Schweitzer Fachinformationen
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Von zentraler Wichtigkeit ist es, unsere Gewichtsmuster auf allen Ebenen aufzuspüren, sie zu deuten, um sie verstehen und anschließend wandeln zu können. Aber es geht keinesfalls darum, sie zu werten oder gar zu (ver)urteilen. Und Achtung: Von außen betrachtet können wir nie sicher sagen, ob etwas Entsprechung oder Kompensation ist.
Beim Buddha nehmen wir automatisch an, dass ein runder Bauch einem ebenso runden Leben entspricht. Möglicherweise und gar nicht selten verbergen sich hinter physischen Schwer- aber auch seelische Leichtgewichte im Sinn von Kompensation. So kann ein runder Körper auch ein rundes Leben ersetzen statt spiegeln.
Bevor wir uns bei dieser Symptomatik ins Werten oder Urteilen oder gar Verurteilen verirren, müssen wir diesen Punkt klären. Ein Muster ist nur zu deuten, wenn es mit Leid verbunden ist und wir zur Deutung aufgefordert sind. Also immer an Buddha denken - und dass sein runder lachender Bauch Ausdruck runder Vollkommenheit ist. Und immer Vorsicht vor Wertungen! Sie gehören weder zur Krankheitsbilder- noch zur Musterdeutung.
Wer genauer hinschaut und -horcht, findet oft bei einer Psychotherapie heraus, wie die körperliche Ebene des Übergewichts andere Themen nur überdeckt und lediglich Bühne für tiefere seelische Themen ist. Dann ist es notwendig, diese tiefere Ebene freizulegen und das eigentliche Problem dort zu lösen. Ähnlich wie bei archäologischen Ausgrabungen ist dabei achtsam und zugleich konsequent Schicht für Schicht abzutragen, bis sich in der Tiefe die wesentlichen Strukturen zeigen. Diese Arbeit muss leisten, wer sein Gewichtsthema nachhaltig lösen will.
Wertungen ganz zu vermeiden ist andererseits schwierig bis unmöglich, da auch unser Werkzeug, die Sprache, ausgesprochen wertend ist. Dem herrschenden Zeitgeist folgend spricht sie gegen dick und für dünn. Das gilt es bei der Suche nach dem eigenen Individualgewicht im Auge zu behalten, um uns nicht schon von der Sprache auf Irrwege leiten zu lassen. Oft habe auch ich eine aufrüttelnde und herausfordernde Sprache gewählt und den diesbezüglich besonders drastischen Volksmund und die Mundart als Kunst des Mundes zu Wort kommen lassen, das aber geschieht immer nur in der Absicht, das Thema bloßzulegen, aber niemals, um jemanden bloßzustellen. Es geht darum, mit treffenden Bemerkungen Betroffenheit auszulösen, um daraus Erkenntnis zu gewinnen, die ins neue Land des Individualgewichts führt.
Immerhin kennt unsere Sprache neben der modernen Abwertung alles Dicken auch noch dessen frühere Hochschätzung. Die Kunst der Stummfilm-Ära zeigt uns mit den Schauspielern Stan Laurel und Oliver Hardy als »Dick und Doof« das Umkippen der Sympathie. Der dicke Ollie ist zwar gemütlich, aber versucht doch ständig, den armen, doofen und dünnen Stan zu dominieren. So gewinnt der geplagte und gehetzte Stan bald die Sympathien der Zuschauer. Die Mehrheit dürfte sich damals eher mit seiner Rolle identifiziert haben. Mit der Zeit wurde Dick immer doofer. Wer schwer war, hatte es nach dem sich wandelnden Zeitgeist zunehmend schwer, vor allem auch weil es ihm immer schwerer gemacht wurde. Sein Leben wirkte beschwerlich, er galt als »Fresssack« und »Nimmersatt« wie der gefräßige, überblähte Kapitalist des 19. Jahrhunderts, der Archetyp des Aussaugers. Ab den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts galt solch dickes Dasein als »dicker Hund«, nur Abnehmen konnte hier Erleichterung schaffen. Heute, wo selbst Schweine schlank tragen, ist »fett« ein Schimpfwort oder doch zumindest anrüchig. Die fetten Schlagzeilen etwa deuten auf unseriöse, eingedickte Wahrheit hin. In der Mode werden die Dicken trotz ihrer Masse und wohl gerade wegen ihr auch in Zeiten von »Curvy Models« weitgehend ignoriert. Vollschlanke, madamige Moden sind wirtschaftlich sicher ein Renner angesichts großer Kundenscharen, doch es scheint, als herrsche Angst unter den Couturiers, ins Fettnäpfchen zu treten, ein fettiges oder gar ranziges Image zu bekommen. Sie tragen und respektieren den Trend wie ein Mann.
»Dick ist chic« bleibt da als gewollte Verteidigung im Fett stecken. Ältere Ausdrücke kennen jedoch die Hochschätzung des Runden noch. Eine »runde Sache« ist eben eine gute, ihr kann man »Gewicht und Bedeutung beimessen«. Jeder hat noch heute lieber eine »dicke Chance« als eine hauchdünne, und wir schätzen es noch immer, wenn unsere Meinung »Gewicht hat« in der Runde. »Das Dicke hat es«, wissen die Älteren. Wird die Schwangerschaft medizinisch als »Gravidität« bezeichnet, was »Schwere« heißt, weist das darauf hin, wie ehrenwert und ersehnt Gewicht früher war. Im Ausdruck »guter Hoffnung sein« schwingt Ähnliches mit. Zu seiner Zeit wollte Cäsar, laut Shakespeare, nur »wohlbeleibte Männer« um sich haben. Ein wohlbeleibter deutscher Politiker sagte: »Dünnleibige und griesgrämige Askese verleitet zu widerlicher Besserwisserei. Zu ihrem guten Gedeihen braucht vernünftige Heiterkeit ein kleines Polster.«
In grauer Vorzeit war Fett das mit Abstand wertvollste Material, unsere Urvorfahren nahmen nur das Fett der Mammuts mit, das Fleisch ließen sie zurück, wie uns Funde im ewigen Eis zeigen. Eiweiß lohnte den Transport nicht.
Bevor wir uns aber ganz in alten Zeiten verlieren, nochmals als wichtigste Vorbemerkung: Es geht hier weder um Wertung noch erst recht Bewertung von Mustern, sondern ausschließlich darum, sie zu finden, zu ent-decken. Fett ist Fett und nicht schlecht. Schon Paracelsus wusste, die Dosis macht das Gift. Der Volksmund sagt: »Zu wenig und zu viel ist der Narren Ziel.« Das richtige Maß aber ist wieder überaus individuell.
Leid ist oft, vor allem wenn es nicht geteilt wird, schwer nachvollziehbar. So kann jemand an drei Kilo Übergewicht durchaus leiden, während sich ein anderer mit 30 noch ganz wohlfühlt. Während sich eine Frau mit Größe und Gewicht ihrer Brüste einfach nicht abfinden kann, mag eine andere sie gerade darum beneiden. Wo einer noch stolz auf seinen Bierbauch verweist, mag ein anderer unter ein bisschen Hüftspeck deutlich leiden. Der einen Traumfigur mag für die andere durchaus unweiblich und kränkend sein.
Es ist einfach davon auszugehen, dass alles, was Betroffene leidvoll erleben, Symptom ist, damit Be-Deutung hat und folglich Deutung verdient. Insofern behandeln wir auch Symptome, die zum Beispiel medizinisch gar nicht als solche gelten, wie etwa Untergewicht. Auch sollte aus den Beispielen klar werden, dass der Einzelne immer nur für sich entscheiden kann, wie sehr etwas bei ihm Symptom ist. Ein Bierbauch könnte eines sein, aber ist er mit Freude akzeptiert, wäre es unsinnig und übergriffig, seinem Besitzer die entsprechende Bedeutung aufzudrängen. Nur wo Betroffene bereit sind, sich von der Botschaft ihrer Symptome betreffen zu lassen, ergeben Deutungen wirklich Sinn. Anderenfalls gehen sie eher in Richtung Einmischung und aufdringliche Besserwisserei. Im Übrigen werden sie in solchen Situationen, gerade wenn sie stimmen, heftigste Abwehrreaktionen auslösen - und das mit Recht.
Insofern ist es schon hier, zu Beginn unseres Unterfangens, wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieses Buch für Betroffene geschrieben ist, um ihnen zu helfen, sich selbst in ihrem Symptom zu erkennen. Nur deswegen sind die Formulierungen so locker und oft umgangssprachlich hart gewählt. Gerade in der Übertreibung - etwa der Karikatur - liegt etwas Überdeutliches, Aufrüttelndes, und das ist hier beabsichtigt.
Wer schon bis hierher gelesen hat, darf sich klarmachen, dass er höchstwahrscheinlich betroffen ist. Und gerade von unangenehmen Wahrheiten profitieren wir, denn sie enthalten mehr Schattenanteile. Schatten aber ist der größte Schatz auf dem Weg der Selbsterkenntnis. Möglicherweise liegt die Betroffenheit auf einer anderen Ebene, aber sie wird da sein - sie zu entdecken ist eine Frage der Ehrlich- und der Findigkeit.
FRAGEN
1. Wie bewerte ich mein Gewicht?
2. Was sage ich darüber zu mir und zu anderen?
3. Was denke ich über mein (Aus)maß?
Die Entdeckungsreise zur eigenen Gewichtsproblematik und ihr zugrunde liegenden Mustern ist ein Stück Selbsterkenntnis, die Verwirklichung des Individualgewichts ein Stück Selbstverwirklichung - der Weg zum Individualgewicht also Teil der Individuation nach C. G. Jung. Er wird von allem Anfang an sehr durch Aufzeichnungen - wenigstens in Stichworten - gefördert. Diese können wirklich stechen und in diesem Spiel zum entscheidenden Stich werden. Wann immer im weiteren Verlauf solch ein (Stich)punkt auftaucht, der piekst, trifft und betroffen macht, lohnt es sich also, ihn stichwortartig festzuhalten. Ähnliches lässt sich natürlich auch durch - farbig sogar abgestuftes - Unterstreichen oder »Highlighten« oder beides erreichen. Innerhalb der Stichworte ließen sich diese noch farblich beim Hervorheben differenzieren. So könnte Rot besonders heiße und persönlich betroffen machende Punkte herausheben, Orange immer noch treffende und Gelb wichtige. Grün könnte für Hoffnungsschimmer stehen und Blau für Beruhigendes.
So wird sich auf der Reise durch die Welt der Gewichtsprobleme nebenbei eine Art Steckbrief aus Stichpunkten des eigenen Musters ergeben.
Praktische Hilfen
5 Leuchtstiftmarker,
1 gefaltetes DIN-A4-Blatt als handliches Lesezeichen und für Stichworte,
mehrere DIN-A4-Blätter,
ein...
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