar Klein zu einer Gruppe von jungen Künstlern, die von der Jury der Sezession ausgeschlossen werden. Der Vorwurf lautet auf Nachahmung von van Gogh, Cézanne und Gauguin. Unter der "Federführung von...